Spruch:
1. Die Revision wird insoweit, als sie sich gegen die Entscheidungen über die Wiederaufnahme und über Anspruchszinsen richtet, zurückgewiesen.
2. Im Übrigen (hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2009) wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist ein österreichischer Komponist. Er erzielte im Streitjahr 2009 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Komponist, aus nichtselbständiger Tätigkeit als emeritierter Universitätsprofessor und aus Vermietung und Verpachtung.
2 Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Komponist richtete er am 20. Februar 1962 folgendes Schreiben an seine Ehefrau:
"Liebe X,
ich möchte nun endlich unsere Vereinbarung auch schriftlich festhalten: Ihr entsprechend übergebe ich Dir alle meine Autographe und Du übernimmst es, sie zu katalogisieren, zu warten und zu archivieren(.) Verfahre mit ihnen nach Deinem Gutdünken:
mich stört zunehmend mein Chaos, das mir wertvolle Zeit zum Komponieren nimmt. Sollte ich Autographe für Verlage benötigen, übernimmst Du es, zu verhandeln bzw. sie zu übergeben. Ob sie einmal was wert sein werden weiß ich nicht; nach meinen bisherigen Erfahrungen in Österreich glaub ich das allerdings eher nicht!
Mach's also so gut wie möglich! Dein Y"
3 Am 24. Dezember 1980 richtete er folgendes Schreiben an
seine Frau:
"Liebe X
In Fortsetzung unserer bisherigen Vereinbarung vom 20.2.1962
halte ich - der Ordnung halber - nunmehr auch schriftlich fest,
daß bis zu meinem Tode alle Dir übergebenen und noch zu
übergebenden mich betreffenden Unterlagen, Noten, Skizzen,
Kompositionen, Dokumentationen, Korrespondenzen, Verträge, Notizen
etc. Dir gehören, da ich - wie Du weißt - durch die nicht direkt
meine künstlerischen Tätigkeiten betreffenden Dinge nicht belastet
sein möchte. Dein Y"
4 Im Jahr 2008 schenkte ein Wiener Musikverlag dem
Revisionswerber - in der darüber errichteten Urkunde in neun
Positionen gegliedert - aus dem Verlagsarchiv entnommene
Manuskripte von ihm komponierter Werke.
5 Im Februar 2009 und zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 18. Mai 2009 wurden auf der Grundlage einer (nur mit dem Namen des Revisionswerbers überschriebenen) 49 Seiten langen Inventarliste zwei Schätzungen der darin verzeichneten Gegenstände vorgenommen.
6 Der Experte für Autographen L veranschlagte - ohne nähere Aufgliederung - einen hohen Wert "für die mehr als 12.000 eigenhändig geschriebenen Manuskriptseiten (Kompositionen, Bearbeitungen, Abschriften und Schriften)", was sich auf die erste, zweite, dritte und fünfte Untergliederung des Verzeichnisses bezog, und einen vergleichsweise geringen Betrag (nicht ganz sieben Prozent) für die Korrespondenz (siebente Untergliederung) und fasste diese Beträge zu einem Gesamtschätzpreis zusammen.
7 Der Gutachter A bewertete die einzelnen Positionen aller Untergliederungen des Verzeichnisses, gelangte auf dieser Grundlage zu einem insgesamt niedrigeren Gesamtwert (etwa 74 Prozent der Gesamtschätzpreises nach L) und erläuterte die Schwierigkeiten der Schätzung im Besonderen unter dem Gesichtspunkt der Geschlossenheit des Bestandes. Bei Veräußerung der einzelnen Manuskripte würden einige wenige Stücke vielleicht höhere Preise erzielen, sich "der große Rest" aber "auf einem deutlichen niedrigeren Preisniveau bewegen oder überhaupt keine Käufer finden".
8 Beide Gutachter sprachen von einer Schätzung des "Vorlasses" des Revisionswerbers.
9 Mit Kaufvertrag vom Juli 2009 veräußerte die Ehefrau des Revisionswerbers die in der Inventarliste verzeichneten Gegenstände an ein österreichisches Bundesland. Als Kaufgegenstand wurde im Vertrag die aus diesen Gegenständen bestehende "Sammlung" bezeichnet, deren "Alleineigentümerin" und Urheberin (als Sammlung) die Frau des Revisionswerbers sei. Neben ihr "als Verkäuferin" war "als Urheber" auch der Revisionswerber Vertragspartei. Er erteilte zusammen mit seiner Frau eine näher geregelte "unentgeltliche Werknutzungsbewilligung" in dem für einen Archiv- und Ausstellungsbetrieb erforderlichen Umfang. Die Verkäuferin verpflichtete sich in einem gesonderten Vertragspunkt über einen "Gesamtwerkauftrag ‚Digitalisierung'", die verkauften Gegenstände vor ihrer Übergabe gegen Kostenersatz digitalisieren zu lassen. In einem letzten Teil des Vertrages räumte der Revisionswerber dem Käufer eine Option auf den käuflichen Erwerb noch nicht komponierter oder erst im Entstehen begriffener "Werke" (gemeint offenbar: der diesbezüglichen Manuskripte) ein.
10 Die dem Vertrag angeschlossene, umfangreiche Inventarliste enthielt Gegenstände mit und ohne Datierung. Die angeführten Daten reichten von 1935 bis 2008.
11 Über die in der Folge durchgeführte Digitalisierung sind ein Angebot an die Frau des Revisionswerbers sowie von ihr bezahlte Rechnungen aktenkundig, darüber hinaus auch eine an den Revisionswerber gerichtete Rechnung über die Digitalisierung vom Kaufvertrag nicht erfasster (weil in Dritteigentum stehender) Gegenstände.
12 Im Jahr 2010 wurde der "Vorlass" des Revisionswerbers öffentlich zugänglich gemacht. Die im Internet veröffentlichte Übersicht des Bestandes gliederte sich in Eigendokumente, Bearbeitungen und Abschriften, Korrespondenz und "Fremddokumente".
13 Im August 2013 begann eine die Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 betreffende Außenprüfung beim Revisionswerber, bei der auch der Kaufvertrag vom Juli 2009 zur Sprache kam. Im Zuge dieser Erörterungen legte der Vertreter des Revisionswerbers u.a. die Urkunden von 1962 und 1980 vor. Das Finanzamt richtete im Oktober 2013 eine Anfrage an den bundesweiten Fachbereich Einkommensteuer, in der es darlegte, der Revisionswerber habe "seit den 1960er Jahren alle seine schriftlichen Werke (Partituren, Schriften, Notizen etc) unentgeltlich seiner Frau" überlassen, und unter Bezugnahme auf den Verkauf durch diese die Frage formulierte, wie "der Teilwert der Partituren etc im Zeitpunkt der Entnahme" ermittelt werden könne.
14 Vor Einlangen einer Antwort kam es zwischen der Prüferin und dem Vertreter des Revisionswerbers noch zu einem Schriftwechsel darüber, ob und in welcher Form die "Schenkungen" des Revisionswerbers an seine Frau "nach außen hin bekannt gemacht" worden seien. Der Vertreter des Revisionswerbers vertrat dazu die Auffassung, dass die in den Urkunden von 1962 und 1980 festgehaltenen Vorgänge nicht als Schenkungen zu werten seien.
15 Im Mai 2014 erstellte die Prüferin zur Anfrage an den Fachbereich eine umfangreiche Sachverhaltsdarstellung, in der alternativ zur "Entnahmeversteuerung" auch die Frage einer "Versteuerung des gesamten Kaufpreises" durch den Revisionswerber aufgeworfen wurde. Die Anfrage wurde nun auszugsweise wie folgt beantwortet:
"Im vorliegenden Fall übergab der Komponist nach eigenen Angaben sämtliche seine zu Papier gebrachten künstlerischen Arbeiten seiner Ehegattin, die mit ihm im selben Haushalt wohnt. Das Finanzamt wurde nie darüber informiert, dass sämtliche Dokumentationen seines künstlerischen Schaffens verschenkt wurden. Auch finden sich in den Internetartikeln des Komponisten keine eindeutigen Hinweise darauf, dass seine Ehegattin Eigentümerin dieser Dokumentationen ist. Auch im Bericht des Archivs (...) ist bloß angeführt, dass der ‚Vorlass' (des Revisionswerbers) erworben wurde (Hinweis auf eine Webseite).
Somit fehlt es nach Ansicht der Finanzverwaltung an der für die steuerliche Anerkennung der Schenkung notwendigen Publizität, sodass sich die Ermittlung des Teilwertes der Partituren erübrigt und die Veräußerung des Vorlasses der künstlerischen Tätigkeit des Komponisten (dem Revisionswerber) zuzurechnen ist."
16 Zu dieser ihm vorgehaltenen Rechtsmeinung nahm der Vertreter des Revisionswerbers mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 Stellung. Er bezog sich darin auf eine angeschlossene Stellungnahme des Revisionswerbers selbst, die auszugsweise lautete:
"Meine Frau (...) hat seit 1952 - also seit über 60 Jahren - alles, was mit meiner Kompositionstätigkeit zusammenhängt (...) gesammelt. Zunächst hat sie mir diese Papiere in unserer sehr kleinen Wohnung (...) auf meine Bitte hin vor allem aus den Augen geräumt, um mir ein konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen. Mit den herumliegenden Papieren ist meine Frau als Privatperson meinem Wunsch gemäß nach ihrem Gutdünken verfahren: sie hat all diese Dinge aufbewahrt, geordnet und auf Grund ihrer fachlichen Kompetenz auch katalogisiert, kommentiert, Zusammenhänge erklärt, Erläuterungen angemerkt etc. Auf diese Weise ist eine Sammlung entstanden. (...) Zu Beginn der Sammler-Tätigkeit meiner Frau gab es (...) absolut keinen Anlass zu einer Meldung an ein Finanzamt. Sie wäre übrigens mangels erklärungspflichtiger Einkünfte - wir waren beide unselbständig tätige Gymnasialprofessoren und hatten auch keine Steuernummer - gar nicht möglich gewesen. Ab 1961 hatte sich meine berufliche Tätigkeit (...) erweitert und verstärkt auch ins Ausland verlagert (...) woraus sich mein Bedürfnis ergab, die bestehende Praxis und mündliche Vereinbarung auch schriftlich festzuhalten (...) Aus einem mir nicht mehr geläufigen Grund habe ich am 24.12.1980 die schriftliche Vereinbarung aus 1962 wiederholt und klargestellt, dass mein seinerzeitiger Wunsch bis zu meinem Lebensende Gültigkeit haben soll. Festzuhalten ist, dass ich jedenfalls nichts schenken, sondern den Status quo erhalten und die Tätigkeit meiner Frau gesichert sehen wollte. Ob diese Art der ‚Überlassung' eher als Schenkung bzw. als Aufgabe meines Eigentumsrechts anzusehen ist und wie weit der Gegenstand dieses Vorgangs auf einem Wert beruht bzw. welcher Art dieser Wert ist, entzieht sich im juridischen Bereich meiner Kenntnis. (...) Im Jahre 2009 hat meine Frau (...) dem Land (...) ihre Sammlung ‚Vorlass Y' verkauft."
17 Der Vertreter des Revisionswerbers vertrat dazu - ohne zeitliche Einschränkung - die Ansicht, der Revisionswerber habe die von seiner Frau gesammelten Papiere einschließlich solcher, die von dritter Seite stammten, "ab ovo für wertlos gehalten und den Besitzwillen daran einfach aufgegeben". Der für eine Schenkung erforderliche "animus donandi" habe daher gefehlt.
18 Der Bericht vom 27. April 2015 über das Ergebnis der Außenprüfung enthielt auch andere, vergleichsweise geringfügige Feststellungen, die in Bezug auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 der Wiederaufnahme des schon bescheidmäßig abgeschlossenen Verfahrens zugrunde zu legen seien. Bei der Neubemessung der Umsatzsteuer und bei der Einkommensteuer für das Jahr 2009 wurde dem Revisionswerber der (im Dezember 2009 auf dem Bankkonto seiner Frau gutgebuchte) Kaufpreis aus dem Vertrag vom Juli 2009 zuzüglich der seiner Frau ersetzten Digitalisierungskosten im Rahmen seiner Tätigkeit als Komponist zugerechnet.
19 Das Finanzamt erließ auf dieser Grundlage Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2009, über Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2009, über Anspruchszinsen und (nicht revisionsgegenständlich) Säumniszuschläge.
20 Der steuerliche Vertreter des Revisionswerbers erhob dagegen mit Schriftsätzen vom 3. und 18. Juni 2015 unter Verzicht auf eine Beschwerdevorentscheidung Beschwerde, die er - in Reaktion auf den umfangreichen Vorlagebericht des Finanzamtes - mit weiteren Schriftsätzen vom 17. September und 22. Dezember 2015 sowie vom 2. November 2016 ergänzte. In einem Schreiben vom 22. März 2017 legte auch die Frau des Revisionswerbers dem Bundesfinanzgericht ihre Sicht der Vorgänge dar, wobei sie vor allem ihren fachlichen Beitrag zum Zustandekommen einer "sinnvoll geordneten Sammlung" beschrieb.
21 In der mündlichen Verhandlung am 6. April 2017 wandte sich der Vertreter des Revisionswerbers - wie schon in seinen Schriftsätzen - gegen die "Zurechnung der Sammlung" an den Revisionswerber sowie dagegen, dass schon die Existenz einer "Sammlung" nicht zugestanden werde. Er legte auch dar, die "Autographe usw." seien "nichts wert" gewesen, bevor der Revisionswerber "Berühmtheit erlangt" habe. Eine "Sammlung" sei aber jedenfalls "kein Betriebsvermögen".
22 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde hinsichtlich der Wiederaufnahme sowie (unter Hinweis auf Judikatur zur Bindung an den Stammbescheid) hinsichtlich der Anspruchszinsen als unbegründet ab. Der Beschwerde gegen den neuen Umsatzsteuerbescheid und gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 gab das Bundesfinanzgericht in Bezug auf einen nicht revisionsgegenständlichen Punkt, auf Details der Digitalisierungskosten und auf den anzuwendenden Umsatzsteuersatz teilweise statt.
23 Das Bundesfinanzgericht hielt jedoch daran fest, dass der mit dem Kaufvertrag vom Juli 2009 erzielte Preis zur Gänze dem Revisionswerber zuzurechnen und der Ersatz der Digitalisierungskosten ein "Teil des Kaufpreises" sei.
24 Diese Ansicht stützte das Bundesfinanzgericht (auf den Seiten 17 bis 27 des Erkenntnisses) zunächst auf folgende die strittigen Fragen betreffende Feststellungen:
"Die Materialien des Vorlasses (Autographe, Partituren, Abschriften, Briefe, etc.) stellen notwendiges Betriebsvermögen der selbständigen Tätigkeit des Bf. als Komponist dar.
Dieses aus den Materialien des Vorlasses bestehende notwendige Betriebsvermögen hat den Betrieb des Bf. erst mit dem Verkauf an (...) verlassen.
Die Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens (Materialien des Vorlasses) sind dem Bf. zuzurechnen."
25 Im ersten Abschnitt der weiteren, durch Zwischenüberschriften gegliederten Erwägungen ("Notwendiges Betriebsvermögen - betriebsnotwendige Wirtschaftsgüter") wird allgemein und unter allgemeiner Bezugnahme auf Komponisten dargestellt, was zum notwendigen Betriebsvermögen zähle. Als eine der Voraussetzungen für das Vorliegen von Betriebsvermögen wird dabei das wirtschaftliche Eigentum genannt, aber nicht fallbezogen in Auseinandersetzung mit dem Schicksal der im Juli 2009 verkauften, soweit datiert aus den Jahren 1935 bis 2008 stammenden Gegenstände erörtert. Auch Feststellungen dazu, wann der "Betrieb" des Revisionswerbers, der 1935 noch Schüler war, eröffnet wurde, werden nicht getroffen. Auf die allgemeinen Rechtsausführungen folgt zunächst eine Auseinandersetzung mit Rechtsmeinungen des Vertreters des Revisionswerbers betreffend die Bedeutung der Frage, ob die Materialien für weitere Kompositionen benötigt worden seien. Dem weiteren Argument, die Gegenstände wären im Zeitpunkt der Entnahme und nicht mit dem Verkaufspreis zu bewerten gewesen, wird sodann entgegengehalten, sie seien erst beim Verkauf aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden, "womit sich die Frage der Bewertung von Entnahmen nicht stellt".
26 Gestützt wird dies hier nicht darauf, dass die Vereinbarungen zwischen dem Revisionswerber und seiner Ehefrau mit den Schriftstücken von 1962 und 1980 nicht im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend deutlich nach außen zum Ausdruck gekommen seien. Das Bundesfinanzgericht legt vielmehr dar, der Revisionswerber behaupte keine Schenkung und eine Dereliktion könne nicht vorliegen, weil die Papiere nicht dem Zugriff fremder Dritter preisgegeben worden seien. Sie hätten sich "immer im Haus des Bf. und damit in seinem Einflussbereich befunden". Hätte der Revisionswerber kein Interesse mehr an ihnen gehabt, so hätte es der "Vereinbarung" von 1962 nicht "bedurft". Dieses Schriftstück kommt in den Erwägungen nur an dieser Stelle, das Schriftstück von 1980 nirgends vor.
27 Im nächsten Abschnitt ("Rückschenkung") setzt sich das Bundesfinanzgericht mit den Manuskripten auseinander, die dem Revisionswerber im Jahr 2008 geschenkt wurden (Wert dieser Positionen im Gutachten A: etwa 3,4% der Gesamtsumme). Durch die Schenkung seien sie "ins Betriebsvermögen des Bf. übergegangen", und ein "Rechtstitel" für ihr Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen sei nicht angeführt worden.
28 Bekräftigt wird in diesem Abschnitt aber auch die vom Revisionswerber bekämpfte Ansicht des Finanzamtes, die im Kaufvertrag enthaltene Option spreche für die Zurechnung der verkauften Gegenstände an den Revisionswerber.
29 Im Abschnitt "Sammlung" führt das Bundesfinanzgericht aus, es liege "schon deshalb keine Sammlung der Ehegattin des Bf. vor", weil bei den Schätzungen die einzelnen Wirtschaftsgüter geschätzt worden seien. Der Umstand, dass in den Schätzungen kein Wert für ein "Sammelwerk" angesetzt worden sei, spreche "wesentlich gegen eine bei der Ehegattin des Bf. entstandene Sammlung". Dem Vorbringen, es habe eine Rolle gespielt, dass eine "wissenschaftlich fertig bearbeitete" Sammlung verkauft worden sei, was hohe Personalkosten für die Aufarbeitung erübrigt habe, seien "die bereits getroffenen Feststellungen des erkennenden Senates entgegenzuhalten, dass die Materialien des Vorlasses das Betriebsvermögen des Bf. nicht verlassen haben und nur die Materialien des Vorlasses als werthaltig bewertet wurden". Der Erwähnung der Ehefrau des Revisionswerbers als Alleineigentümerin im Vertrag komme "angesichts dieser Feststellungen keine entscheidende Bedeutung zu. Nur der Bf. als Eigentümer der zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Veranlagungsgegenstände konnte hinsichtlich dieser Verfügungen treffen".
30 Auf eine Auseinandersetzung mit dem Eventualstandpunkt des Revisionswerbers, auch ein Verkauf durch ihn selbst wäre ein Privatverkauf gewesen, und einen damit verbundenen Hinweis auf einen Erlass zur steuerlichen Behandlung von Vorlässen folgt in diesem Abschnitt der Hinweis, "wirtschaftlich gesehen" könne die Ehefrau des Revisionswerbers die Gegenstände "nicht verkauft haben", weil sie "nicht Eigentümerin dieser Materialien des Vorlasses war, denn diese Materialien des Vorlasses haben das Betriebsvermögen des Bf. bis zum Verkauf an (...) nicht verlassen".
31 Im Abschnitt "Werknutzungsbewilligung" wendet sich das Bundesfinanzgericht gegen das Argument, der Revisionswerber selbst habe nur eine "kleine" Nutzungsbewilligung erteilt, die sich insbesondere nicht auf Aufführungsrechte erstreckt habe. Die "Wesentlichkeit" der eingeräumten Berechtigungen sei "doch eindeutig aus dem Vertrag ersichtlich", weshalb man nicht von einer "kleinen" Bewilligung sprechen könne.
32 Zu den Beweisanträgen des Revisionswerbers wird im Abschnitt "Beantragte Zeugen für Existenz Sammlung und Urheberschaft Gattin" dargelegt, die Beweisthemen hätten "nichts für einen allfälligen Eigentumserwerb" der Ehefrau "ausgesagt".
33 Zum Thema "Publizität der Sammlung" wird darauf verwiesen, dass das Finanzamt "die Publizität als Voraussetzung für die Anerkennung einer Schenkung zwischen nahen Angehörigen angeführt" habe. Zwischen den Parteien sei aber unstrittig, dass keine Schenkung vorliege. Der Frage der "Publizität einer Sammlung" komme "deshalb keine Bedeutung zu, da die Materialien des Vorlasses das Betriebsvermögen des Bf. erst im Zeitpunkt des Verkaufs an (...) verlassen haben".
34 Im Abschnitt "Entnahme" wird noch einmal dargelegt, einer Bewertung im Zeitpunkt der jeweiligen Entnahme stehe entgegen, "dass die einzelnen Wirtschaftsgüter des Vorlasses die Betriebssphäre des Bf. bis zum Verkauf an (...) nicht verlassen haben".
35 Unter "Digitalisierung" wird in dem Umstand, dass der Revisionswerber nicht vertragsgegenständliche Gegenstände auf seine Kosten digitalisieren ließ, ein Argument dafür gesehen, dass der "verkaufte Vorlass ihm zuzurechnen" sei. Dies deshalb, weil hier "ein gemeinsames Vorgehen" erkennbar sei.
36 Schließlich wird in einem Abschnitt "Kaufpreis und Digitalisierung" daran festgehalten, dass der Kostenersatz für die Digitalisierung der vertragsgegenständlichen Objekte zu dem Entgelt gehöre, das der Käufer aufgewendet habe, "um die Lieferung zu erhalten". Die Bescheide des Finanzamtes seien in dieser Hinsicht nur in (von ihm außer Streit gestellten) Details korrekturbedürftig.
37 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht mit folgender fallbezogener Begründung für unzulässig:
"Im streitgegenständlichen Fall war eine Frage der Beweiswürdigung dahingehend zu beurteilen, ob Einkünfte aus der Veräußerung der Materialien eines Vorlasses dem Bf. oder seiner Ehegattin zuzurechnen sind. Diese Beurteilung war einzelfallbezogen vorzunehmen und hat daher keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung".
38 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision. Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der es die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revision beantragt.
39 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
40 Eine Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur zulässig, soweit sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die bekämpfte Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ohne Bindung an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision und im Fall einer außerordentlichen Revision im Rahmen der darin für ihre Zulässigkeit gesondert (§ 28 Abs. 3 VwGG) vorgebrachten Gründe zu beurteilen.
41 Im vorliegenden Fall enthält das gesonderte Vorbringen in der Revision zu deren Zulässigkeit keine Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG in Bezug auf die Entscheidungen über die (auch von den Revisionspunkten nicht erfasste) Wiederaufnahme und die Anspruchszinsen. Die Revision war in diesem Umfang daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem insoweit gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
42 Zur Zulässigkeit der Revision hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2009 verweist der Revisionswerber u. a. darauf, dass das Bundesfinanzgericht auch Schriftstücke aus der Zeit vor der Aufnahme seiner Tätigkeit als freiberuflicher Komponist und somit aus seinem Privatvermögen ohne weiteres seinem Betriebsvermögen zugerechnet habe und damit von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Dieses Argument, auf das die Revisionsbeantwortung nicht eingeht, reicht im Hinblick darauf, dass die veräußerten Gegenstände zum Teil noch aus der Kindheit des Revisionswerbers stammen und weder Feststellungen über die Betriebseröffnung noch solche über Einlagevorgänge getroffen wurden, jedenfalls aus, um in Bezug auf die Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2009 die Zulässigkeit der Revision zu begründen.
43 Das Bundesfinanzgericht hat die mehr als 600 Objekte, die Gegenstand des Kaufvertrages vom Juli 2009 waren, uneingeschränkt als "notwendiges Betriebsvermögen der selbständigen Tätigkeit des Bf. als Komponist" behandelt und dies in Bezug auf die Frage, wie die Gegenstände zum Betriebsvermögen wurden, nur - in den allgemeinen Rechtsausführungen des ersten Abschnitts der Erwägungen - auf die Ansicht gegründet, "Partituren, Autographe, Manuskripte" wiesen "einen eindeutigen Bezug zum Betrieb eines selbständig tätigen Komponisten" auf und seien "daher nach der Verkehrsauffassung als notwendiges Betriebsvermögen auch dann anzusehen, wenn der Komponist diese nicht für seine weiteren Kompositionen heranzieht".
44 Diese Begründung greift zumindest insoweit zu kurz, als es sich bei den verkauften Gegenständen erstens nicht nur um Schriftstücke aus der Zeit der freiberuflichen Tätigkeit des Revisionswerbers und zweitens nicht nur um "Partituren, Autographe, Manuskripte" des Revisionswerbers handelte.
45 Es wird andererseits wohl zutreffen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Gegenstände zunächst "notwendiges Betriebsvermögen" war, wogegen der an die umgangssprachliche Bedeutung des Begriffs anknüpfende Einwand des Revisionswerbers, er brauche "nichts als Ruhe", nicht durchschlägt (vgl. zur "insoweit irreführenden" Bezeichnung als "notwendig" den Hinweis des Bundesfinanzgerichtes auf Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, 2014, § 4 Tz 43). In Bezug auf diese Gegenstände stellt sich die Frage, ob sie nicht schon vor dem Verkauf vom Juli 2009 aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden waren.
46 Das Bundesfinanzgericht hat wirtschaftliches Eigentum des Betriebsinhabers als Voraussetzung der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen erwähnt (vgl. dazu etwa Zorn/Varro, a. a.O., § 4 Tz 40), sich im Zusammenhang mit der Frage eines Verlusts des wirtschaftlichen Eigentums aber darauf beschränkt, auf zivilrechtliche Einschätzungen durch den Vertreter des Revisionswerbers zu verweisen (keine Schenkung) und diese zugleich zu widerlegen (keine Dereliktion). Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern ist jedoch eine Rechtsfrage (vgl. Zorn/Varro, a.a.O., m.w.N.), die das Bundesfinanzgericht auf der Grundlage von Feststellungen über die tatsächlichen Verhältnisse - die im vorliegenden Fall schon fehlen - eigenständig zu beurteilen gehabt hätte.
47 Zu diesem Zweck hätte sich das Bundesfinanzgericht mit dem (nur zur Widerlegung der Behauptung einer Dereliktion erwähnten) Schriftstück von 1962, mit dem in den Erwägungen nicht berücksichtigten weiteren Schriftstück von 1980 und mit deren Erläuterung in der mit dem Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 vorgelegten Stellungnahme des Revisionswerbers beweiswürdigend auseinandersetzen müssen (vgl. zur Indizwirkung auch nachträglicher Erklärungen das Erkenntnis vom 22. Mai 2014, 2011/15/0003, 0004).
48 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass das Finanzamt auf die ursprünglich zugrunde gelegte Ansicht, die Schriftstücke von 1962 und 1980 seien mangels ausreichender Publizität (im Besonderen: mangels früherer Erwähnung gegenüber dem Finanzamt und mangels Veröffentlichung im Internet) kein ausreichender Nachweis für das einvernehmliche Vorgehen des Revisionswerbers und seiner Ehefrau, schon im ausführlichen Vorlagebericht - dem das angefochtene Erkenntnis in weiten Teilen folgt - nicht mehr zurückkam und dieser Standpunkt auch in der Revisionsbeantwortung nicht vertreten wird.
49 Ginge man davon aus, dass die Schriftstücke von 1962 und 1980 und deren Erläuterung durch den Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2014 das einvernehmliche Vorgehen des Revisionswerbers und seiner Frau wahrheitsgemäß widerspiegeln, so läge eine von den üblichen Gestaltungen etwas abweichende Regelung familienhafter Mitarbeit mit fortlaufender Übereignung nicht mehr aktuell benötigter Schriftstücke an die Ehefrau des Revisionswerbers vor (vgl. allgemein zur familienhaften Mitarbeit Doralt/Toifl, EStG14, 2010, § 2 Tz 167 ff). Die Formulierungen von 1962 ("nach Gutdünken", aber verbunden mit der Pflicht zur bedarfsweisen Zurverfügungstellung aufbewahrter Stücke) und jedenfalls von 1980 ("Dir gehören") lassen keinen Zweifel daran, dass die Verfügungsmacht nicht nur vorübergehend vom Revisionswerber auf seine Ehefrau übergehen sollte. Entgegen dem Vorbringen in den Schriftsätzen des steuerlichen Vertreters und auch noch in der Revision lässt dabei schon das Schriftstück von 1962 erkennen, dass die Möglichkeit eines späteren Wertzuwachses von Anfang an mitbedacht wurde. Bei Errichtung des Schriftstücks von 1980 war auch nach dem Vorbringen in der Revision nicht mehr davon auszugehen, dass es sich um Gegenstände ohne Verkehrswert handle, was im Jahr 2008, aus dem die letzten der verkauften Gegenstände zu stammen scheinen, keinesfalls mehr angenommen werden konnte.
50 Aus diesem Grund stellt sich - wenngleich wohl nicht für das Streitjahr 2009 - auch die von der Prüferin zunächst aufgeworfene Frage der Bewertung von Entnahmen. Für die vom Bundesfinanzgericht bestätigte Zurechnung des Verkaufserlöses kommt es hingegen auf das wirtschaftliche Eigentum im Zeitpunkt des Verkaufes an (vgl. allgemein zu Veräußerungsgeschäften Peyerl, Die Verlagerung von Einkünften, 2015, 75 f, m.w.N.; im Zusammenhang mit Verhältnissen unter Angehörigen Ruppe in Ruppe (Hrsg.), Handbuch der Familienverträge2, 1985, 132 und 141). War die fortlaufende Übergabe der Gegenstände mit der Übertragung der umfassenden Sachherrschaft an die Ehefrau des Revisionswerbers verbunden, so bestätigte die Gestaltung des Kaufvertrages vom Juli 2009 nur zusätzlich die in den Schriftstücken von 1962 und 1980 festgehaltenen Vereinbarungen im Sinne einer mit ihnen bezweckten Eigentumsübertragung. Eine Zurechnung des Kaufpreises oder gar - wie vom Bundesfinanzgericht angenommen - auch des Kostenersatzes für die Digitalisierung der verkauften Gegenstände an den Revisionswerber kam dann nicht in Betracht. Das in dem zuletzt genannten Zusammenhang ins Treffen geführte Argument des Bundesfinanzgerichtes, auch der Kostenersatz für die Digitalisierung sei aufgewendet worden, "um die Lieferung zu erhalten", findet im Inhalt des aktenkundigen Kaufvertrages nicht Deckung. "Geliefert" werden sollten insoweit nicht die verkauften Gegenstände, sondern von der Ehefrau des Revisionswerbers zu besorgende Digitalisate.
51 Das angefochtene Erkenntnis war insoweit, als damit über die Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2009 entschieden wurde, schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
52 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
53 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Oktober 2017
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