VwGH Ra 2017/11/0146

VwGHRa 2017/11/014621.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Mag. D N in M, vertreten durch Mag. Roland Testor, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 28, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 8. März 2017, Zl. LVwG- 2016/19/1479-2, betreffend Witwenversorgung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol), den Beschluss gefasst:

Normen

ÄrzteG 1998 §102 Abs3;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde, durch Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 5. April 2016, der Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung von Witwenversorgung ("Ex-Gattinnen-Versorgung") gemäß § 102 Abs. 3 ÄrzteG 1998 abgewiesen.

Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

In der Begründung wurde festgestellt, dass die Revisionswerberin zwei Mal mit dem Zahnarzt und Kammerangehörigen Dr. N., der am 13. Juni 2015 verstorben ist, verheiratet gewesen sei. Im Scheidungsvergleich vom 9. März 2010 betreffend die Auflösung der zweiten Ehe habe die Revisionswerberin ausdrücklich ("gegenseitig ein für allemal und endgültig") auf jedweden Unterhalt verzichtet. Damit lägen die Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 ÄrzteG 1998 für die Zuerkennung der Witwenversorgung nicht vor.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

6 Der hier maßgebende § 102 ÄrzteG 1998 lautet auszugsweise:

"§ 102. (1) Nach dem Tod eines (einer) Kammerangehörigen oder Empfängers (Empfängerin) einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist seiner Witwe (ihrem Witwer) oder seinem hinterbliebenen eingetragenen Partner, die (der) mit ihm (ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe oder eingetragenen Partnerschaft gelebt hat, die Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners zu gewähren.

...

(3) Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners gebührt, sofern nicht ein Ausschließungsgrund nach Abs. 2 vorliegt, auf Antrag auch dem Gatten oder eingetragenen Partner, dessen Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit dem Kammerangehörigen für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden bzw. aufgelöst worden ist, wenn ihm der Kammerangehörige zur Zeit seines Todes Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) auf Grund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer durch Auflösung (Nichtigerklärung) der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte. Hat der frühere Ehegatte oder der frühere eingetragene Partner gegen den verstorbenen Kammerangehörigen nur einen befristeten Anspruch auf Unterhaltsleistungen gehabt, so besteht der Anspruch auf Witwen(Witwer)versorgung oder auf die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners längstens bis zum Ablauf der Frist. (...) Die Witwen(Witwer)versorgung darf die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Kammerangehörigen an seinem Sterbetag Anspruch gehabt hat, es sei denn ..."

7 § 30 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol sieht für die Witwenversorgung des geschiedenen Ehegatten eines verstorbenen Kammerangehörigen, soweit hier relevant, eine inhaltsgleiche Regelung vor.

8 Im vorliegenden Fall ist der im Scheidungsvergleich vom 9. März 2010 enthaltene und mit diesem wirksam gewordene Unterhaltsverzicht der Revisionswerberin gegenüber dem verstorbenen Kammermitglied Dr. N. unbestritten.

9 Wenn daher die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision mit Blick auf § 102 Abs. 3 erster Satz ÄrzteG 1998 vorbringt, es habe (offensichtlich gemeint: aufgrund des aktenkundigen Scheidungsvergleichs vom 17. September 2003 betreffend die - erste - Ehe mit Dr. N.) "ursprünglich" eine Leistungspflicht (Unterhaltspflicht) bestanden, so vermag dieser Umstand angesichts des nachfolgenden Unterhaltsverzichts (Scheidungsvergleich vom 9. März 2010) nichts zu ändern, weil es nach der letztgenannten Bestimmung auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht im Zeitpunkt des Todes des Kammerangehörigen ankommt. Daher ist das Schicksal der Revision nicht abhängig von der Frage, ob ein Unterhaltsanspruch der Revisionswerberin gegenüber ihrem früheren Ehemann bis zum 9. März 2010 bestanden hat.

10 Auch mit dem (nicht näher konkretisierten) Vorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, "ob zumindest konkludent Versorgungsleistung gem § 102 ÄrzteG eingeräumt werden können", wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt.

11 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. September 2017

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