VwGH Ra 2017/10/0017

VwGHRa 2017/10/001729.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revisionen der M L in E, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 4. März 2016, Zl. LVwG-9/274/11-2016 (protokolliert zu Zl. Ra 2017/10/0017), vom 3. November 2015, Zlen. LVwG-9/44/12- 2015, LVwG-9/185/8-2015 und LVwG-9/191/8-2015 (protokolliert zu Zl. Ra 2017/10/0018) und vom 8. Juni 2016, Zl. 405-9/37/1/5-2016 (protokolliert zu Zl. Ra 2017/10/0019), betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MSG Slbg 2010 §6 Abs2;
MSG Slbg 2010 §6 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die Revisionswerberin macht in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revisionen geltend, es läge keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, "ob bei Einkünften in Geld einer behinderten Person im Rahmen einer betreuten Einrichtung in Form einer regelmäßig gewährten Erfolgsprämie" ein Berufsfreibetrag gemäß § 6 Abs. 4 Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) zu berücksichtigen sei. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes enthalte das von diesem ins Treffen geführte - die Revisionswerberin betreffende - hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2015, Zl. 2013/10/0181, dazu keine Aussagen.

5 Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass nach § 6 Abs. 4 erster Satz Sbg. MSG Hilfesuchenden, die Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen, ein Freibetrag einzuräumen ist, wobei nach der klaren Anordnung des § 6 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. eine Erwerbstätigkeit nur dann vorliegt, wenn eine Tätigkeit zum Zweck der Erzielung eines Entgelts am allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeübt wird. Damit ergibt sich bereits unmissverständlich aus dem Gesetz, dass ein Freibetrag nach der genannten Bestimmung nur bei einer Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt einzuräumen ist. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen aber klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Mai 2017, Zl. Ra 2017/10/0060, mwN).

6 Dass die Tätigkeit der Revisionswerberin in einer Werkstätte der Lebenshilfe Salzburg - die darauf gründet, dass ihr insofern gemäß § 10 Salzburger Behindertengesetz 1981 Hilfe zur sozialen Eingliederung gewährt wurde - eine solche "am allgemeinen Arbeitsmarkt" darstellt, ist weder ersichtlich noch wird dies von der Revisionswerberin in den vorliegenden Revisionen behauptet. Eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit dem wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen somit nicht aufgezeigt.

7 Die Revisionswerberin macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Weiteren geltend, es läge keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, "ob es sich bei einer derartigen Erfolgsprämie letztlich um eine nicht zum Einkommen zählende Leistung" nach § 6 Abs. 2 Sbg. MSG handle. Im genannten hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2015, Zl. 2013/10/0181, sei diese Rechtsfrage nicht beantwortet worden. Es liege jedoch Rechtsprechung "zu einer ähnlichen Frage zu § 10 Wiener Sozialhilfegesetz vor" (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 95/08/0189), sodass die angefochtenen Erkenntnisse davon abwichen.

8 Dem ist zu entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 20. Mai 2015, Zl. 2013/10/0181, bereits ausgesprochen hat, dass die an die Revisionswerberin regelmäßig ausbezahlte Erfolgsprämie als eine Geldleistung anzusehen ist, die bei der Gewährung von Mindestsicherung zu berücksichtigen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis auch darauf verwiesen, dass die Revisionswerberin im damaligen verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht (mehr) behauptet hat, dass diese Erfolgsprämie eine nicht zum Einkommen zählende Leistung nach § 6 Abs. 2 Sbg. MSG darstellen würde. Welchen Ausnahmetatbestand nach dieser Bestimmung die Revisionswerberin für ihren Standpunkt nunmehr ins Treffen zu führen können glaubt, wird in den alleine maßgeblichen Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revisionen nicht dargelegt. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin erweist sich auch das zum Einkommensbegriff des Wiener Sozialhilfegesetzes im Hinblick auf den Bezug von Pflegegeld ergangene hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 95/08/0189, nicht als einschlägig (vgl. insoweit den Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 2 Z. 3 Sbg. MSG).

9 In den Revisionen werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. September 2017

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