VwGH Ra 2017/04/0076

VwGHRa 2017/04/007626.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revisionen des 1. K D und der 2. I D, beide in G, beide vertreten durch Mag. Rainer Ebert und Mag. Gerhard Holzer, Rechtsanwälte in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 16, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich jeweils vom 29. Mai 2017, 1) Zl. LVwG-S-566/001-2016 und 2) Zl. LVwG-S-569/001- 2016, beide betreffend Übertretung der GewO 1994 (jeweils belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
GewO 1994 §348 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wurde den Revisionswerbern jeweils vorgeworfen, in einem näher bezeichneten Tatzeitraum und an einem näher bezeichneten Tatort das freie Gewerbe "Einstellen von Pferden" ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt zu haben, indem sie auf der von ihnen betriebenen Homepage www.d ********.at 130 Boxen für das Einstellen von Pferden angeboten hätten, in denen gegen in einer Preisliste aufgelistetes Entgelt, das auch die Fütterung und Entmistung beinhalte, Pferde eingestellt werden könnten.

2 Dadurch hätten die Revisionswerber § 366 Abs. 1 Z 1 iVm § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 verletzt und wurde über sie jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 56 Stunden) verhängt und ein Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG vorgeschrieben.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revisionen bringen zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe keine Ermittlungen zum Betriebskonzept aus dem Jahr 2014 angestellt und damit nicht dargelegt, weshalb im Tatzeitpunkt trotz maßgeblicher Änderung der Verhältnisse eine gewerberechtliche Betriebsanlage vorgelegen haben solle.

7 Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass Gegenstand der angefochtenen Erkenntnisse nicht das Vorliegen einer gewerberechtlichen Betriebsanlage (vgl. § 366 Abs. 1 Z 2 GewO 1994), sondern die Bestrafung wegen unbefugter Gewerbeausübung nach § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist.

8 Als weiteren Zulässigkeitsgrund bringen die Revisionen vor, es sei über den Antrag der Revisionswerber gemäß § 348 GewO 1994 nicht entschieden worden.

9 Gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Behörde die Feststellung beantragt wird, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage iSd § 74 gegeben ist, aber Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, über diese Frage zu entscheiden. Mangels einer im Gesetz vorgesehenen Antragslegitimation beteiligter Personen ist das Verfahren nach § 348 Abs. 1 GewO 1994 nicht auf Antrag, sondern unter den hier normierten Voraussetzungen von Amts wegen durchzuführen. Ein Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Feststellung besteht daher nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2015, 2013/04/0118, mwN).

10 Die Revisionen bringen zuletzt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der rechtlichen Einordnung eines wesentlichen Teilbereiches der Tierhaltung. Schon infolge "Grünlandnutzung" wäre "der maßgebliche Sachverhalt sowie bestimmte Rechtsfragen in einer nach der Rechtsprechung des VwGH gebotenen Weise" zu ermitteln. Auch fehle Rechtsprechung zur Lösung der Frage der Zulässigkeit des Bauvorhabens iSd § 19 "NÖ ROG". Bei der Marktgemeinde Göllersdorf sei ein Bauverfahren betreffend die verwendeten Gebäude und ein Betriebskonzept aus 2014 anhängig. Aufgrund der beabsichtigen Grünlandnutzung seien daher gemäß § 19 "NÖ ROG" und § 19 "NÖ BO" "diverse korrespondierende Rechtsfragen im Wege einer Gesamtbetrachtung des erklärten Bauwillens" anhand des maßgeblichen Betriebskonzeptes 2014 zu lösen.

11 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan: Die von den Revisionen angeführten bau- und raumordnungsrechtlichen Fragen betreffen nicht die hier alleine maßgebliche Frage, ob die Tätigkeit der Revisionswerber den Bestimmungen der GewO 1994 unterliegt.

12 Zur Frage des Vorliegens eines Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft besteht - entgegen dem Vorbringen der Revisionen - auch bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes: Im hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2011, 2009/04/0065, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 3. Juli 2007, 2005/05/0253, festgehalten, dass die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 4 Z. 6 GewO 1994 auf die Tätigkeit der Revisionswerber keine Anwendung finden. Der Verwaltungsgerichtshof blieb bei seiner bereits im Erkenntnis 2005/05/0253 vertretenen Auffassung, dass sich eine absolute Grenze der Unterstellbarkeit solcher Tätigkeiten unter den Begriff des "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft" dort ergebe, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspreche, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land und Forstwirtschaft geführt werde, und führte zum Betrieb der Revisionswerber aus, dieser entspreche dem Erscheinungsbild eines Betriebes, wie er von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt werde. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 4 Z. 6 GewO 1994 könne daher keine Anwendung finden.

13 Vorliegend hat das Verwaltungsgericht - entgegen dem Vorbringen der Revisionen - die Tätigkeit der Revisionswerber aufgrund von Feststellungen zum Betriebskonzept 2014 und einer Überprüfung des Betriebes der Revisionswerber durch den Amtsarzt im Jahre 2015 geprüft und ist zum Ergebnis gekommen, dass der Anteil der Eigenpferde an den eingestellten Pferden gegenüber der vom Verwaltungsgerichtshof in den oben angeführten Erkenntnissen geprüften Situation weiterhin abgenommen habe.

14 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. September 2017

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