VwGH Ra 2017/03/0009

VwGHRa 2017/03/000931.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des T K in W, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 24. Oktober 2016, Zl VGW- 103/040/14039/2015-5, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

WaffG 1996 §17 Abs3;
WaffG 1996 §18 Abs2;
WaffG 1996 §21 Abs1;
WaffG 1996 §21 Abs2;
ZDG 1986 §5 Abs5;
ZDG 1986 §75b;
WaffG 1996 §17 Abs3;
WaffG 1996 §18 Abs2;
WaffG 1996 §21 Abs1;
WaffG 1996 §21 Abs2;
ZDG 1986 §5 Abs5;
ZDG 1986 §75b;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde - dem Revisionswerber die ihm am 24. Mai 2012 von der belangten Behörde ausgestellte Waffenbesitzkarte gemäß § 75b ZDG entzogen; unter einem wurde die ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

2 Dem legte das Verwaltungsgericht Folgendes zu Grunde:

3 Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 17. Mai 2010 sei festgestellt worden, dass der Revisionswerber mit 3. Mai 2010 zivildienstpflichtig sei. Am 16. April 2012 habe der Revisionswerber bei der belangten Behörde die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte "wegen Erbschaft von 2 Schusswaffen" beantragt; dem Antrag und den dazu vorgelegten Unterlagen sei ein Hinweis auf die bestehende Zivildienstpflicht nicht zu entnehmen gewesen; der belangten Behörde sei das Bestehen der Zivildienstpflicht des Revisionswerbers im Jahr 2012 nicht bekannt gewesen, ein "Bescheid gemäß § 5 Abs. 5 ZDG" sei dem Behördenakt nicht zu entnehmen. Mit 24. Mai 2012 wurde dem Revisionswerber die Waffenbesitzkarte ausgestellt. Erst im Zuge eines Antrags auf Erweiterung der Waffenbesitzkarte habe die belangte Behörde Kenntnis von der bestehenden Zivildienstpflicht erlangt.

4 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung stützte sich das Verwaltungsgericht auf §§ 5 und 75b ZDG. Danach sei Zivildienstpflichtigen, deren Zivildienstpflicht nach dem 30. September 2005 festgestellt worden sei, der Erwerb und der Besitz ua von genehmigungspflichtigen Schusswaffen für die Dauer von 15 Jahren ab Eintritt der Zivildienstpflicht untersagt. Für Zwecke der Ausübung der Jagd, für Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen sowie für Sportschützen könnten in begründeten Fällen Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Innerhalb der Reichweite des Verbots dürfe keine Erlaubnis zum Erwerb oder Besitz derartiger Waffen erteilt werden, ausgestellte derartige Urkunden seien zu entziehen.

5 Der Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte habe keinen Bezug auf das ZDG genommen, er könne daher auch nicht in einen Antrag nach § 5 Abs 5 ZDG umgedeutet werden. Die von der belangten Behörde irrtümlich ausgestellte Waffenbesitzkarte ersetze keinen (eine Ausnahme bewilligenden) Bescheid nach § 5 Abs 5 ZDG. Die Entziehung der Waffenbesitzkarte sei daher gesetzeskonform; verfassungsrechtliche Bedenken gegen die §§ 5 und 75b ZDG bestünden nicht, solche habe auch der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf VwGH vom 28. Februar 2006, 2005/03/0037) nicht erkennen lassen. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers unterscheide sich der vorliegende Fall von jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Oktober 1976, 1936/75, zu Grunde gelegen sei, weil in jenem Fall ein und dieselbe Behörde entschieden habe (zunächst über ein Waffenverbot, dann über den Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte). Im vorliegenden Fall hingegen habe die belangte Behörde, nachdem sie von der aufgrund des Bescheids der Zivildienstserviceagentur bestehenden Zivildienstpflicht des Revisionswerbers Kenntnis erlangt habe, gestützt auf § 75b ZDG zutreffend die Waffenbesitzkarte entzogen.

6 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In der Zulässigkeitsbegründung wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, nämlich von dem "bei nahezu gleichem Sachverhalt ergangene(m)" Erkenntnis vom 5. Oktober 1976, 1936/75, ab; wenn man einen solchen Widerspruch verneine, fehle es "an einer entsprechenden Judikatur" des Verwaltungsgerichtshofs.

7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

8 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

10 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 25a Abs 1 VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

11 Der geltend gemachte Widerspruch zum hg Erkenntnis vom 5. Oktober 1976, 1936/75, liegt schon mangels Vergleichbarkeit der Sach- und Rechtlage nicht vor: Mit dem genannten Erkenntnis war ein Bescheid, mit dem (im Instanzenzug) ein Antrag auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte wegen eines gegen den Antragsteller nach § 12 WaffenG 1967 bestehenden Waffenverbots abgewiesen worden war, ohne auf die unter Hinweis auf den Wegfall einer zuvor bestehenden Krankheit geltend gemachte Sachverhaltsänderung einzugehen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben worden. Im Antrag auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte sei vor diesem Hintergrund nämlich auch ein impliziter Antrag auf Überprüfung, ob die Voraussetzungen für das (unbefristet verhängte) Waffenverbot weiterhin gegeben seien und auf dessen Aufhebung enthalten, mit dem sich die belangte Behörde hätte auseinandersetzen müssen.

12 Gemäß § 12 Abs 1 WaffenG 1967 hatte die Behörde (ebenso wie nach § 12 Abs 1 WaffenG 1986) einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass diese Person durch missbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte; ein derartiges Waffenverbot war (wie jetzt nach § 12 WaffG 1996) unbefristet, auf unbestimmte Zeit zu verhängen und war aufzuheben, wenn die Voraussetzungen dafür weggefallen sind.

13 Demgegenüber bestand im vorliegenden Fall nicht ein (behördlich verhängtes) Waffenverbot nach § 12 WaffG, sondern die mit Eintritt der Zivildienstpflicht ex lege (§ 5 Abs 5 ZDG) verbundene Konsequenz, dass dem Betroffenen Erwerb und Besitz von verbotenen Waffen, Kriegsmaterial und genehmigungspflichtigen Schusswaffen für die Dauer von 15 Jahren ab Eintritt der Zivildienstpflicht untersagt ist; damit korrespondiert die Regelung nach § 75b ZDG, wonach dem Zivildienstpflichtigen innerhalb der Geltung des Verbots nach § 5 Abs 5 ZDG keine Erlaubnis zum Erwerb oder Besitz von verbotenen Waffen, Kriegsmaterial und genehmigungspflichtigen Schusswaffen sowie zum Führen von Schusswaffen erteilt werden darf, weshalb davon Betroffenen weder Ausnahmebewilligungen nach §§ 17 Abs 3 oder 18 Abs 2 WaffG noch eine Waffenbesitzkarte nach § 21 Abs 1 WaffG oder ein Waffenpass nach § 21 Abs 2 WaffG ausgestellt werden dürfen. Eine "Aufhebung" der ex lege mit dem Eintritt der Zivildienstpflicht verbundenen und nach Verstreichen des gesetzlich normierten Zeitraums wieder entfallenden Einschränkung nach §§ 5 Abs 5 und 75b ZDG ist im Gesetz nicht vorgesehen. § 5 Abs 5 letzter Satz ZDG (idF seit der Novelle BGBl I Nr 83/2010) ermöglicht zwar - für Zwecke der Ausübung der Jagd, für Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen sowie für Sportschützen - in begründeten Fällen die Erteilung von Ausnahmebewilligungen vom Verbot des Erwerbs und Besitzes genehmigungspflichtiger Waffen und vom Verbot des Führens von Schusswaffen, nämlich über Antrag des Zivildienstpflichtigen durch die Waffenbehörde; diese Bewilligungen sind aber an das Vorliegen der im Gesetz genannten Ausnahmetatbestände gebunden und lassen die Einschränkung nach § 5 Abs 5 iVm § 75b ZDG im Übrigen unberührt.

14 Vor diesem Hintergrund liegt der geltend gemachte Widerspruch zum angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs nicht vor; mit dem darüber hinaus erstatteten pauschal gebliebenen Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung, es fehle "an einer entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs", wird nicht konkret dargelegt, welche auf den vorliegenden Fall bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte (vgl zum Konkretisierungsgebot insoweit etwa VwGH vom 23. September 2014, Ro 2014/01/0033, vom 16. Dezember 2014, Ra 2014/11/0095, und vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0115; zu den Konsequenzen der §§ 5 Abs 5 und 75b ZDG VwGH vom 28. Februar 2006, 2005/03/0037).

15 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2017

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