VwGH Ra 2017/02/0041

VwGHRa 2017/02/004118.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des P in A, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. November 2016, Zl. LVwG-680018/18/ZO/CG, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in einer Angelegenheit nach der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art132 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom 29. November 2016 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 25. Mai 2016 durch die dem Bezirkshauptmann des Bezirkes G. zurechenbare Organe ab, verpflichtete den Beschwerdeführer zum Kostenersatz des Verfahrensaufwandes und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

Zum Sachverhalt stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zunächst fest, dass der Revisionswerber wegen überhöhter Geschwindigkeit von zwei Polizeibeamten angehalten und im Zuge der nachfolgenden Verkehrskontrolle von diesen aufgefordert worden sei, ihnen zur Polizeiinspektion zu folgen, wobei der Revisionswerber dieser Aufforderung nachgekommen sei. Im Rahmen der Amtshandlung sei ein Alkotest durchgeführt worden, der 0,0 mg/l ergeben habe. Zur Abklärung, ob die Kennzeichentafeln bzw. der Führerschein abzunehmen wäre, seien Telefonate mit der Bezirkshauptmannschaft G. geführt worden. Bezüglich des Ablaufes der Amtshandlungen auf der Polizeiinspektion würden die Schilderungen der Beteiligten deutlich voneinander abweichen.

 

In weiterer Folge führte das Verwaltungsgericht die Aussagen der Polizeibeamten sowie des Revisionswerbers und des als Zeugen einvernommenen Vaters des Revisionswerbers an. Zu den unterschiedlichen Angaben habe das Verwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

Der Revisionswerber sei von Polizeibeamten zu einer Suchtgiftuntersuchung nach den Bestimmungen des § 5 StVO aufgefordert worden. Das Verwaltungsgericht sah es in diesem Zusammenhang als erwiesen an, dass die Polizeibeamten den Revisionswerber auf seine Verpflichtung zur amtsärztlichen Untersuchung sowie den damit verbundenen Zeitaufwand hingewiesen hätten. Sie hätten ihm jedoch die Möglichkeit eingeräumt, anstelle der amtsärztlichen Untersuchung einen Drogenschnelltest seines Harns durchzuführen, wobei bei einem negativen Harntest die amtsärztliche Untersuchung nicht erforderlich wäre. In weiterer Folge legte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung dar, dass der Zeitpunkt der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung bzw. zur "freiwilligen" Harnabgabe nicht mehr genau festgestellt werden könne. Sodann traf das Verwaltungsgericht Feststellungen dazu, dass beim Revisionswerber Hinweise auf eine Suchtmittelbeeinträchtigung vorgelegen hätten.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, die in der Beschwerde bekämpfte Freiheitsbeschränkung sei nicht der eigentliche Zweck der Amtshandlung gewesen, sondern eine Folge dessen, dass der Revisionswerber der an ihn gerichteten Aufforderung zur Harnabgabe nicht sofort nachgekommen sei. Bei dieser Aufforderung zur Harnabgabe habe es sich um eine von den Polizisten vorgeschlagene und vom Revisionswerber akzeptierte Möglichkeit gehandelt, die zur Abklärung der vermuteten Suchtgiftbeeinträchtigung grundsätzlich vorgesehene amtsärztliche Untersuchung und den damit verbundenen Zeitaufwand zu vermeiden. Dazu sei festzuhalten, dass eine Harnanalyse zur Feststellung einer eventuellen Suchtmittelbeeinträchtigung eines Fahrzeuglenkers gesetzlich nicht vorgesehen sei. § 5 Abs. 9a StVO sehe lediglich einen sogenannten Speichelvortest vor. Dies bedeute jedoch nicht zwingend, dass jede andere Art eines Vortests zur Überprüfung einer allfälligen Suchtmittelbeeinträchtigung unzulässig sei.

§ 5 Abs. 9 iVm § 5 Abs. 5 StVO sehe vor, dass Personen, von denen vermutet werden könne, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung einer ärztlichen Untersuchung zugeführt werden können. Die Durchführung eines Harntests auf Suchtgiftspuren sei eine Möglichkeit, um die bei den Organen der Straßenaufsicht bestehende Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung zu erhärten oder zu entkräften. Die Abgabe einer Harnprobe dürfe aber von den Polizeibeamten rechtlich nicht erzwungen werden. Wenn der Betroffene die Harnabgabe verweigere, so habe dies keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen für ihn, sondern führe lediglich dazu, dass er zu einer amtsärztlichen Untersuchung aufgefordert werden könne. Die gegenständliche Amtshandlung sei nicht auf die Erzwingung einer Harnabgabe oder eine Freiheitsbeschränkung gerichtet gewesen, sie habe nur deshalb eine erhebliche Zeit in Anspruch genommen, weil der Revisionswerber nicht sofort Harn habe abgeben können. Er sei mit der Harnabgabe aber grundsätzlich einverstanden gewesen. Da - unter näherer Begründung - die Vermutung der Polizeibeamten, dass sich der Revisionswerber in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe, gerechtfertigt gewesen sei, seien die Polizeibeamten gemäß § 5 Abs. 9 iVm § 5 Abs. 5 StVO berechtigt gewesen, den Revisionswerber zur ärztlichen Untersuchung aufzufordern. Sie hätten anstelle dieser zeitaufwändigen Untersuchung die Möglichkeit eingeräumt, die Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung durch einen Harntest wesentlich schneller und mit weniger Aufwand zu widerlegen. Mit dieser Vorgangsweise sei der Revisionswerber letztlich auch einverstanden gewesen.

Die grundsätzlich gerechtfertigte Amtshandlung sei erst mit der Auswertung des vom Revisionswerber abgegebenen Harns beendet gewesen. In dieser Zeit sei die Bewegungsfreiheit des Revisionswerbers insofern eingeschränkt gewesen, als er jenen Bereich, in welchem die Amtshandlung durchgeführt worden sei, nicht habe verlassen dürfen. Die Amtshandlung sei jedoch zu keinem Zeitpunkt darauf gerichtet gewesen, den Revisionswerber in seiner persönlichen Freiheit einzuschränken, sondern diese Einschränkung sei lediglich eine Folge des Umstandes, dass der Revisionswerber an der Amtshandlung (durch Abgabe von Harn) habe mitwirken müssen. Da es grundsätzlich die Möglichkeit gebe, Harnproben zu verfälschen, und nicht völlig auszuschließen sei, dass der Revisionswerber entsprechende Geräte in seinem Auto bei sich führe, erscheine es gerechtfertigt, dass die Polizeibeamten dem Revisionswerber untersagt hätten, die Dienststelle alleine zu verlassen. Es sei auch nicht Aufgabe der Polizeibeamten, diesen ins Freie zu begleiten, um ihm das Rauchen zu ermöglichen. Sie hätten ihm die Möglichkeit zum Rauchen (sowie auch zum ungestörten Telefonieren) in der Weise ermöglicht, dass sie ihm dafür einen Raum zugewiesen hätten, welcher nur in Ausnahmefällen von Parteien betreten werde (nämlich den Vorraum der Arrestzelle) und welcher auch problemlos gelüftet werden könne. Der Revisionswerber sei in diesem Raum jedoch nie eingesperrt gewesen; er habe die Möglichkeit gehabt, diesen jederzeit zu verlassen und sich in den sonstigen Räumlichkeiten, in denen die Amtshandlung durchgeführt worden sei, zu bewegen. Die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit während der Dauer der Amtshandlung sei daher lediglich eine Folge seiner Mitwirkungsverpflichtung an der Amtshandlung gewesen. Schließlich sei festzuhalten, dass der Revisionswerber jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, die Harnabgabe zu verweigern. In diesem Fall wäre er von den Polizeibeamten zu einer amtsärztlichen Untersuchung hinsichtlich einer allfälligen Suchtgiftbeeinträchtigung aufgefordert worden. Auch diese Untersuchung hätte er verweigern können, was zu einer Anzeige und einem Verwaltungsstrafverfahren, nicht jedoch zu einer Festnahme des Revisionswerbers geführt hätte. Dies ergebe sich eindeutig aus den Ausführungen des Zeugen T., welcher die Frage, ob dem Revisionswerber während der Amtshandlung eine Festnahme angedroht worden sei, klar verneint habe. Festzuhalten sei, dass die gesamte Amtshandlung zwar ungewöhnlich lange gedauert habe, jedoch zu keinem Zeitpunkt auf eine Freiheitsbeschränkung des Revisionswerber gerichtet gewesen sei, sondern darauf, eine allfällige Suchtgiftbeeinträchtigung eines Fahrzeuglenkers festzustellen. Da die diesbezügliche Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung durch die Polizeibeamten aufgrund der von ihnen wahrgenommenen Symptome noch ausreichend begründet gewesen sei, sei die Amtshandlung im Ergebnis rechtmäßig gewesen und habe keine unberechtigte Beschränkung der persönlichen Freiheit des Revisionswerbers vorgelegen. Aus diesem Grund sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.

2 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit den Anträgen, diese zuzulassen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen sowie in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu das angefochtene Erkenntnis aufzuheben. Weiters beantragte der Revisionswerber Kostenersatz. Die BH G. erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision als unzulässig, in eventu ihre Abweisung als unbegründet beantragte.

3 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Die Revision ist zulässig und im Ergebnis auch berechtigt. 5 Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war einerseits die

angebliche Anhaltung an der Polizeidienststelle gegenständlich, sowie andererseits die Harnabgabe zum Zwecke der Überprüfung der Suchtmittelbeeinträchtigung.

6 Zur behaupteten Anhaltung an der Polizeiinspektion ist Folgendes auszuführen:

Nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen einen individuell bestimmten Adressaten einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und damit unmittelbar - dh. ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als Ausübung von "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsakts in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt kein ausdrücklicher Befolgungsanspruch vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, mwN).

7 Sofern weder ein Bescheid noch ein Vollstreckungsakt vorliegt, ist die mündliche Äußerung eines Verwaltungsorgans nur dann als Befehl zu werten, wenn sie nach den Umständen des Falles hinreichend deutlich als normative Anordnung zu erkennen ist. Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, so liegt keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor. Stellen sich die Aufforderungen eines Polizeibeamten unter voller Berücksichtigung aller Begleitumstände nur als Einladung dar, die der Betroffene nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass er deshalb unverzüglich - das ist jedenfalls ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte - physischem (Polizei‑)Zwang unterworfen werde, um den gewünschten Zustand zu erreichen, so handelt es sich dabei um keinen Befehlsakt. Eine derartige, den Charakter eines schlichten Ansinnens tragende formlose Äußerung entbehrt des individuellnormativen Inhalts, den die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zwingend verlangt (vgl. erneut VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, mwN).

8 Neben dem Wortlaut und der Bestimmtheit der Aufforderung durch die Behördenorgane ist dabei auch maßgeblich, ob dem Betroffenen das Verlassen des Ortes der Amtshandlung oder das Verbleiben an diesem allenfalls freigestellt wurde, und ob sich die Beamten in einer Weise verhalten haben, dass aus der Sicht des Betroffenen - unabhängig von subjektiven Eindrücken - die Überzeugung entstehen musste, er werde im Fall seiner Weigerung ohne weitere Aufforderung mit Zwang mitgenommen bzw. wie im vorliegenden Fall angehalten werden. Entscheidend ist daher nicht, welche weitere Vorgangsweise seitens der Beamten im Fall der Weigerung des Betroffenen beabsichtigt war, sofern die geplante Vorgangsweise nach außen hin nicht zum Ausdruck kam. Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten der Beamten bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen den Eindruck hinterlassen musste, dass der Betroffene im Falle seiner Weigerung zwangsweise mitgenommen (bzw. angehalten) werde (vgl. hierzu wieder VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, mwN).

9 Eine derartige Auseinandersetzung im Sinne der dargelegten Judikatur zu Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.

10 Zunächst finden sich zum Ablauf der vom Revisionswerber in der Beschwerde thematisierten Anhaltung in der Polizeidienststelle keinerlei entsprechende Feststellungen. Lediglich den rechtlichen Erwägungen ist implizit zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht offenbar davon ausging, dass der Revisionswerber die Polizeiinspektion nicht verlassen durfte. So hält es in den rechtlichen Ausführungen unter anderem fest, dass es gerechtfertigt erscheine, dass "die Polizeibeamten dem Beschwerdeführer untersagt haben, die Dienststelle alleine zu verlassen" sowie, dass der Revisionswerber "jenen Bereich, in welchem die Amtshandlung durchgeführt wurde, nicht verlassen durfte". An anderer Stelle führt das Verwaltungsgericht aus, dass die Bewegungsfreiheit während der Dauer der Amtshandlung "eingeschränkt" gewesen sei. Solche Ausführungen vermögen jedoch konkrete Feststellungen zum Ablauf der Amtshandlung nicht zu ersetzen.

11 Es ist im Ergebnis eine - für den vorliegenden Fall jedoch relevante - Beurteilung unterblieben, ob der Revisionswerber bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgehen konnte, dass er im Fall seiner Weigerung, auf der Dienststelle zu verbleiben, zwangsweise angehalten worden wäre. Ob somit überhaupt ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgelegen ist, ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen.

12 Mangels entsprechender Feststellung des in diesem Punkt entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ist dem Verwaltungsgerichtshof eine abschließende Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses verwehrt, weshalb das Erkenntnis bereits aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

13 Zur vom Revisionswerber ebenfalls thematisierten Harnabgabe ist darüber hinaus noch Folgendes auszuführen:

14 Vorauszuschicken ist, dass dem angefochtenen Erkenntnis mangels entsprechender Feststellungen und schlüssiger rechtlicher Beurteilung nicht zu entnehmen ist, ob das Verwaltungsgericht davon ausging, der Revisionswerber sei zur Harnabgabe verpflichtet gewesen oder ob es annahm, dass die Harnabgabe allenfalls freiwillig erfolgte. Das angefochtene Erkenntnis ist in diesem Punkt widersprüchlich. So hält das Verwaltungsgericht zwar einerseits fest, dass eine Harnanalyse zur Feststellung einer eventuellen Suchtmittelbeeinträchtigung gesetzlich nicht vorgesehen sei und der Revisionswerber die Untersuchung hätte verweigern können. An anderer Stelle geht das Verwaltungsgericht jedoch offenbar davon aus, dass eine "Mitwirkungspflicht" des Revisionswerbers bei der Harnabgabe bestanden habe, und nimmt eine Verpflichtung des Revisionswerbers implizit an. Auch hält das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang fest, dass die Einschränkung der persönlichen Freiheit des Revisionswerbers eine Folge des Umstandes sei, dass der Revisionswerber "an der Amtshandlung durch Abgabe von Harn mitwirken musste".

15 Insoweit das Verwaltungsgericht von einer "Mitwirkungspflicht" des Revisionswerbers an der Harnabgabe ausgeht, ist es auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach eine Person, die sich einer Untersuchung nach § 5 Abs. 9 StVO 1960 zu unterziehen hat, nicht dazu verpflichtet ist, eine Harnprobe abzugeben (vgl. VwGH 12.12.2000, Zl. 2000/11/0212, sowie 24.10.2000, Zl. 2000/11/0114).

16 Mit der vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang in seiner Beschwerde aufgeworfenen Rüge, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der freiwilligen Mitwirkung an der gegenständlichen Amtshandlung nach § 4 RLV nicht erfüllt gewesen seien, hat sich das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht auseinandergesetzt (vgl. zu § 4 RLV etwa VwGH 13.10.2015, Ra 2015/01/0166, und 18.12.2014, Ra 2014/01/0028).

17 Aufgrund der unvollständigen und teils widersprüchlichen Ausführungen entzieht sich das angefochtene Erkenntnis auch in diesem Punkt einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof. Es war im Ergebnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

18 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und 6 VwGG abgesehen werden.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Oktober 2017

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