VwGH Ra 2016/16/0115

VwGHRa 2016/16/011519.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der G AG in S, vertreten durch Dr. Herbert Pfeifer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Universitätsplatz 8/IV, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 6. Oktober 2016, Zl. 405-13/27/1/6-2016, betreffend Herstellungsbeitrag nach § 16 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), zu Recht erkannt:

Normen

BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §16 Abs2;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Salzburg hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 18. August 1995 genehmigte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg der B GmbH eine beantragte Bauplatzerweiterung hinsichtlich näher angeführter Grundstücke mit der Maßgabe, dass u.a. für näher dargestellte Teilflächen die ganzen Kosten der Herstellung des Unterbaues der Verkehrsfläche und die halben Kosten der Herstellung der Straßendecke sowie der erforderlichen Entwässerungsanlagen zu leisten seien. Da diese Verkehrsflächen "derzeit noch nicht bzw. noch nicht fertig ausgebaut sind", würden die Kosten nur dem Grunde nach vorgeschrieben und erfolge eine betragsmäßige Vorschreibung zu einem späteren Zeitpunkt durch gesonderten Bescheid.

2 Die B GmbH verzichtete nach Verkündung dieses Bescheides in der mündlichen Verhandlung auf ein Rechtsmittel; in jener Verhandlung war ein Bericht und ein Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen verlesen worden. Demnach werde die antragsgegenständliche Liegenschaft an drei Stellen von im Bebauungsplan als Gemeindestraßen ausgewiesenen Verkehrsflächen begrenzt. Die verkehrsmäßige Aufschließung des beantragten Bauplatzes sei von der G straße, der R straße und der an der westlichen Bauplatzgrenze verlaufenden unbenannten Verkehrsfläche grundsätzlich möglich. Die G straße und die R straße seien als ausgebaut zu beurteilen, die im Westen verlaufende unbenannte Straße sei nur zum Teil und auch nur provisorisch errichtet.

3 Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 räumte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg der B GmbH die Möglichkeit einer Stellungnahme zum Vorhaben ein, ihr einen Beitrag zur Straßenherstellung vorzuschreiben, weil die Stadtgemeinde Salzburg in der R straße im Bereich näher angeführter Grundstücke eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet habe.

4 Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 2015 teilte die B GmbH mit, dass sie die betroffene Liegenschaft der nunmehrigen Revisionswerberin verkauft habe und nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft sei.

5 Mit Schreiben vom 8. Juli 2015 räumte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg der Revisionswerberin die Möglichkeit der Stellungnahme zu seinem Vorhaben der Vorschreibung von Beiträgen zur Straßenherstellung hinsichtlich der in Rede stehenden Grundstücke ein.

6 Mit Schriftsatz vom 7. August 2015 wandte die Revisionswerberin dagegen ein, die öffentliche Verkehrsfläche (R straße) sei nicht wie von der Behörde behauptet am 8. Mai 2009 fertiggestellt worden, sondern bereits vor 2009 fertiggestellt gewesen, weshalb das Recht, die Kosten einzufordern, verjährt sei.

7 Mit Bescheid vom 18. November 2015 schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg der Revisionswerberin vor, einen Herstellungsbeitrag in Höhe von 29.819,37 EUR "anlässlich der Fertigstellung der öffentlichen Verkehrsfläche" zu entrichten. Die Fertigstellung der öffentlichen Verkehrsfläche in der R straße sei am 8. Mai 2009 erfolgt. Die Bauplatzerklärung (Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 18. August 1995) sei vorhanden.

8 Eine Straße im Sinne des Bebauungsgrundlagengesetzes bestehe nicht nur aus einer befestigten Oberfläche, sondern sei nach den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) zu errichten. Der Straßenaufbau setze sich wie folgt zusammen:

"3,5 cm Asphaltfeinbeton

15 cm BTS II (2 x 7,5 cm) (Bituminöse Tragschicht Typ II)

60 cm Frostkoffer

Vlies"

9 Bei der vorhanden gewesenen teilausgebauten Verkehrsfläche habe der Asphaltfeinbeton gefehlt. Die R straße sei bis zum Mai 2009 eine befahrbare, teilausgebaute Verkehrsfläche gewesen. Wäre bereits bei der Bauplatzerklärung im Jahr 1995 davon ausgegangen worden, dass es sich um eine ordnungsgemäße Straße im technischen Sinn handle, wäre damals bereits ein Beitrag zu den Straßenherstellungskosten vorgeschrieben worden. Im Zeitraum April bis Mai 2009 sei in der R straße gemäß RVS nunmehr 3,5 cm Asphaltfeinbeton aufgebracht und die Verkehrsfläche somit im Sinn des BGG fertiggestellt worden.

10 Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 erhob die Revisionswerberin dagegen Beschwerde und brachte vor, eine nicht protokollierte, nirgends wiedergegebene bloße Aussage eines nicht einmal genannten Gebietsbauleiters über den Straßenzustand vor 20 Jahren, dass zwar eine teilausgebaute Verkehrsfläche vorhanden gewesen sei, es sich dabei aber nicht um eine Verkehrsfläche im Sinne der Bestimmungen des BGG gehandelt habe und bei der vorhanden gewesenen teilausgebauten der Asphaltfeinbeton gefehlt habe, sei kein ausreichender Beweis für den entscheidungswesentlichen Zustand der Straße im August 1995. Auf den in Rede stehenden, im Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 18. August 1995 bezeichneten Flächen sei seit der Bauplatzerklärung weder eine Neuerrichtung noch eine Verbreiterung der bereits damals bestehenden öffentlichen Verkehrsfläche erfolgt. Eine bloße Sanierung, Verbesserung oder Ähnliches einer bereits bestehenden öffentlichen Verkehrsfläche berechtige nicht zur Vorschreibung des Beitrages.

11 In der vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg durchgeführten Verhandlung am 14. September 2016 führte der Vertreter der Revisionswerberin aus, dass in der Verhandlungsschrift zur Bauplatzerklärung vom 18. August 1995 festgehalten worden sei, dass die R straße, wie damals gegenständlich gewesen sei, als ausgebaut zu beurteilen sei.

12 Der von der Revisionswerberin als Zeuge namhaft gemachte damalige Prokurist der B GmbH gab in der Verhandlung an, er sei seit 1991 im Unternehmen als Prokurist tätig. Im Jahr 1992 habe die B GmbH ein Grundstück erworben und die Produktionsstätte darauf errichtet. Im Laufe dieser Bautätigkeiten seien in den Jahren 1995 und 1996 in der R straße eine Fabrikations- und Lagerhalle errichtet und die angrenzenden Freiflächen zur R straße asphaltiert worden. Den Vorplatz, der damals der B GmbH gehört habe, habe sie asphaltiert und eben an die bestehende Asphaltdecke der R straße angeschlossen. Die R straße, betonte er, sei damals schon asphaltiert gewesen und daran sei von der B GmbH der Asphalt angeschlossen worden. Er glaube sich auch erinnern zu können, dass bereits im Jahre 1992 bei Erwerb des Grundstückes durch die B GmbH, die in Rede stehende Fläche asphaltiert gewesen sei. 13 Der Zeuge Ing. HG gab bei der mündlichen Verhandlung an,

sein Vorgänger, Ing. SG sei damals in das Straßenbauprojekt involviert gewesen. In den Unterlagen und im Abnahmeprotokoll stehe, dass im Jahr 2009 der Asphaltfeinbelag aufgebracht worden sei. Bei allen Typen von Straßen (Hauptverkehrsstraße, Nebenstraße, untergeordnete Straße) werde ein Feinbelag aufgebracht. Der Feinbelag sei 4 cm dick. Die R straße sei nach dem Typus Hauptverkehrsstraße gebaut worden. Der Straßenaufbau sei in den Richtlinien für Straßenaufbauten geregelt oder es gebe Regelblätter der Stadtgemeinde Salzburg, aus denen der Aufbau hervorgehe.

14 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg die Beschwerde ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

15 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens stellte das Verwaltungsgericht fest, der Stadtsenat der Landeshauptstadt Salzburg habe am 10. August 1987 den Ausbau der R Straße im Abschnitt zwischen der S gasse und der Sch straße beschlossen und die R straße als Gemeindestraße erster Klasse bestimmt. Mit in der Verhandlung vom 18. August 1995 verkündetem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg sei der damaligen Eigentümerin auf ihr Ansuchen die Bauplatzerweiterung hinsichtlich näher genannter Grundstücke nach Maßgabe wörtlich widergegebener Bestimmungen erteilt worden. Darunter finde sich die Bestimmung:

"4.) Für die im Lageplan ON 5 farbig dargestellten Teilflächen ...

zusammen also für eine Fläche von 1.242 m2, sind gemäß § 16 BGG

a) die ganzen Kosten der Herstellung des Unterbaues der Verkehrsfläche und

b) die halben Kosten der Herstellung der Straßendecke sowie der erforderlichen Entwässerungsanlagen

zu leisten.

Weil diese Verkehrsflächen derzeit noch nicht bzw. noch nicht fertig ausgebaut sind, werden die Kosten nur dem Grunde nach vorgeschrieben. Eine betragsmäßige Vorschreibung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt durch gesonderten Bescheid."

16 Im Jahr 1995 sei die R straße im Bereich der in Rede stehenden Grundstücke noch nicht fertig ausgebaut gewesen. Sie sei befahrbar hergestellt und die in Rede stehende Fläche F2 sei auch bereits asphaltiert gewesen. So sei der Vorplatz des Firmengeländes der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin im Jahr 1995/96 asphaltiert und an die bestehende Asphaltdecke der R straße angeschlossen worden. Im Zuge der Aufbringung des Asphaltfeinbelages in der R straße seien die Flächen F2 und F3 im Gesamtausmaß von 447 m2 im Mai 2009 fertiggestellt worden. Da die R straße stark vom Lkw-Verkehr frequentiert sei, sei sie nach dem Typus einer Hauptverkehrsstraße gemäß dem Regelplan 1, Straßenaufbau, der Stadt Salzburg gebaut. Grundlage für diesen Regelplan seien die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS). Demgemäß sei ein 4 cm dicker Asphaltfeinbelag als oberste und letzte Schicht aufgetragen worden. Vor der Umsetzung dieses Straßenbauprojektes habe die R straße über keinen Asphaltfeinbelag verfügt. Die für die Vorschreibung herangezogene Fläche betrage 447 m2. Im gesamten Bereich dieser Fläche sei die R straße als Verkehrsfläche hergestellt worden. Der Beitrag zu den Straßenherstellungskosten sei gemäß § 1 der Straßenpreisverordnung 2009 mit 66,71 EUR je m2 zu bemessen.

17 Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass vor der Aufbringung des 4 cm dicken Asphaltfeinbelages unter Berücksichtigung der straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen keine Verkehrsfläche im Sinne des § 16 BGG hergestellt gewesen sei und dass bis zur Aufbringung des Asphaltfeinbelages die nach § 16 BGG erforderliche Straßendecke in bautechnischer Sicht nicht bestanden habe, zumal die gegenständliche Straße nach dem Typus einer Hauptverkehrsstraße, auf der viel Lkw-Verkehr herrsche, gebaut worden sei. Daher sei erst in der Aufbringung des Asphaltfeinbelages die Herstellung im Sinne des § 16 BGG erfolgt.

18 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht Salzburg unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

19 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg reichte mit Schriftsatz vom 2. Februar 2017 eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag ein, die Revision kostenpflichtig abzuweisen.

20 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht auf Nichtvorschreibung eines Herstellungsbeitrages gemäß § 15 ff Salzburger BGG verletzt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

22 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision zusammengefasst vor, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob bei Bestehen einer Asphaltdecke die Herstellung im Sinne des § 16 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes erst durch spätere Auftragung eines Asphaltfeinbelages erfolgt.

24 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

25 Unstrittig ist im Revisionsfall, dass der in Rede stehende Teil der R straße im Zeitpunkt der Bauplatzerklärung im Jahr 1995 aus einem Unterbau und einem Asphaltbelag nicht näher definierter Qualität bestanden hat.

26 Strittig ist im Revisionsfall, ob erst durch die im Jahr 2009 erfolgte Aufbringung eines Asphaltfeinbetonbelages die Herstellung beendet worden und die Fertigstellung der Straße erfolgt ist.

27 Gemäß § 15 Abs. 1 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (S-BGG) hat im Falle einer Bauplatzerklärung der Grundeigentümer die Grundflächen, die zum Zweck der Aufschließung von Bauplätzen für die Anlage neuer oder zur Verbreiterung bestehender öffentlicher Verkehrsflächen benötigt werden, nach Maßgabe näherer Bestimmungen abzutreten.

28 § 16 S-BGG in der im Zeitpunkt der Bauplatzerklärung (1995) maßgeblichen Stammfassung lautet samt Überschrift auszugsweise:

"Tragen der Kosten der Straßenherstellung

§ 16 (1) Die Anlage und Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsflächen im Sinn des § 15 hat die Gemeinde in einer unter Berücksichtigung der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen zu bestimmenden Ausführung zu bewirken. Zu den hieraus erwachsenden Kosten sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Beiträge zu leisten.

(2) Der Eigentümer der Grundfläche, auf die sich die

Bauplatzerklärung bezieht, hat innerhalb der Grenzen, in denen

gemäß § 15 die Verpflichtung zu unentgeltlichen Grundabtretungen

oder zur Leistung von Entschädigungen für Grundabtretungen anderer

Personen vorgesehen ist

a) die ganzen Kosten der Herstellung des Unterbaues der

Verkehrsfläche und

b) die halben Kosten der Herstellung der Straßendecke sowie

der erforderlichen Entwässerungsanlagen

zu ersetzen. Werden diese Kosten bei Anwendung der

Bestimmungen ...

(3) Zur Sicherung der den Grundeigentümer gemäß Abs. 2 treffenden Kostenbeiträge hat dieser auf Verlangen der Gemeinde eine im Vorhinein von ihr festzusetzende, die ganzen Kosten oder einen bestimmten Teil dieser Kosten deckende Vorauszahlung bei der Gemeinde zu erlegen oder die Einverleibung des Pfandrechtes zugunsten der Gemeinde für eine im Vorhinein von ihr zu bestimmende Summe auf der als Bauplatz erklärten Grundfläche auf seine Kosten zuzugestehen; eine erlegte Vorauszahlung ist im Zeitpunkt ihrer Abrechnung in dem Verhältnis anzurechnen, dass im Zeitpunkt ihrer Erlegung zwischen ihr und den ganzen Kosten bestanden hat.

(4) ..."

29 Mit dem Landesgesetz LGBl Nr. 8/2001 wurde § 16 Abs. 2 S-BGG geändert und darin folgende Bestimmung aufgenommen:

"Die Beitragsberechnung erfolgt auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten oder auf Grundlage durchschnittlicher Kosten, wenn die Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg der Gemeinderat) den Preis für diese Herstellungen bei Verkehrsflächen im Gemeindegebiet je m2 durch Verordnung festgestellt hat."

30 Gemäß § 24 Abs. 3 S-BGG finden auf die Genehmigung der Änderung eines Bauplatzes die Vorschriften über die Bauplatzerklärung sinngemäß Anwendung.

31 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 17. Mai 1991, 89/06/0031, ausgesprochen, eine Straße ist in dem hier maßgebenden Zusammenhang dann "hergestellt", sobald sie den Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 S-BGG (Herstellung des Unterbaus, der Straßendecke und der erforderlichen Entwässerungsanlagen) in der nach der Lage des Falles für diese Aufschließungsstraße ausreichenden Ausführungsart erstmals entspricht.

32 Im Revisionsfall ist im Jahr 1995 ein Unterbau unstrittig bereits vorhanden gewesen (anders der dem hg. Erkenntnis vom 30. März 2017, Ra 2016/16/0023, zugrundeliegende Sachverhalt).

33 Fraglich ist, ob im Revisionsfall im Jahr 1995 bereits eine Straßendecke im Sinne des § 16 Abs. 2 lit. b S-BGG vorhanden war.

34 § 16 Abs. 1 S-BGG fordert die Anlage einer öffentlichen Verkehrsfläche "in einer unter Berücksichtigung der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen zu bestimmenden Ausführung".

35 Das Vorhandensein einer Asphaltdecke im Jahr 1995 und die zum Ausbaustand der in Rede stehenden R straße unklaren Aussagen in der Niederschrift über die Verhandlung im Verfahren zur Genehmigung der Bauplatzerweiterung am 18. August 1995 lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob die öffentliche Verkehrsfläche damals den Anforderungen des § 16 Abs. 1 S-BGG bereits genügt hat.

36 Die Auffassung, dass die Herstellung erst durch Aufbringen des Asphaltfeinbetonbelages im Jahr 2009 beendet worden wäre, setzt voraus, dass bereits im Jahr 1995 für eine nach der Lage des Falles für diese Aufschließungsstraße ausreichende Ausführungsart nicht nur eine Asphaltdecke, sondern einen Asphaltfeinbetonbelag erfordert hat und dass der Asphaltfeinbeton für eine "unter Berücksichtigung der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen zu bestimmenden Ausführung" somit bereits im Jahr 1995 erforderlich war. Diese Auffassung würde der Gemeinde unterstellen, dass sie der gesetzlichen Anordnung des § 16 Abs. 1 S-GGG, die Anlage der entsprechenden Verkehrsfläche zu bewirken, über rund 14 Jahre nicht nachgekommen wäre.

37 Die Revisionsbeantwortung wirft ein, bei Festlegung der durchschnittlichen Straßenausbaukosten durch die Straßenpreisverordnung würden die Kosten für den Asphaltfeinbelag eingerechnet, weshalb es rechtswidrig wäre, wenn bereits vor Aufbringung des Asphaltfeinbelages die Kosten vorgeschrieben würden. Im Revisionsfall wäre der Beitrag im Jahr der Genehmigung der Bauplatzerweiterung (1995) allerdings nach den tatsächlich angefallenen Kosten zu berechnen gewesen, denn die gesetzliche Ermächtigung zu einer Verordnung mit der Feststellung durchschnittlicher Kosten wurde erst durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 8/2001 geschaffen.

38 Es mag allenfalls zutreffen, dass das Anbringen eines Asphaltfeinbelages im Jahr 2009 den in diesem Zeitpunkt bestehenden straßenbautechnischen Erkenntnissen und den örtlichen Erfordernissen entsprochen hat. Ob dies jedoch auch im Jahr 1995, im Zeitpunkt der Genehmigung der Bauplatzerweiterung, bereits zugetroffen hat oder ob dieses Erfordernis erst im Laufe der 14- jährigen Benutzung der R straße durch geänderte straßenbautechnische Erkenntnisse oder geänderte örtliche Erfordernisse (Verkehrslage) später eingetreten ist, ist mangels diesbezüglicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nicht nachzuvollziehen.

39 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

40 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Oktober 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte