Normen
GSpG 1989 §1 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015170145.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Jänner 2015 wurde der Erstrevisionswerber als Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Gesellschaft wegen einer Übertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 3. Fall und Abs 2 1. Fall Glücksspielgesetz (GSpG) in Bezug auf zwei Glücksspielgeräte bestraft und über ihn eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von EUR 2.000,-
- sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Gesamtersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 12 Stunden verhängt. Betreffend die verhängte Geldstrafe wurde die Haftung der zweitrevisionswerbenden Partei gemeinsam mit dem Erstrevisionswerber zur ungeteilten Hand ausgesprochen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass es für jedes Glücksspielgerät eine Geldstrafe von jeweils EUR 1.000,- und eine Ersatzfreiheitstrafe von jeweils 6 Stunden festsetzte. Den Haftungsausspruch gegenüber der zweitrevisionswerbenden Partei bestätigte das Landesverwaltungsgericht mit der Maßgabe, dass es zusätzlich die Haftung für die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von EUR 400,- aussprach und die diesbezügliche Rechtsgrundlage (§ 9 Abs 7 VStG) ergänzte. Weiters sprach es aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Hinsichtlich des Spielablaufs an den gegenständlichen Glücksspielgeräten stellte das Landesverwaltungsgericht Folgendes fest:
"Nach dem Auswählen des Einsatzes wird die Start-Taste gedrückt und es laufen dann die Symbole auf dem Bildschirm durch. Diese Symbole blieben selbständig stehen, der Zeuge M hat keinen Einfluss darauf genommen, wann sie stehen geblieben sind. Je nach der dann sichtbaren Symbolkombination hat der Spieler gewonnen oder nicht."
Weiters führte es dazu aus, dass es nicht relevant sei, ob der Spieler bei den gegenständlichen Geräten die Möglichkeit habe, durch Betätigen des Touchscreens den Walzenlauf gezielt zu stoppen und so auf das Spielergebnis Einfluss zu nehmen. Der Zeuge M habe glaubwürdig geschildert, dass bei dem von ihm durchgeführten Spiel nach dem Betätigen der Start-Taste die Walzen selbstständig zum Stillstand gekommen seien, dh er überhaupt keinen Einfluss auf das Spielergebnis genommen habe. Es könne daher jedenfalls ein Spiel durchgeführt werden, bei welchem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich von der vom Gerät verwendeten Software und damit aus Sicht des Spielers vom Zufall abhänge. Das Gerät könne daher jedenfalls als reines Glücksspiel verwendet werden. Sollte es tatsächlich möglich sein, den Walzenlauf durch Betätigen des Touchscreens zu beeinflussen, ändere dies dennoch nichts an der Tatsache, dass das Gerät auch dann ein Spielergebnis liefere, wenn der Spieler den Walzenlauf in keiner Weise beeinflusse. Unabhängig davon, ob der Spieler die Möglichkeit habe, den Stillstand des Walzenlaufs zu beeinflussen, habe er jedenfalls die Möglichkeit, Spiele durchzuführen, ohne auf den Walzenlauf Einfluss zu nehmen. Es sei daher aufgrund des Spielablaufs des an den gegenständlichen Geräten verfügbaren Walzenspiels als erwiesen anzusehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhänge und seien die Spiele an den gegenständlichen Geräten daher jedenfalls als Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Im Zulässigkeitsvorbringen wird ua ausgeführt, das Landesverwaltungsgericht sei zu Unrecht vom Vorliegen von Glücksspielen iSd § 1 Abs 1 GSpG an den gegenständlichen Geräten ausgegangen, obwohl die Spiele nicht überwiegend vom Zufall abhingen, weil die Spieler auf den Spielverlauf gezielt hätten Einfluss nehmen können.
8 Die Revision ist schon diesbezüglich zulässig und auch berechtigt.
9 Gemäß § 1 Abs 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
10 Ein Zufall liegt vor, wenn der Erfolg weder von zielbewusstem Handeln oder der Geschicklichkeit oder allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn auch weitere Bedingungen dazu treten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen (vgl VwGH vom 2. Juli 2015, Ro 2015/16/0019).
11 Eine vorwiegende Abhängigkeit vom Zufall im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG ist etwa dann gegeben, wenn sich nicht eine berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang entwickelt, sondern letztlich nur aufgrund eines Hoffens, einer irrationalen Einstellung, auf dieses oder jenes einzelne Ergebnis des Spieles gesetzt werden kann (vgl Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, Kommentar zum Glücksspielgesetz 1989, Rz 5 zu § 1 GSpG, mwN).
12 Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass eine allfällige Möglichkeit der Einflussnahme auf das Spielergebnis durch den Spieler auf den Glücksspielcharakter keinen Einfluss habe, da das Gerät jedenfalls auch bei Unterlassen einer Einflussnahme durch den Spieler ein - aus Sicht des Spielers - zufallsabhängiges Spielergebnis liefert.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem hg Erkenntnis vom 3. Juli 2009, 2005/17/0178, festgehalten, dass durch den Einbau eines Geschicklichkeitselements der Glücksspielcharakter eines Spiels beseitigt werden kann. Die Beurteilung des gegenständlichen Geräts als Glücksspielgerät hängt demnach davon ab, ob der Spielablauf durch ein solches Geschicklichkeitselement vom Spieler derart beeinflusst werden kann, dass der Spielerfolg nicht ausschließlich bzw überwiegend vom Zufall abhängt.
14 Haben sowohl Spielerfähigkeiten als auch Zufall auf den Spielausgang Einfluss, ist entscheidend, ob die abstrakte Steuerbarkeit kausaler Gegebenheiten rationale Gewinnerwartungen begründen kann (vgl Kirchbacher in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 168 StGB, Rz 4). Demnach liegt kein Glücksspiel vor, wenn es der Spieler "in der Hand" hat, ob der Zufall oder seine Geschicklichkeit entscheidet, sich also kausale Umstände soweit zunutze machen könnte, dass er den Spielverlauf mit einer für den Spielerfolg geeigneten Wahrscheinlichkeit steuern und oder prognostizieren kann (vgl Höpfel, Probleme des Glücksspielstrafrechts, ÖJZ 1978, 421 ff). Alleine aus der Tatsache, dass der Spieler die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Spielergebnis ungenutzt lässt und somit ein zufallsabhängiges Spielergebnis realisiert wird, kann daher nicht abgeleitet werden, dass ein Glücksspielgerät vorliegt.
15 Indem das Verwaltungsgericht diese Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
16 Um beurteilen zu können, ob das gegenständliche Spiel als Glücksspiel einzustufen ist, wäre vom Verwaltungsgericht darzulegen gewesen, auf Grund welcher Umstände vom Überwiegen des Zufalls auszugehen ist, wobei im konkreten Fall vor allem eine Beschreibung der Touchscreen-Funktion und ob eine Einflussnahme auf das Spielergebnis durch diese möglich gewesen wäre, zu erfolgen gehabt hätte. Ohne diesbezügliche Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob den Spielen eine überwiegende Geschicklichkeitskomponente innewohnte, sodass das Vorliegen von Glücksspielen zu verneinen wäre (vgl wiederum VwGH vom 3. Juli 2009, 2005/17/0178). Da es das Verwaltungsgericht aufgrund seiner unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hat, derartige Feststellungen zu treffen, liegt insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vor.
17 Das angefochtene Erkenntnis war schon aus den dargelegten Gründen aufgrund Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 4. Jänner 2017
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