Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte war Angestellter (Obmann und Geschäftsleiter) einer Bank. Im Jahr 1995 vergab die Bank Kredite in Höhe von rund 4,200.000 S an den Neffen seiner Ehefrau (im Folgenden: Kreditnehmer), die für einen Teilkredit in Höhe von 500.000 S die Bürgschaft übernahm. Im Jahr 1999 trat der Kreditnehmer mit dem Ersuchen um Zinsfreistellung an die Bank heran, die ihm für das letzte Quartal 1999, das Jahr 2000 und das erste Quartal 2001 (teilweise) auch tatsächlich gewährt worden ist. Im Anschluss an eine Innenrevision, bei der u.a. die Zinsfreistellung aufgegriffen wurde, schloss der Mitbeteiligte mit der Bank eine Vereinbarung ab, deren Punkt IV den gegenständlichen Kredit betraf und wie folgt lautete:
"Herr (Mitbeteiligter) gibt zum Kreditfall (...) ohne Präjudiz für seinen Rechtsstandpunkt gegenüber der (Bank) eine mit EUR 80.000,-- begrenzte Schadloserklärung ab. Diese Erklärung erfolgt ausschließlich zum Zweck einer Generalsanierung, wobei damit keinerlei Eingeständnis einer Schuld oder einer Verantwortlichkeit durch den Dienstnehmer verbunden ist. Der Dienstnehmer erklärt ausdrücklich sein Einverständnis, dass ein allfälliger Schaden spätestens mit dem Abfertigungsanspruch bei dessen Fälligkeit gegenverrechnet wird. Die (Bank) erklärt dazu, dass auf Antrag von Herrn (Mitbeteiligten) ein allfälliger Schaden auch gegen Kürzung des jährlichen Bilanzgeldes (15. Gehalt) verrechnet werden kann. Die Schadenshöhe errechnet sich einerseits aus einem allfälligen offenen Saldo auf einem der derzeit schon bestehenden Konten (...) zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfertigung sowie einem pauschalen Zinsenschaden in Höhe von EUR 17.000,--.
Die (Bank) erklärt, dass sie mit dieser Schadloserklärung aus dem Kreditfall voll befriedigt ist."
2 Aufgrund einer im Jahr 2005 erfolgten Umschuldung erlitt die Bank im Zusammenhang mit dem besagten Kredit letztlich keinen Kreditausfall. Der Mitbeteiligte überwies jedoch im Jahr 2011 - unter Bezugnahme auf die oben angeführte Vereinbarung - 17.000 EUR (Zinsenschaden) an die Bank und machte diesen Betrag in der Einkommensteuererklärung 2011 als Werbungskosten geltend.
3 Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Aufwendungen nicht und begründete dies im Wesentlichen damit, dass Schadenersatzleistungen, die auf ein Fehlverhalten des Angestellten zurückzuführen seien, keine Werbungskosten darstellten.
4 Der Mitbeteiligte berief gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 und brachte in der Berufung u.a. vor, dass die gegenständliche Kreditvergabe ordnungsgemäß unter Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen, der Vorschriften der Geschäftsordnung sowie zu fremdüblichen Bedingungen erfolgt sei. Als der Kreditnehmer mit seinem Betrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, habe er um eine zeitlich begrenzte Zinsenfreistellung ersucht. Der Mitbeteiligte sei für eine Zinsenfreistellung - bei der es sich um ein "alltägliches" Geschäft handle, das jedenfalls seiner beruflichen Sphäre zuzuordnen sei - im begehrten Umfang zuständig gewesen. Er habe aber nicht bedacht, dass es sich bei dem Kreditfall um ein - strengeren Vorschriften (Zustimmung des Aufsichtsrates) unterliegendes - Organgeschäft handle, weil seine Ehefrau für den Kreditnehmer gebürgt habe. Der Mitbeteiligte habe den weitschichtig verwandten Kreditnehmer in keiner Phase aus privaten Gründen bevorzugt behandelt.
5 Das Finanzamt wies die Berufung mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. Februar 2014 als unbegründet ab, woraufhin der Mitbeteiligte deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragte.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Berufung (nunmehr Beschwerde) - nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens - Folge. Es stellte im Wesentlichen fest, dass die Zinsenfreistellung von den Aufsichtsorganen der Bank - trotz jährlicher Revisionen - zunächst nicht beanstandet worden sei. Erst anlässlich einer im Jahr 2004 durchgeführten Innenrevision habe der Revisor die Zinsenfreistellung aufgegriffen. Dem Mitbeteiligten sei vorgeworfen worden, dass die Zinsenfreistellung vom Aufsichtsratsvorsitzenden und dem gesamten Vorstand abzuzeichnen gewesen wäre. Eine bewusst pflichtwidrige Vorgangsweise des Mitbeteiligten habe der Revisor aber nicht festgestellt, weshalb dem Mitbeteiligten in Bezug auf den Zinsenschaden letztlich nur vorgeworfen worden sei, dass keine durchgehende Dokumentation der Zinsenfreistellung (ein diesbezüglicher Vorstandsbeschluss sei nur für das letzte Quartal 1999 dokumentiert gewesen) vorgelegen habe. Daher habe sich die Bank mit einer Teilung des Zinsenschadens - der mit rund 35.000 EUR errechnet worden sei - als Kompromiss begnügt.
7 Schadenersatzzahlungen stellten Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten dar, wenn das ihnen zu Grunde liegende Fehlverhalten der beruflichen Sphäre zuzuordnen sei. Ein Werbungskostenabzug sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Mitbeteiligte aus privaten Gründen ein Fehlverhalten gesetzt hätte, auf das die Bank ihre Ersatzforderungen stützen könnte. Selbst grobe Fahrlässigkeit bei der Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben hebe den beruflichen Zusammenhang nicht auf, solange keine private Mitveranlassung hinzutrete. Ein Fehlverhalten sei im Übrigen auch nicht deshalb als außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen anzusehen, weil eine private Mitveranlassung lediglich nicht ausgeschlossen werden könne (Hinweis auf VwGH vom 30. Oktober 2014, 2011/15/0137).
8 Der Mitbeteiligte habe angegeben, er sei als Obmann und Geschäftsleiter der Bank bestrebt gewesen, einen Kreditausfall mittels einer als Sanierungsbeitrag gedachten Zinsenfreistellung hintanzuhalten. Im Hinblick auf die Bürgschaft seiner Ehefrau für einen Teilkredit von 500.000 S liege es freilich nahe, dass neben dem beruflichen auch ein privates Interesse des Mitbeteiligten an der Sanierung des Kreditnehmers bestanden habe. Dass der Mitbeteiligte wegen der Person des Kreditnehmers und der Angehörigenbürgschaft pflichtwidrig gehandelt habe, hätten die im Jahr 2004 durchgeführten bankinternen Recherchen aber nicht ergeben. Von den im Revisionsprotokoll vom 21. Juli 2004 aufgegriffenen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Zinsenfreistellung sei dem Mitbeteiligten letztlich nur vorwerfbar gewesen, dass eine Dokumentation der "kompetenzmäßig legitimierten Entscheidung" nicht vorgelegen habe. Dem Mitbeteiligten müsse zwar grobe Fahrlässigkeit bei der Geschäftsführung vorgeworfen werden, wenn er Beschlüsse des Vorstandskollegiums bzw. bankintern vorgeschriebene Genehmigungen nicht dokumentiert und die Wiedereinsetzung der Verzinsung nach Ablauf des genehmigten Zeitraumes nicht kontrolliert habe. Das BFG könne jedoch nicht die Sachverhaltsfeststellung treffen, dass er das Fehlverhalten bei der Wahrnehmung beruflicher Aufgaben aus privaten Gründen gesetzt habe. Daher sei sein fahrlässiges Verhalten nicht als außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen zu werten. Somit lägen in Höhe der Ersatzleistung von 17.000 EUR Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 vor.
9 Eine ordentliche Revision erachtete das Bundesfinanzgericht für unzulässig, weil zur Abzugsfähigkeit von Schadenersatzleistungen als Werbungskosten umfangreiche Judikatur (insbesondere das Erkenntnis vom 30. Oktober 2014, 2011/15/0137) vorliege.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss gemäß Abs. 1 ist gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 In der Revision wird zur Zulässigkeit ausgeführt, das Bundesfinanzgericht vertrete im angefochtenen Erkenntnis die Auffassung, dass eine Zahlung des Arbeitnehmers abziehbar sei, wenn er sie aufgrund einer die Einkünfteerzielung betreffenden Vereinbarung mit dem Arbeitgeber geleistet habe und das Fehlverhalten bei der Wahrnehmung beruflicher Aufgaben nicht aus privaten Gründen bewusst gesetzt worden sei. Die Auffassung des BFG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abzugsfähigkeit von Schadenersatzzahlungen als Werbungskosten insoweit ab, als nach der höchstgerichtlichen Judikatur Schadenersatzleistungen als Werbungskosten abziehbar seien, wenn das Fehlverhalten der beruflichen Sphäre zuzuordnen sei, während nach dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts Schadenersatzzahlungen stets als Werbungskosten abziehbar seien, solange nicht die Sachverhaltsfeststellung getroffen worden sei, dass aus privaten Gründen bewusst das zugrundeliegende Fehlverhalten bei der Wahrnehmung beruflicher Aufgaben gesetzt worden sei.
14 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
15 Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen und Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.
16 Wird das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt, sind die Schadenersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten absetzbar. Demgegenüber sind Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist (vgl. VwGH vom 28. April 2011, 2008/15/0259, VwSlg 8640/F, mwN). Für die Frage der Abziehbarkeit von Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen ist demnach entscheidend, ob das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen ist oder es als private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen/beruflichen Veranlassung durchschneidet (vgl. VwGH vom 30. Oktober 2014, 2011/15/0137).
17 Schadenersatzleistungen als Folge eines aus privaten Gründen (z.B. freundschaftlichen Beziehungen) bewusst pflichtwidrigen Verhaltens sind somit nicht abziehbar. Entscheidend ist, aus welchen Gründen im Rahmen der betrieblichen/beruflichen Tätigkeit ein unrechtmäßiges Verhalten gesetzt wird, nämlich ob diese im Bereich der Einkünfteerzielung oder im Privatbereich liegen. Eine private Veranlassung liegt etwa dann vor, wenn ein Rechtsanwalt als Treuhänder Schecks auftragswidrig ausfolgt und dies in der langjährigen freundschaftlichen Beziehung des Treuhänders mit dem Begünstigten seine Begründung hat (vgl. VwGH vom 1. Juli 1981, 0681/78, VwSlg 5607 F/1981). Geht ein Rechtsanwalt als Treuhänder irrigerweise davon aus, dass die Voraussetzungen für die Ausfolgung vorgelegen sind, so ist die Ersatzverpflichtung der betrieblichen Sphäre zuzuordnen (vgl. VwGH vom 29. Juli 1997, 93/14/0030, VwSlg 7197 F/1997). Die pflichtwidrige Auszahlung von Treuhandgeldern durch einen Notar ist dessen betrieblicher Sphäre zuzuordnen, wenn kein im Privatbereich liegender Grund für diese Vorgangsweise festgestellt wird (vgl. VwGH vom 30. Oktober 2014, 2011/15/0137). Auch wenn eine private Veranlassung lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, ist daraus noch nicht ableitbar, dass ein Fehlverhalten als außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen anzunehmen wäre (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2000, 95/14/0048, und vom 30. Oktober 2014, 2011/15/0137).
18 Nach den Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts hat sich nicht ergeben, dass der Mitbeteiligte wegen der Person des Kreditnehmers und der Angehörigenbürgschaft bewusst pflichtwidrig gehandelt habe. An der Zinsenfreistellung sei ihm nur vorwerfbar gewesen, dass keine durchgehende Dokumentation der "kompetenzmäßig legitimierten Entscheidung" vorgelegen habe.
19 Wenn das Bundesfinanzgericht bei dieser Sachlage das Verhalten des Mitbeteiligten nicht als außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen gewertet und die Schadenersatzzahlung als Werbungskosten anerkannt hat, ist es nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
20 Nicht einschlägig ist die vom revisionswerbenden Finanzamt angeführte Rechtsprechung zu dem auf einer betrieblichen/beruflich Fahrt verursachten Autounfall und den daraus resultierenden Schadenersatzleistungen, weil das alkoholisierte oder sonst grob vorschriftswidrige Lenken eines Fahrzeuges im allgemeinen als eine privat veranlasste Verhaltensweise anzusehen ist.
21 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. Juni 2017
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)