Normen
KStG 1988 §8 Abs2;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Anfechtung (Körperschaftsteuer für die Jahre 2008 und 2009) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Bei Gründung der revisionswerbenden Gesellschaft im Jahr 1994 wurden die Eltern von HB und GB zu Geschäftsführern bestellt. HB und GB wurden im Jahr 1998, als sich ihr Vater aus der Geschäftsführung zurückzog, selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer und standen in einem nur in Bezug auf seine spätere Fortdauer strittigen Dienstverhältnis zur GmbH. Die Mutter blieb noch als Geschäftsführerin eingetragen. Gesellschafter waren zu Beginn des Jahres 2008 HB und GB zu je 25%, ihre Mutter zu 10% und ihr Vater zu 40%.
2 Im Mai 2008 starb der Vater von HB und GB, deren Anteile an der GmbH sich danach durch Erbschaft auf je 45% erhöhten. Der Anteil der Mutter, deren Funktion als Geschäftsführerin nun gelöscht wurde, blieb unverändert. HB und GB schlossen im Dezember 2008 einen Syndikatsvertrag.
3 Streitpunkt des Verfahrens ist die als Konsequenz aus diesen Vorgängen vorgenommene, mit der Auflösung von Rückstellungen verbundene Auszahlung von Abfertigungen an HB und GB, deren arbeitsrechtliche Dienstverhältnisse die revisionswerbende GmbH nun als beendet ansah. Im Bericht vom 30. November 2011 über eine die Jahre 2008 und 2009 betreffende Außenprüfung teilte die Prüferin diese Ansicht im Wesentlichen deshalb nicht, weil sie die Rechtswirkungen des Syndikatsvertrages anders beurteilte als die revisionswerbende Gesellschaft. Der Arbeitsbogen enthält dazu die Auskunft eines Rechtspflegers in Firmenbuchsachen, wonach die Stimmbindung zu keiner Sperrminorität im Außenverhältnis führe, die gegenteilige Ansicht aber "leider" auch nicht undenkbar sei. Um "für die Frage den Rechtsweg zu öffnen", müsse "wohl die Sperrminorität verneint werden". Ausgehend davon, dass sich "an Art und Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses der Gesellschafter nichts geändert" habe, vertrat die Prüferin die Ansicht, die Auszahlung der Abfertigungen sei "als fremdunüblich zu betrachten und somit als verdeckte Ausschüttung zu werten".
4 Gegen die darauf gestützten Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 (für dieses Jahr hatte sich eine Reduktion des Verlustabzuges ergeben) sowie einen nicht mehr streitgegenständlichen, weil vom Bundesfinanzgericht (wegen falscher zeitlicher Zuordnung) aufgehobenen Bescheid über Haftung für Kapitalertragsteuer für das Jahr 2008 erhob die revisionswerbende Gesellschaft mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2011 Berufung. Sie hielt darin an der Ansicht fest, die arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisse hätten geendet, und verband dies vor allem mit Ausführungen zum Syndikatsvertrag. Das Finanzamt habe hier "eine arbeitsrechtliche Vorfrage zu entscheiden". Geltend gemacht wurde im Besonderen, bei einem Gesellschafter, der über weniger als die Hälfte des Stammkapitals verfüge, komme es "auf die tatsächlichen Umstände an, um beurteilen zu können, ob ein beherrschender Einfluss dieses Gesellschaftergeschäftsführers angenommen werden kann". Unter diesem Gesichtspunkt sei sehr wohl auf den Syndikatsvertrag Bedacht zu nehmen, der HB und GB faktisch mehr Rechte übertrage und auch so gelebt werde. Er beruhe auf der Absicht, "die Firmenanteile im einheitlichen Willen zu verwalten". Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssten die tatsächlichen Verhältnisse geprüft werden. Kritisiert wurde auch das Unterbleiben einer Korrektur der Auflösung der Abfertigungsrückstellungen.
5 Mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2012 legte die revisionswerbende Gesellschaft eine Äußerung der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse vom 17. Jänner 2012 vor, worin die Ansicht, die arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisse seien beendet worden, geteilt werde.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die von ihm als Beschwerde zu behandelnde Berufung, soweit sie die Körperschaftsteuer betraf, als unbegründet ab. Es vertrat die Meinung, die arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisse seien im Hinblick auf die Beteiligungsverhältnisse aufrecht und Ansprüche auf die Abfertigung daher gemäß § 23 AngG nicht entstanden. Der "Abschluss eines Stimmbindungsvertrages allein" ändere daran nichts.
7 Davon ausgehend begründete das Bundesfinanzgericht die Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Körperschaftsteuer - vor abschließenden Ausführungen darüber, warum auch der die Rückstellungen betreffende Eventualeinwand unzutreffend sei - wie folgt:
"Das BFG schließt sich daher der vom Finanzamt vertretenen Auffassung an, wonach es im gegenständlichen Fall aus vorstehenden Erwägungen zu keiner Beendigung der arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisse gekommen ist und folglich Abfertigungsansprüche der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer im Jahr 2008 nicht entstanden sind. Dies hat zur Konsequenz, dass bei Anstellen eines Fremdvergleiches davon auszugehen ist, dass die Bf. bei Nichtvorliegen eines Abfertigungsanspruches keine Abfertigungen an gesellschaftsfremde Personen ausbezahlt hätte."
8 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig. Im gegenständlichen Fall handle es "sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur gefolgt ist".
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, zu der das Finanzamt keine Revisionsbeantwortung erstattet hat. Zur Zulässigkeit der Revision wird in ihr vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei in Bezug auf die Berücksichtigung faktischer Verhältnisse bei der Beurteilung des Einflusses auf das Unternehmen, in Bezug auf die "subjektive Voraussetzung bei der Vorteilseinräumung" und im Zusammenhang mit der Auflösung der Rückstellungen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
10 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
11 Voraussetzung einer verdeckten Ausschüttung ist eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung, die aus den Umständen erschließbar sein kann (vgl. das Erkenntnis vom 26. Juni 2014, 2011/15/0076, 0077, und die weiteren Nachweise aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes etwa bei Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock (Hrsg.), Die Körperschaftsteuer - KStG 1988, § 8 Tz 158 ff, sowie bei Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg.), KStG2, § 8 Rz 128 ff). Das Bundesfinanzgericht hat diesem Erfordernis keine Beachtung geschenkt und keine Feststellungen dazu getroffen und auch bei der Prüfung der sozietären Veranlassung der Zuwendungen einen falschen Maßstab angelegt, indem es den Fremdvergleich so vorgenommen hat, als wäre die revisionswerbende Gesellschaft vom "Nichtvorliegen eines Abfertigungsanspruches" ausgegangen. Mit unbeachtlichen Irrtümern über die ertragsteuerlichen Konsequenzen einer inadäquaten Leistungsbeziehung sind Tatbestandsirrtümer oder Auffassungsunterschiede in Bezug auf eine solche Frage des Arbeitsrechtes nicht gleichzusetzen (vgl. auch dazu die schon zitierten Autoren).
12 Das angefochtene Erkenntnis war im Umfang der Anfechtung bereits deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. April 2017
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