VwGH Ro 2016/22/0008

VwGHRo 2016/22/00087.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 4. Dezember 2015, VGW- 151/065/5061/2015-4 und VGW-151/065/5063/2015-4, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Parteien: *****), den Beschluss gefasst:

Normen

32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art3 Abs2 lite;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
NAG 2005 §45;
NAG 2005 §69 Abs1;
NAG 2005 §8 Abs1 Z10;
VwGG §34 Abs1;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art3 Abs2 lite;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
NAG 2005 §45;
NAG 2005 §69 Abs1;
NAG 2005 §8 Abs1 Z10;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Die mitbeteiligten Parteien, die Erstmitbeteiligte ist die Mutter der minderjährigen Zweitmitbeteiligten, halten sich seit 26. Mai 2006 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie verfügten zunächst (von 3. März 2006 bis 27. Februar 2010) über Aufenthaltsbewilligungen für den Zweck "Familiengemeinschaft mit Studierendem", von 27. Februar 2010 bis 1. März 2015 für den Zweck "Familiengemeinschaft mit Künstler". Mit Zweckänderungsanträgen vom 26. Februar 2015 beantragten sie die Erteilung jeweils eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" gemäß § 45 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

5 Der Landeshauptmann von Wien wies diese Anträge ab, weil die mitbeteiligten Parteien lediglich über Aufenthaltsbewilligungen, nicht aber über Niederlassungsbewilligungen verfügt hätten; sie erfüllten daher nicht die Voraussetzungen des § 45 NAG.

6 Das Verwaltungsgericht gab den dagegen erhobenen Beschwerden statt und erteilte den mitbeteiligten Parteien jeweils einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU". Begründend führte es im Wesentlichen mit Hinweis auf Art. 4 der Richtlinie 2003/109/EG aus, den mitbeteiligten Parteien komme - ungeachtet der Differenzierung zwischen Aufenthaltsbewilligung und Niederlassungsbewilligungen im NAG - die Rechtsstellung langfristig Aufenthaltsberechtigter unmittelbar auf Grundlage der Richtlinie 2003/109/EG zu; der Ausnahmetatbestand des Art. 3 Abs. 2 lit. e letzter Fall der Richtlinie betreffend förmlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigungen komme fallbezogen nicht zur Anwendung.

7 Schließlich erklärte das Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung zu § 45 iVm § 8 Abs. 1 Z 10 und § 69 Abs. 1 NAG betreffend Sachverhalte, die sich nach Inkrafttreten des NAG ereignet hätten, vorliege.

8 Die Revision stimmt dem Verwaltungsgericht zu, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege; darüber hinaus wird keine Rechtsfrage aufgezeigt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte.

9 Eine Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt fallbezogen nicht (mehr) vor. Mit hg. Erkenntnis vom 19. April 2016, Ro 2015/22/0010, führte der Verwaltungsgerichtshof bereits aus, dass die innerstaatliche Ausgestaltung der Aufenthaltsbewilligung "Künstler" den Drittstaatsangehörigen nicht daran hindere, langfristig ansässig zu sein, eine solche Konstellation daher nicht unter die Ausnahme des Art. 3 Abs. 2 lit. e der Richtlinie 2003/109/EG falle und der in jenem Verfahren Mitbeteiligten daher unmittelbar auf Grund der Richtlinie die Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigte zukomme. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen. Nichts Anderes kann für Aufenthaltstitel für Familienangehörige von Künstlern gemäß § 69 NAG gelten. Damit fiel die zum Zeitpunkt der Einbringung der Revision bestandene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nachträglich weg, weil die Frage in einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde (vgl. den hg. Beschluss vom 18. Juni 2014, Ra 2014/20/0002).

10 Die Revision war daher zurückzuweisen.

11 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 7. Juni 2016

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