VwGH Ra 2016/18/0309

VwGHRa 2016/18/030915.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. H D, 2. R G, 3. A M D, 4. S D,

5. A D, 6. Sa D, alle in V und vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 23. September 2016, 1. Zl. W147 2013644-2/10E, 2. Zl. W147 2013647- 2/9E, 3. Zl. W147 2013631-2/6E, 4. Zl. W147 2013646-2/6E,

5. Zl. W147 2013633-2/6E und 6. Zl. W147 2013645-2/6E, betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien, alle Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, sind Mitglieder einer Familie; der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind Ehegatten, die dritt- bis sechstrevisionswerbenden Parteien ihre minderjährigen Kinder.

2 Sie stellten im Dezember 2012 (ad 1., 3., 5.), im Februar 2013 (ad 2. und 4.) bzw. im Juli 2014 (ad 6.) Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, die das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit den angefochtenen, im Säumnisbeschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnissen gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 abwies. Das BVwG erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 und stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils für nicht zulässig.

3 Gegen diese Erkenntnisse richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, der erkennende Richter habe entgegen seiner in § 47 Abs. 2 VwGVG normierten Verpflichtung zu keinem Zeitpunkt die Beweisaufnahme geschlossen. Er habe die mündliche Verhandlung vorzeitig beendet, entgegen dem Antrag der revisionswerbenden Parteien keine weitere Verhandlung anberaumt und dadurch das in § 46 Abs. 2 VwGVG normierte Fragerecht des Rechtsvertreters sowie das in § 48 VwGVG festgelegte Gebot der Unmittelbarkeit und das Gebot zur vollständigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts verletzt.

4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

7 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

8 Die vorliegende Revision macht in der Zulassungsbegründung ausschließlich behauptete Verstöße gegen formelles Recht geltend. Ihr ist zwar zuzugeben, dass Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht nur solche des materiellen, sondern auch des Verfahrensrechts sein können, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen. Ein solcher Verfahrensmangel ist jedoch nur dann revisibel, wenn auch seine Relevanz für den Verfahrensausgang dargetan wird (vgl. etwa VwGH vom 1. März 2016, Ra 2015/18/0277, mwN).

9 Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Lösung des Revisionsfalles von einem derartigen Verfahrensverstoß abhängt. Soweit die Revision Verstöße gegen die §§ 46, 47 und 48 VwGVG rügt, übersieht sie, dass im gegenständlichen Fall kein Verwaltungsstrafverfahren in Rede steht, auf das sich die zitierten Normen beziehen.

10 Davon abgesehen lässt sich der Vorwurf der revisionswerbenden Parteien an das BVwG, es sei der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und das Fragerecht des Rechtsvertreters der revisionswerbenden Parteien nicht eingeräumt worden, nach der Aktenlage nicht nachvollziehen, weil das Verwaltungsgericht am 17. Mai 2016 eine dreistündige Verhandlung zur Sachverhaltsklärung durchgeführt hat, in der auch der Rechtsvertreter der revisionswerbenden Parteien Fragen stellen konnte. Welche (relevanten) zusätzlichen Ermittlungen oder weiteren Fragen in einer fortgesetzten Verhandlung Klärung finden hätten können, legt die Revision nicht ausreichend dar.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2016

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