European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016080075.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Revisionswerber den Anspruch auf Notstandshilfe für die Zeit vom 8. September bis 19. Oktober 2015 verliere. Eine Nachsicht werde nicht erteilt.
Der Revisionswerber beziehe - mit Unterbrechungen - seit 9. November 2009 Arbeitslosengeld und seit 9. August 2015 Notstandshilfe. Er habe zwar einen ersten Termin mit einem ihm namhaft gemachten künftigen Arbeitgeber wahrgenommen, die Einhaltung bzw. Vereinbarung eines zweiten Termins (nach weiterem Stellenangebot) jedoch unterlassen bzw. überhaupt kein Interesse daran entfaltet. Er habe keinen Versuch unternommen, sich anlässlich des Vorstellungsgesprächs die Arbeitsbedingungen vor Ort anzusehen, und keine ernsten Absichten (die Arbeitsstelle anzutreten) erkennen lassen. Das "ganze Verhalten" des Revisionswerbers sei dahin ausgerichtet gewesen, die angebotene Stelle nicht annehmen zu müssen. Sein Verhalten sei für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich gewesen. Er verliere gemäß § 10 AlVG für den angegebenen Zeitraum seinen Anspruch auf Notstandshilfe.
Dagegen richtet sich die Revision.
Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (im Folgenden: AMS) hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht habe trotz widersprechender Behauptungen betreffend sein angebliches Bewerbungsverhalten keine mündliche Verhandlung durchgeführt und dadurch sein Recht auf Parteiengehör sowie auf ein faires Verfahren verletzt.
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Es gehört gerade im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichts, dem auch im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer (bei Geltendmachung von "civil rights" in der Regel von Amts wegen durchzuführenden) mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 2015, Ra 2015/08/0101, und vom 17. März 2016, Ra 2016/08/0007, mwN).
Da die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf einer Verkennung der Vorgaben des § 24 VwGVG beruhte, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Ein Anspruch auf Aufwandersatz wurde nicht geltend gemacht. Wien, am 2. Juni 2016
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