VwGH Ra 2016/04/0062

VwGHRa 2016/04/006212.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des JB in T, vertreten durch Mag. Leo Thun-Hohenstein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 12. April 2016, Zl. LVwG-AV-344/001-2016, betreffend Parteistellung in einem gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln; mitbeteiligte Partei: NR in T), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO NÖ 2014 §48;
BauO NÖ 2014 §6 Abs2 Z2;
GewO 1994 §359b;
BauO NÖ 2014 §48;
BauO NÖ 2014 §6 Abs2 Z2;
GewO 1994 §359b;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Verständigung (u.a.) des Revisionswerbers vom 21. Mai 2015 wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Tulln (belangte Behörde) gestützt auf § 359b der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) - und somit im vereinfachten Genehmigungsverfahren - eine mündliche Verhandlung im Verfahren über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei um Genehmigung der Änderung ihrer (näher bezeichneten) Gastgewerbebetriebsanlage durch Errichtung und Betrieb eines Gastgartens unter einer gedeckten Gartenlaube anberaumt.

Im Hinblick auf diese Verständigung erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015 zum Verfahrensgegenstand "Änderung der Gastgewerbebetriebsanlage" eine "Äußerung des Nachbarn iSd § 359b Abs. 1 GewO (Einwendungen gegen das Bauvorhaben)". Nach Ansicht des Revisionswerbers sei dem verfahrensgegenständlichen Antrag bereits deshalb die Genehmigung zu versagen, weil die Gartenlaube baurechtlich ausschließlich zu privaten und nicht zu betrieblichen Zwecken benützt werden dürfe. Der Revisionswerber beantragte, ihm Parteistellung zuzuerkennen und dem Antrag auf Änderung der Gastgewerbebetriebsanlage die Genehmigung zu versagen.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2015 stellte die belangte Behörde fest, dass die näher bezeichnete Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei einschließlich der Abänderung durch Errichtung und Betrieb eines (genau beschriebenen) Gastgartens der Bestimmung des § 359b Abs. 2 GewO 1994 in Verbindung mit § 1 Z 1 der Verordnung, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind (im Folgenden: Verordnung), entspreche und damit die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens gegeben seien.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2016 wies die belangte Behörde das Ansuchen des Revisionswerbers (im Schriftsatz vom 3. Juni 2015) um "Zuerkennung der Parteistellung im gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren betreffend die Änderung der Gastgewerbebetriebsanlage" der mitbeteiligten Partei durch Errichtung eines Gastgartens ab. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 75 Abs. 2 und 359b Abs. 1 und 2 GewO 1994 sowie § 1 Z 1 der Verordnung genannt.

2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die gegen diesen (zuletzt genannten) Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision für unzulässig.

Das Verwaltungsgericht wies darauf hin, dass Nachbarn im Verfahren nach § 359b Abs. 1 GewO 1994 eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage hätten, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens vorlägen. Hingegen komme ihnen kein Recht auf "Nichtgenehmigung" der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegen der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten Voraussetzungen zu. Die belangte Behörde habe zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 359b GewO 1994 erfüllt seien. Die vom Revisionswerber beantragte "vollständige" Parteistellung sei nicht vorgesehen. Dem Kumulationsprinzip folgend ersetze die gewerbebehördliche Genehmigung (abgesehen von fallbezogen nicht maßgeblichen Ausnahmen) nicht die nach anderen Rechtsmaterien erforderlichen Bewilligungen. Die vorliegende Entscheidung - so das Verwaltungsgericht weiter - werde ausschließlich nach der Gewerbeordnung 1994 getroffen. Allfällige weitere behördliche (insbesondere baurechtliche) Verfahren seien nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

6 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe "rechtsirrig übersehen", dass die belangte Behörde gemäß § 1 NÖ Bau-Übertragungsverordnung auch für Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei und damit gegenständlich auch als Baubehörde erster Instanz zuständig sei.

7 Entgegen der zum Ausdruck kommenden Auffassung des Revisionswerbers ist es fallbezogen nicht maßgeblich, welche Zuständigkeiten der belangten Behörde allgemein zukommen, sondern worüber sie im Bescheid, den der Revisionswerber mittels Beschwerde bekämpft und den das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis bestätigt hat, abgesprochen hat. Dem angefochtenen Erkenntnis lässt sich eindeutig entnehmen, dass sowohl das verwaltungsbehördliche als auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren nur das Ansuchen um Zuerkennung der (unbeschränkten) Parteistellung des Revisionswerbers im vereinfachten gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren betrafen. Ob die belangte Behörde zur Entscheidung in einem allfälligen baurechtlichen Verfahren zuständig gewesen wäre, ist somit nicht von Relevanz.

8 Ausgehend davon ist es nicht als rechtswidrig anzusehen, dass sich das Verwaltungsgericht - wie vom Revisionswerber ins Treffen geführt - im gegenständlichen Verfahren nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob durch eine Änderung der Nutzungsart subjektiv-öffentliche Parteirechte des Revisionswerbers gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 NÖ BauO auf Schutz vor Emissionen im Sinn des § 48 NÖ BauO beeinträchtigt worden seien (siehe das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, 2004/05/0285, wonach der Umstand, dass eine Betriebsanlage nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 genehmigt worden sei, noch nicht bedinge, dass sie auch nach baurechtlichen Bestimmungen zulässig sein müsse, bzw. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1984, 84/04/0002).

9 Mit dem Revisionsvorbringen, es sei unklar, ob im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 das baurechtliche Genehmigungsverfahren unter einem entschieden werden könne, wodurch es zu einer "Aushebelung der subjektiv-öffentlichen Parteirechte" nach der NÖ BauO kommen könne, wird schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil mit dem angefochtenen Erkenntnis keine baurechtliche Entscheidung getroffen wurde. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0047, mwN).

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. September 2016

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