VwGH Ra 2016/01/0034

VwGHRa 2016/01/003415.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching, sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der H M in S, vertreten durch Fatma Özdemir-Ba?atar, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Alpenstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 3. Februar 2016, Zl. LVwG- 11/177/4-2016, betreffend Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2013/I/136;
StbG 1985 §10 Abs1b idF 2013/I/136;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2013/I/136;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2013/I/136;
StbG 1985 §10 Abs1b idF 2013/I/136;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2013/I/136;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (LVwG Sbg) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den ihren Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abweisenden Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. April 2015 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt (Spruchpunkt II.)

2 Begründend führte das LVwG Sbg hierzu zusammengefasst aus, die Revisionswerberin sei am 1. Juli 1980 in Syrien geboren und staatenlos. Am 11. Februar 2001 sei sie illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am darauffolgenden Tag einen Asylantrag gestellt. In den Jahren 2001, 2003 und 2005 sei sie in der Folge Mutter von drei Kindern geworden. Mit Bescheiden des Unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom November 2005 sei ihr und ihren drei Kindern in Österreich Asyl gewährt worden; im Jahr 2007 habe sie die bis dahin mit dem Vater der Kinder bestehende Lebensgemeinschaft gelöst.

Im Zeitraum von 8. Juni 2005 bis 4. August 2014 habe die Revisionswerberin Bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen; einer Erwerbstätigkeit sei sie in diesem Zeitraum nur sporadisch nachgegangen.

Mit Ansuchen vom 14. Juli 2014 habe die Revisionswerberin die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sowie die Erstreckung derselben auf ihre drei Kinder beantragt. Dieses Ansuchen sei von der Salzburger Landesregierung nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid vom 22. April 2015 mit der Begründung des mangelnden Vorliegens eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) abgewiesen worden. Am 14. Jänner 2016 habe das LVwG Sbg eine mündliche Verhandlung zum Gegenstand durchgeführt. Von der Revisionswerberin sei im Verfahren selbst eingeräumt worden, über keinen gesicherten Lebensunterhalt gemäß § 10 Abs. 5 StbG zu verfügen. Sie habe jedoch darauf hingewiesen, als alleinerziehende Mutter von drei minderjährigen Kindern auch in Zukunft kaum realistische Chancen zu haben, den gesicherten Lebensunterhalt nachzuweisen, weshalb ihrer Ansicht nach eine "dauerhaft unverschuldete Notlage" vorliege, die die Voraussetzung für eine Ausnahme vom Erfordernis des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes bilde. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2013, G 106/12 ua., sowie die infolgedessen im Zuge der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2013 neu eingeführte, im vorliegenden Fall anwendbare, Regelung des § 10 Abs. 1b StbG führte das LVwG Sbg weiter aus, im beschwerdegegenständlichen Fall liege unbestritten keine der beiden in dieser Bestimmung beispielhaft angeführten Notlagen (Behinderung oder dauerhafte schwere Krankheit) vor. Die demonstrative Aufzählung dieser Regelung bringe zwar zum Ausdruck, dass noch andere Möglichkeiten zugelassen werden sollten, diese müssten jedoch von vergleichbarem Gewicht mit den im Gesetz angeführten Ausnahmetatbeständen sein. Die von der Revisionswerberin dargestellte Lebenssituation, wonach sie unverschuldet und auf nicht absehbare Zeit den nach den Bestimmungen des StbG für eine Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Lebensunterhalt nicht in ausreichendem Maß werde nachweisen können, erfülle dieses Erfordernis nicht. Den vom Gesetzgeber demonstrativ aufgezählten Ausnahmetatbeständen sei nämlich das Merkmal der Dauerhaftigkeit immanent; während im Fall einer Behinderung naturgemäß von einer fortdauernden Beeinträchtigung auszugehen sei, könne eine schwerwiegende Krankheit einen Ausnahmegrund dann darstellen, wenn sie dauerhaft sei. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit werde vom Gesetzgeber überdies in § 10 Abs. 1 Z 7 StbG explizit angeführt; eine Ausnahme von der Verleihungsvoraussetzung des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes sei demnach nur zulässig, wenn der Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern könne.

Unter näherer Darstellung der Lebens-, Familien-, und Ausbildungssituation der Revisionswerberin schloss das LVwG Sbg sodann in rechtlicher Hinsicht, dem Fall der Revisionswerberin hafte dieses notwendige Element der Unabänderlichkeit nicht an. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung des § 10 Abs. 1 Z 7 iVm § 10 Abs. 1b StbG eine Ausnahme für jene Personengruppen schaffen wollen, die andernfalls auf Dauer aus nicht ihrer Disposition unterliegenden Umständen an der Erlangung der Staatsbürgerschaft gehindert wären. Dem Fall der Revisionswerberin komme kein mit den im Gesetz angeführten Tatbeständen vergleichbares Gewicht zu. Die Revisionswerberin habe nach Antragstellung in der Zwischenzeit eine Vollzeitbeschäftigung angenommen und habe die Möglichkeit der uneingeschränkten Teilnahme am Erwerbsleben. Obwohl anzuerkennen sei, dass es in ihrem Fall als Alleinerzieherin von drei Kindern besonderer Anstrengungen bedürfe, einen hinreichend gesicherten Lebensunterhalt nachzuweisen, sei ihre Situation nicht mit den in § 10 Abs. 1b StbG angeführten Tatbeständen vergleichbar. Die Familien- und Einkommenssituation der Revisionswerberin sei jedenfalls Veränderungen unterworfen, die erwarten ließen, dass der im gegenwärtigen Verfahren nicht gelungene Nachweis des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes ein bloß vorübergehendes Verleihungshindernis darstelle.

Die Revision sei nicht zuzulassen gewesen, da einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur grundsätzliche Bedeutung zukomme, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung entfalte. Im vorliegenden Fall sei zu beurteilen gewesen, ob die Revisionswerberin auf Grund ihrer Lebenssituation von der Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes ausgenommen werden könne; da es sich hierbei um eine einzelfallbezogene Beurteilung handle, sei die ordentliche Revision nicht zulässig. Im Übrigen stehe die getroffene Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision bringt zu deren Zulässigkeit zusammengefasst vor, der gegenständliche Fall hänge von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ab, da im bekämpften Erkenntnis von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen worden sei. Unter inhaltlicher Bezugnahme auf das (nicht näher bezeichnete) Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (gemeint wohl vom 1. März 2013, G 106/12 ua.), sowie die Regierungsvorlage zu der infolgedessen ergangenen Änderung des § 10 StbG wird ausgeführt, die Aufzählung der Personengruppen in der neu geschaffenen Regelung des § 10 Abs. 1b StbG sei nur demonstrativ, sodass auch andere Möglichkeiten zugelassen würden, die jedoch von vergleichbarem Gewicht sein müssten. Der Gesetzgeber habe somit die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dahingehend ausgelegt, dass nur im Falle von Krankheit oder Behinderung oder vergleichbar schwierigen Lebensumständen das Erfordernis der Selbsterhaltungsfähigkeit entfallen könne. Diese enge Auslegung werde der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht gerecht; auch der Wortlaut des § 10 Abs. 1b StbG lasse "eine wesentliche weitere Auslegung" zu.

4 Die Revision ist unzulässig.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 § 10 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2013, lautet (auszugsweise):

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

(...)

7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder der

Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann

(...)

(1b) Nicht zu vertreten hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensunterhalt insbesondere dann, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

(...)

(5) Der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z 7) ist dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt von 36 Monaten aus den letzten sechs Jahren vor dem Antragszeitpunkt vom Fremden nachgewiesen werden, wobei jedenfalls die letzten geltend gemachten sechs Monate unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt liegen müssen. Im geltend gemachten Zeitraum müssen die eigenen Einkünfte des Fremden ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. Wird in den letzten geltend gemachten sechs Monaten unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt Kinderbetreuungsgeld gemäß den Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes - KBGG, BGBl. I Nr. 103/2001, bezogen, so gilt in dem Zeitraum in dem Kinderbetreuungsgeld bezogen wird, der Lebensunterhalt jedenfalls als hinreichend gesichert.

(...)"

9 Im Erkenntnis vom 11. Oktober 2016, Ra 2016/01/0169, führte der Verwaltungsgerichtshof zum Verleihungserfordernis der hinreichenden Sicherung des Lebensunterhaltes durch eigene Einkünfte gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 iVm § 10 Abs. 5 StbG sowie zur Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 1b leg.cit. ua. Folgendes aus:

"Die Verleihung der Staatsbürgerschaft soll den Abschluss einer (erfolgreichen) Integration des Fremden in Österreich darstellen, zu der nach der Wertung des Gesetzgebers auch gehört, dass der Verleihungswerber sein Fortkommen ohne Unterstützung durch Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaft bestreiten kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, 2009/01/0024, mwN). Daher erfordert die Annahme eines ‚hinreichend gesicherten Lebensunterhalts' eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung (...).

(...)

§ 10 Abs. 1 Z 7 StbG stellt darauf ab, ob der Lebensunterhalt des Verleihungswerbers hinreichend gesichert ist oder der Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann. Gemäß § 10 Abs. 1b StbG hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensunterhalt insbesondere dann nicht zu vertreten, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

(...)

Der Staatsbürgerschaftsbehörde ist damit ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. Fasching, Staatsbürgerschaftsrecht im Wandel (2014), 13). Entscheidend ist dabei, dass der Gesetzgeber eine spezifische Ausnahmeregelung für besonders berücksichtigungswürdige Situationen schaffen wollte. Sowohl der Grund als auch die Nachweisbarkeit des Grundes müssen der in § 10 Abs. 1b StbG angeführten Behinderung oder dauerhaft schwerwiegenden Krankheit in ihrer Bedeutung vergleichbar sein. Für diese Tatbestände hält der Gesetzgeber fest, dass nur Personen, die aufgrund ihres Behinderungsgrades oder Krankheitsbildes tatsächlich nicht oder nur eingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen können, in den Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung gelangen."

10 Das LVwG Sbg hat im vorliegenden Fall - nach Durchführung eines mängelfreien Verfahrens und unter rechtlicher Würdigung aller relevanten Gesichtspunkte desselben - die Frage, ob die Lebensumstände der Revisionswerberin als Alleinerzieherin von drei minderjährigen Kindern eine den in § 10 Abs. 1b StbG angeführten Ausnahmetatbeständen vergleichbare Situation darstelle, im Ergebnis mit dem Argument verneint, den vom Gesetzgeber demonstrativ aufgezählten Ausnahmetatbeständen sei das Merkmal der Dauerhaftigkeit immanent, während dem Fall der Revisionswerberin "das Element der Unabänderlichkeit" nicht anhafte. Die Situation der Revisionswerberin stelle somit keinen Sachverhalt "von vergleichbarem Gewicht" gegenüber den in § 10 Abs. 1b StbG angeführten Tatbeständen dar.

11 Wie bereits im oben zitierten hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2016, Ra 2016/01/0169, dargelegt, kommt der Staatsbürgerschaftsbehörde, und damit auch dem Landesverwaltungsgericht im Zuge der Überprüfung der behördlichen Entscheidung, bei der rechtlichen Wertung, ob ein bestimmter Sachverhalt als der in § 10 Abs. 1b StbG angeführten Behinderung oder dauerhaft schwerwiegenden Krankheit in ihrer Bedeutung vergleichbar anzusehen ist, ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.

12 Dass das LVwG Sbg im Zuge der angestellten Einzelfallbeurteilung diesen ihm zukommenden Spielraum im vorliegenden Fall überschritten hätte, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. So stützt sich das LVwG Sbg zutreffend auf das im Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z 7 und Abs. 1b StbG normierte Element der Dauerhaftigkeit der nicht zu vertretenden Gründe.

13 Auch haben sich Hinweise auf einen allfällig relevanten Verfahrensmangel nicht ergeben. Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. für viele z.B. den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2015, Ra 2014/04/0053). Dies ist vorliegend der Fall.

14 Für die Behauptung, die "enge Auslegung" des "Verfassungsgerichtshoferkenntnisses" (gemeint vom 1. März 2013, G 106/12 ua.) durch den Gesetzgeber in § 10 Abs. 1b StbG werde der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht gerecht, bleibt die Revision weiters in ihrer Zulässigkeitsbegründung eine nähere Begründung schuldig. Abgesehen davon, dass die Revision damit nicht aufzeigt, inwiefern mit der Regelung des § 10 Abs. 1b der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum überschritten worden sein sollte, sind beim Verwaltungsgerichtshof aus Anlass des vorliegenden Falles auch keine Bedenken gegen die angewendete Gesetzesbestimmung entstanden. Dass durch den Gesetzgeber dafür Vorsorge zu treffen wäre, dass einer alleinerziehenden Mutter dreier Kinder bei Vorliegen aller sonstigen Verleihungserfordernisse eine Ausnahme vom Verleihungserfordernis des § 10 Abs. 1 Z 7 iVm § 10 Abs. 5 StbG zuzukommen hätte, sodass in einem solchen Fall ein Rechtsanspruch auf Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft bestünde, ist dem Inhalt des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht zu entnehmen.

15 Wenn die Revision in den Zulässigkeitsgründen schließlich vorbringt, der Wortlaut des § 10 Abs. 1b StbG lasse "eine wesentlich weitere Auslegung zu", übersieht sie, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. z.B. nochmals den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2015, Ra 2014/04/0053). Dass die fallbezogen vorgenommene Beurteilung durch das LVwG Sbg unvertretbar und deshalb aus Gründen der Rechtssicherheit korrekturbedürftig sei, ist vor dem Hintergrund des oben Gesagten nicht ersichtlich.

16 In der Revision werden daher insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 15. November 2016

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