VwGH Ro 2015/17/0030

VwGHRo 2015/17/003027.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. Juli 2015, LVwG- 410602/6/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; mitbeteiligte Partei: A W in T bei W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGVG 2014 §44;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Februar 2015 wurde die Mitbeteiligte als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten GmbH der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 2 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von insgesamt EUR 9.000,--, sowie im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 102 Stunden, verhängt.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Beschwerde, in welcher sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Weiters erachtete es die ordentliche Revision für zulässig.

4 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des GSpG mit Art 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene.

5 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die Revision des Bundesministers für Finanzen mit den Anträgen, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

6 Die Mitbeteiligte hat in ihrer Revisionsbeantwortung beantragt, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Frage, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 14. September 2015, Ra 2014/17/0009).

8 Der Revisionsfall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG ist somit ausgehend von den Verfahrensergebnissen im Revisionsfall nicht zu erkennen.

9 Da das Verwaltungsgericht insoweit die Rechtslage verkannte, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

10 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs 1 VwGVG grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In den Abs 2 bis 5 leg cit finden sich Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. Ein Absehen von der Verhandlung wäre nach dieser Bestimmung zu beurteilen und zu begründen gewesen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in diesem Zusammenhang das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl VwGH vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121).

11 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

12 Ein Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof findet gemäß § 47 Abs 4 VwGG nicht statt.

Wien, am 27. April 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte