Normen
AVG §56;
BAO §188;
BAO §92 Abs1 litb;
KStG 1988 §24a;
AVG §56;
BAO §188;
BAO §92 Abs1 litb;
KStG 1988 §24a;
Spruch:
Den Revisionen wird Folge gegeben.
Das angefochtene Erkenntnis wird dahin abgeändert, dass es lautet:
Der Bescheid des Finanzamtes vom 25. November 2009 ("Feststellungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO betreffend: Steuerliche Anschaffungskosten der S.") wird ersatzlos aufgehoben.
Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die erstrevisionswerbende GmbH (in der Folge nur: Revisionswerberin) war im Jahr 2006 - zum Teil als Treugeber - alleinige Gesellschafterin der S GmbH. Die S GmbH war wiederum zu 100% an der P GmbH und zu 51% an der B GmbH beteiligt.
2 Im Dezember 2006 schloss die S GmbH als Sacheinlegerin mit der Revisionswerberin als übernehmender Gesellschaft - im Zuge der Durchführung eines Beschlusses der Gesellschafter der Revisionswerberin über die Ausschüttung einer Sachdividende - einen Sacheinlagevertrag ab. Gegenstand der Sacheinlage war ein Geschäftsanteil an der P GmbH und ein Geschäftsanteil an der B GmbH.
3 Vor der Einbringung wies die Revisionswerberin den Geschäftsanteil an der S GmbH in der Handelsbilanz mit einem Buchwert von 56.898.356 EUR aus. Der steuerliche Buchwert betrug aufgrund von vorangegangenen Umgründungen unter Anwendung des UmgrStG -20.374.882,89 EUR. Der handelsrechtliche Buchwert des Geschäftsanteils entsprach dem Unternehmenswert der S GmbH, der sich zusammensetzte aus dem eigenen Betrieb der S GmbH (52.019.656 EUR) und den Geschäftsanteilen an der P GmbH (4.843.000 EUR) und der B GmbH (35.700 EUR). Die Summe der Verkehrswerte der eingebrachten Anteile (4.878.700 EUR) beträgt somit (ca.) 8,57% des gesamten Unternehmenswertes der S GmbH vor der Einbringung. Die Revisionswerberin ermittelte den steuerlichen Buchwert ihrer Beteiligung an der S GmbH nach der Einbringung in der Weise, dass sie den bisherigen steuerlichen Buchwert um diesen Anteil (8,57 %: 1.747.026,59 EUR) auf -18.627.856,30 EUR "verminderte" ("abstockte").
4 Mit Bescheid vom 25. November 2009 stellte das zweitrevisionswerbende Finanzamt (in der Folge nur: Finanzamt) die "steuerlichen Anschaffungskosten" der Revisionswerberin für ihre Beteiligung an der S GmbH mit -22.121.909,48 EUR fest. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, gemäß § 20 Abs. 4 Z 2 UmgrStG sei der steuerlich maßgebende Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis zu vermindern, in dem sich der Wert der übertragenden Körperschaft durch die Einbringung vermindert habe. Es lägen negative "Anschaffungskosten" vor, die gemäß § 20 Abs. 4 Z 2 UmgrStG zu vermindern seien. Der Betrag von 1.747.026,59 EUR sei - entgegen den Darlegungen der Revisionswerberin - nicht zum bisherigen steuerlichen Buchwert zu addieren, sondern von diesem zu subtrahieren, die negativen Anschaffungskosten "werden negativer". Weiters führte das Finanzamt aus, gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO sei für die Feststellung abgabenrechtlich bedeutsamer Tatsachen die Möglichkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides vorgesehen. Feststellungsbescheide könnten erlassen werden, wenn ein rechtliches Interesse an der Feststellung bestehe, es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handle oder wenn eine Feststellung im öffentlichen Interesse liege.
5 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Sie beantragte die Beibehaltung des von ihr ermittelten Buchwertes sowie die ersatzlose Aufhebung des Bescheides des Finanzamtes.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde als unbegründet ab und änderte den Feststellungsbescheid ab. Der steuerliche Buchwert der Revisionswerberin an der S GmbH zum 31. Dezember 2006 betrage - 20.374.882,89 EUR.
7 Das Bundesfinanzgericht sprach aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
8 Das Bundesfinanzgericht führte aus, die Revisionswerberin weise einen negativen Beteiligungsbuchwert betreffend die S GmbH in Höhe von ca. -20,4 Mio EUR auf. Aufgrund eines Sacheinlagevertrages vom Dezember 2006 seien Geschäftsanteile im Wert von ca. 4,9 Mio EUR auf die Revisionswerberin übertragen worden. Die Berechnung der Höhe des "Abschlagsbetrages" (ca. 1,7 Mio EUR) sei nicht strittig. Das Bundesfinanzgericht schließe sich der Ansicht von Kofler (UmgrStG2, § 20 Rz 38) an, dass eine Erhöhung des Beteiligungsansatzes im Falle eines negativen Buchwertes zu einer zusätzlichen Vernichtung stiller Reserven führen würde. Das Bundesfinanzgericht gehe daher von der "Fortführung des negativen Beteiligungsansatzes" aus. Der steuerliche Buchwert der Revisionswerberin an der S GmbH betrage - wie vor der Einbringung - (ca.) -20,4 Mio EUR. Der Rechtsansicht des Finanzamtes sei nicht zu folgen, eine "Abstockung" könne im Rahmen eines negativen Buchwertes nicht zu einer Werterhöhung des negativen Buchwertes führen.
9 Die Revision sei zulässig, weil die Frage, ob im Falle eines negativen Beteiligungsbuchwertes bei "Up-Stream-Einbringungen" in derselben Weise "abzustocken" sei wie bei positiven Buchwerten, von den Höchstgerichten bisher nicht behandelt worden sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes richten sich die Revisionen des Finanzamtes und der Revisionswerberin. Revisionsbeantwortungen wurden nicht eingebracht.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - erwogen:
12 Das Finanzamt stützte den Feststellungsbescheid auf § 92 Abs. 1 lit. b BAO. Die Revisionswerberin beantragte in der Berufung u.a. die ersatzlose Aufhebung des Bescheides des Finanzamtes.
13 Gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO sind Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen.
14 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein Feststellungsbescheid ergehen kann, wenn eine Partei ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt; dies jeweils unter der Voraussetzung, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschließen. Ein im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gegründeter Anlass zur Erlassung eines Feststellungsbescheides liegt dann nicht vor, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden ist. Ist die Erlassung eines Abgabenbescheides möglich, so ist die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides infolge des Grundsatzes der Subsidiarität von Feststellungsbegehren und Feststellungsbescheiden überhaupt zu verneinen (vgl. mit weiteren Hinweisen VwGH vom 22. Oktober 2015, Ra 2015/16/0069; sowie Ritz, BAO5, § 92 Tz 15 f).
15 Über die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens wird im Wege ihrer Gewinnauswirkung in Bescheiden über die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer oder in Feststellungsbescheiden iSd § 188 BAO oder iSd § 24a KStG 1988 abgesprochen. Damit ist aber im Hinblick auf die Subsidiarität eines Feststellungsbegehrens eine Feststellung des Buchwertes eines einzelnen Wirtschaftsgutes unzulässig.
16 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich schon aus diesem Grund als rechtswidrig und wäre wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG konnte der Verwaltungsgerichtshof aber in der Sache selbst entscheiden und den Bescheid des Finanzamtes ersatzlos aufheben.
17 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz folgt aus den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Dezember 2016
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