VwGH Ro 2015/15/0010

VwGHRo 2015/15/001020.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision des Finanzamts St. Johann Tamsweg Zell am See in 5600 St. Johann im Pongau, Hans Kappacherstraße 14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. Jänner 2015, Zl. RV/6100495/2014, betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2012 (mitbeteiligte Partei: H S in P, vertreten durch Prokesch & Prokesch Steuerberatung GmbH & Co KG in 5600 St. Johann im Pongau, Mehrlgasse 7), zu Recht erkannt:

Normen

AbgRallg
DBAbk Deutschland 2002
EStG 1988 §1 Abs2
EStG 1988 §33
EStG 1988 §33 Abs11
EStG 1988 §33 Abs2
EStG 1988 §33 Abs6
VwRallg
62000CJ0385 de Groot VORAB
62001CJ0234 Gerritse VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2015150010.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 In seinen Einkommensteuererklärungen der Jahre 2009 bis 2012 erklärte der in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Revisionswerber Einkünfte aus der Vermietung einer Liegenschaft in Höhe von jeweils zwischen 4.000 EUR und 7.000 EUR. Daneben bezog er in diesen Jahren eine Altersrente der deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von jeweils etwas mehr als 15.000 EUR. Seinen Steuererklärungen legte er ein Schreiben bei, in dem er die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages für diese Jahre beantragte.

2 Mit Einkommensteuerbescheiden vom 16. April 2014 wurden die Einkünfte der Höhe nach erklärungsgemäß veranlagt. Dabei wurde die deutsche Rente zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen, der Pensionistenabsetzbetrag wurde jedoch nicht berücksichtigt.

3 In der dagegen eingebrachten Beschwerde vertrat der Revisionswerber den Standpunkt, dass auch ausländische Pensionseinkünfte den Anspruch auf Abzug des Pensionistenabsetzbetrages vermitteln. Andernfalls würde es zu einer Ungleichbehandlung bei inländischen und ausländischen Pensionsbezügen kommen, was der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche.

4 Mittels Beschwerdevorentscheidungen für die Streitjahre wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies damit, dass die ausländischen Pensionseinkünfte in Österreich unter Progressionsvorbehalt steuerbefreit seien. Da somit keine Steuer von zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünften anfalle, könne gemäß § 33 Abs. 2 EStG 1988 der Pensionistenabsetzbetrag zur Gänze nicht berücksichtigt werden.

5 Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag verwies der Revisionswerber darauf, dass seiner Meinung nach unter „zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünften“ auch solche unter Progressionsvorbehalt zu verstehen seien.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2009 bis 2012 ab. Begründend führte es aus, gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 unterliege das gesamte Einkommen des in Österreich ansässigen Steuerpflichtigen, unabhängig davon, ob es im Inland oder im Ausland erzielt worden sei, der Einkommensteuer (Welteinkommen). Das Einkommen werde nach den Bestimmungen des österreichischen EStG ermittelt. Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entsprächen, gehörten gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die „Deutsche Rentenversicherung Bund“ sei eine derartige gesetzliche Sozialversicherung. Die daraus bezogene Altersrente unterliege daher gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 der Einkommensteuer und sei somit grundsätzlich in Österreich steuerpflichtig.

7 Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich weise Deutschland das Besteuerungsrecht für Bezüge aus der Rentenversicherung Bund zu. Im Ansässigkeitsstaat Österreich würden diese Einkünfte nach Art. 23 Abs. 2 lit. a und lit. d DBA von der Besteuerung ausgenommen. Diese Einkünfte dürften in Österreich jedoch bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einbezogen werden (Progressionsvorbehalt). Im Revisionsfall bedeute das, dass die Einkommensteuer, die auf die inländischen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfalle, mit dem Steuersatz berechnet werde, der sich aus dem Welteinkommen des Revisionswerbers errechne, also die ausländischen Pensionseinkünfte mit einbeziehe.

8 Nach den Bestimmungen des § 33 EStG 1988 seien zur Festsetzung der Einkommensteuer von der nach dem Einkommensteuertarif errechneten Steuer diverse Absetzbeträge abzuziehen. Abs. 5 der genannten Bestimmung regle, welche Absetzbeträge bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis zustünden. Stünden einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu, habe er gemäß § 33 Abs. 6 EStG1988 Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag bis zu 400 Euro jährlich, wenn er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5 beziehe. Der Pensionistenabsetzbetrag vermindere sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionsbezügen von 17.000 Euro und 25.000 Euro auf Null. Diese Bestimmung sichere daher prinzipiell auch den vorliegenden Pensionseinkünften den Pensionistenabsetzbetrag zu. Die in der zitierten Bestimmung normierte Einschleifregelung für höhere Pensionen komme im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen, weil die Pensionseinkünfte des Revisionswerbers darunter lägen.

9 § 33 Abs. 2 EStG 1988 normiere, dass Absetzbeträge im Sinne des Abs. 5 oder Abs. 6 insoweit nicht abzuziehen seien, als sie jene Steuer überstiegen, die auf die zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünfte entfalle. Diese Bestimmung solle sicherstellen, dass der Pensionistenabsetzbetrag bei Vorhandensein mehrerer Einkunftsquellen nicht indirekt anderen Einkunftsarten zugute komme, indem er von der auf diese Einkünfte entfallenden Steuer abgezogen werde. Er werde nicht für die Stellung als Pensionist, sondern für die Pensionsbezüge gewährt.

10 Nach § 33 Abs. 11 EStG 1988 gelte für die Steuerberechnung, wenn bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu berücksichtigen sei, Folgendes: Der Durchschnittssteuersatz sei zunächst ohne Berücksichtigung der Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 zu ermitteln. Von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer seien die Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 3) abzuziehen.

11 In den Einkommensteuerbescheiden des Revisionswerbers sei der Pensionistenabsetzbetrag vor diesem rechtlichen Hintergrund aus folgenden Überlegungen heraus zu berücksichtigen: So seien zunächst die Tatbestandsmerkmale des § 33 Abs. 6 EStG 1988 erfüllt. Der Revisionswerber beziehe Einkünfte im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, die in Österreich steuerpflichtig seien. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 6 EStG 1988 sei nicht darauf abzustellen, ob die ausländischen Pensionsbezüge im Rahmen der Tarifbesteuerung nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 erfasst würden oder im Wege des Progressionsvorbehaltes nach § 33 Abs. 11 EStG 1988 steuerliche Berücksichtigung fänden. Dabei seien nach hA auch ausländische, unter Progressionsvorbehalt stehende Pensionen als „zu versteuernde Pensionseinkünfte“ zu beurteilen und müssten daher für die Einschleifregelung des § 33 Abs. 6 EStG 1988 berücksichtigt werden.

12 Die Wortfolge „zu versteuernde Pensionsbezüge“ in § 33 Abs. 6 EStG 1988 könne nun aber nicht anders zu verstehen sein als die in § 33 Abs. 6 EStG 1988 enthaltene Wortfolge „zum laufenden Tarif zu versteuernde nichtselbständige Einkünfte“. Unter Progressionsvorbehalt stehende Einkünfte seien solche, die zum laufenden Tarif zu versteuern seien, weil der Einkommensteuertarif auf das Welteinkommen angewendet werde.

13 Wenn daher ausländische Pensionsbezüge zur Berechnung der Einschleifregelung heranzuziehen seien, dann müssten sie auch den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag vermitteln. Nur so werde eine Besteuerung erreicht, wie sie auch bei inländischen Sachverhalten vorzunehmen wäre. Nach der Judikatur des VwGH solle bei grenzüberschreitenden Sachverhalten grundsätzlich eine Besteuerung erreicht werden, wie sie auch bei ausschließlich innerstaatlichen Sachverhalten vorgenommen werde (Hinweis auf VwGH vom 24. Mai 2007, 2004/15/0051).

14 Außerdem vermeide diese Auslegung, dass es bei ausländischen Pensionen, die unter Progressionsvorbehalt stünden, zu einem anderen Ergebnis komme als bei ausländischen Pensionen, die in Österreich unter Anrechnung der ausländischen Steuer (voll) besteuert würden. Bei derartigen in Einkommensteuerbescheide aufzunehmenden Einkünften bestehe kein Zweifel darüber, dass sie den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag vermittelten. Es würde daher von der zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gewählten Methode des DBA abhängen, ob einem Steuerpflichtigen mit einer ausländischen Rente der Pensionistenabsetzbetrag zustehe oder nicht. Für eine derartige Differenzierung sei aber kein Grund erkennbar, und es bestünden keinerlei Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis einer Ungleichbehandlung habe herbeiführen wollen.

15 Für diese Auslegung spreche auch, dass im vorliegenden Fall die Vermietungseinkünfte ohne Ansatz der Pensionszahlungen ‑ nach der Tarifbesteuerung des § 33 Abs. 1 EStG 1988 besteuert ‑ aufgrund der Höhe der Bemessungsgrundlage zu keiner Besteuerung führen würden. Insoweit vermittelten erst die deutschen Pensionseinkünfte dem österreichischen Staat einen Steueranspruch im Wege des § 33 Abs. 11 EStG 1988. Unzweifelhaft entstehe somit die festgesetzte Einkommensteuer erst aufgrund der deutschen Pensionseinkünfte.

16 Das Bundesfinanzgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Rechtsfrage, ob aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens befreite ausländische Pensionseinkünfte einen Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag vermitteln können, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht beantwortet sei.

17 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die ordentliche Revision des Finanzamts. Begründend führt diese aus, die Anwendungsgrundsätze zur Einschleifbestimmung des § 33 Abs. 6 EStG 1988 (Einschleifung des Pensionistenabsetzbetrages wegen hoher Pensionseinkünfte) dürften nicht auf die Einschleifbestimmung des § 33 Abs. 2 EStG 1988 übertragen werden, weil § 33 Abs. 2 EStG 1988 ausdrücklich „zum laufenden Tarif zu versteuernde nichtselbständige Einkünfte“ voraussetze. Die gegenständlichen ausländischen Pensionseinkünfte seien in Österreich gemäß Art. 18 Abs. 2 iVm Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA von der Besteuerung ausgenommen, würden demnach nicht versteuert, sondern wirkten sich lediglich erhöhend auf den Steuersatz aus, welcher ausschließlich auf die zu versteuernden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzuwenden sei. Dies bedeute, dass ein Pensionistenabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden könne, weil in Österreich keine zum laufenden Tarif zu versteuernde Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorlägen. Die Vermeidung einer Ungleichbehandlung zwischen Freistellungs- und Anrechnungsmethode rechtfertige die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrags ebenfalls nicht, denn abhängig vom im Ausland angewendeten Steuersatz lieferten die beiden Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei unterstellten gleichen Einkünften in der Regel stets eine völlig unterschiedliche Gesamtsteuerbelastung im Inland. Ein gleiches Ergebnis werde höchstens zufällig eintreten.

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

19 Im Revisionsfall ist strittig, ob § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG 1988 den Abzug eines Pensionistenabsetzbetrags von der Tarifsteuer in den Fällen ausschließt, in denen ein Abgabepflichtiger ausschließlich aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens befreite ausländische Pensionseinkünfte als nichtselbständige Einkünfte bezieht.

20 § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG 1988 enthielt dazu bis zum Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 eine Begrenzung, wonach „Absetzbeträge im Sinne des Abs. 5 oder Abs. 6 insoweit nicht abzuziehen [waren], als sie jene Steuer übersteigen, die auf die zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünfte entfällt“. Sinn des § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG 1988 war zu verhindern, dass auch schon ein kurzfristiger geringer Lohnbezug die vollen Absetzbeträge auslösen und die auf andere Einkünfte entfallende Einkommensteuer kürzen würde (vgl. Herzog in Doralt, EStG18 § 33 Rz 32), wobei als Bezugsgröße die „zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünfte“ festgelegt wurden.

21 Demgegenüber sieht § 33 Abs. 6 EStG 1988 seit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 (damals freilich mit anderen betraglichen Grenzwerten) eine Einschleifregelung für den Pensionistenabsetzbetrag vor, wonach sich dieser „gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionsbezügen von 17 000 Euro und 25 000 Euro auf Null“ vermindert.

22 Zum Zweck des Pensionistenabsetzbetrages und damit verbunden zur Rechtfertigung der Einschleifregelung des § 33 Abs. 6 EStG 1988 führte der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. März 2003, B 1302/02, VfSlg 16.818, aus, es könne dahinstehen, ob es sich, wie in den Materialien zum EStG 1972 dargelegt und in einem früheren Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes angenommen, bei diesem Absetzbetrag um eine allgemeinen sozialen Erwägungen entspringende Begünstigung für eine bestimmte Gruppe von Einkommensbeziehern handle (vgl. insoweit VfGH vom 14. März 1977, B 79/75, VfSlg 8003), oder ob eine pauschalierende Berücksichtigung alters‑ oder krankheitsbedingt erhöhter Aufwendungen und somit von Aufwendungen vorliege, die vom EStG 1988 ansonsten als außergewöhnliche Belastungen eingestuft würden. Im ersten Fall spreche nichts dagegen, „bei entsprechend hohem Einkommen eine sozial orientierte Tarifmaßnahme abzubauen“. Im zweiten Fall sei auf den bei individueller Geltendmachung im Allgemeinen vorgesehenen Abzug eines Selbstbehaltes hinzuweisen. „Nichts anderes als ein solcher einkommensabhängiger Selbstbehalt“ werde letztlich bewirkt, wenn angenommene durchschnittliche alters- oder krankheitsbedingte Mehraufwendungen mit Hilfe eines Absetzbetrages berücksichtigt würden und dieser Absetzbetrag mit höherem Einkommen verschleifend abgebaut werde.

23 In seinem Erkenntnis vom 30. März 2016, 2013/13/0027, hat der Verwaltungsgerichtshof daran anschließend zur Einschleifregelung des § 33 Abs. 6 EStG 1988 ausgesprochen, dass sachliche Gründe für eine Ausklammerung von Bezügen, die nur durch ein Doppelbesteuerungsabkommen der Besteuerung in Österreich entzogen und der alleinigen Besteuerung durch den anderen Vertragsstaat vorbehalten wurden, für keine der beiden Varianten erkennbar sind.

24 Die Wortfolge „zu versteuernde Pensionsbezüge“ in § 33 Abs. 6 EStG 1988 umfasst demnach auch kraft eines Doppelbesteuerungsabkommens befreite ausländische Pensionsbezüge. Sie sind in Österreich zwar steuerpflichtig, aber zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung ‑ unter Progressionsvorbehalt ‑ von einer (weiteren) Besteuerung des Ansässigkeitsstaates befreit.

25 Doppelbesteuerungsabkommen entfalten bloß eine Schrankenwirkung insofern, als sie eine sich aus originär innstaatlichem Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen. Sie führen keineswegs zu einer Erweiterung der Steuerpflicht. Ob ein Steueranspruch besteht, ist zunächst stets nach innerstaatlichem Steuerrecht zu beurteilen. Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird. Ein Doppelbesteuerungsabkommen vermag also den sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebenden Besteuerungsanspruch einzuschränken, nicht aber einen im innerstaatlichen Steuerrecht nicht bestehenden Besteuerungsanspruch zu begründen (vgl. VwGH vom 25. September 2001, 99/14/0217 sowie vom 26. Februar 2015, 2012/15/0035).

26 Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in‑ und ausländischen Einkünfte. Der Steuertarif nach § 33 EStG 1988 bemisst sich nach dem Gesamteinkommen, worin der Progressionsvorbehalt innerstaatlich ‑ unbeschadet der Regelung des § 33 Abs. 11 EStG 1988 ‑ seine Rechtsgrundlage findet (vgl. VwGH vom 29. Juli 2010, 2010/15/0021).

27 Beurteilt nach originär innerstaatlichem Steuerrecht steht im gegenständlichen Fall ‑ im Hinblick auf die Bezüge nach § 25 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ‑ unzweifelhaft der Pensionistenabsetzbetrag nach § 33 Abs. 6 EStG 1988 zu. Wird sodann in einem zweiten Schritt geprüft, ob der Besteuerungsanspruch durch das DBA Deutschland eingeschränkt wird, so ergibt sich Folgendes: Im Hinblick auf die bloße Schrankenwirkung des DBA scheiden die ausländischen Pensionseinkünfte aus dem Einkommen aus, sodass nur das verbleibende Einkommen ‑ unter Beibehaltung des Progressionssatzes ‑ zu besteuern ist. Eine weitergehende Wirkung entfaltet das DBA nicht. Es kommt nicht zum Wegfall von Absetzbeträgen (hier des Pensionistenabsetzbetrages), die bei Beurteilung nach originär innerstaatlichem Steuerrecht zustehen.

28 In diesem Lichte erfassen „die zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünfte“ in § 33 Abs. 2 EStG 1988 auch die revisionsgegenständlichen ausländischen Pensionseinkünfte.

29 Dieses Ergebnis ergibt sich zudem aus folgender Überlegung: Wie sich aus dem oben wiedergegebenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ergibt, dient der Pensionistenabsetzbetrag ‑ sei es als sozialpolitische Begünstigung für eine bestimmte Gruppe von Einkommensbeziehern sei es als pauschalierende Berücksichtigung alters‑ oder krankheitsbedingt erhöhter Aufwendungen ‑ letztlich der steuerlichen Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse der Abgabepflichtigen (vgl. dazu EuGH vom 12. Juni 2003, C‑234/01, Gerritse, Rz 48, sowie M Lang, RIW 2005, 336 ff, 342 f mwN).

30 Wenn das nationale Einkommensteuerrecht eines Mitgliedstaates in Bezug auf die im Mitgliedstaat ansässige Personen allerdings die steuermindernde Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse vorsieht, so darf der Mitgliedstaat, soweit eine Deckung in dem ihm zukommenden Steueranspruch besteht, diese Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse nicht einseitig zurücknehmen, weil die Person ihre wirtschaftliche Betätigung in einem anderen Mitgliedstaat ausübt oder ausgeübt hat (vgl. EuGH vom 12. Dezember 2002, C‑385/00, F W L de Groot, Rz 98 ff, EuZW 2003, 114 ff mit ausführlicher Urteilsanmerkung).

31 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2016

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