VwGH Ra 2015/03/0068

VwGHRa 2015/03/006827.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Köller, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des DI R K in K, vertreten durch Fetz Fetz Wlattnig & Partner Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Hauptplatz 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 3. Juni 2015, Zl LVwG 52.27-2132/2014-22, betreffend eine Angelegenheit nach § 51 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murau), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18;
E-GovG 2004 §19 Abs3;
JagdG Stmk 1986 §51 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §51 Abs2;
JagdG Stmk 1986 §51;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I. Sachverhalt und Revisionsverfahren:

1. Am 22. August 2011 beantragte der Revisionswerber als Jagdausübungsberechtigter im Eigenjagdgebiet Ralm bei der Bezirkshauptmannschaft Murau (BH), näher bezeichnete Grundflächen im Bereich um die genehmigte Rotwildfütterung "Rhütte" als Wildschutzgebiet auszuweisen.

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gab die BH diesem Antrag teilweise statt und verfügte mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 gemäß § 51 Abs 1 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 (JG) die befristete zeitliche und örtliche Sperre von näher bezeichneten Grundflächen (zur Ausweisung als Wildschutzgebiet), wobei sie dieses Sperrgebiet im Nordwesten - zusammengefasst - mit dem Gewässer, das den Abfluss des Rees bildet ("Rabfluss"), begrenzte. Zur Begründung dieser Entscheidung verwies die BH insbesondere auf eine Stellungnahme des Vertreters des Österreichischen Alpenvereins, Sektion Murau, im Ermittlungsverfahren, derzufolge gegen das bewilligte Wildschutzgebiet kein Einwand erhoben werde, es jedoch sichergestellt werden müsse, dass für die freie Begehbarkeit vorhandener Schirouten unter anderem das Gelände nordwestlich des "Rabflusses" bereit zu stellen sei. Unter Berücksichtigung dessen sei die Sperre von Grundfläche im notwendigen Ausmaß erfolgt.

3. Gegen diesen seinem Antrag nur teilweise stattgebenden Bescheid erhob der Revisionswerber Berufung, mit der er eine Erweiterung des Sperrgebiets über die behördlich festgesetzte nordwestliche Begrenzung entlang des "Rabflusses" hinaus bis zur sogenannten "B Gasse" anstrebte. Er brachte im Wesentlichen vor, die im bekämpften Bescheid angeführte Grenzziehung im Nordwesten nehme auf die Lebensgewohnheiten des Rotwildes keine Rücksicht und es wäre damit ein wesentlicher Teil der Wintereinstandsflächen nordwestlich des "Rabflusses" für das Rotwild, auch wenn es sich dabei nur um einige wenige Hektar handle, nicht geschützt. Dieser Einstandsbereich sei für das Rotwild im Winter essentiell notwendig und es würde das Wild durch Schitourengeher in diesem Bereich gestört. Würden die Tourengeher hingegen in der "B Gasse" aufsteigen und abfahren, wäre die Störung des Wildes durch die Wintersportler zumindest geringer. Der Revisionswerber ersuche daher, die nordwestliche Grenzlinie in die "B Gasse" zu verlegen.

4. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das zwischenzeitlich für die Behandlung der Berufung (nunmehr: Beschwerde) zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.

Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, im Verfahren sei ein jagdfachliches Gutachten eingeholt worden, demzufolge die Waldbestände nordwestlich des "Rabflusses" zwar grundsätzlich attraktive Einstandsflächen für das Rotwild wären, allerdings mit temporären Nutzungseinschränkungen bei hoher Schneelage und durch den Schitourentourismus (bis ins Frühjahr), der zu Fluchtreaktionen des Rotwildes führe. Das Haupteinstandsgebiet liege zweifelsfrei südöstlich der Rotwildfütterung. Die Ausweitung des Wildschutzgebietes bis zur "B Gasse" würde zwar ein Wegegebot für die Schitourengeher bedeuten, aber keine tatsächliche Verbesserung der Einstandssituation bewirken. Das mit Bescheid der BH mit ca 35 ha verfügte Wildschutzgebiet sei nach wildökologischen Gesichtspunkten bestmöglich arrondiert und es bestehe aus jagdfachlicher Sicht keine Notwendigkeit, das Wildschutzgebiet auf das vom Revisionswerber angestrebte Ausmaß von ca 52 ha in Richtung Nordwesten auszuweiten.

Der Österreichische Alpenverein und der Tourismusverband S hätten der Erweiterung des Wildschutzgebietes nicht zugestimmt, von Seiten des Bezirksjägermeisters sei die Ausweitung des Wildschutzgebietes befürwortet worden.

In Reaktion auf das Amtsgutachten habe der Revisionswerber ein Privatgutachten vorgelegt, in dem ausgeführt worden sei, dass durch die Erweiterung des Wildschutzgebietes - wie vom Revisionswerber gewünscht - eine deutliche Verbesserung der Einstandssituation für das Rotwild im Fütterungsbereich "Rhütte" gegeben wäre, da schon ein paar Störungen in einer Fütterungssaison das Fütterungsziel ad absurdum führen könne. Zusätzlich würden fluchtartige Reaktionen des Rotwildes aufgrund von Störungen durch Tourengeher physische Gefahren für das Rotwild bewirken. Die Schutzgebietserweiterung würde auch einen positiven Beitrag für den Vogelschutz, insbesondere für das Birkhuhn leisten. Durch die Ausweisung des Wildschutzgebietes in der beantragten Größe werde lediglich ein notwendiges Mindestmaß für ein funktionales wildschadensvermeidendes und wildtierschonendes Wildschutzgebiet erreicht.

Der Amtssachverständige habe in der Folge eine ergänzende Stellungnahme abgegeben und (unter anderem) ausgeführt, aus wildökologischer Sicht gelte es, die Festlegung des Wildschutzgebietes unter Berücksichtigung der vorhandenen Bedingungen und jagdgesetzlichen Bestimmungen zu optimieren. Einerseits dürften Wildschutzgebiete außerhalb der zur allgemeinen Benützung dienenden Straßen und Wege, einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie außerhalb der örtlich üblichen Schiführen, Schiabfahrten und Langlaufloipen zwar nicht betreten werden, andererseits sei die Talflanke nordwestlich des "Rabflusses" nach dem gegenwärtigen Stand durch eine näher bezeichnete Schiaufstiegsroute sowie durch die bestehende Abfahrtsmöglichkeit jedoch nahezu flächenmäßig betroffen. Den jagdfachlichen Erfordernissen bzw jagdgesetzlichen Vorgaben, dass die Bezirksverwaltungsbehörde die zeitlich und örtlich auf das notwendigste Ausmaß zu beschränkende Sperre von Grundflächen verfügen könne, wenn dies zum Schutz der Lebensgrundlagen des Wildes und zur Vermeidung von Wildschäden als Folge der Beunruhigung durch den Menschen unerlässlich sei, werde die gegenständlich (strittige) Fläche derzeit folglich nicht gerecht. Das für das Wildschutzgebiet "Rhütte" notwendige Ausmaß werde hingegen mit der südöstlich des "Rabflusses" gelegenen Fläche von 35 ha bestmöglich abgedeckt. Die Erweiterung des Wildschutzgebietes Richtung Nordwesten in den Bereich der bestehenden Schiführen und Abfahrten sei unter den gegebenen Bedingungen wildökologisch nicht sinnvoll, zumal durch das Wegegebot in diesem Bereich die Störung des Wildes durch den Schitourenbetrieb nicht hintangehalten werden könne.

Im Anschluss daran stellte das Verwaltungsgericht als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens - unter Anführung insbesondere auch von Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG - in seiner Entscheidung fest, dass die vom Revisionswerber als Wildschutzgebiet begehrten zusätzlichen Flächen vom Rotwild als Einstandsflächen genutzt würden und es sich dabei grundsätzlich um attraktive Wintereinstandsflächen handle. Über diesen Bereich nordwestlich des "Rabflusses" führe der Hauptaufstieg einer Schitour. Diese Schitour gebe es schon mehr als 30 Jahre; im Winter bis ins Frühjahr würden diese Flächen je nach Witterungslage auch gern von Schitourengehern (erkennbar gemeint: als Abfahrten) genutzt. In den letzten Jahren habe der Schitourentourismus zugenommen, Schitourengeher frequentierten das Gebiet in großer Zahl.

Rechtlich folgerte das LVwG, der Aufstieg neben dem "Rabfluss" sei eine "ortsübliche Schiführe" bzw die Hänge in diesem Bereich seien "ortsübliche Schiabfahrten" im Sinne von § 51 Abs 2 JG. Das Ermittlungsverfahren habe somit eindeutig ergeben, dass das Gebiet nordwestlich des "Rabflusses", welches der Revisionswerber als zusätzliche Flächen für das Wildschutzgebiet begehre, durch eine örtliche Schiführe gequert werde und die Hänge als Schiabfahrten genutzt würden. Im Falle der Ausweisung als Wildschutzgebiet würde in diesem Bereich zwar ein Wegegebot bestehen, es sei aber davon auszugehen, dass bei günstigen Schnee- und Witterungsverhältnissen dieser Bereich über die gesamte Wintersaison weiterhin von Schitourengehern frequentiert würde. Dadurch käme es zu Störungen des Wildes und damit einhergehenden spontanen Fluchtreaktionen. Es könne dahingestellt bleiben, ob das Gebiet ohne diese Störungen für das Rotwild geeignet wäre oder nicht. Aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen ergebe sich, dass der Zweck des Wildschutzgebietes (das Wild vor der Beunruhigung durch den Menschen zu schützen) durch die derzeit bestehenden ortsüblichen Schiaufstiege und -abfahrten auf den zusätzlich begehrten Flächen nicht erfüllt werden könne und diese Flächen den jagdfachlichen Erfordernissen bzw jagdgesetzlichen Vorgaben nicht gerecht würden. Eine Erweiterung des Wildschutzgebietes Richtung Nordwesten sei unter diesen Bedingungen nicht möglich.

Die Unzulässigkeit der Revision begründete das LVwG damit, dass keine Rechtsfragen zu beurteilen gewesen seien, denen grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche das Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

5. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit zunächst geltend gemacht wird, das LVwG behaupte zwar, dass zur Klärung der gegenständlichen Rechtsfragen keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle, es könne aber keine diesbezüglichen Entscheidungen zitieren. Tatsächlich liege Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Kontext mit § 51 JG nicht vor, weshalb schon aus diesem Grund die Revision zuzulassen sei. Überdies weiche das LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach bei der Beurteilung von jagdrechtlichen Sperren eine Abwägung zwischen den gegensätzlichen Interessen vorzunehmen sei. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Als Verfahrensmangel macht die Revision geltend, das LVwG gehe in seinen Feststellungen davon aus, dass eine örtlich übliche Schitour über den vom Revisionswerber begehrten Schutzbereich führe und diese Schitour schon seit mehr als 30 Jahren bestehe. Dies decke sich nicht mit den Verfahrensergebnissen. Danach habe früher eine Schitour über die Hhütte zur Rhütte, weiter zur Reben und von dort auf die Rspitze bestanden, die aber seit über 10 Jahren nicht mehr genutzt werde. Wie das LVwG zum Schluss komme, der Bereich nordwestlich des "Rabflusses" sei eine örtlich übliche Schiroute, sei nicht nachzuvollziehen. Die Nutzung des "Raufstiegs" durch Schitourengeher sei - aufgrund des dichten Bewuchses - quasi obsolet. Auch sei nicht festgestellt worden, dass man diesen festgestellten Aufstieg nur erreichen könnte, wenn zuerst bis zur "B Gasse" und von dort talauswärts gegangen würde. Dem Gericht hätte daher auffallen müssen, dass die festgestellte Route eigentlich technisch nicht machbar sei. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, dass der Amtssachverständige angeführt habe, die gesamte Flanke nordwestlich des "Rabflusses" werde von Schitourengehern genutzt. Im besagten Gebiet seien keine Markierungen vorhanden. Die Befundaufnahme habe zu einem Zeitpunkt stattgefunden, zu dem kein Schnee mehr vorhanden gewesen sei, sodass Schispuren gar nicht ersichtlich sein konnten. Bei einem mangelfreien Verfahren wäre erkannt worden, dass beim "Rabfluss" keine markierte, ortsübliche Schiroute bestehe. Auch eine flächige Nutzung des strittigen Bereiches durch Schifahrer sei aufgrund der örtlichen Verhältnisse gar nicht möglich.

Wenn den Ausführungen des Revisionswerbers nicht gefolgt werde, so wäre es zumindest geboten gewesen, zusätzliche Erhebungen zur Lawinengefahr im strittigen Gebiet vorzunehmen und ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen. Dadurch wäre erkannt worden, dass weder eine ortsübliche Schiroute westlich des "Rabflusses" vorliege noch eine erhöhte Lawinengefahr bestehe. Fotos von der Örtlichkeit, die ein Zeuge dem LVwG vorgelegt habe, wären nach Auffassung des Revisionswerbers irrelevant gewesen, das Gericht habe es auch unterlassen, sich mit dem vorgelegten Privatgutachten ausreichend auseinanderzusetzen.

Schließlich habe es auch verkannt, dass § 51 JG lediglich ein Anhörungsrecht der örtlich alpinen Vereine normiere, während die bekämpfte Entscheidung den Eindruck erwecke, den alpinen Vereinen quasi Parteistellung einzuräumen und den von ihnen vertretenen Interessen Vorrang einzuräumen.

II. Rechtslage:

§ 51 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl Nr 23/1986 idF LGBl Nr 9/2015 (JG), lautet auszugsweise:

"Wildschutzgebiete

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann über Antrag der/des Jagdausübungsberechtigten im Bereiche von genehmigten Wildwintergattern, genehmigten Fütterungsanlagen und dazugehörigen Einstandsgebieten sowie im Bereiche von Brut- und Nistplätzen des Auer- und Birkwildes nach Anhörung der Bezirksjägermeisterin/des Bezirksjägermeisters, der Bezirkskammer für Land und Forstwirtschaft und der örtlich bestehenden alpinen Vereine die zeitlich und örtlich auf das notwendige Ausmaß zu beschränkende Sperre von Grundflächen zum Zwecke der Ausweisung von Wildschutzgebieten verfügen, wenn dies zum Schutze der Lebensgrundlagen des Wildes und zur Vermeidung von Wildschäden als Folge der Beunruhigung des Wildes durch den Menschen unerlässlich ist.

(2) Wildschutzgebiete dürfen außerhalb der zur allgemeinen Benützung dienenden Straßen und Wege einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie außerhalb der örtlich üblichen Schiführen, Schiabfahrten und Langlaufloipen nicht betreten oder befahren werden (Wegegebot). Forststraßen innerhalb von Wildschutzgebieten, die als Zufahrt zur genehmigten Fütterungsanlage dienen, dürfen, sofern sie nicht markierte Wanderwege sind, nicht betreten oder befahren werden. Von diesem Verbot ausgenommen sind die Grundeigentümerin/der Grundeigentümer, die/der Nutzungsberechtigte, die/der Jagdausübungsberechtigte und deren Beauftragte sowie Personen, die aufgrund ihrer gesetzlichen oder behördlichen Ermächtigung zum Betreten oder Befahren solcher Flächen befugt sind.

(3) ..."

III. Erwägungen:

1. Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des LVwG zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur strittigen Frage der Sperre von Grundflächen zum Zwecke der Ausweisung von Wildschutzgebieten nach § 51 JG nicht vorliegt. Die Voraussetzungen für derartige Anordnungen insbesondere im Spannungsverhältnis zum Wintersport sind auch von grundsätzlicher Bedeutung.

  1. 2. Die Revision ist jedoch nicht begründet.
  2. 3. Vorauszuschicken ist, dass die mit der Revision vorgelegte Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses - insoweit vergleichbar mit jenem Fall, der mit hg Erkenntnis vom 25. November 2015, Ra 2015/16/0102, entschieden worden ist - mit dem Hinweis endet, das elektronische Original des Dokuments sei amtssigniert; eine Bildmarke des LVwG im Sinne des § 19 Abs 3 E-GovG findet sich daneben allerdings nicht. Ungeachtet dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vorliegende Erledigung absolut nichtig wäre, was im Übrigen auch von keiner Partei des Verfahrens geltend gemacht wird: Das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht und das verwaltungsgerichtliche Verfahrensrecht enthalten einen weitreichenden Fehlerkalkül, wonach Enunziationen einer Behörde oder eines Gerichtes, die als normative Akte intendiert sind, nur bei besonders schwerwiegenden Fehlern als absolut nichtig anzusehen sind. Die aus dem AVG abzuleitende Grenze zwischen gültiger und ungültiger Erledigung gilt wegen des Verweises des VwGVG auf das AVG auch für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen. Als Leitlinie für die Bestimmung, welche Mängel eine Erledigung absolut nichtig machen, gilt dabei, dass es sich um Fehler handeln muss, die entsprechend den gesetzgeberischen Wertungen schwerer wiegen als jene, welche die Anfechtung einer Erledigung und deren Aufhebung ermöglichen (vgl dazu etwa Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), Rz 433 ff).

    § 19 Abs 3 E-GovG sieht vor, dass bei amtssignierten Erledigungen der Hinweis auf die Amtssignatur und die Bildmarke anzugeben sind. Die Bildmarke soll nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 290 Blg 23. GP, 6) "zur leichteren Erkennbarkeit der Herkunft des Dokuments" dienen. Es geht also darum, dass die Stelle, der die Erledigung zugerechnet werden soll, leichter erkennbar ist. Dass die (korrekte) Anbringung der Bildmarke ein Gültigkeitserfordernis der Erledigung sein soll, wird damit nicht zum Ausdruck gebracht. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die hg Entscheidung vom 25. November 2015, Ra 2015/16/0102, auch bereits ausgesprochen, dass es etwa ausreicht, wenn sich die Bildmarke zwar nicht am Ende, aber auf der ersten Seite des Erkenntnisses findet und dabei - anders als das veröffentlichte Original - nicht in Farbe, sondern in schwarz-weiß gehalten ist (vgl VwGH vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/03/0017). Im gegenständlichen Fall wird aus der angefochtenen Erledigung unmissverständlich deutlich, dass sie vom LVwG Steiermark stammt. Dem Erfordernis der Amtssignatur wird insofern Rechnung getragen, als am Ende der Erledigung darauf hingewiesen wird, dass diese Erledigung amtssigniert wurde und ein Verweis auf die Homepage zu finden ist, auf der sich nähere Angaben zur Verifizierung der Authentizität der Erledigung finden. Auf der ersten Seite der Erledigung ist ein Teil der Bildmarke - nämlich der Schriftzug LVwG sowie das steiermärkische Wappen in derselben Form wie in der auf der Webseite des LVwG im Internet abgebildeten Bildmarke - abgedruckt, links oben auf der ersten Seite findet sich die Angabe "Verwaltungsgericht Steiermark". Alle in der Bildmarke verwendeten Merkmale finden sich daher in der Erledigung, wenn auch nicht genau in derselben Anordnung und in denselben Schriftarten. Auch im Spruch der Erledigung wird wörtlich zum Ausdruck gebracht, dass diese Entscheidung vom LVwG Steiermark getroffen wurde. Es kann daher - auch bei Vergleich mit der im Internet kundgemachten Bildmarke des LVwG - nicht der geringste Zweifel bestehen, von wem die angefochtene Erledigung stammt, und es wurden von den Parteien des Verfahrens auch keine diesbezüglichen Zweifel geäußert.

    Ausgehend davon kann für einen Fall wie den vorliegenden nicht davon ausgegangen werden, dass die beschriebenen Fehler bei der Wiedergabe der Bildmarke im Erkenntnis so schwer wiegen, dass sie jenen Mindestanforderungen an eine Erledigung gleichzuhalten wären, deren Missachtung zur absoluten Nichtigkeit der Erledigung führen müsste.

    4. § 51 Abs 1 JG ermöglicht der Behörde, über Antrag der/des Jagdausübungsberechtigten die zeitlich und örtlich auf das notwendige Ausmaß zu beschränkende Sperre von Grundflächen zum Zwecke der Ausweisung von Wildschutzgebieten zu verfügen, wenn dies zum Schutz der Lebensgrundlagen des Wildes und zur Vermeidung von Wildschäden als Folge der Beunruhigung des Wildes durch den Menschen unerlässlich ist.

    Voraussetzung einer solchen behördlichen Anordnung ist daher die Unerlässlichkeit der Sperre zum Schutz der Lebensgrundlagen des Wildes und zur Vermeidung von Wildschäden als Folge der Beunruhigung des Wildes durch den Menschen. Dass die Sperre eines Gebiets aus jagdlicher bzw wildökologischer Sicht zweckmäßig wäre, etwa weil sich dort attraktive Wildeinstandsflächen befinden, reicht für sich genommen hingegen nicht aus.

    5. Im vorliegenden Verfahren hat der Amtssachverständige dargelegt, dass das Haupteinstandsgebiet des Rotwildes südlich der (genehmigten) Rotwildfütterung "Rhütte" liegt. Das diese Fütterung umgebende Wildschutzgebiet werde mit der südöstlich des "Rabflusses" gelegenen Sperre einer Fläche von 35 ha, wie sie von der BH bereits angeordnet worden ist, im notwendigen Ausmaß bestmöglich abgedeckt. Das LVwG hat diese Teile des Gutachtens zwar nicht ausdrücklich in seinen Feststellungen wiedergegeben, es hat sich aber mehrfach auf das Amtsgutachten bezogen und es insgesamt als schlüssig und nachvollziehbar bezeichnet, sodass keine Zweifel daran bestehen, dass es dieses Amtsgutachten seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und ihm gefolgt ist. Wird von diesen gutachterlichen Ausführungen ausgegangen, so ist schon deshalb nicht zu erkennen, dass die Erweiterung des Wildschutzgebietes um die vom Revisionswerber begehrten Flächen nicht bloß zweckmäßig, sondern unerlässlich wäre, um die mit der Sperre nach § 51 Abs 1 JG angestrebten Ziele zu erreichen.

    6. Selbst wenn jedoch davon ausgegangen würde, dass die Erweiterung des Wildschutzgebietes bis zur "B Gasse", wie sie vom Revisionswerber angestrebt wird, zum Schutz der Lebensgrundlage des Wildes und zur Vermeidung von Wildschäden als Folge der Beunruhigung anzustreben wäre, ist für den Revisionswerber auf der Grundlage des § 51 JG nichts zu gewinnen.

6.1. § 51 Abs 2 JG ordnet zwar für ausgewiesene Wildschutzgebiete an, dass diese außerhalb der zur allgemeinen Benützung dienenden Straßen und Wege einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie außerhalb der örtlich üblichen Schiführen, Schiabfahrten und Langlaufloipen grundsätzlich nicht betreten oder befahren werden dürfen (Wegegebot); es lässt damit aber auch zu, dass (unter anderem) örtlich übliche Schiführen, Schiabfahrten und Langlaufloipen weiterhin benützt werden dürfen. Insofern enthält das JG bereits die vom Revisionswerber angesprochene Abwägung der betroffenen Interessen des Wildschutzes einerseits und des Wintersports andererseits, indem es in Wildschutzgebieten den Wintersport zwar zulässt, jedoch nur auf den oben beschriebenen Örtlichkeiten. Damit sieht § 51 JG bloß ein Wegegebot, aber keine vollständige jagdrechtliche Sperre des Gebietes vor (vgl dazu auch Hinteregger, Trendsportarten und Wegefreiheit (2005), 101 ff).

6.2. Das LVwG stellte fest, dass nordwestlich des "Rabflusses" der Hauptaufstiegsbereich einer Schitour auf die Rspitze verläuft. Dabei handle es sich (rechtlich) um eine ortsübliche Schiführe. Die Hänge nordwestlich des "Rabflusses" würden von Schitourengehern flächenmäßig als Abfahrt benützt; sie seien ortübliche Schiabfahrten. Die Benützung der Schiführe und der Schiabfahrten habe zur Folge, dass die vom Revisionswerber gewünschte Ausweisung weiterer Flächen als Wildschutzgebiet den damit angestrebten Zweck nicht erfüllen könne, weshalb eine Sperre nach § 51 Abs 1 JG nicht in Frage komme.

6.3. Dem ist aus rechtlicher Sicht vorweg insoweit zuzustimmen, als eine Sperre von Grundflächen zum Zwecke der Ausweisung von Wildschutzgebieten nach § 51 Abs 1 JG dann nicht zulässig ist, wenn diese Maßnahme - selbst bei Beachtung des Wegegebots nach § 51 Abs 2 JG - nicht geeignet ist, die mit der jagdrechtlichen Sperre verfolgten Ziele zu erreichen.

6.4. Es kann fallbezogen dahingestellt bleiben, ob die (rechtliche) Einschätzung des LVwG zutrifft, wonach das flächenmäßige Befahren von Hängen nordwestlich des "Rabflusses" durch Schitourengeher in rechtlicher Hinsicht als Benützung einer örtlich üblichen Schiabfahrt angesehen werden kann. Entscheidend ist im vorliegenden Fall nämlich, dass bereits das Vorhandensein einer örtlich üblichen Schiführe in nordwestlicher Nachbarschaft zum "Rabfluss" den Zweck vereitelt, der mit einer Sperre des im Revisionsverfahren strittigen Gebiets nach § 51 JG verfolgt werden würde. So gehen nicht nur das LVwG und der beigezogene Amtssachverständige von dieser Annahme aus, sondern der Revisionswerber selbst hatte in seiner Berufung an das LVwG die Beunruhigung des Wildes in dem von ihm gewünschten Erweiterungsgebiet durch Benützung des Aufstiegs nordwestlich des "Rabflusses" eingeräumt, indem er wörtlich ausführte:

"Steigt man z.B. westlich des Rabfluß auf (...) und fährt man dann einige Zeit später z.B. in der 'b Gasse' (...) ab, so sollte eigentlich auch ein Laie sofort erkennen können, dass im genannten Zirben-Einstandsgebiet (...) kein Stück Rotwild ohne irgendeiner Wahrnehmung (Geräusche, Geruch, Optik, ...), die auf Menschen schließen lässt, verweilen kann, da dieser Einstandskomplex damit auf engstem Radius quasi umrundet wird! (...) Vor zwei Jahren musste ich mitansehen, wie drei Tourengeher, trotz höflicher Bitte meinerseits, doch die b Gasse zu benutzen, trotzdem neben dem Rabfluß aufgestiegen sind. Mehrere Stück Rotwild brachen in Panik aus (...)."

Auch in dem vom Revisionswerber im Verfahren präsentierten Privatgutachten wurde die Benützung der Schiführe nordwestlich des "Rabflusses" kritisiert, weil sie einer Wildberuhigung in diesem Bereich entgegenstehe. Dort hieß es wörtlich:

"Diese (...) Schneise westlich des Rabflusses wird zwar gegenwärtig auch von den Tourengehern zum Aufstieg benutzt, die Abfahrt führt jedoch häufig über die b Gasse. Beim Aufstieg westlich des Rabflusses besteht die Gefahr der Beunruhigung des Rotwildes (...). Das in Teil B (Anmerkung: es handelt sich um das vom Revisionswerber angestrebte erweiterte Wildschutzgebiet) einstehende Rotwild wird in der Weise gestört, dass es auch zu Fluchten kommt (...). Der Rückzug aufgrund der Störung durch aufsteigende Schitourengeher in Richtung Fütterung wird durch die (...) Route (...) erschwert (...). Die Folgen der Störungen sind negative Auswirkungen auf die Wildtiergesundheit und auf den Wald.

(...)"

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, dass die vom Revisionswerber gewünschte Erweiterung des Wildschutzgebietes in nordwestliche Richtung über den "Rabfluss" hinaus bis zur "B Gasse" bei Bestehen einer örtlich üblichen Schiführe entlang des nordwestlichen Ufers dieses Abflusses, wie sie vom LVwG festgestellt worden ist, den mit der Sperre nach § 51 Abs 1 JG verfolgten Zweck erreichen würde. Nach dem bisher Gesagten ist eine solche Maßnahme daher auch nicht zulässig.

6.5. Soweit sich die Revision gegen die Feststellung des LVwG wendet, wonach die bisher besprochene Schiführe nordwestlich des "Rabflusses" der Hauptaufstiegsbereich einer Schitour auf die Rspitze darstelle, die schon seit vielen Jahren bestehe, reicht es darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung des LVwG nur in beschränktem Maße, nämlich nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, nicht aber hinsichtlich ihrer Richtigkeit, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt. Die strittige Feststellung des LVwG kann aber schon im Hinblick auf die oben wiedergegebenen Ausführungen des Revisionswerbers selbst, des von ihm beigezogenen Sachverständigen sowie der aktenkundigen Zeugenaussagen nicht als unschlüssig angesehen werden. So wurde etwa von der Zeugin A P ausgesagt, dass die Tourengeher "ihre Route oft über den Rabfluss entlang des Baches" wählen oder es wurde vom Zeugen A S angegeben, dass sich "seit ca 10 Jahren (...) der Hauptaufstiegsbereich verlegt (habe), und zwar führ(e) er nun nordwestlich des Abflusses vom Rsee hinauf". Die umstrittene Feststellung des LVwG findet somit in diesen Beweisergebnissen Deckung.

6.6. Werden diese Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt, so kann dem LVwG nicht entgegengetreten werden, wenn es die seit vielen Jahren bestehende Hauptaufstiegsroute nordwestlich des "Rabflusses" als eine "örtlich übliche Schiführe" im Sinne des § 51 Abs 2 JG gewertet hat. Sie dürfte daher selbst bei Anordnung einer jagdrechtlichen Sperre nach § 51 Abs 1 JG weiterhin benützt werden, wodurch der Zweck der Sperre, wie zuvor bereits näher dargestellt worden ist, nicht erreicht werden könnte und diese vom Revisionswerber angestrebte Maßnahme daher auch nicht zu treffen war.

7. Da bereits der Inhalt der Revision erkennen ließ, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Damit kann auch von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Im Übrigen hat bereits vor dem LVwG eine mündliche Verhandlung stattgefunden.

Da die obsiegende belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht keine Kosten verzeichnet hat, hat ein Ausspruch über den Aufwandersatz zu entfallen.

Wien, am 27. Jänner 2016

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