VwGH Ra 2015/16/0102

VwGHRa 2015/16/010225.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Revisionssache der S GmbH in P, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, LL.M., Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen die Erledigung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 24. Februar 2015, Zl. LVwG 46.34-4236/2014-14, betreffend Feststellung nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes, (mitbeteiligte Partei: der Bund, vertreten durch das Zollamt Graz), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs4;
E-GovG 2004 §19;
AVG §18 Abs4;
E-GovG 2004 §19;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. November 2011 stellte die mitbeteiligte Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung einen Antrag auf "Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Abs. (1) Z 2 und 3 ALSAG" betreffend die "seit Mai 2009 gelagerten Baurestmassen zur Verwertung" auf näher genannten Grundstücken.

Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung erließ den begehrten Feststellungsbescheid vom 28. August 2012.

Dagegen berief die revisionswerbende Gesellschaft mbH (Revisionswerberin) mit Schriftsatz vom 10. September 2012.

Der Landeshauptmann der Steiermark wies mit Bescheid vom 27. September 2013 die Berufung als unbegründet ab.

Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, welcher den bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes mit Erkenntnis vom 23. April 2014, 2013/07/0269, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob.

In dem gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG vom Landesverwaltungsgericht Steiermark fortgesetzten Verfahren erließ dieses, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die nunmehr mit Revision bekämpfte Erledigung (Erkenntnis) vom 24. Februar 2015, womit es die als Beschwerde behandelte Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 28. August 2012 als unbegründet abwies und aussprach, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht Steiermark unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

Die Revisionswerberin vertritt in der Revision die Ansicht, das bekämpfte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 24. Februar 2015 sei nichtig, weil es an der Amtssignatur der schriftlichen "Urteilsausfertigung" fehle. Das "Urteil" sei "per Post (RSb) übermittelt" worden, wozu die Revisionswerberin den zugehörigen "RSb Schein" in Ablichtung der Revision anschloss.

§ 18 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG lautet samt Überschrift:

"Erledigungen

§ 18. (1) Die Behörde hat die Sache ..... zu erledigen und ....

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19."

§ 19 des E-Government-Gesetzes (E-GovG) lautet samt Überschrift:

"Amtssignatur

§ 19. (1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur im Sinne des Signaturgesetzes, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat ausgewiesen wird.

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Auftraggeber des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesen unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihnen erzeugten Dokumente verwendet werden.

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Auftraggeber des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur sind vom Auftraggeber des öffentlichen Bereichs bereitzustellen."

Die Materialien zur E-GovG - Novelle 2007, BGBl. I Nr. 7/2008, wodurch § 19 des E-GovG die geltende Fassung erhielt (ErläutRV 290 Blg 23. GP, 6), führen dazu aus:

"Für die Darstellung der Amtssignatur ist zwingend nun nur noch eine Bildmarke, die der Auftraggeber des öffentlichen Bereichs als die seine im Internet veröffentlicht hat, und ein Hinweis, dass das Dokument amtssigniert wurde, nötig. Während die Bildmarke zur leichteren Erkennbarkeit der Herkunft des Dokumentes dient, bildet der zusätzliche Hinweis vor allem im Fall des Ausdrucks des amtssignierten Dokuments ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu Papierausfertigungen, die auf andere Art und Weise gefertigt wurden. Die Anforderung des Hinweises wird etwa schon dadurch erfüllt, dass am Schluss des Dokuments das Wort 'amtssigniert' angefügt wird. Es sei darauf hingewiesen, dass dies auch der barrierefreien Gestaltung dient, für welche die bloße Darstellung der Bildmarke nicht förderlich wäre. ..."

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hatte gemäß § 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG u.a. die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt gemäß § 29 Abs. 3 Z 1 leg. cit., wenn eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist. Gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen.

Um wirksam werden zu können, muss die Erledigung demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie bestimmt ist (vgl. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 131 und die dort zitierte hg. Rsp). Bei schriftlichen Erledigungen ist eine schriftliche Ausfertigung herzustellen und dem Adressaten durch Zustellung zu übermitteln. Diese Ausfertigung muss dem § 18 Abs. 4 AVG genügen.

Gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG - beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes sechs Wochen und beginnt diese Frist, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Ist das Erkenntnis bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann gemäß § 26 Abs. 2 VwGG die Revision bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Revisionswerber von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat.

Die der vorliegenden Revision angeschlossene Ausfertigung der angefochtenen Erledigung des Landesverwaltungsgerichtes endet mit den in Druckschrift angeführten Worten

"Landesverwaltungsgericht Steiermark

(Name der Richterin)".

Als Fußzeile der letzten Seite scheint der Hinweis auf "Das elektronische Original dieses Dokumentes wurde amtssigniert. Hinweise zur Prüfung dieser elektronischen Signatur bzw. der Echtheit des Ausdrucks finden Sie unter https:...".

Eine Bildmarke findet sich auf dieser Ausfertigung daneben nicht.

Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Bildmarke getrennt von diesem Hinweis im Kopf der ersten Seite des Dokuments ausreicht, weil die auf der der Revisionswerberin zugestellten Ausfertigung der Erledigung auf der ersten Seite im Kopf vorhandene Abbildung nicht der im Internet als gesichert veröffentlichten Bildmarke entspricht.

Auch die in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltene Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses, welche der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, zugestellt worden ist, weist dasselbe Erscheinungsbild auf und enthält keine Bildmarke iSd § 19 Abs. 3 E-GovG.

Schließlich hat auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes die mitbeteiligte Partei (der Bund, vertreten durch das Zollamt Graz) eine Ablichtung der der mitbeteiligten Partei zugestellten Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses vorgelegt, welche ebenfalls dasselbe Erscheinungsbild wie die der Revisionswerberin zugestellte Ausfertigung aufweist und keine Bildmarke iSd § 19 Abs. 3 E-GovG enthält.

Die in den vorgelegten Akten des Landesverwaltungsgerichtes enthaltene Urschrift des Erkenntnisses enthält die Unterschrift der das Erkenntnis erlassenden Richterin.

Die drei den Parteien zugestellten Ausfertigungen enthalten weder eine Unterschrift der Richterin noch den Vermerk und die Bestätigung "Für die Richtigkeit der Ausfertigung".

Daraus ist ersichtlich, dass die bekämpfte Erledigung möglicherweise elektronisch, jedoch ohne Verwendung einer Amtssignatur erstellt wurde, sodann ausgedruckt und von der Richterin unterschrieben wurde.

Die den Parteien zugestellten Ausfertigungen enthalten keine Bildmarke iSd § 19 E-GovG. Der angebrachte Hinweis, dass das elektronische Original des Dokuments amtssigniert worden sei, allein genügt den Anforderungen des § 19 Abs. 3 E-GovG nicht. Es liegt deshalb kein Ausdruck eines elektronischen Dokuments mit Amtssignatur vor.

Diesfalls kommt das Privileg des § 18 Abs. 4 AVG nicht zur Anwendung, wonach Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke keine weitere Voraussetzung zu erfüllen haben, sondern es handelt sich um eine "sonstige Ausfertigung" iSd des § 18 Abs. 4 dritter Satz AVG, die dementsprechend zu unterschreiben oder zu beglaubigen ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014), § 18 AVG Rz 26).

Demnach wäre die den Parteien des Verfahrens jeweils übermittelte, nicht mit einer Amtssignatur versehene schriftliche Ausfertigung der Erledigung (des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes) in Papierform entweder von der Genehmigenden eigenhändig zu unterzeichnen oder von der Kanzlei zu beglaubigen gewesen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 11. November 2013, 2012/22/0126).

Im Revisionsfall ist das angefochtene Erkenntnis der Revisionswerberin gegenüber somit noch nicht wirksam geworden. Da auch den anderen Parteien des Verfahrens keine solche Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses zugestellt wurde, lässt sich das Erheben der Revision auch nicht auf § 26 Abs. 2 VwGG stützen, erfordert diese Bestimmung doch die Wirksamkeit des angefochtenen Erkenntnisses durch Zustellung zumindest an eine Partei.

Die Revision gegen das keiner Partei gegenüber wirksam erlassene Erkenntnis erweist sich deshalb als unzulässig und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - durch einen gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 25. November 2015

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