VwGH Ro 2014/13/0011

VwGHRo 2014/13/001124.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Revision der A GmbH in J, vertreten durch die Malainer Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8, Top 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 12. Dezember 2013, Zl. RV/2531-W/11, miterledigt RV/2530-W/11, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2006 und 2007 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2005 bis 2010, zu Recht erkannt:

Normen

BFGG 2014 §28 Abs5;
EStG 1988 §6;
KStG 1988 §12 Abs3 Z1;
KStG 1988 §12 Abs3 Z2;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BFGG 2014 §28 Abs5;
EStG 1988 §6;
KStG 1988 §12 Abs3 Z1;
KStG 1988 §12 Abs3 Z2;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit über die Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 entschieden wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin, einer im Jahr 2004 gegründeten, im Bereich der Wirtschaftsberatung tätigen GmbH, deren Wirtschaftsjahr am 31. Jänner endet, fand in den Jahren 2009 und 2010 eine Außenprüfung statt. Der Bericht darüber vom 21. Dezember 2010 enthielt u.a. die drei revisionsgegenständlichen Feststellungen:

2 Erstens sei die Revisionswerberin zu 50% an der im Februar 2005 gegründeten A GmbH beteiligt gewesen, wobei der Wert dieser Beteiligung, deren Anschaffungskosten EUR 17.500,-- betragen hätten, schon zum Bilanzstichtag 31. Jänner 2006 auf EUR 1,-- abgeschrieben worden sei. Im April 2006 habe die Revisionswerberin Bankverbindlichkeiten der A GmbH in der Höhe von EUR 45.000,-- übernommen und dies als Darlehen verbucht. Bei Veräußerung der Beteiligung im Wirtschaftsjahr 2007 (Anmerkung: mit Vertrag vom 30. August 2006, Abtretungspreis EUR 1,--) sei die Darlehensforderung zur Gänze abgeschrieben worden. Aufgrund der Vermögenslosigkeit der A GmbH zum Zeitpunkt der Verbindlichkeitsübernahme sei diese als verdeckte Einlage zu werten (Tz 1 des Berichtes).

3 Zweitens sei die Revisionswerberin (Anmerkung: seit April 2006, gegen Entrichtung eines Abtretungspreises von EUR 720.000,--) Alleingesellschafterin der D GmbH gewesen, der sie EUR 105.000,-- geschuldet habe. Aufgrund des Ausmaßes der Beteiligung und des den beiden Gesellschaften gemeinsamen Geschäftsfeldes sei die Beteiligung nicht dem Umlauf-, sondern dem Anlagevermögen zuzurechnen gewesen. Im Zusammenhang mit der Veräußerung der Beteiligung (Anmerkung: mit Vertrag vom 20. Juni 2007) sei die Schuld in der Höhe von EUR 105.000,-- durch Gegenverrechnung mit einer gleich hohen Ausschüttung der D GmbH an die Revisionswerberin (Anmerkung: mit Gesellschafterbeschluss der Revisionswerberin als Alleingesellschafterin vom 20. Juni 2007) zum Erlöschen gebracht worden (Anmerkung: was auch im Vertrag über die Veräußerung der Beteiligung festgehalten wurde). In der Bilanz zum 31. Jänner 2007 (Anmerkung: die dem Finanzamt im April 2008 vorgelegt wurde) sei auf die Beteiligung an der D GmbH eine Teilwertabschreibung von EUR 180.000,-- vorgenommen worden (Bewertung mit EUR 540.000,--). Der bei Bilanzerstellung bekannte Abtretungspreis habe EUR 553.000,-- betragen und sei von der Gewinnausschüttung beeinflusst worden. Im Umfang der Ausschüttung sei die Teilwertabschreibung ausschüttungsbedingt gewesen, weshalb sie in diesem Umfang zu verringern sei. Da es sich um eine Beteiligung im Anlagevermögen gehandelt habe, sei die Abschreibung mit dem verbleibenden Betrag im Wirtschaftsjahr 2007 nur zu einem Siebentel zu berücksichtigen (Tz 2).

4 Drittens seien (Anmerkung: in den Wirtschaftsjahren 2008, 2009 und 2010) Zahlungen für nicht glaubhaft behauptetes "Coaching" geleistet worden, die nach Ansicht des Prüfers an den Gesellschafter S zurückgeflossen und als verdeckte Ausschüttung an diesen zu werten seien (Tz 8).

5 Gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Körperschaftsteuer für die Wirtschaftsjahre 2006 und 2007 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2005 bis 2010, die sich auf diese (und weitere) Feststellungen des Prüfers stützten, erhob die Revisionswerberin Berufung, der die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid in den erwähnten drei (und weiteren, aber nicht revisionsgegenständlichen) Punkten nicht Folge gab.

6 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesfinanzgericht erwogen hat:

7 In Bezug auf den dritten Streitpunkt (behaupteter Aufwand für Coaching) macht die Revisionswerberin als Revisionspunkt die Verletzung in ihrem "subjektiven Recht auf volle erfolgswirksame Anerkennung eines betrieblichen Aufwandes als Betriebsausgabe" geltend. Da der Streitpunkt im angefochtenen Bescheid zwar in Bezug auf die Haftung für Kapitalertragsteuer zu behandeln war, der Revisionspunkt aber nur auf die Körperschaftsteuer abzielt, die für die Jahre 2008 bis 2010 nicht verfahrensgegenständlich ist, kann auf diesen Streitpunkt nicht weiter eingegangen werden. Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe sich eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Betriebsausgabe angemaßt, wird in der Revision aber auch die Begründung des angefochtenen Bescheides verkannt. Die belangte Behörde ist, wie schon das Finanzamt, davon ausgegangen, dass das Coaching nicht stattgefunden hat.

8 In Bezug auf den ersten Streitpunkt (verdeckte Einlage bei der A GmbH) wendet sich die Revision gegen die Ansicht der belangten Behörde, zum Zeitpunkt der Abdeckung eines negativen Kontostandes der A GmbH durch die Revisionswerberin sei das Geschäftsmodell der A GmbH bereits gescheitert und die Beteiligung völlig wertlos gewesen und ein Außenstehender hätte der A GmbH in dieser Situation kein unbesichertes Darlehen gewährt, weshalb die nicht fremdübliche Darlehenshingabe als Einlage zu behandeln sei.

9 Die Revision hält dieser Ansicht der belangten Behörde entgegen, es habe sich um "ein vollkommen fremdübliches Investment" gehandelt, wobei zur vorangegangenen Abschreibung des Werts der Beteiligung auf EUR 1,-- dargelegt wird, sie sei "ein hervorragendes Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um ein reines Investment" gehandelt habe. Wenn die Revisionswerberin "keine Hoffnung auf eine Rendite gehabt hätte, hätte sie ja wohl auch nicht Geld in die Hand genommen, um in die Tochtergesellschaft zu investieren".

10 Die Revisionswerberin widerspricht damit ihrem Vorbringen in der Berufung, in der es hieß, eine "plötzliche Änderung am Kapitalmarkt" in der Form einer "Absage aus den USA" habe das Geschäftsmodell der A GmbH betroffen, ihr "die Geschäftsgrundlage entzogen" und ihre "Zahlungsunfähigkeit" herbeigeführt, sodass die Gesellschafter die Verbindlichkeit übernehmen "mussten". Von noch aufrechten Renditeerwartungen in Bezug auf die kurz danach veräußerte Beteiligung war dabei nicht die Rede gewesen, doch ist die Behauptung solcher Erwartungen auch nicht geeignet, die Annahme einer auf der Gesellschafterstellung beruhenden Zuwendung zu widerlegen. Die Ansicht der belangten Behörde, ein an der Gesellschaft nicht Beteiligter wäre im April 2006 nicht bereit gewesen, ihr zur Abdeckung ihrer Bankverbindlichkeiten einen unbesicherten Kredit einzuräumen, wird durch die Ausführungen in der Revision nicht erschüttert.

11 Im Vordergrund der Revision steht die Auseinandersetzung mit dem verbleibenden zweiten Streitpunkt (Teilwertabschreibung betreffend die D GmbH), der einerseits die Zuordnung der Beteiligung zum Anlagevermögen statt, wie von der Revisionswerberin vertreten, zu ihrem Umlaufvermögen und andererseits die Frage eines Einflusses der Ausschüttung auf die Teilwertabschreibung betrifft.

12 Hinsichtlich der Zuordnung einer Beteiligung zum Anlage- oder Umlaufvermögen fehlt es, anders als in diesem Punkt in der Revision zu deren Zulässigkeit ausgeführt, nicht an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Nach dem Erkenntnis vom 22. September 2000, 96/15/0207, 0208, auf das in den Erkenntnissen vom 22. Dezember 2004, 2001/15/0095, 0096, vom 13. April 2005, 2001/13/0028, VwSlg 8022/F, und vom 22. Februar 2007, 2006/14/0022, VwSlg 8207/F, verwiesen wird, kommt es auf die Zweckbestimmung der Beteiligung an. Dass die 100%ige Beteiligung an der D GmbH bei ihrem Erwerb dazu bestimmt war, dauernd dem Geschäftsbetrieb der Revisionswerberin zu dienen, hat die belangte Behörde schlüssig begründet. Dies ergibt sich schon aus dem im angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang erwähnten Businessplan, auf dessen aktenkundigen Inhalt die Revision nicht eingeht. Die Revision spricht von einem "etwaig aufgefundenen Businessplan, der möglicherweise auch nur für den Verkauf des Geschäftsanteiles zur Einsichtnahme durch den künftigen Käufer erstellt wurde". Der Businessplan trägt jedoch das Datum 15. März 2006 und ist Teil einer mit "Unternehmensübernahme" überschriebenen Darstellung der mit der nachfolgenden Beteiligung an der D GmbH verfolgten Absichten. Dass sich diese Absichten noch vor dem Bilanzstichtag 31. Jänner 2007 geändert hätten, scheint aus dem beschlagnahmten Schriftverkehr über die spätere Auseinandersetzung zwischen den beiden ursprünglichen Gesellschaftern der Revisionswerberin nicht hervorzugehen.

13 Die belangte Behörde hat es dessen ungeachtet festgestellt ("Im Wirtschaftsjahr 2006/2007 ist diese Veräußerung bereits vorbereitet worden"). Unter der darin zum Ausdruck kommenden Annahme, die Beteiligung sei zum Bilanzstichtag 31. Jänner 2007 bereits zur Veräußerung bestimmt gewesen, ist ihre Einstufung als Teil des Anlagevermögens mit dem Hinweis auf die Zweckbestimmung beim Erwerb im Frühjahr 2006 im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet (vgl. zur Maßgeblichkeit des Bilanzstichtages bei Änderung der Zweckbestimmung im Jahr der Anschaffung Mayr in Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 154 und 155).

14 Die Ausführungen der belangten Behörde sind auch in Bezug auf die Ausschüttung und ihren Zusammenhang mit der Teilwertabschreibung unklar. Zunächst wird in der Wiedergabe des Prüfungsberichtes behauptet, "im Wirtschaftsjahr 2007" sei man diesem Bericht zufolge "übereingekommen, die Darlehensverbindlichkeit gegen eine Ausschüttung in gleicher Höhe gegenzurechnen". Dem aktenkundigen Schriftverkehr nach war dies aber ein Ergebnis von Verhandlungen im Frühjahr 2007, was auch im Bericht zum Ausdruck kommt ("Im Zuge der Verhandlungen (...) im Wj 2008"). In den eigenen Feststellungen der belangten Behörde wird nach Erwähnung einer Vorbereitung der Veräußerung "im Wirtschaftsjahr 2006/2007" dargelegt, "zeitgleich" sei die Ausschüttung "beschlossen" worden, was für sich genommen noch auf den davor genannten Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung im Juni 2007 bezogen werden könnte. In weiterer Folge ist auch von einer "zeitgleich mit den Verkaufsverhandlungen durchgeführten Ausschüttung" sowie davon die Rede, es sei "gleichzeitig mit den Verkaufsverhandlungen eine Ausschüttung beschlossen" worden, was die im Bericht erwähnten Verhandlungen "im Wj 2008" meinen könnte. Wenn auf dieser Grundlage aber davon ausgegangen wird, die Ausschüttung (aktenkundiges Datum des Ausschüttungsbeschlusses: 20. Juni 2007, der Tag der Veräußerung der Beteiligung) sei bei der Teilwertabschreibung zum 31. Jänner 2007 berücksichtigt worden, und dieser Teilwertabschreibung nicht mit dem Hinweis auf den späteren Zeitpunkt der Ausschüttung, sondern mit Erwägungen zur ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung nach § 12 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 entgegengetreten wird, so ist die Gedankenführung der belangten Behörde nicht mehr nachvollziehbar.

15 Der angefochtene Bescheid war jedoch insoweit, als er die Körperschaftsteuer für das Jahr 2007 betrifft, schon wegen der unzureichenden Begründung der Zuordnung der Beteiligung zum Anlagevermögen und der auf diese Zuordnung gestützten Anwendung der Verteilungsregelung des § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

16 Im Übrigen war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

18 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG in Verbindung mit § 28 Abs. 5 BFGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 24. November 2016

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