VwGH Ra 2015/22/0092

VwGHRa 2015/22/009216.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz in 4040 Linz, Hauptstraße 1-5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. Mai 2015, LVwG- 750268/6/MZ, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: H Ö, vertreten durch Mag. Tamer Öztürk, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Schwimmschulgasse 3), zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art13;
AVG §59 Abs1;
NAG 2005 §20;
NAG 2005 §47 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ARB1/80 Art13;
AVG §59 Abs1;
NAG 2005 §20;
NAG 2005 §47 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Beschwerde des Mitbeteiligten, eines türkischen Staatsangehörigen, Folge und erteilte ihm den Aufenthaltstitel "Familienangehöriger".

Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die zusammenführende Ehefrau des Mitbeteiligten besitze die österreichische Staatsbürgerschaft und der Mitbeteiligte, der die Aufnahme einer Beschäftigung anstrebe, unterfalle als türkischer Staatsangehöriger der "Stillhalteklausel" des Art. 13 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80. Die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels seien daher nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 (FrG) zu prüfen. Gemäß § 47 Abs. 2 FrG dürfe einem begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel dann nicht erteilt werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Da das gegen den Mitbeteiligten verhängte Aufenthaltsverbot nunmehr schon abgelaufen sei, er freiwillig ausgereist sei und nun den von der Rechtsordnung vorgesehenen Weg beschreite, um wieder einen Aufenthaltstitel zu erlangen, stelle der Aufenthalt des Mitbeteiligten in Österreich keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar.

Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil die gegenständliche Entscheidung vollinhaltlich der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspreche und die Rechtsfrage, ob der Mitbeteiligte konkret eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstelle, nicht verallgemeinerungsfähig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde; der Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Revisionswerber macht geltend, dem Ausspruch des Landesverwaltungsgerichtes mangle es an hinreichender Bestimmtheit, weil nicht konkretisiert worden sei, für welche Geltungsdauer der Aufenthaltstitel erteilt werde.

Damit ist er im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0010 bis 0014, und dem folgend etwa im Erkenntnis vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0045, in einem gleichgelagerten Fall ausgesprochen, dass durch das Fehlen der Festlegung eines Zeitraumes, für den der Aufenthaltstitel erteilt werden soll, das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet ist. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe insbesondere des erstgenannten Erkenntnisses verwiesen. Da auch für den Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" gemäß § 47 Abs. 2 NAG keine gesetzliche Festlegung der Dauer der Bewilligung besteht, gilt das in den genannten Erkenntnissen Ausgeführte auch im vorliegenden Fall.

Ergänzend ist festzuhalten, dass die Anwendung der Stillhalteklausel nicht bedeutet, dass ein Antrag wie der vorliegende nicht grundsätzlich nach der aktuellen Rechtslage - mit der Maßgabe, dass neue Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit unanwendbar sind - zu beurteilen ist (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, 2008/21/0304, in dem das Erlöschen einer nach der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" weiter geltenden unbefristeten Niederlassungsbewilligung gemäß § 20 Abs. 4 NAG zu prüfen war). Demnach ist hinsichtlich der Dauer des beantragten Aufenthaltstitels grundsätzlich die Bestimmung des § 20 NAG maßgeblich.

Demnach war auch hier das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Eine Bindung an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes über die Unzulässigkeit einer Revision bestand gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht.

Wien, am 16. September 2015

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