Normen
32013R0604 Dublin-III Art2 litn;
32013R0604 Dublin-III Art28 Abs2;
32013R0604 Dublin-III Art28;
AsylG 2005 §12a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs1 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs2 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs2;
B-VG Art140 Abs7;
EURallg;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs2a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
32013R0604 Dublin-III Art2 litn;
32013R0604 Dublin-III Art28 Abs2;
32013R0604 Dublin-III Art28;
AsylG 2005 §12a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs1 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs2 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs2;
B-VG Art140 Abs7;
EURallg;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs2a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der spätestens am 31. Juli 2014 erstmals - von Ungarn aus - nach Österreich eingereiste Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Algerien, stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 1. September 2014 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück, erklärte Ungarn für die Prüfung des Antrages des Revisionswerbers für zuständig und ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) seine Außerlandesbringung nach Ungarn an.
Der Revisionswerber entzog sich dieser Maßnahme. Am 19. Jänner 2015 wurde er jedoch in einem aus der Schweiz kommenden Zug aufgegriffen und stellte einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.
Noch am 19. Jänner 2015 verhängte das BFA hierauf gegen den Revisionswerber gemäß Art. 28 der Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2a Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung seiner Abschiebung. Den Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2a Z 1 FPG erachtete das BFA erkennbar deshalb als erfüllt, weil dem Revisionswerber ungeachtet seines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 kein faktischer Abschiebeschutz zukomme.
Die gegen die Verhängung der Schubhaft mit dem genannten Bescheid und gegen die darauf gegründete Anhaltung erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. Jänner 2005 gemäß § 76 Abs. 2a Z 1 FPG iVm Art. 28 Dublin III-VO iVm § 22a Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) ab (Spruchpunkt A. I.). Unter einem wurde gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen (Spruchpunkt A. II.). Weiters verpflichtete das BVwG den Revisionswerber gemäß § 35 VwGVG zum Aufwandersatz an den Bund (Spruchpunkt A. III.) und wies das Kostenersatzbegehren des Revisionswerbers gemäß § 35 VwGVG ab (Spruchpunkt A. IV.). Schließlich erklärte es die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt B.).
Über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen:
Einleitend ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2015, G 151/2014 ua., zu verweisen, mit dem dieser § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG als verfassungswidrig aufgehoben hat (siehe dazu die Kundmachung des Bundeskanzlers vom 14. April 2015 unter BGBl. I Nr. 41/2015). Der Verfassungsgerichtshof sprach weiter gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG aus, dass diese Bestimmungen nicht mehr anzuwenden seien. Auch im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass das BVwG die Abweisung der zu Grunde liegenden Beschwerde unter Spruchpunkt A. I. seines Erkenntnisses zu Unrecht u. a. auf § 22a Abs. 1 BFA-VG gründete, weshalb sich sein Erkenntnis insoweit schon deshalb als rechtswidrig erweist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2015, E 4/2014, Rz 16 f; siehe in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl. 98/01/0258).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die gegen den Revisionswerber verhängte Schubhaft der Sicherung seiner Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin III-VO dienen sollte. Demgemäß nahmen sowohl das BFA als auch das BVwG - grundsätzlich zutreffend - auf Art. 28 dieser Verordnung Bezug. In seinem Erkenntnis vom 19. Februar 2015, Zl. Ro 2014/21/0075, auf dessen Begründung des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof aber festgehalten, dass es insoweit am Boden von Art. 2 lit. n Dublin III-VO ergänzend innerstaatlich festgelegter Kriterien zur Konkretisierung der in Art. 28 Abs. 2 der Verordnung für die Verhängung von Schubhaft (u.a.) normierten Voraussetzung des Vorliegens von "Fluchtgefahr" bedarf. Gemäß dem genannten Erkenntnis vom 19. Februar 2015 werden die in diesem Erkenntnis konkret behandelten Schubhafttatbestände (§ 76 Abs. 2 Z 2 und 4 FPG) diesem Erfordernis nicht gerecht. Auch § 76 Abs. 1 FPG enthält für sich betrachtet keine - gesetzlich festgelegten - objektiven Kriterien für die Annahme von (erheblicher) Fluchtgefahr im Sinn der Dublin III-VO (siehe das hg. Erkenntnis vom 24. März 2015, Zl. Ro 2014/21/0080).
Im vorliegenden Fall wurde der innerstaatliche Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2a Z 1 FPG - in seiner zweiten Variante - herangezogen, wonach über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen ist, wenn ihm gemäß § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt. Dabei wird aber nur an das - ausnahmsweise, infolge einer besonderen Konstellation des bezughabenden Verfahrens auf internationalen Schutz - Fehlen einer spezifischen Rechtsposition angeknüpft, ohne Fluchtgefahr begründende Umstände zu umschreiben. Mithin vermag auch die gegenständlich erfolgte ergänzende Bezugnahme auf § 76 Abs. 2a Z 1 FPG den sich aus Art. 28 der Dublin III-VO ergebenden Erfordernissen für eine Schubhaftnahme zwecks Sicherstellung eines Überstellungsverfahrens nach dieser Verordnung nicht Genüge zu tun.
Auch aus diesem Grund ist Spruchpunkt A. I. des angefochtenen Erkenntnisses mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, was dann aber auch für den Fortsetzungsausspruch (Spruchpunkt A. II.) - das BVwG brachte keinen innerstaatlichen Schubhafttatbestand ins Spiel, der allenfalls zu einem anderen Ergebnis hätte führen können - gelten muss.
Damit können aber auch die Kostenaussprüche des BVwG keinen Bestand haben.
Das angefochtene Erkenntnis war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. Mai 2015
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