VwGH Ra 2015/16/0033

VwGHRa 2015/16/00332.7.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Revisionssache der R GmbH in B, vertreten durch Dr. Markus Frank, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 25. März 2014, Zl. RV/4200311/2010, betreffend Erstattung von Einfuhrabgaben, den Beschluss gefasst:

Normen

31999R1796 AntidumpingzollV;
32004R0760 AntidumpingzollV;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit sieben Bescheiden vom 19. März 2003 teilte das (damalige) Hauptzollamt Wien der revisionswerbenden GesmbH (Revisionswerberin) die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Anti-Dumping-Zöllen in näher angeführter Höhe mit und setzte jeweils eine Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG fest.

Der (damalige) unabhängige Finanzsenat bestätigte dies mit Bescheid vom 11. Dezember 2013. Die dagegen vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Revision wies dieser mit Beschluss vom 28. Februar 2014, Ro 2014/16/0014, zurück.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht zwei Bescheide des Zollamtes Wien vom 10. August 2009, mit welchen das Zollamt Anträge vom 30. November 2003 auf Erlass der erwähnten nachträglich buchmäßig erfassten Eingangsabgaben samt Abgabenerhöhung nach Art. 236 des Zollkodex einerseits und nach Art. 239 des Zollkodex andererseits abgewiesen hatte. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Bundesfinanzgericht stellte fest, im Zeitraum vom 24. November 2000 bis zum 15. Oktober 2001 seien für die indirekt vertretene Revisionswerberin als Warenempfängerin Seile aus Stahl der Position 7312 der Kombinierten Nomenklatur in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden. In den betreffenden Anmeldungen sei als Handelsland (Feld 11 des Einheitspapiers), als Versendungsland (Feld 15) und als Ursprungsland (Feld 34) jeweils Bulgarien angegeben gewesen. Ursprungszeugnisse seien bei der Einfuhrabfertigung keine vorgelegt worden. Die in Rede stehenden Stahldrahtseile hätten ihren Ursprung in der Ukraine und seien von der J Company hergestellt worden. Danach seien die Stahldrahtseile aus der Ukraine nach Bulgarien ausgeführt und dort in ein Zolllager eingelagert, in weiterer Folge aus dem Zolllager wieder ausgelagert und in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Wegen des ukrainischen Ursprungs der Stahldrahtseile sei mit dem erwähnten Bescheid des Hauptzollamtes Wien Anti-Dumping-Zoll nachträglich buchmäßig erfasst worden.

Die nachträgliche buchmäßige Erfassung des Anti-Dumping-Zolls stütze sich auf die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates. Die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Anti-Dumping-Zoll nach Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung seien nicht gegeben gewesen, weil die von der J Company hergestellten Stahldrahtseile nicht direkt in die Gemeinschaft ausgeführt worden seien. Auch die anderen Voraussetzungen für die Befreiung (etwa Rechnungslegung durch die Herstellerin, Exportlizenz) seien nicht vorgelegen.

Die demnach gesetzlich geschuldeten Anti-Dumping-Zollbeträge seien auch nicht entgegen dem Art. 220 Abs. 2 des Zollkodex buchmäßig erfasst worden. Denn ein Irrtum im Sinn dieser Bestimmung sei nicht vorgelegen.

Auch ein besonderer Fall im Sinn des Art. 239 des Zollkodex liege nach näherer Begründung des Bundesfinanzgerichtes im Revisionsfall nicht vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 23. Februar 2015, E 579/2014-11 ua, die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der darauf von der Revisionswerberin erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in folgenden Rechten verletzt:

"1) Recht auf eine Begründung in der angefochtenen Entscheidung, warum 'besondere Umstände' im Sinn des Art. 239 ZK - auch soweit sie über den Umfang der 'Irrtümer der Behörden' im Sinn Art. 220 ZK hinausgehen -, nicht vorliegen würden; eine pauschale Verneinung des Vorliegens solcher 'besonderen Umstände' im Sinn des Art. 239 ZK, weil 'Irrtümer der Behörden' im Sinn Art. 220 ZK nicht vorliegen würden, reicht hierzu nicht aus;

2) Recht auf gesetzmäßige Berücksichtigung aller vorliegenden 'besonderen Umstände' im Sinn des Art. 239 ZK, welche einen Anspruch auf Erstattung/Erlass der gegenständlichen nachträglich buchmäßig erfassten Anti-Dumping-Zölle begründen;

3) Recht auf eine gesetzmäßige Erörterung und Beurteilung aller 'besonderen Umstände' im Sinn des Art. 239 ZK, die die Revisionswerberin vorgebracht und belegt hat; sowie aller sonst der belangten Behörde erkennbaren 'besonderen Umstände';

4) Recht auf dem Gesetz entsprechende objektive und vollständige Prüfung aller von der Revisionswerberin vorgebrachten Umstände und dazu vorgelegter Beweise, dass der Revisionswerberin zum gegenständlichen Sachverhalt weder Arglist noch Vorsatz noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit vorwerfbar ist; dies besonders hinsichtlich ihres damaligen Nicht-Erkennens, dass die eingeführte Ware von der Firma Silur aus der Ukraine stammte;

5) Recht auf richtige rechtliche Beurteilung aller gegenständlichen 'Irrtümer der Behörden' im Sinn Art. 220 ZK, nämlich auch von Irrtümern ausländischer Behörden und von Irrtümern der EU-Kommission;

6) Recht auf eine Gesamtbetrachtung hinsichtlich mehrerer zusammenwirkender Irrtümer der Behörden im Sinn Art 236 ZK (Art 220 ZK) und hinsichtlich mehrerer zusammenwirkender 'besonderen Umstände' im Sinn Art 239 ZK, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen für Erlass/Erstattung im Sinn Art. 236 und/oder 239 ZK vorliegen;

7) Recht auf eine (faire!) Betrachtung des gesamten bekannten gegenständlichen Sachverhaltes. Dies betrifft auch die Feststellung über die Dauer der Irrtümer der Österreichischen Zollbehörden bei der Nichtüberprüfung von unzureichend plausiblen Zoll-Anmeldungen. In den getrennten Verfahren für einerseits die Lieferungen aus Bulgarien und andererseits die nachfolgenden Lieferungen aus Litauen hat die belangte Behörde jeweils festgestellt, dass dieser Irrtum der Zollbehörden jedenfalls 'weniger als eineinhalb Jahre' gedauert und daher keinesfalls relevant wäre. Da es sich in beiden Verfahren (vor derselben Behörde und demselben Richter) um den gleichen Irrtum gehandelt hat und die Lieferungen aus Litauen (zum größten Teil) zeitlich nach jenen aus Bulgarien erfolgt sind, war freilich die aus beiden Verfahren bekannte gesamte Dauer dieses Irrtums der Zollbehörden festzustellen!

8) Recht auf eine rechtlich richtige Beurteilung, dass der Betrag im Zeitpunkt der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nicht geschuldet war - sowohl im Verfahren gemäß Art. 236 als auch im Verfahren gemäß Art. 239 ZK;

9) Recht, dass eine nachträgliche buchmäßige Erfassung von Zöllen nur auf Basis einer im Zeitpunkt dieser Erfassung (noch) gültigen Rechtsgrundlage erfolgt;

10) Recht, dass eine nachträgliche buchmäßige Erfassung von Zöllen nicht erst nach mehr als 9 Monaten nach Unwirksamkeit der Rechtsgrundlage für diesen Zoll erfolgt.

11) Recht, dass eine nachträgliche buchmäßige Erfassung von Zöllen nicht erst Jahre später auf eine Rechtsgrundlage gestützt wird, die vor vielen Jahren (hier: 10 Jahre!) bereits unwirksam geworden war.

12) Recht, dass eine Abgabenerhöhung nicht ohne tatsächliche rechtliche Grundlage erfolgt, auch nicht eine solche 'gemäß § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz'."

Gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom 19. Oktober 1992, (Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird. Die Zollschuld entsteht dann gemäß Art. 201 Abs. 2 ZK in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhrabgabenbetrag muss gemäß Art. 217ff ZK von den Zollbehörden buchmäßig erfasst werden.

Ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, so hat gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK die buchmäßige Erfassung des nachzuerhebenden Restbetrages innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung).

Art. 220 Abs. 2 ZK lautet:

"(2) Außer in den Fällen gemäß ... erfolgt keine

nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn

a) die ursprüngliche Entscheidung, keine Zölle oder einen niedrigeren als den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag buchmäßig zu erfassen, aufgrund von allgemeinen Vorschriften, die später durch eine gerichtliche Entscheidung für ungültig erklärt worden sind, gefaßt worden ist;

b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfaßt worden ist, sofern

...

c) die gemäß dem Ausschussverfahren erlassenen Bestimmungen die Zollbehörden von ihrer Pflicht entheben, Abgabenbeträge nachträglich buchmäßig zu erfassen, die niedriger als ein festgelegter Betrag liegen."

Art. 236 Abs. 1 ZK lautet:

"Artikel 236

(1) Einfuhr.- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, daß der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen

Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfaßt worden ist.

Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erlassen, als nachgewiesen wird, daß der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen

Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfaßt worden ist.

Eine Erstattung oder ein Erlaß wird nicht gewährt, wenn die Zahlung oder buchmäßige Erfassung eines gesetzlich geschuldeten Betrags auf ein betrügerisches Vorgehen des Beteiligten zurückzuführen ist."

Gemäß Art. 239 ZK können Einfuhrabgaben in anderen als den u. a. in Art. 236 leg.cit., genannten Fällen erstattet oder erlassen werden. Diese Fälle werden nach dem Ausschussverfahren festgelegt.

Gemäß Art. 899 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253 vom 11. Oktober 1993, (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) entscheidet in anderen Fällen - als hier nicht interessierenden Fällen der Art. 900 bis 903 und 905 ZK-DVO - die Entscheidungsbehörde , wenn es sich um besondere Fälle handelt, die sich aus Umständen ergeben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist eine Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vor dem Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang einer Revision nicht zugänglich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. November 2014, Ra 2014/16/0019, mwN).

Eine Revision hängt nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2014, Ra 2014/16/0033, und Twardosz, Handbuch VwGH-Verfahren3, 62).

Mit den in den weitwendigen Ausführungen zu den Revisionspunkten unter 1. bis 7. beschriebenen "Rechten" bezeichnet die Revisionswerberin entweder ein konkretes subjektives Recht nicht bestimmt (etwa: gesetzmäßige Berücksichtigung, gesetzmäßige Beurteilung aller besonderen Umstände, richtige rechtliche Beurteilung aller Irrtümer der Behörden) oder rügt sie die Verletzung von Verfahrensvorschriften (etwa: Recht auf Begründung, warum ..., Recht auf gesetzmäßige Erörterung ..., Recht auf objektive und vollständige Prüfung aller von der Revisionswerberin vorgebrachten Umstände, Recht auf Gesamtbetrachtung hinsichtlich mehrerer zusammenwirkender

Irrtümer, Recht auf faire Betrachtung des ... Sachverhaltes),

womit sie die Revisionspunkte mit den Aufhebungstatbeständen (§ 42 Abs. 2 VwGG) verwechselt.

Mit dem in den Revisionspunkten unter 9. bis 12. erwähnten Rechten übersieht die Revisionswerberin, dass das angefochtene Erkenntnis nicht über die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Einfuhrabgaben oder über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung abspricht, sondern über einen Antrag auf Erlass (nach Entrichtung der Abgaben umgedeutet auf: Antrag auf Erstattung), weshalb die Revisionswerberin in diesen geltend gemachten Rechten durch das angefochtene Erkenntnis nicht verletzt werden konnte.

Somit verbleibt das in den Revisionspunkten unter 8. geltend gemachte Recht auf eine Beurteilung, dass der Betrag im Zeitpunkt der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nicht geschuldet war (Art. 236 Abs. 1 zweiter Unterabsatz zweiter Fall ZK).

Zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision führt die Revisionswerberin bezogen auf diesen Revisionspunkt an, die Rechtsgrundlage für Anti-Dumping-Zoll auf die Einfuhr von Waren der J Company in den Jahren 2000 bis 2002 habe im Zeitpunkt der nachträglichen Vorschreibung des Anti-Dumping-Zolls nicht mehr bestanden. Die J Company habe ihre Verpflichtungserklärung an die EU-Kommission vor dem 26. August 2003 zurückgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof habe hinsichtlich der Frage, ob die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates nach dem Widerruf der Verpflichtungserklärung der J Company weiterhin Rechtsgrundlage für eine nachträgliche buchmäßige Erfassung von Anti-Dumping-Zoll für Waren gewesen sei, noch nicht Stellung genommen. Dies sei in Hinblick auf Art. 10 Abs. 5 der Grundverordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates bedeutsam, wonach Zölle nur auf jene Waren erhoben werden könnten, die innerhalb von 90 Tagen vor der Anwendung vorläufiger Maßnahmen in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden seien.

Mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates vom 12. August 1999, ABlEG Nr. 217 vom 17. August 1999, (im Folgenden: Verordnung Nr. 1796/1999 ) wurde ein endgültiger Anti-Dumping-Zoll u.a. auf die Einfuhr von Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Ukraine eingeführt.

Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 sah einen Zollsatz von 51,8 % für die von "unten genannten Unternehmen" hergestellten Waren vor. In der anschließenden Tabelle sind in der Spalte "Unternehmen" für die Ukraine "alle Unternehmen" genannt.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1796/1999 gilt der endgültige Anti-Dumping-Zoll nicht für Einfuhren solcher Seile, die von in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung genannten Unternehmen hergestellt, direkt in die Gemeinschaft ausgeführt und einem einführenden Unternehmen in der Gemeinschaft in Rechnung gestellt werden. Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1796/1999 nennt u.a. die J Company, U. Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 sieht zusätzliche Voraussetzungen für diese Zollbefreiung vor.

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1674/2003 des Rates vom 22. September 2003, ABlEU Nr. L 238 vom 25. September 2003, (im Folgenden: Verordnung Nr. 1674/2003 ) wurde Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1796/1999 dahin geändert, dass die J Company in der Tabelle der dort genannten Unternehmen nicht mehr aufscheint.

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 des Rates vom 8. November 2005, ABlEU Nr. L 299 vom 16. November 2005, (im Folgenden: Verordnung Nr. 1858/2005 ) wurde ein endgültiger Anti-Dumping-Zoll auf die Einfuhr von Seilen aus Stahl mit Ursprung u. a. in der Ukraine eingeführt, wobei eine Ausnahme für bestimmte Unternehmen der Ukraine nicht mehr aufscheint.

Das Bundesfinanzgericht stützte sein Erkenntnis eindeutig darauf, dass die Rechtsgrundlage des Anti-Dumping-Zolls in Art. 1 der Verordnung Nr. 1796/1999 gelegen sei und dass die in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung geforderten Voraussetzungen für die Ausnahmen, v.a. die direkte Ausfuhr von der Ukraine in die Gemeinschaft, nicht gegeben seien.

Die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Rücknahme einer Verpflichtungserklärung und die Wirksamkeit der Änderung (Einschränkung) der Ausnahmen nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1796/1999 durch die Verordnung Nr. 1674/2003 ist im Revisionsfall unerheblich, weil für das Bundesfinanzgericht nicht ein Wegfall der Ausnahme nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung, sondern das von vorneherein gegebene Fehlen der Voraussetzung für diese Ausnahme nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung entscheidend war.

Die Ausführungen der Zulässigkeitsgründe, welche darauf abstellen, dass die Rechtsgrundlage, die Verordnung Nr. 1796/1999 , im Zeitpunkt der nachträglichen buchmäßigen Erfassung des Anti-Dumping-Zolls, jedenfalls aber im Zeitpunkt der erwähnten Entscheidung des (damaligen) unabhängigen Finanzsenates vom 11. Dezember 2013 nicht mehr gegolten habe, vernachlässigen, dass eine nach dem Entstehen der Zollschuld (Art. 201 ZK) eingetretene, ex nunc wirkende Rechtsänderung auf den nach Art. 236 Abs. 1 ZK erheblichen Umstand (Tatbestandsvoraussetzung für einen Erlass oder eine Erstattung) keinen Einfluss hat, ob die Zollschuld im Zeitpunkt der Zahlung oder der (nachträglichen) buchmäßigen Erfassung gesetzlich geschuldet war oder nicht.

Die von der Revisionswerberin aufgeworfenen Fragen nach der Wirkung des Widerrufs der Verpflichtungserklärung der J Company und nach dem Ende der Gültigkeit der Verordnung Nr. 1796/1999 stellen sich im Revisionsfall daher gar nicht.

Die Revisionswerberin führt unter den Gründen für die Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision an, der Verwaltungsgerichtshof habe zur Frage nicht Stellung genommen, ob Anti-Dumping-Zoll gemäß der Verordnung Nr. 1796/1999 auch für den Fall einer Umgehungsmaßnahme durch ein Unternehmen gelte, welches eine solche Verpflichtungserklärung abgeschlossen habe. Genau diese Frage hat der Verwaltungsgerichtshof in dem die Revisionswerberin betreffenden erwähnten hg. Beschluss vom 28. Februar 2014, Ro 2014/16/0014, - im Übrigen in gleicher Weise wie durch das Bundesfinanzgericht im nunmehr angefochtenen Erkenntnis - beantwortet: Die Verordnung Nr. 1796/1999 stellt auf den Ursprung der Ware ab und die von der Revisionswerberin angeführte Ausweitung der Anti-Dumping-Zölle auf Waren aus der Republik Moldau durch die Verordnung Nr. 760/2004 des Rates stellte eine Ausweitung dar, welche die Erhebung eines Anti-Dumping-Zolls für Waren ermöglichte, die aus der Republik Moldau in die Union versandt worden sind, ohne den Ursprung der Waren näher prüfen zu müssen.

Die Revisionswerberin zeigt somit nicht auf, dass die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhinge, der grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 2. Juli 2015

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