VwGH Ra 2015/12/0022

VwGHRa 2015/12/002227.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des Landesschulrates für Kärnten gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. März 2015, Zl. W129 2102919- 1/2E, betreffend Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages (mitbeteiligte Partei: Prof. DI HF, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §68 Abs1 impl;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §28 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §28;
VwGVG 2014 §31 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Kärnten vom 26. Jänner 1990 war sein Vorrückungsstichtag mit 21. Juli 1965 festgesetzt worden.

In einer Eingabe vom 3. Juli 2014 brachte er vor, er habe vor seiner Einstellung Vordienstzeiten absolviert, welche ihm jedoch zunächst teilweise nur zur Hälfte angerechnet worden seien. Diese Vorgangsweise widerspreche - wie der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 5. Dezember 2013, C-514/12 , Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH, ausgesprochen habe, dem Art. 45 AEUV sowie dem Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 .

Er beantragte die nachträgliche Berichtigung der Anrechnung seiner Vordienstzeiten und seines Vorrückungsstichtages sowie seiner Einstufung.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Kärnten vom 22. Jänner 2015 wurde dieser Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Die Dienstbehörde vertrat im Wesentlichen die Rechtsauffassung, das Unionsrecht habe keine Durchbrechung der Rechtskraft des Bescheides vom 26. Jänner 1990 bewirkt, zumal die hier in Rede stehenden Anrechnungsbestimmungen des Bundes nicht mit jenen des Landes Salzburg, auf welche sich das zitierte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 5. Dezember 2013 bezogen habe, vergleichbar seien.

Der Mitbeteiligte erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit dem angefochtenen Beschluss behob das Bundesverwaltungsgericht den zitierten Bescheid des Landesschulrates für Kärnten vom 22. Jänner 2015 gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides zurück. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend vertrat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung, es habe vorliegendenfalls im Beschwerdeverfahren gegen einen auf § 68 Abs. 1 AVG gestützten Bescheid einer Verwaltungsbehörde lediglich nachprüfend zu beurteilen, ob diese die in Rede stehende Bestimmung zu Recht angewendet habe.

Im konkreten Beschwerdefall sei festzuhalten, dass der Mitbeteiligte den verfahrensgegenständlichen Antrag ohne das ausdrücklich von § 113 Abs. 12 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), vorgesehene Formular eingebracht habe.

Die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache C-530/13 , Schmitzer, bzw. Rs C-417/13 , ÖBB, sowie der durch die Dienstrechtsnovelle 2004, BGBl. I Nr. 176, eingefügte § 113a GehG ("Vorrückungsstichtag und europäische Integration") zeigten, dass sich die für die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages maßgebliche Rechtslage im Hinblick auf "die europäische Integration" erheblich verändert habe.

Die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages wegen entschiedener Sache sei daher zu Unrecht erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Sodann heißt es, im fortzusetzenden Verfahren werde der Landesschulrat für Kärnten nach durchzuführender Verbesserung des verfahrenseinleitenden Antrages zu klären haben, welche Vordienstzeiten auf welcher konkreten Rechtsgrundlage in welchem Ausmaß anzuerkennen seien.

Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage und das Fehlen einer Abweichung der vorliegenden Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche sich jedoch aus folgenden Gründen als unzulässig erweist:

Nach Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision jedenfalls nur dann zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Beschluss ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 und Abs. 5 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 und Abs. 5 VwGG) zu überprüfen.

Die außerordentliche Revision enthält keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe; mit der Darstellung von Beschwerdegründen sowie eines "Sachverhaltes" wird dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 (und Abs. 5) VwGG nicht entsprochen (vgl. hiezu auch den hg. Beschluss vom 24. Juli 2014, Zl. Ra 2014/07/0033, und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine Revision, die nicht gesondert die Gründe enthält, aus denen sie entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes für zulässig erachtet wird, ist zurückzuweisen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 27. Februar 2015, Zl. Ra 2015/06/0020, und vom 22. Mai 2014, Zl. Ra 2014/01/0030).

Unter "Sachverhalt", also nicht "gesondert" im Verständnis des § 28 Abs. 3 und Abs. 5 VwGG findet sich folgende - allenfalls als Kritik an der Zulässigkeitsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes deutbare - Darlegung:

"Entgegen den Ausführungen im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts liegt keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 113 Abs. 12 GehG in Verbindung mit § 175 Abs. 79 Z 2 GehG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2015) vor und würde die überbundene Rechtsauffassung die belangte Behörde verpflichten, eine Entscheidung außerhalb des durch den Antrag konkretisierten Verfahrensgegenstandes und unter Außerachtlassung der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen über die Nichtanwendung des aufgehobenen § 113 GehG zu treffen."

Mit diesem Vorbringen wäre - auch wenn es gesondert erstattet worden wäre - für sich genommen kein Zulässigkeitsgrund aufgezeigt worden:

Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich in der Begründung seines angefochtenen Beschlusses ausdrücklich die Rechtsauffassung vertreten, es habe lediglich über die "Sache" der Zurückweisung des Antrages zu entscheiden und hiebei lediglich nachprüfend zu kontrollieren, ob die Verwaltungsbehörde § 68 Abs. 1 AVG zu Recht angewendet hat. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird in der außerordentlichen Revision nicht hinterfragt. Ausgehend von dieser Auffassung stellen aber die erst im Anschluss an die Begründung der Bescheidaufhebung erstatteten, unter Punkt 3.10. enthaltenen Anleitungen für das fortzusetzende Verfahren zur meritorischen Behandlung des Antrages keine den Aufhebungsbeschluss tragende und die belangte Behörde bei der weiteren Behandlung des Antrages gemäß § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGVG bindende rechtliche Beurteilung, sondern bloß ein - nicht bindendes - "obiter dictum" dar (vgl. zur fehlenden Bindungswirkung von "obiter dicta" des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom 17. September 1997, Zl. 93/13/0064). Die unter 3.8. enthaltenen Ausführungen beziehen sich auf die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes von der Dienstbehörde seinerzeit einzuhaltende Vorgangsweise und hatten daher § 175 Abs. 79 Z. 2 GehG idF BGBl. I Nr. 32/2015 noch nicht zu berücksichtigen. Soweit die revisionswerbende Partei schließlich die Auffassung vertritt, eine Berücksichtigung allenfalls anzurechnender, vor Vollendung des 18. Lebensjahres gelegener Zeiten des Mitbeteiligten würde außerhalb des durch den Antrag konkretisierten Verfahrensgegenstandes liegen, genügt es, sie darauf hinzuweisen, dass "Sache" des hier gegenständlichen Antrages bei verständiger Würdigung die unionsrechtskonforme Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung des Mitbeteiligten, nicht aber die Anrechnung bestimmter Zeiten gewesen ist (vgl. hiezu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2014, Zl. 2012/12/0047).

Aus diesen Gründen war die Revision wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung geeignet und daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 27. Mai 2015

Stichworte