VwGH Fr2015/11/0008

VwGHFr2015/11/000827.8.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über den Fristsetzungsantrag des E G in W, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Scheibbs), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs7;
FSG 1997 §29 Abs1;
FSG 1997 §29;
VwGG §30a Abs1;
VwGG §30a Abs8;
VwGG §32;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs1;
VwGG §38 Abs4;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs7;
FSG 1997 §29 Abs1;
FSG 1997 §29;
VwGG §30a Abs1;
VwGG §30a Abs8;
VwGG §32;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs1;
VwGG §38 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom 6. August 2015 legte das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof den am 3. August 2015 eingelangten Fristsetzungsantrag des Antragstellers unter Beischluss der Verfahrensakten vor.

1.2. Im Fristsetzungsantrag wird ausgeführt, dem Antragsteller sei mit Vorstellungsbescheid vom 31. Juli 2013 ein in Ungarn ausgestellter Führerschein (gemeint: Lenkberechtigung) entzogen worden. Der dagegen erhobenen Berufung habe der Unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 nicht stattgegeben. Letzterer Bescheid sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Februar 2015 aufgehoben worden. Die Zustellung dieses Erkenntnisses an das Verwaltungsgericht sei am 20. März 2015 erfolgt. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über die wieder offene Berufung - nunmehr: Beschwerde - sei bisher nicht erfolgt, obwohl darüber gemäß § 29 Abs. 1 FSG innerhalb von drei Monaten zu entscheiden gewesen wäre. Die Entscheidungsfrist sei bereits am 20. Juni 2015 verstrichen.

2.1.1. § 38 VwGG lautet (auszugsweise):

"Fristsetzungsantrag

§ 38. (1) Ein Fristsetzungsantrag kann erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat.

..."

2.1.2. § 29 FSG lautet - seit der Stammfassung unverändert - (auszugsweise):

"Besondere Verfahrensbestimmungen für die Entziehung

§ 29. (1) Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung sind die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung kann ein Rechtsmittelverzicht nicht wirksam abgegeben werden.

..."

2.2.1. Der vorliegende Fristsetzungsantrag ist unstrittig zu einem Zeitpunkt eingebracht worden, in dem seit der Begründung der Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes infolge des aufhebenden erwähnten hg. Erkenntnisses vom 26. Februar 2015 noch nicht sechs Monate verstrichen waren. Der Fristsetzungsantrag könnte sich folglich nur dann als zulässig erweisen, wenn das Gesetz iSd. § 38 Abs. 1 VwGG - im vorliegenden Fall das FSG - eine kürzere (Entscheidungs)Frist bestimmte.

2.2.2. § 29 Abs. 1 FSG verpflichtet, seit der Stammfassung unverändert, im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung "die Behörden", über Anträge von Parteien "und Berufungen" spätestens drei Monate nach deren Einlangen "einen Bescheid zu erlassen". Von Verwaltungsgerichten ist weder in § 29 noch sonst im FSG die Rede. Bereits der Wortlaut des § 29 Abs. 1 FSG, der nur von "Behörden", "Berufungen" und der Erlassung von Bescheiden spricht, zeigt, dass Verwaltungsgerichte von der verkürzten Entscheidungspflicht nicht erfasst sind. Dagegen kann nicht ins Treffen geführt werden, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer auf § 29 Abs. 1 FSG gegründeten dreimonatigen Entscheidungspflicht (auch) der Unabhängigen Verwaltungssenate ausgegangen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 26. September 2013, Zl. 2013/11/0171), weil die Unabhängigen Verwaltungssenate nach der Systematik des B-VG Verwaltungsbehörden waren, mit Berufung angerufen werden konnten und mit Bescheid zu entscheiden hatten. All dies trifft auf die Verwaltungsgerichte nicht zu.

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Anpassung des FSG aufgrund eines Versehens unterblieben ist. Es gibt auch keinen Grund für eine allfällige verfassungskonforme Auslegung des § 29 Abs. 1 FSG, weil das hier zugrundegelegte Auslegungsergebnis, dass es mangels Novellierung des FSG zu keiner Anwendbarkeit der verkürzten Entscheidungsfrist auf die Verwaltungsgerichte gekommen ist und damit an einer solchen iSd. § 38 Abs. 1 VwGG mangelt, mit der Bundesverfassung (vgl. Art. 133 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 7 B-VG) ganz offensichtlich

nicht in Konflikt gerät. Dass die Wortfolge "über ... Berufungen

... einen Bescheid zu erlassen" in § 29 Abs. 1 FSG mit Ablauf des 31. Dezember 2013 ihren Anwendungsbereich verloren hat, zwingt nicht zu einer korrigierenden Auslegung.

2.2.3. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, denen u.a. der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung durch Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 38 Abs. 4 VwGG gilt dies auch für Fristsetzungsanträge.

Da der vorliegende Fristsetzungsantrag nach den bisherigen Darlegungen vor Ablauf der Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes eingebracht wurde, erweist er sich als unzulässig (vgl. zB. den hg. Beschluss vom 12. März 2015, Zl. Fr 2015/02/0001). Dass ihn das Verwaltungsgericht nicht schon selbst gemäß § 30a Abs. 8 iVm. Abs. 1 VwGG zurückgewiesen hat, steht einer Zurückweisung durch den Verwaltungsgerichtshof, der gemäß § 32 VwGG seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen hat, nicht entgegen.

Der Fristsetzungsantrag war aus diesen Erwägungen gemäß § 38 Abs. 4 iVm. § 34 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. August 2015

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