VwGH Ra 2015/09/0085

VwGHRa 2015/09/008520.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision der regionalen Geschäftsstelle Mödling des Arbeitsmarktservice in 2340 Mödling, Bachgasse 18, (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2015, W178 2013572-1/19E, betreffend die Angelegenheit eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (Rot-Weiß-Rot - Karte gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG) als "sonstige Schlüsselkraft" nach § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. M GmbH in V; 2. M M in B, vertreten durch Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8), den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §12b Z1;
AuslBG §4 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41 Abs2 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AuslBG §12b Z1;
AuslBG §4 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41 Abs2 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Zweitmitbeteiligte, eine serbische Staatsangehörige, brachte am 13. Mai 2015 bei der Aufenthaltsbehörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) als "sonstige Schlüsselkraft" ein. Die berufliche Tätigkeit bei der Erstmitbeteiligten wurde zunächst als "Import, Kalkulation-Architektur" für die "Überwachung von Importen auf technische Mängel und Kalkulation" beschrieben und in der Folge mit "Projektentwicklung für Fenster und Kalkulation" konkretisiert.

Mit Bescheid der Revisionswerberin vom 2. Juni 2014 wurde dieser Antrag gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgewiesen, weil auf die nach Anlage C zum Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderliche Mindestpunktezahl von 50 für die Zweitmitbeteiligte nur 35 Punkte angerechnet werden könnten.

Die dagegen von der Zweitmitbeteiligten erhobene Beschwerde wies die Revisionswerberin mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. September 2014 als unbegründet ab. Dies wurde zusammengefasst damit begründet, dass die Zweitmitbeteiligte zwar die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreiche, für die Planung und Kalkulation von Fenstern jedoch kein abgeschlossenes Architekturstudium erforderlich sei. Aus dem Umstand, dass der beabsichtigte Tätigkeitsbereich im Laufe des Verfahrens von der erstmitbeteiligten Partei ausgedehnt und andererseits der Vermittlungsauftrag von ihr nur sehr oberflächlich ausgefüllt worden sei, sei zu schließen, dass diese kein Interesse an der Einstellung von Ersatzkräften, sondern nur an der Beschäftigung der Zweitmitbeteiligten habe, dies vor allem wegen der Sprachkenntnisse und möglicher Kontakte in Serbien. Die revisionswerbende Partei sah aus diesem Grund von der Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss behob das Bundesverwaltungsgericht infolge des Vorlageantrags der Zweitmitbeteiligten (erkennbar) die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die revisionswerbende Behörde zurück. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

Das Verwaltungsgericht teilte die in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommene Beurteilung, dass der Zweitmitbeteiligten mehr als 50 Punkte für die in der Anlage C zum Ausländerbeschäftigungsgesetz angeführten Kriterien zuzusprechen seien, und führte begründend weiter aus, dass die Revisionswerberin eine ernsthafte Prüfung der Arbeitsmarktlage unterlassen habe. Eine von dieser angenommene Ablehnung der Stellung von Ersatzkräften könne der erstmitbeteiligten Partei im vorliegenden Fall nicht vorgeworfen werden. Selbst wenn Details des Vermittlungsauftrags erst im Ermittlungsverfahren anlässlich der Beschwerdevorentscheidung eingelangt seien, seien auch diese zu berücksichtigen und in den Beurteilungsprozess einzubeziehen. Es habe daher einer Prüfung der Arbeitsmarktlage bedurft und es wären gegebenenfalls als bevorzugt zu behandelnde Arbeitssuchende, die fähig und bereit seien, den zu besetzenden Arbeitsplatz zu den angebotenen Bedingungen auszufüllen, namhaft zu machen gewesen. Erst dann hätte beurteilt werden können, ob die erstmitbeteiligte Partei kein Interesse an einer solchen Vermittlung habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision der belangten Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision, auch wenn sie gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG von der belangten Behörde erhoben wird, hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Die revisionswerbende Behörde wendet sich mit ihren diesbezüglichen Ausführungen nicht gegen die Aufhebung ihrer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an sich, sie meint jedoch, dass eine "Handlungsanleitung" und eine nähere Begründung fehle. Die daraus von ihr abgeleitete grundsätzliche Rechtsfrage, zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehle, erblickt sie darin, ob auch bei der Zulassung "sonstiger Schlüsselkräfte" gemäß § 12b Z 1 AuslBG eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen der nachgewiesenen Qualifikation der den Aufenthaltstitel beantragenden Zweitmitbeteiligten und deren vorgesehener Verwendung erforderlich sei.

Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Lösung dieser Rechtsfrage "abhängt". Im Zulassungsvorbringen ist daher konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Februar 2015, Ra 2015/09/0004). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren nicht berufen (vgl. dazu etwa den Beschluss vom 3. März 2015, Ro 2014/02/0112, 0113).

Im vorliegenden Fall wurde in der Beschwerdevorentscheidung zwar festgehalten, dass für die Planung und die Kalkulation von Fenstern ein Architekturstudium nicht erforderlich sei, weder die revisionswerbende Behörde noch das Verwaltungsgericht stellten jedoch fest, dass einem Absolventen eines Architekturstudiums - wie der Zweitmitbeteiligten - die Befähigung fehle, die im vorliegenden Fall vom Dienstgeber gewünschten Planungs- und Kalkulationsarbeiten durchzuführen. Eine solche Feststellung hätte auch erst nach eingehender Auseinandersetzung mit den von der Zweitmitbeteiligten über Aufforderung im Behördenverfahren dazu vorgelegten Unterlagen über den Inhalt des von ihr absolvierten Studiums erfolgen können. Der Feststellung, dass die vorgesehenen Tätigkeiten auch ohne abgeschlossenes Hochschulstudium zu bewältigen sind, wurde von der Erstmitbeteiligten ohnedies dadurch Rechnung getragen, dass die erforderlichen Kenntnisse im Vermittlungsauftrag mit "Architekt oder Ingenieur" umschrieben wurden.

Die in der Revision als grundsätzlich formulierte Rechtsfrage geht damit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodass die Entscheidung in dieser Rechtssache nicht von ihrer Lösung abhängt. Ihr kommt somit bloß hypothetische Bedeutung zu.

Wenn die Revisionswerberin weiter meint, dass es an (aktueller) Rechtsprechung dazu fehle, ob eine Arbeitsmarktprüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG mit einem konkreten Ersatzkräftverfahren auch dann notwendig sei, wenn eine Gesamtbetrachtung der vorliegenden Umstände und Tatsachen eindeutig dafür spräche, dass der Arbeitgeber nur an der Beschäftigung der konkreten ausländischen Arbeitnehmerin interessiert sei, geht sie ebenfalls nicht von dem vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt aus. So wurde im angefochtenen Beschluss gerade mit näherer Begründung ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass die Erstmitbeteiligte nur Interesse an der Beschäftigung der Zweitmitbeteiligten habe und deshalb ein Ersatzkräfteverfahren durchzuführen sei. Das Bundesverwaltungsgericht ging nämlich davon aus, dass aus der - über Aufforderung der revisionswerbenden Behörde - erfolgten Präzisierung des Anforderungsprofils im vorliegenden Fall nicht auf eine Verweigerung der Vermittlung von Ersatzkräften geschlossen werden könne. Dass diese im Einzelfall unter Würdigung der vorliegenden Beweise zu treffende Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht in unvertretbarer Weise vorgenommen worden wäre, zeigt die Revisionswerberin nicht auf.

Da somit in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 2015

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