VwGH 2015/05/0002

VwGH2015/05/000229.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde des K W in S, vertreten durch Mag. Alexander Wolkerstorfer, Rechtsanwalt in 4523 Neuzeug, Steyrtalstraße 16, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Oktober 2012, Zl. IKD(BauR)-014452/1-2012-Ma/Wm, betreffend Versagung der Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §30 Abs6;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauO OÖ 1994 §30 Abs6;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers und das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde werden abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 710/1, KG. W., in der mitbeteiligten Gemeinde. Er hat das Grundstück im Jahr 2006 erworben.

Mit Eingabe vom 4. April 2011 beantragte der Beschwerdeführer bei der Baubehörde die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für einen Dachgeschossausbau für das auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück bestehende Wohnhaus.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde wies dieses Ansuchen mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 gemäß § 30 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 wegen Widerspruchs zum anzuwendenden Flächenwidmungsplan, welcher auf dem Grundstück eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") vorsehe und auf diesem Grundstück lediglich Betriebswohnungen ermögliche, ab.

Mit Bescheid vom 7. März 2012 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das Grundstück sei irrtümlicherweise durch einen Fehler der Gemeinde von Wohngebiet "W" in eingeschränktes gemischtes Baugebiet "MB" umgewidmet worden, wodurch das Grundstück eine Wertminderung erfahren habe, hielt die Berufungsbehörde entgegen, dass diese Widmung seit 24. November 1998 "rechtskräftig" und dem Beschwerdeführer daher beim Kauf der gegenständlichen Liegenschaft im Jahr 2006 bekannt gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Zum neuerlichen Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Widmung als eingeschränktes gemischtes Baugebiet "irrtümlich" erfolgt sei, führte sie aus, dass sie das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht anzuwenden habe. Eine inhaltliche Prüfung gehörig kundgemachter Verordnungen stehe den Verwaltungsbehörden gemäß Art. 89 B-VG nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten einschließlich der Verordnungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, sind auf das vorliegende, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Aus Anlass des Beschwerdefalls beantragte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. März 2015, Zl. A 2015/0001-1, beim Verfassungsgerichtshof unter anderem die Feststellung, dass die Verordnung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde (Flächenwidmungsplan Nr. 3) gemäß den Beschlüssen des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. April 1997 bzw. 19. März 1998, aufsichtsbehördlich genehmigt durch den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Oktober 1998, Zl. BauR-P 417034/10-1998/Gm/Ef, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. November 1998 bis 23. November 1998, rechtswirksam ab 24. November 1998, gesetzwidrig war.

Mit Erkenntnis vom 18. Juni 2015, V 68/2015-10, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass der angeführte Flächenwidmungsplan, soweit er für jene Fläche, welche im Osten von dem im Plan als "Steyrtalstraße" ausgewiesenen Straßenzug begrenzt und von einer in west-östlicher Richtung verlaufenden, als "OKA 30 kV" ausgewiesenen Hochspannungsleitung durchzogen wird, die Widmung als eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") vorsieht, gesetzwidrig war.

Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG ist, wenn der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass eine Verordnung gesetzwidrig war, diese im Anlassfall nicht anzuwenden.

Mit dem Ausspruch der Gesetzwidrigkeit der angeführten Teile der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof wurde in Bezug auf das durch diese als "eingeschränktes gemischtes Baugebiet" gewidmete Grundstück Nr. 710/1 der KG. W. die nach dem angefochtenen Bescheid maßgebliche Rechtsgrundlage für die Versagung der beantragten Baubewilligung beseitigt. Durch die Anwendung des als gesetzwidrig erkannten Flächenwidmungsplanes wurde der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war und folglich ein Ersatz des Schriftsatzaufwandes nicht in Betracht kommt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0091, mwN).

Wien, am 29. September 2015

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