VwGH Ra 2015/03/0071

VwGHRa 2015/03/007113.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der *****, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. Juli 2015, Zl. LVwG-750281/3/BP/SA, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses (mitbeteiligte Partei: *****), den Beschluss gefasst:

Normen

WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung, die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Revisionswerberin (iF: BH), hatte mit Bescheid vom 27. April 2015 den Antrag des Mitbeteiligten auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs 2 WaffG abgewiesen.

Die BH führte dazu insbesondere aus, der Mitbeteiligte habe den Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe im Rahmen der Nachsuche als Hundeführer damit begründet, dass aufgrund der Größe und des Temperaments des an der langen Leine geführten Hundes beim Auffinden vom lebenden Wild das gleichzeitige Handling von Langwaffe und Hund, speziell beim Fangschuss, fast unmöglich sei. Aus den von ihm vorgelegten Unterlagen gehe aber nur hervor, dass er im Jahr 2013 an einem Tag eine Nachsuche durchgeführt habe. Zwar seien nach den Angaben des Mitbeteiligten im Jahr 2014 an einer näher bezeichneten Stelle im Jagdgebiet zehn Rehe angefahren worden, seinem Antrag sei jedoch nicht zu entnehmen, an wie vielen Nachsuchen er in diesem Jahr beteiligt gewesen sei. Aufgrund der von ihm in nur sehr eingeschränktem Ausmaß nachgewiesenen Nachsuche bestehe aus Sicht der BH kein Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe.

2. Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis vom 7. Juli 2015 gab das Verwaltungsgericht der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde insoweit Folge, als dem Antrag des Mitbeteiligten auf Ausstellung eines Waffenpasses für eine Faustfeuerwaffe mit dem Vermerk "beschränkt auf die Dauer der Tätigkeit als jagdlicher Hundeführer" Folge gegeben wurde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei.

2.1. Dieser Entscheidung legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen folgenden Sachverhalt zugrunde:

Der Mitbeteiligte sei seit vielen Jahren im Revier P/ST aktiver Jäger und zumindest seit dem Jahre 2007 Besitzer eines geprüften, brauchbaren (Brauchbarkeitsprüfung am 10. September 2007 bestanden) Jagdhundes; der Mitbeteiligte habe die theoretische Ausbildung für die allgemeine Sachkunde zur Hundehaltung am 8. Februar 2006 erfolgreich absolviert; er werde als anerkannter Hundeführer regelmäßig - etwa zehnmal pro Jahr - mit seinem Hund im Bereich des Genossenschaftsjagdgebiets ST zur Nachsuche, insbesondere auf Schalenwild gerufen. Bei diesen Nachsuchen gehe es teilweise um angefahrenes Fallwild, teilweise um angeschweißtes Schalenwild, wobei in etwa der Hälfte der Fälle durch den Mitbeteiligten selbst ein Fangschuss abzugeben sei. Bei der Jagd sei es üblich, dass der Hundeführer selbst den Fangschuss abzugeben habe, weil dabei eine nicht völlig ausschließbare Gefahr bestehe, den eingesetzten Jagdhund zu verletzen oder gar zu töten, weshalb andere Beteiligte - Jäger oder Jagdschutzorgane - nicht bereit seien, Fangschüsse abzugeben. Diese Verantwortung bleibe daher beim Hundeführer, der seinen Hund kenne und insgesamt die jagdliche Situation besser einschätzen könne. Werde die Nachsuche als Hundeführer mit einer Langwaffe durchgeführt, würde zwangsläufig bei Abgabe eines Fangschusses eine gefährliche Situation entstehen, weil einerseits der Hund an der Leine zu führen sei und andererseits eine gezielte Erlösung des verletzten Wildes zu erfolgen habe.

2.2. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen - nach einer Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen unter Einbeziehung der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - Folgendes aus:

Um einen (jagdlichen) Bedarf zu bejahen, reiche es nicht aus, dass in bestimmten jagdlichen Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein könne. Vielmehr sei zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich sei und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründete Ziel also nicht erreicht werden könne; zum anderen sei erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt. Dabei sei es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen.

Zwar müsse vom Jagdausübenden die jagdliche Fertigkeit erwartet werden, eine Nachsuche nach Wild (auch Schwarzwild) selbst in unwegsamen Gelände mit einer Jagdwaffe vorzunehmen, ohne eine Waffe der Kategorie B zu benötigen.

Der Mitbeteiligte habe allerdings seinen Bedarf nicht bloß auf die Notwendigkeit der Durchführung von Nachsuchen gestützt, vielmehr auf seine - von ihm tatsächlich seit Jahren regelmäßig ausgeübte - Tätigkeit als jagdlicher Hundeführer, die - insbesondere weil bei Nachsuchen unter Führung eines Hundes das beidhändige Manipulieren mit einer Langwaffe nicht entsprechend möglich sei - die Verwendung einer Faustfeuerwaffe erforderlich mache. Im vorliegenden Fall seien keine Hinweise aufgetreten, die an der Hundeführereigenschaft des Mitbeteiligten zweifeln ließen; ihm sei damit der Nachweis eines Bedarfs iSd § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 WaffG gelungen.

Die ordentliche Revision sei mangels Notwendigkeit der Beurteilung einer Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

3. Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die im Wesentlichen geltend macht, das Verwaltungsgericht sei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der Ausstellung von Waffenpässen an Jäger, an denen auch die als bedarfsbegründend gewertete Tätigkeit als jagdlicher Hundeführer bei der Nachsuche zu messen sei, abgewichen.

4.1. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

4.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl VwGH vom 9. September 2015, Ra 2015/03/0050, mwN).

Diese zu den Voraussetzungen der Dartuung eines Bedarfs wegen einer besonderen Gefahrenlage ergangene Judikatur wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf die Anforderungen hinsichtlich der Geltendmachung jagdlichen Bedarfs übertragen (vgl VwGH vom 14. August 2015, Ra 2015/03/0025, mwN).

Was die jagdliche Nachsuche und die Abgabe von Fangschüssen anlangt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgehalten (vgl VwGH vom 26. März 2014, Ro 2014/03/0039, und vom 21. Jänner 2015, Ra 2014/03/0051, jeweils mwN), dass von einem Jagdausübenden die jagdliche Fertigkeit erwartet werden muss, die Nachsuche nach Wild (auch nach Schwarzwild) auch in unwegsamen Gelände mit einer Jagdwaffe vorzunehmen, ohne eine Waffe der Kategorie B zu benötigen. Gleiches gilt für die Bejagung von Schwarzwild auch sonst und für die Bejagung durch Baujagd.

4.3. Das Verwaltungsgericht hat diese Judikatur nicht nur richtig dargestellt, sondern sie auch - fallbezogen - zutreffend angewendet; entgegen dem Vorwurf der Revision wurden mit dem angefochtenen Erkenntnis daher die vom Verwaltungsgerichtshof gezogenen Leitlinien nicht überschritten.

Die Revisionswerberin bestreitet zwar, dass der Einsatz einer Faustfeuerwaffe bei der Nachsuche mit einem Hund geradezu erforderlich sei. Sie zeigt aber mit ihrem - spekulativ bleibenden - Vorbringen (im Wesentlichen: auch bei der Abgabe eines Schusses mit einer Faustfeuerwaffe werde ein Hundeführer beide Hände benötigen; der Hundeführer werde seinem Hund vorwiegend durch Kommandos Befehle erteilen, dessen Verhalten selbst abschätzen können und bei einhändiger Führung des Hundes aufgrund der nicht zu erwartenden Treffsicherheit keinen Schuss abgeben) keine Unschlüssigkeit der vom Verwaltungsgericht dargestellten, einen Bedarf begründenden jagdlichen Situation bei Nachsuchen durch Hundeführer auf.

4.4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Oktober 2015

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