VwGH Ra 2015/03/0018

VwGHRa 2015/03/001829.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die außerordentliche Revision des Landeshauptmannes von Niederösterreich, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 7. Oktober 2014, Zl LVwG-AB-13-0291, betreffend Erteilung einer Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr sowie eine Gemeinschaftslizenz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei: H L in L, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 15/5), den Beschluss gefasst:

Normen

GütbefG 1995 §5 Abs1 Z1;
GütbefG 1995 §5 Abs2 Z3;
StGG Art6;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §48 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Rechtsmittel der mitbeteiligten Partei gegen den versagenden Bescheid des revisionswerbenden Landeshauptmanns vom 30. September 2013 Folge gegeben und der mitbeteiligten Partei die Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) mit drei Kraftfahrzeugen am Standort L, sowie die Gemeinschaftslizenz für drei Kraftfahrzeuge erteilt (Spruchpunkt 1.). Ferner wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

Die mitbeteiligte Partei erstattete nach Zustellung einer Ausfertigung der außerordentlichen Revision durch das Verwaltungsgericht unaufgefordert eine Revisionsbeantwortung, die das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof gemeinsam mit der Revision sowie den Verfahrensakten vorlegte.

2. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

3.1. Vor diesem rechtlichen Hintergrund werden von der revisionswerbenden Partei keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

3.2. Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl Nr 593, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 96/2013 (GütbefG), darf eine Konzession (zur gewerblichen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen) nur erteilt werden, "wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes folgende Voraussetzungen gemäß Art 3 Verordnung (EG) Nr 1071/09 erfüllt ...(ist) : 1. die Zuverlässigkeit". Diese Voraussetzung muss während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Wird diese Voraussetzung vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hievon unberührt.

Gemäß § 5 Abs 2 Z 3 GütbefG ist die Zuverlässigkeit abgesehen von den in Art 6 Abs 1 Verordnung (EG) Nr 1071/09 geregelten Fällen insbesondere dann nicht gegeben, wenn

"3. der Antragsteller, der Gewerbeberechtigte oder der Verkehrsleiter wegen schwerwiegender Verstöße gegen die Vorschriften über

a) die für den Berufszweck geltenden Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen oder

b) die Güterbeförderung, insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten der Lenker, die Gewichte und Abmessungen der Kraftfahrzeuge, die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge und dem Umweltschutz sowie den sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten,

rechtskräftig bestraft wurde".

§ 5 Abs 2 Z 3 GütbefG enthält eine zwingende Rechtsvermutung, dass bei Vorliegen schwerwiegender Verstöße iS dieser Rechtsvorschrift die Zuverlässigkeit des Gewerbeberechtigten nicht (mehr) gegeben ist (vgl VwGH vom 30. Juni 2011, 2010/03/0062 (VwSlg 18.170 A/2011), mwH). Das Gewicht des Verstoßes ergibt sich aus der Bedeutung des verletzten Schutzinteresses und der Schwere seiner Verletzung. Ersteres findet nicht zuletzt auch in den gesetzlich für derartige Verstöße vorgesehenen (schweren) Sanktionen, letzteres in den - im Einzelfall - in den bezughabenden Straferkenntnissen für die begangenen Delikte verhängten Strafen (oder anderen Rechtsfolgen) ihren Ausdruck (vgl wiederum VwGH vom 30. Juni 2011, 2010/03/0062 (VwSlg 18.170 A/2011); vgl auch VwGH vom 27. November 2012, 2010/03/0050). Das Tatbestandsmerkmal der "schwerwiegenden Verstöße" wird nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen, wobei im Zusammenhang mit dem GütbefG bei der Zuverlässigkeitsbeurteilung nicht nur Verstöße beachtlich sind, die in Ausübung des konkreten Gewerbes begangen wurden. Entscheidend ist dabei, dass sich aus dieser Vielzahl von Verstößen unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Antragsteller sei nicht (bzw nicht mehr) als zuverlässig anzusehen (vgl VwSlg 18.170 A/2011, unter Hinweis darauf, dass eine solche Sichtweise auch vor dem Hintergrund des sich aus Art 6 StGG ergebenden Gebots der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in die Erwerbsfreiheit erforderlich ist; vgl auch VwGH vom 29. Jänner 2015, Ra 2015/03/0001).

3.3. Die im vorliegenden Fall im Wege von sieben Strafverfügungen und zwei Straferkenntnissen im Zeitraum der letzten fünf Jahre erfolgten rechtskräftigen Bestrafungen der mitbeteiligten Partei (vgl den Katalog Seite 7 bis 12 des angefochtenen Erkenntnisses) weisen (wie im angefochtenen Erkenntnis näher dargelegt) Bestrafungen im unteren Bereich der jeweiligen Strafdrohungen auf, weshalb die revisionswerbende Partei einräumt, dass die Verwaltungsübertretungen jede für sich betrachtet nicht als schwerwiegend zu qualifizieren sind (die verhängten Geldstrafen bewegen sich zwischen EUR 40,-- (wegen Übertretungen des § 102 Abs 1 KFG 1967 im Zusammenhang mit der Montage von Scheinwerfern) und EUR 300,-- (wegen der Nichteinhaltung der Bedienungsanleitung des Kontrollgeräts iSd Verordnung (EWG) Nr 3821/85)).

Wenn das Verwaltungsgericht entgegen der revisionswerbenden Partei ferner zum Ergebnis kam, dass von keiner derartigen Dichte von geringfügigen Verstößen auszugehen sei, dass eine Versagung der Konzession bzw der Bewilligung verhältnismäßig wäre, hat es die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht verlassen (vgl in diesem Zusammenhang die im insofern hier einschlägigen hg Erkenntnis vom 23. Mai 2014, Ro 2014/04/0009, genannten 40 rechtskräftigen Straferkenntnisse bzw Strafverfügungen im Zeitraum von vier Jahren sowie weiter genannten 13 Übertretungen im Zeitraum eines weiteren Jahres; vgl auch VwGH vom 17. März 2011, 2010/03/0189, in dem von immerhin 21 Fällen rechtskräftiger Bestrafungen wegen Übertretungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Güterbefördergewerbes in einem Zeitraum von fünf Jahren die Rede ist; vgl in diesem Zusammenhang ferner etwa VwGH vom 27. November 2012, 2010/03/0050, und VwSlg 18.170 A/2011).

4.1. Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

4.2. Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Dem von der mitbeteiligten Partei gestellten Antrag auf Aufwandersatz war nicht stattzugeben, weil die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung nicht vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs 1 VwGG aufgetragen wurde (vgl VwGH vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0012).

Wien, am 29. April 2015

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