Normen
B-VG Art133 Abs4;
GVG Tir 1996 §2 Abs5 lita;
GVG Tir 1996 §2 Abs5 litb;
GVG Tir 1996 §6;
UGB §105;
UGB §161;
VwGG §21 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
GVG Tir 1996 §2 Abs5 lita;
GVG Tir 1996 §2 Abs5 litb;
GVG Tir 1996 §6;
UGB §105;
UGB §161;
VwGG §21 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Revisionsbeantwortung des E, vertreten durch Dr. Herbert Marschitz, Dr. Peter Petzner, Mag. Hannes Bodner und Dr. Clemens Telser, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 24, wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit Bescheid vom 21. August 2014 versagte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel dem von der revisionswerbenden Partei als Käuferin angezeigten Rechtserwerb eines näher bezeichneten Almgrundstückes ("Kalm") gemäß §§ 25 Abs. 1 i.V.m. 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 61/1996 i. d.g.F., die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen.
2. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Komplementär der revisionswerbenden Partei mit Kaufvertrag vom 13. Juli 2007 den geschlossenen Hof "E." in W. erworben habe. Im grundverkehrsbehördlichen Verfahren habe er die Bewirtschaftung des Hofes im Nebenerwerb als Mutterkuhbetrieb mit schottischen Hochlandrindern in Aussicht gestellt. Weiters habe er angegeben, er werde mit seiner Ehefrau (einer Kommanditistin der revisionswerbenden Partei) und seiner Tochter auf den Hof aufziehen. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Erwerbs sei unter der Auflage erteilt worden, dass er bis zum 31. Dezember 2011 auf den Hof aufzuziehen und dort seien Hauptwohnsitz zu nehmen habe, und dass er zeitgleich mit dem Aufziehen die Selbstbewirtschaftung aufzunehmen und zumindest bis zum 31. Dezember 2019 aufrecht zu erhalten habe.
Mit Schenkungsvertrag vom 19. April 2013 habe der Komplementär seiner Ehefrau einen ideellen Hälfteanteil am geschlossenen Hof "E." geschenkt; diesem Rechtsgeschäft sei die grundverkehrsbehördliche Bewilligung erteilt worden.
Der geschlossene Hof "E." weise ein Flächenausmaß von 4,4633 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, 7,3492 ha Almfläche, 12 ha Wald und knapp 2.000 m2 Bauflächen und sonstige Flächen auf. Der Komplementär der revisionswerbenden Partei sei auf diesem Hof mit Hauptwohnsitz gemeldet; seine Ehefrau sei mit Hauptwohnsitz in K. gemeldet.
Am Hof "E." sei durch die jetzigen Eigentümer nie selbstständig Tierhaltung betrieben worden. Der Stall des kombinierten Wohn- und Wirtschaftsgebäudes stehe leer. Im Sommer würden Tiere von benachbarten Landwirten auf den Flächen des Hofes weiden; diese Tiere würden als Lehnvieh aufgenommen.
Entsprechend dem verfahrensgegenständlichen Kaufvertrag vom 21. Oktober 2013 erwerbe die revisionswerbende Partei die Liegenschaft in EZ 000 GB K ("Kalm") im Ausmaß von 28,6808 ha. Die revisionswerbende Partei habe ihren Sitz in K. Persönlich haftender Gesellschafter sei Dr. S. (mit einem Anteil von 26 % des Gesellschaftskapitals). Kommanditisten seien M. (ebenfalls mit einem Anteil von 26 % des Gesellschaftskapitals) und Dr. D. (mit Anteil von 48 % des Gesellschaftskapitals). Allein vertretungsbefugt sei der Komplementär; zusätzlich sei der Kommanditistin Prokura erteilt worden. Für Erwerb, Veräußerung und Belastung von Liegenschaften, Investitionen über einem Wert von EUR 5.000,-- und die Aufnahme von Darlehen oder Krediten durch die revisionswerbende Partei sei ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss zu fassen.
Die "Kalm" solle künftig als einheitlicher Betrieb mit dem geschlossenen Hof "E." geführt werden. Sowohl auf die Alm als auch auf den Hof solle im Sommer Lehnvieh (primär vom benachbarten Bauern) aufgetrieben werden.
3. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass im Eigentum (im Gesellschaftsvermögen) der revisionswerbenden Partei kein Heimhof stehe. Allerdings sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Komplementär sowie Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei und die Kommanditistin sowie Prokuristin der revisionswerbenden Partei gemeinsam Eigentümer des geschlossenen Hofes "E." seien und entsprechend den Ausführungen in der durchgeführten Verhandlung beabsichtigt sei, die angekaufte Alm gemeinsam mit diesem Hof zu bewirtschaften bzw. als einheitlichen Betrieb zu führen. Sowohl auf dem Heimhof (= geschlossener Hof "E.") als auch auf die Alm solle Lehnvieh aufgetrieben werden. Am Heimhof selbst werde kein eigener Viehbestand gehalten.
Der revisionswerbenden Partei sei beizupflichten, dass es mit den grundverkehrsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen unvereinbar sei, eine bestimmte Art der landwirtschaftlichen Nutzung vorzuschreiben oder die Gewährleistung bestimmter Betriebsformen anzustreben. Gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müsse der Rechtserwerb den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 lit. a TGVG entsprechen. Der Rechtserwerb müsse demnach den Anforderungen der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Für die Beurteilung, ob der Erwerb heimhofloser Almen agrarstrukturellen Zielsetzungen widerlaufe, sei eine gesamthafte Betrachtung der Umstände des jeweiligen Rechtserwerbes erforderlich.
Die landwirtschaftliche Sachverständige habe in ihrem Gutachten sowie anlässlich der mündlichen Erörterung dieses Gutachtens nachvollziehbar dargelegt, dass Almen mit ihren eigenen Gebäuden und Anlagen als eigenständige Betriebsstandorte den Heimbetrieben zur Erhöhung der Futtergrundlage dienten. Aufgrund der erhöhten Futtergrundlage sei die Haltung eines höheren Viehbestandes, daraus resultierend ein höheres Einkommen für den landwirtschaftlichen Heimbetrieb, möglich. Landesüblich bestehe zwischen einem Heimbetrieb und der Alm ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Auch bei Gemeinschaftsalmen berechtigten die mit dem Heimgut verbundenen Mitgliedschaftsanteile bzw. Servitutsrechte anteilsmäßig zum Auftrieb. Zudem trügen Almen zur Arbeitserleichterung bei, weil das Vieh im Sommer nicht am Hof sei. Bei diesen Ausführungen sei die Sachverständige immer von einem eigenen Viehbestand am Heimhof ausgegangen.
Der Erwerb von Almgrundstücken, denen als Ergänzung eines damit verbundenen landwirtschaftlichen Betriebes gerade im Gebirgsland Tirol große Bedeutung zukomme, widerspreche daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts jedenfalls dann der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes, wenn der Käufer oder - wie vorliegend - Komplementär und Geschäftsführer sowie die mit Prokura ausgestattete Kommanditistin der (kaufenden) revisionswerbenden Partei zwar über einen Heimhof verfügten, auf diesem Heimhof aber gar kein eigenes Vieh hielten, sondern vielmehr der Heimhof primär - vergleichbar einer heimhoflosen Alm -
im Sommer mit Lehnvieh bestoßen werde. An diesen rechtlichen Überlegungen vermöge selbst der Umstand nichts zu ändern, dass auch der Verkäufer zuletzt kein eigenes Vieh auf die Alm aufgetrieben habe.
Aufgrund des Widerspruchs zu agrarstukturellen Zielsetzungen sei daher die ablehnende Entscheidung durch die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel im Ergebnis zu Recht erfolgt.
Zur Zulässigkeit der Revision führt das Verwaltungsgericht aus, es gebe zur Frage, ob der Erwerb einer Alm agrarstrukturellen Zielsetzungen zuwiderlaufe, wenn am Heimhof gar kein Eigenvieh gehalten werde, keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Diesbezüglich sei von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen.
5. Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2015, E 1101/2015, ablehnte und an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
6. In ihrer Revision beantragt die revisionswerbende Partei, der Verwaltungsgerichthof möge das Erkenntnis aufheben, in eventu in der Sache selbst entscheiden und die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilen, sowie jedenfalls dem zuständigen Rechtsträger die Kosten des Verfahrens auferlegen. Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel und der Verkäufer der gegenständlichen Liegenschaft erstatteten eine Revisionsbeantwortung.
7. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
8. Die Revision ist nicht zulässig:
Die vom Verwaltungsgericht als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung angesehene Frage, ob der Erwerb einer Alm agrarstrukturellen Zielsetzungen zuwiderlaufe, wenn am Heimhof gar kein Eigenvieh gehalten werde, stellt sich im vorliegenden Fall nämlich schon deshalb nicht, weil ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis zwar der Komplementär und eine Kommanditistin der revisionswerbenden Partei Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes sind, nicht aber die revisionswerbende Partei selbst.
Die revisionswerbende Partei - eine Kommanditgesellschaft und als solche rechtsfähig (§ 161 in Verbindung mit § 105 UGB) und von ihren Gesellschaftern zu unterscheiden - hat auch in ihrer Revision nicht dargetan, über einen Heimhof zu verfügen, sondern sich, wie bereits im grundverkehrsbehördlichen Verfahren und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, nur darauf berufen, dass der Heimhof von ihrem Komplementär und einer Kommanditistin betrieben werden.
Das Verwaltungsgericht ist in rechtlicher Hinsicht im Ergebnis - ungeachtet der dies nicht deckenden Feststellungen - offenbar davon ausgegangen, dass der geschlossene Hof "E.", der im Eigentum des Komplementärs und einer Kommanditistin der revisionswerbenden Partei steht, als "Heimhof" der von der revisionswerbenden Partei zu erwerbenden Alm zu betrachten sei. Das Verwaltungsgericht ist implizit auch davon ausgegangen, dass durch diesen Heimhof die Landwirteeigenschaft der revisionswerbenden Partei im Sinne des § 2 Abs. 5 lit. a TGVG begründet werde (während sich diese, legt man die getroffenen Feststellungen zugrunde, allenfalls erst aus § 2 Abs. 5 lit. b TGVG ergeben könnte). In der Folge hat das Verwaltungsgericht - insofern rechtsirrig, aber zu Gunsten der revisionswerbenden Partei - seiner Entscheidung über die Genehmigung des Rechtserwerbs eine gemeinsame Bewirtschaftung eines nicht von der revisionswerbenden Partei geführten landwirtschaftlichen Betriebs (des geschlossenen Hofes "E.") mit der von der revisionswerbenden Partei zu erwerbenden Alm zugrunde gelegt, ist aber selbst dabei zum Ergebnis gekommen, dass den Zielen des § 6 TGVG durch den beabsichtigten Rechtserwerb nicht entsprochen werde.
Auch die Revision zeigt keine grundsätzliche Rechtsfrage auf, die inhaltlich über die Begründung der Revisionszulassung des Verwaltungsgerichts hinausgeht.
Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass bei der gebotenen gesamthaften Betrachtung der Umstände des jeweiligen Rechtserwerbes (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2007, B 2995/05, m.w.H.) der Erwerb einer - nach Durchführung des Rechtsgeschäftes - nicht mehr mit einem Heimhof verbundenen Alm durch eine Gesellschaft, deren Gesellschafter sich - wie in der Revision dargelegt - "mit ihrem Geschäftskonzept auf die Bereitstellung von Alm-/ Weideflächen für Dritte" konzentrieren, im öffentlichen Interesse der Erhaltung und Stärkung eines lebensfähigen Bauernstandes in Tirol den in § 6 TGVG genannten Grundsätzen entsprechen würde.
9. Die Revision war daher, weil in ihr keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
10. Zu der vom Verkäufer der Liegenschaft eingebrachten Revisionsbeantwortung ist Folgendes festzuhalten:
Der Verkäufer stellt als "mitbeteiligte Partei" in seiner Revisionsbeantwortung den Antrag auf Abweisung der Revision, wobei er den Ausführungen der revisionswerbenden Partei entgegentritt und zuletzt festhält, dass es sich seiner Ansicht nach beim Erwerb der Liegenschaft auf Seiten der revisionswerbenden Partei um ein Umgehungsgeschäft handle.
Es entspricht jedoch der ständigen hg. Rechtsprechung, dass das Grundverkehrsrecht im Falle eines genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs kein subjektiv-öffentliches Recht der Parteien auf Versagung einer solchen Bewilligung vorsieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2006, Zl. 2005/02/0066). Das grundverkehrsbehördliche Verfahren dient nicht dazu, sich der zivilrechtlichen Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums auf dem Umweg über das Grundverkehrsrecht zu entledigen. Vielmehr ist der Schutz der im Grundverkehrsgesetz verankerten öffentlichen Interessen allein der Grundverkehrsbehörde überantwortet, die das Ziel des Grundverkehrsgesetzes von Amts wegen zu verfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2001, Zl. 2000/02/0230). Da dem Verkäufer der Alm im Revisionsverfahren mangels Berührung rechtlicher Interessen im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG gemäß der hier dargestellten Rechtslage keine Parteistellung als Mitbeteiligter zukommt, war die von ihm eingebrachte Revisionsbeantwortung zurückzuweisen.
11. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 18. Dezember 2015
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