Normen
ArbeitsmittelV 2000 §17 Abs1;
ASchG 1994 §130 Abs1 Z16;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §5;
VStG §9 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015020020.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen betreffend eine Übertretung des § 17 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) i.V.m. § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG, die der Revisionswerber als gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter zu verantworten habe, abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist.
3. In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision führt der Revisionswerber zur Zulässigkeit im Wesentlichen aus, dass es eine erhebliche Rechtsfrage darstelle, ob ein krasses (grob fahrlässiges) Fehlverhalten des Arbeitnehmers das persönliche Verschulden des verantwortlichen Beauftragten bzw. den Risikozusammenhang bei der Fahrlässigkeitsprüfung gemäß § 5 VStG durchbreche. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Rechtsfrage der objektiven Zurechnung bei Fahrlässigkeitsdelikten bei Hinzutreten von krassem Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Falle des Arbeitnehmerschutzrechtes noch nicht entschieden.
Der Revisionswerber ist dabei der Ansicht, die objektive Zurechnung des Erfolges (Schaden) bei der Fahrlässigkeitsprüfung müsse in solchen Fällen ein Verschulden des Beschuldigten ausschließen, zumal ein grob fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers nicht der Sphäre des Arbeitgebers zugerechnet werden könne. Das Risiko eines eigenmächtigen Agierens eines Arbeitnehmers stelle ein außerordentliches Risiko dar, dem man mit keinem Kontrollsystem begegnen könne, weil es außerhalb der Beherrschbarkeit und Vorhersehbarkeit stehe.
4. Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Der Arbeitgeber hat im Bereich des Arbeitnehmerschutzes für die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems zu sorgen, wobei es der ständigen hg. Rechtsprechung entspricht, dass dieses gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2012, Zl. 2010/02/0220, m.w.N.). Die Einrichtung eines entsprechenden Kontrollsystems ist für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften entscheidend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2001, Zl 2000/02/0228); dessen genaue Ausgestaltung wurde in der hg. Rechtsprechung bereits umfassend behandelt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2012, Zl. 2010/02/0263).
So ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (siehe u. a. erneut das hg. Erkenntnis vom 23. März 2012, Zl. 2010/02/0263 m.w.N.).
In diesem Sinne hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall die objektive Verwirklichung des Tatbildes festgestellt und ist darüber hinaus zum Ergebnis gekommen, dass kein wirksames Kontrollsystem bestanden hat. Das Verwaltungsgericht konnte daher auch zu Recht davon ausgehen, dass den Revisionswerber aufgrund dieses Umstandes an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung das Verschulden trifft. Das Hinzutreten eines - allenfalls auch krassen - Fehlverhaltens eines Arbeitnehmers, das in der Folge zu einem Arbeitsunfall geführt hat, vermag am Verschulden des Revisionswerbers an der nicht erfolgten Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems nichts zu ändern.
5. Die vom Revisionswerber angesprochenen Rechtsfragen sind somit für die Entscheidung über die vorliegende Revision nicht relevant. Die Revision war daher, weil in ihr keine Rechtsfrage aufgeworfen wird, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 4. Mai 2015
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