Normen
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1b;
VStG §19;
VStG §20;
VwGG §42 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1b;
VStG §19;
VStG §20;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis der BH Amstetten vom 15. September 2014 wurde über den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) verhängt, weil er am 2. August 2014 um 16:50 Uhr im Gemeindegebiet S. als Lenker eines näher bestimmten Fahrzeuges das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei der Test am geeichten Alkomaten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l ergeben habe.
Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Verwaltungsgericht, wobei er das Straferkenntnis ausdrücklich nur hinsichtlich der Höhe der Strafe bekämpfte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde insofern statt, als die von der BH festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) auf den Betrag von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) herabgesetzt wurde.
Das Landesverwaltungsgericht führte begründend aus, dass mit dem Lenken des Kraftfahrzeuges durch den Mitbeteiligten unter Alkoholeinfluss zweifelsohne "die Sicherstellung der Sicherheit
auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ... nicht unerheblich
beeinträchtigt" worden sei.
In weiterer Folge wurden die Unbescholtenheit und die reumütige Schuldeinsicht als mildernde Umstände angeführt. Zudem wurde festgehalten, dass aus der Aktenlage keine Erschwerungsgründe ersichtlich und keine sonstigen nachteiligen Folgen der Tat hervorgekommen seien.
Im Zusammenhang mit der reumütigen Schuldeinsicht sei festzuhalten, dass der Mitbeteiligte von Anbeginn des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens die Verwaltungsübertretung zugestanden habe (vgl. die Niederschrift über die Vernehmung des Mitbeteiligten am 11. September 2014 nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung im Verfahren vor der BH). Das Geständnis sei somit nicht erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens erfolgt. Erschwerungsgründe seien nicht ersichtlich. Sonstige nachteilige Folgen der Tat seien nicht hervorgekommen.
Im Hinblick darauf, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe, welche gar nicht vorlägen, bei weitem überwiegen würden, sei die Voraussetzung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG gegeben.
Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gegen sein Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der BH Amstetten als der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht, die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Überwiegen gemäß § 20 VStG die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.
Die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) setzt voraus, dass die vorliegenden Milderungsgründe - und zwar nicht der Zahl nach, sondern - dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2001, Zl. 99/09/0058).
Bei einer Übertretung wie der vorliegenden nach § 5 Abs. 1 StVO kann dem alleinigen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kein solches Gewicht beigemessen werden, dass deshalb - auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen - § 20 VStG anzuwenden wäre, weil keine Rede davon sein kann, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 2002, Zl. 2002/02/0125).
Entscheidend ist somit, ob im vorliegenden Fall der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB (Ablegung eines "reumütigen Geständnisses") zur Anwendung kommen kann.
Das Verwaltungsgericht bejaht diese Frage. Die Einschränkung der Beschwerde auf die Strafhöhe sei im Sinne einer "reumütigen Schuldeinsicht" als mildernder Umstand zu werten. Der Mitbeteiligte habe von Anbeginn des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens die Verwaltungsübertretung zugestanden. Dies sei nicht erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens erfolgt, wie sich aus der Niederschrift über die Vernehmung des Mitbeteiligten am 11. September 2014 nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung im Verfahren vor der BH Amstetten ergebe.
Der Niederschrift der BH Amstetten vom 11. September 2014 lässt sich folgende Aussage des Mitbeteiligten entnehmen:
"Ich gebe die Verwaltungsübertretung zu."
Dabei übersieht das Verwaltungsgericht, dass der Mitbeteiligte im Zuge seiner Anhaltung auf frischer Tat betreten wurde. Damit kommt dem vor der BH abgegebenen Geständnis des Mitbeteiligten keine Bedeutung zu. Denn selbst ein beim Betretenwerden auf frischer Tat abgegebenes reines Tatsachengeständnis ist nicht als Milderungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB zu werten (vgl. unter vielen anderen die hg. Erkenntnisse vom 15. April 2005, Zl. 2005/02/0086, vom 18. Oktober 2007, Zl. 2006/09/0031, und vom 17. Dezember 2013, Zl. 2013/09/0144).
Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 27. März 2015
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