Normen
32008L0115 Rückführungs-RL Art7 Abs2;
32008L0115 Rückführungs-RL Art7;
AVG §56;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
FrPolG 2005 §120 Abs1a;
FrPolG 2005 §70 Abs1;
VStG §6;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014210055.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Gegen den (bis dahin) in Österreich rechtmäßig aufhältigen Revisionswerber, einen kosovarischen Staatsangehörigen, wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg vom 1. März 2013 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von drei Jahren erlassen. Diese Entscheidung wurde am 7. März 2013 rechtskräftig und unter Bedachtnahme auf den (von Amts wegen) eingeräumten Durchsetzungsaufschub von einem Monat mit 8. April 2013 durchsetzbar. An eine solche Konstellation knüpft § 70 Abs. 1 FPG an; nach dieser Bestimmung ist ein Fremder verpflichtet, "unverzüglich" nach Eintritt der Durchsetzbarkeit eines gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes auszureisen.
Die Behandlung der gegen das Aufenthaltsverbot an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (parallel) erhobenen Beschwerden wurde jeweils sofort - ohne Entscheidung über die damit verbundenen Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - abgelehnt, und zwar vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Mai 2013, Zl. 2013/22/0123, und vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Juni 2013, B 461/2013.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) vom 2. September 2014 wurde die Beschwerde (vormals: Berufung) gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 16. September 2013 mit im Spruch näher genannten Maßgaben abgewiesen. Demnach wurde dem Revisionswerber (zusammengefasst) zur Last gelegt, er sei nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht rechtzeitig ausgereist und habe sich am 18. April 2013 noch "unerlaubt" im Bundesgebiet aufgehalten. Damit habe er eine Übertretung nach § 70 Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1a FPG begangen und er wurde nach dem ersten Satz der letztgenannten Vorschrift wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet zur Zahlung einer Geldstrafe von EUR 500,-- verpflichtet. Unter einem sprach das LVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
An den - im vorliegenden Fall vom LVwG nicht näher begründeten - Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht gebunden. Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
Im vorliegenden Fall wird unter diesem Bezug in der Revision vor allem geltend gemacht, es sei zwar in der Rechtsprechung "eindeutig klargestellt", dass mit der "erteilten Zuerkennung" der aufschiebenden Wirkung im Beschwerdeverfahren gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid der Eintritt der Rechtswirkungen insgesamt hinausgeschoben sei, weil "die Aufschiebung" auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung zurückwirke (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1999, B 1575/98). Dagegen sei "bis heute nicht zweifelsfrei klargestellt, was rechtens ist, wenn die Beschwerde gar nicht behandelt wird und dabei auch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gar nicht entschieden wurde".
Letzterem kommt keine Bedeutung zu, weil es maßgeblich nur darauf ankommt, ob der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde oder nicht. Die Bestrafung des Revisionswerbers erfolgte nämlich schlichtweg wegen des - unbestritten vorliegenden - unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes. An der Verwirklichung des Tatbestandes des ersten Satzes des § 120 Abs. 1a FPG ("Wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ...") können daher keine Zweifel bestehen. In diesem Fall wäre vor dem Hintergrund des vom Revisionswerber zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nur dann vom Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes nach § 6 VStG auszugehen gewesen, wenn der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre (vgl. zu einer solchen Konstellation mit näherer Begründung das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2010/21/0444). Das war hier allerdings nicht der Fall. Ein Antrag auf aufschiebende Wirkung allein vermag aber einer beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde die vom Revisionswerber unterstellte Wirkung, die Verpflichtung zur Ausreise sei vorläufig suspendiert, noch nicht zu verschaffen (so schon zum FrG 1993 und zum FrG 1997 das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 99/21/0210, dessen Erwägungen mangels insoweit maßgeblicher Änderung der Rechtslage weiterhin gültig sind).
Es kann daher nicht gesagt werden, die angesprochene Frage sei in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht "eindeutig" geklärt. Vielmehr ergibt sich daraus, dass entgegen der Meinung des Revisionswerbers die (bloße) Stellung eines Antrags, der bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nicht entgegensteht. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn man - wie der Revisionswerber allerdings unter Außerachtlassung, dass Art. 7 der Rückführungsrichtlinie nur für bloße Rückkehrentscheidungen gilt, meint - einen solchen Antrag auch als Antrag iSd Art. 7 Abs. 2 dieser Richtlinie auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise verstünde.
Zu der in der Revision noch geltend gemachten verfahrensrechtlichen Frage fehlt jede Relevanzdarstellung.
In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Bei diesem Ergebnis war von der Durchführung der in der Revision beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall VwGG abzusehen.
Wien, am 19. Februar 2015
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