VwGH Ro 2014/17/0150

VwGHRo 2014/17/015014.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Ö GmbH in Wien, vertreten durch die Lansky, Ganzger + partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Finanzen vom 18. Dezember 2013, BMF-180500/0035-IV/2/2013, betreffend bescheidmäßige Erlassung von Nebenbestimmungen zu einer bereits erteilten Glücksspielkonzession, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs3;
GSpG 1989 §14 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundesministerin für Finanzen vom 10. Oktober 2011 wurde der Revisionswerberin gemäß § 14 Glücksspielgesetz (GSpG) die Konzession zur Durchführung von Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b GSpG erteilt.

Von folgendem Sachverhalt ist auf Grundlage des angefochtenen Bescheides, der vorgelegten Verwaltungsakten und des übereinstimmenden Parteienvorbringens auszugehen:

Die Revisionswerberin legte mit ihrem Antrag auf Erteilung der Konzession ein Responsible Marketing-Konzept vor. Der Revisionswerberin wurden die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen mit nachstehendem Inhalt vorgeschrieben:

"11. Der Konzessionär hat seine Maßnahmen zur Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz und zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung laufend nach internationalen und nationalen Standards zu aktualisieren und den Erfordernissen des österreichischen Glücksspielmarktes anzupassen. Hinsichtlich Spielsuchtvorbeugung und Spielerschutz ist mit der Stabsstelle für Suchtprävention und Suchtberatung im Bundesministerium für Finanzen mindestens zwei Mal jährlich fachlicher Austausch zu halten und sind daraus resultierende Erkenntnisse in den laufenden Anpassungen zu berücksichtigen

12. Der Konzessionär ist zur Einhaltung eines verantwortungsvollen Maßstabes im Sinne des § 56 Abs. 1 GSpG zur Festlegung von Responsible Marketing-Standards verpflichtet, die er der Bundesministerin für Finanzen erstmals bis 1. April 2012 vorzulegen und regelmäßig anzupassen hat

13. Der Konzessionär muss bis 1. April 2012 ein Jugendschutzkonzept samt Überwachungsmaßnahmen vorlegen. An Ausspielungen gemäß § 12a GSpG ist eine Spielteilnahme für Personen, die das 18. Lebensjahr nicht vollendet habe, unzulässig. Der Konzessionär hat die Überwachung der Altersgrenzen stets am aktuellen Stand der technischen und rechtlichen Möglichkeiten zu halten. Zulässige Werbung im Sinn des § 56 Abs. 1 GSpG darf sich nicht zielgruppenspezifisch an Personen richten, die das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben."

Dieser Bescheid ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.

Nach dem auch in der Gegenschrift unwidersprochenen Vorbringen der Revisionswerberin blieben ihre Maßnahmen zur Erfüllung dieser Auflagen im Jahr 2012 seitens der belangten Behörde unbeanstandet.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 6. August 2013 wurden der Revisionswerberin die Ergebnisse einer "Studie zur Entwicklung von Standards für 'responsible advertising' gemäß § 56 GSpG, anwendbar auf die Bundeskonzessionäre (§§ 21 und 14 GSpG)" mitgeteilt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde diese Standards und Leitlinien zukünftig ihrer aufsichtsbehördlichen Tätigkeit in Hinblick auf die Werbemaßnahmen von Konzessionären (und Bewilligungsinhabern) zu Grunde legen werde. Allfällige Fragen dazu könnten bei einem fachlichen Austausch (am 12. September 2013) erörtert werden.

Im Zuge dieses fachlichen Austausches wies die Revisionswerberin darauf hin, dass die in Deutschland seit 2007 analog in Geltung stehenden Werbebeschränkungen eine massive Umsatzverlagerung von den Konzessionären hin zu Betreibern von gewerblichen Glücksspielautomaten und Veranstaltern von Sportwetten zur Folge gehabt hätten. Weiters sei in der Studie zwar auf die Relevanz des unterschiedlichen Suchtgefährdungspotenzials einzelner Spieleklassen bei der Beurteilung von Werbung hingewiesen worden, in der Folge darauf aber nicht mehr Bezug genommen worden, ebenso nicht auf sonstige Spielerschutz- und Spielsuchtpräventionsmaßnahmen wie Besuchsbeschränkungen, Besuchssperren und Ausweispflicht.

Am 18. November 2011 übermittelte die Revisionswerberin eine ausführliche schriftliche Stellungnahme zu den in der Studie vorgeschlagenen Standards und Leitlinien an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die (im Wesentlichen gegenüber der zitierten Studie unveränderten) "Standards und Leitlinien für verantwortungsvolle Glücksspielwerbung" als "weitere Nebenbestimmungen" offenbar zu der bereits im Jahr 2011 erteilten Glücksspielkonzession festgelegt, welche ab 1. Jänner 2015 auf sämtliche Werbeauftritte des Anwendungsbereichs anzuwenden seien.

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2014, B 233/2014-15, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese unter einem gemäß Art 144 Abs 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab. In der - ergänzten - Revision wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Revision als unbegründet abzuweisen.

Die Revisionswerberin erstattete eine Äußerung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs 1, 2, 4 und 7 GSpG in der hier anzuwendenden Fassung, BGBl I Nr 112/2012, lauten:

"§ 14. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b durch Erteilung einer Konzession übertragen. Der Konzessionserteilung hat eine öffentliche Interessentensuche voranzugehen, welche den Grundsätzen der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu entsprechen hat. Die Interessentensuche ist öffentlich bekannt zu machen, wobei die Bekanntmachung nähere Angaben zu der zu übertragenden Konzession sowie zur Interessensbekundung und den dabei verpflichtend vorzulegenden Unterlagen sowie eine angemessene Frist für die Interessensbekundung zu enthalten hat. Der Bundesminister für Finanzen kann für die Begutachtung der Interessensbekundungen einen beratenden Beirat einrichten.

(2) Eine Konzession nach Abs. 1 darf nur einem Konzessionswerber erteilt werden, wenn

1. das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat geführt wird und sein Sitz nach Maßgabe des Abs. 3 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes liegt und die Abwicklung des Spielbetriebs in einer Form erfolgt, die eine effektive und umfassende ordnungspolitische Aufsicht nach diesem Bundesgesetz erlaubt;

2. die Satzung der Kapitalgesellschaft keine Bestimmungen enthält, die die Sicherheit und die ordnungsgemäße Spieldurchführung gefährden;

3. die Kapitalgesellschaft über ein eingezahltes Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro verfügt, deren rechtmäßige Mittelherkunft in geeigneter Weise nachgewiesen wird und die den Geschäftsleitern unbeschränkt und nachgewiesener Maßen für den Spielbetrieb im Inland zur freien Verfügung stehen und im Zeitpunkt der Konzessionsbewerbung nicht durch Bilanzverluste geschmälert worden sind (Haftungsstock);

4. die Personen, die eine Beteiligung am Konzessionär halten und über einen beherrschenden Einfluss verfügen, den Ansprüchen genügen, die im Interesse einer soliden und umsichtigen Konzessionsausübung und der Zuverlässigkeit in ordnungspolitischer Hinsicht liegen;

5. die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sind, über die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen verfügen und kein Ausschließungsgrund nach § 13 der Gewerbeordnung 1994 gegen sie vorliegt;

6. die Struktur des allfälligen Konzerns, dem der oder die Eigentümer, die eine qualifizierte Beteiligung an dem Unternehmen halten, angehören, und die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Sitzstaates eine wirksame Aufsicht über den Konzessionär nicht behindern sowie

7. vom Konzessionswerber insbesondere auf Grund seiner Erfahrungen, Infrastrukturen, Entwicklungsmaßnahmen und Eigenmittel sowie seiner Systeme und Einrichtungen zur Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz, zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung, zur Betriebssicherheit, zur Qualitätssicherung, zur betriebsinternen Aufsicht und zu anderen ihn treffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die beste Ausübung der Konzession zu erwarten ist.

...

(4) Die Konzession ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen, sie kann mit Nebenbestimmungen versehen sein, wenn dies im öffentlichen Interesse, insbesondere der Sicherung der Entrichtung der Konzessionsabgaben und der Glücksspielabgabe liegt. Im Konzessionsbescheid ist insbesondere festzusetzen:

1. Die Dauer der Konzession; diese ist mit längstens 15 Jahren zu begrenzen;

2. die Höhe und Art der zu leistenden Sicherstellung; diese ist mit mindestens 10 vH des Grund- oder Stammkapitals des Konzessionärs festzusetzen; die finanziellen Verpflichtungen des Konzessionärs gegenüber dem Bund und den Spielern sind hiebei zu berücksichtigen.

3. eine Höchstzahl bewilligbarer Video Lotterie Terminals im Sinne des § 12a Abs. 2.

...

(7) Liegen nach Erteilung der Konzession die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht mehr vor oder sind diese nachträglich weggefallen oder verletzt der Konzessionär Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder eines auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheides, so hat der Bundesminister für Finanzen

1. dem Konzessionär unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den entsprechenden Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Erfüllung seiner Aufgaben und im Interesse der Spielteilnehmer angemessen ist;

2. im Wiederholungsfall den Geschäftsleitern des Konzessionärs die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen;

3. die Konzession zurückzunehmen, wenn andere Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz die Funktionsfähigkeit der Spieldurchführung nicht sicherstellen können."

§ 19 GSpG in der hier anzuwendenden Fassung,

BGBl I Nr 54/2010, lautet:

"Aufsicht

§ 19. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat den Konzessionär auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, des Konzessionsbescheides sowie sonstiger, auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Bescheide des Bundesministers für Finanzen zu überwachen. Zu diesem Zweck kann der Bundesminister für Finanzen in die Bücher und Schriften des Konzessionärs Einsicht nehmen; er kann Überprüfungen an Ort und Stelle vornehmen oder durch Abschlußprüfer oder sonstige sachverständige Personen vornehmen lassen und vom Konzessionär Auskünfte über Geschäftsvorfälle, die Vorlage von Zwischenabschlüssen und von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung verlangen; solchen Verlangen hat der Konzessionär unverzüglich nachzukommen. Organe und Personen, deren sich der Bundesminister für Finanzen zur Ausübung seines Aufsichtsrechtes bedient, dürfen die Geschäftsräume des Konzessionärs betreten und haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert durch Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrages auszuweisen. Die Kosten der Überwachung trägt der Konzessionär; der Bundesminister für Finanzen hat den jährlichen Personal- und Sachaufwand für die Überwachung des Konzessionärs gemäß den Richtlinien zu § 14 Abs. 5 BHG mit Bescheid zu bemessen und dem Konzessionär innerhalb von drei Monaten nach Ablauf jedes Quartals zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen vorzuschreiben.

(2) Zur Ausübung seines Aufsichtsrechtes hat der Bundesminister für Finanzen unbeschadet des Abs. 1 beim Konzessionär einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter zu bestellen. § 26 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979, in der jeweils geltenden Fassung ist sinngemäß anzuwenden.

(3) Ein Mitglied des Aufsichtsrates der Gesellschaft des Konzessionärs ist über Vorschlag des Bundesministers für Finanzen zu bestellen. Ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrates der Gesellschaft des Konzessionärs ist über Vorschlag der Österreichischen Bundes-Sportorganisation zu bestellen.

(4) Der geprüfte Jahresabschluß, Lagebericht, Konzernabschluß und Konzernlagebericht sowie der Prüfungsbericht über den Jahresabschluß, Lagebericht, Konzernabschluß und Konzernlagebericht sind vom Konzessionär längstens innerhalb von sechs Monaten nach Abschluß des Geschäftsjahres dem Bundesminister für Finanzen vorzulegen.

(5) Der Konzessionär hat den öffentlichen Notar nach § 16 Abs. 10 und 11 spätestens zwei Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres nach vorheriger Anzeige der beabsichtigten Bestellung an den Bundesminister für Finanzen für das folgende Kalenderjahr zu bestellen. Der bestellte öffentliche Notar hat dem Bundesminister für Finanzen bis spätestens zwei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, für das er bestellt wurde, über die Ergebnisse seiner Überprüfungen zu berichten. Der Bundesminister für Finanzen kann die Bestellung nach dem ersten Satz untersagen, wenn eine ordnungsgemäße Aufsicht und Überwachung durch den zur Bestellung vorgesehenen öffentlichen Notar nicht gewährleistet erscheint."

Mit der GSpG-Novelle BGBl I Nr 105/2014, in Kraft getreten am 30. Dezember 2014, wurde folgender Abs 6 angefügt:

"(6) Der Bundesminister für Finanzen kann im Rahmen seines Aufsichtsrechtes Bescheide erlassen."

§ 56 GSpG in der hier anzuwendenden Fassung, BGBl I Nr 73/2010, lautet:

"§ 56. (1) Die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren. Die Einhaltung dieses verantwortungsvollen Maßstabes ist ausschließlich im Aufsichtswege zu überwachen und nicht dem Klagswege nach §§ 1 ff UWG zugänglich. Abs. 1 Satz 1 stellt kein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB dar.

(2) Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfen im Inland den Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Betriebsstätten gemäß den Grundsätzen des Abs. 1 bewerben, wenn dem Betreiber der Spielbank dafür eine Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erteilt wurde. Eine solche Bewilligung ist zu erteilen, wenn der Betreiber der Spielbank dem Bundesminister für Finanzen nachgewiesen hat, dass

1. die für den Betrieb der Spielbank erteilte Konzession § 21 entspricht und im Konzessionserteilungsland, das ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, ausgeübt wird, und

2. die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen dieses Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes den inländischen zumindest entsprechen.

Entsprechen die Werbemaßnahmen nicht den Anforderungen nach Abs. 1, kann dem Betreiber der ausländischen Spielbank die Werbung durch den Bundesminister für Finanzen untersagt werden."

§ 79 Abs 1 Gewerbeordnung 1994, BGBl I Nr 194/1994 in der geltenden Fassung BGBl I Nr 66/2010, lautet:

"§ 79. (1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, daß bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, daß ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen."

Hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art 144 Abs 1 B-VG nach dem 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, ist in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen. Für die Behandlung der Revision sind in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden (vgl zB VwGH vom 30. Juni 2015, Ro 2014/06/0054).

Die Revision bringt unter anderem vor, der angefochtene Bescheid sei ohne taugliche Rechtsgrundlage ergangen. Schon mit diesem Vorbringen ist die Revisionswerberin im Recht.

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des angefochtenen Bescheides (des Spruchs in Verbindung mit dem Betreff) ergingen damit "gemäß § 14 Abs 7 und § 56 Abs 1 GSpG" "weitere Nebenbestimmungen:

Standards und Leitlinien für verantwortungsvolle Glücksspielwerbung gemäß § 56 Abs 1 GSpG" - offenbar zu dem im Jahr 2011 erlassenen Konzessionsbescheid.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfen Nebenbestimmungen in Bescheiden einer ausdrücklichen (oder zumindest ausreichenden) gesetzlichen Grundlage (vgl für viele VwGH vom 31. März 2005, 2004/05/0325 mwH).

Der angefochtene Bescheid führt als Rechtsgrundlagen die Bestimmung des § 14 Abs 7 und des § 56 Abs 1 GSpG an.

§ 14 Abs 7 GSpG bildet, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift konzediert, jedenfalls keine taugliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid. Diese Vorschrift regelt die Befugnisse der Behörde in ganz anderen Fällen, nämlich bei Nichtmehrvorliegen oder Wegfall der Voraussetzungen gemäß Abs 2 leg cit für die Erteilung der Konzession sowie bei Verletzung von Bestimmungen des GSpG oder eines auf Grund des GSpG erlassenen Bescheides.

In diesen Fällen hat der Bundesminister für Finanzen dem Konzessionär unter Androhung einer Zwangsstrafe die Herstellung des entsprechenden Zustands unter Fristsetzung aufzutragen (Z 1), im Wiederholungsfall den Geschäftsleitern des Konzessionärs die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen (Z 2) bzw bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Konzession zurückzunehmen (Z 3).

Die im Revisionsfall erfolgte Erlassung von neuen Nebenbestimmungen mittels Bescheides kann jedenfalls nicht auf die Bestimmung des § 14 Abs 7 GSpG gestützt werden.

Auch § 56 GSpG in der hier anwendbaren Fassung bildet keine taugliche Grundlage für die Erlassung des angefochtenen Bescheides.

Zwar wird in dessen Abs 1 Satz 1 auf den bei Werbeauftritten einzuhaltenden verantwortungsvollen Maßstab hingewiesen, doch sieht Satz 2 leg. cit ausdrücklich vor, dass die Einhaltung dieses verantwortungsvollen Maßstabes ausschließlich im Aufsichtswege zu überwachen ist. Welche Maßnahmen im Aufsichtswege getroffen werden können, ist den jeweils ausdrücklich die Aufsicht regelnden Vorschriften des GSpG zu entnehmen, dh § 19 GSpG für Lotterien und § 31 GSpG für Spielbanken. Im hier anzuwendenden § 19 GSpG sind die Mittel der Aufsicht angeführt, sie betreffen vor allem Einsicht in die Bücher und Schriften des Konzessionärs und ähnliche Prüfungsaufträge. Die Erlassung eines Bescheides ist darin (in Abs 1) ausdrücklich nur für die Bemessung des Personal- und Sachaufwandes für die Überwachung des Konzessionärs vorgesehen.

Sohin bietet auch § 56 Abs 1 GSpG keine taugliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid.

Ob der mit der GSpG-Novelle BGBl I Nr 105/2014, in Kraft getreten am 30. Dezember 2014, neu geschaffene § 19 Abs 6 GSpG eine taugliche Rechtsgrundlage bilden könnte, ist im Revisionsfall mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht zu prüfen.

§ 14 Abs 4 GSpG, auf den sich die belangte Behörde allerdings erst in der beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Gegenschrift stützte, regelt, dass eine Konzession mit Nebenbestimmungen versehen sein kann, wenn dies im öffentlichen Interesse, insbesondere der Sicherung der Entrichtung der Konzessionsabgaben und der Glücksspielabgabe, liegt.

Allerdings können auch auf Grund dieser gesetzlichen Regelung Nebenbestimmungen nur in den Konzessionsbescheid aufgenommen werden. Denn anders als etwa § 79 Gewerbeordnung 1994 ermächtigt weder § 14 Abs 4 GSpG noch eine andere von der belangten Behörde aufgezeigte Bestimmung die Behörde, rechtskräftige (Konzessions‑)Bescheide aus anderen als den in § 68 Abs 3 AVG genannten Gründen durch Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Nebenbestimmungen (dort: Auflagen) abzuändern (vgl zum insofern vergleichbaren § 6 Abs 3 Kraftfahrliniengesetz VwGH vom 16. Dezember 1998, 95/03/0228). Dass der angefochtene Bescheid auf § 68 Abs 3 AVG beruhen würde, wird von der belangten Behörde nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

Der angefochtene Bescheid ist daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 14. Oktober 2015

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