VwGH Ro 2014/11/0019

VwGHRo 2014/11/001926.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision des Dr. W Z in K, vertreten durch DDr. Hans Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Salesianergasse 1b/III/Top 11, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, betreffend Krankenunterstützung (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §66 Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im bekämpften Umfang (Spruchteil 1.) wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Ärztekammer für Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der angefochtene Bescheid lautet, soweit hier von Bedeutung, wie folgt:

"Über die Beschwerde vom 15.10.2013 gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 24.09.2013, AZ WFF/ERM/2013003920

ergeht ... folgender Spruch:

1. Der Beschwerdeantrag auf Auszahlung der Krankenunterstützung für die Zeiträume vom 26.04.2010 bis 11.05.2010 und vom 17.05.2010 bis 01.06.2010 in der Höhe von jeweils EUR 453,44 (in Summe EUR 908,66) und Aufhebung des Spruchpunktes 2 des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 110a Abs. 2 Ärztegesetz 1998 iVm § 51 Abs. 2 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich idF 01.01.2010 (Satzung WFF) als unbegründet abgewiesen."

In der Begründung zu Spruchpunkt 1. wird ausgeführt, dass der Revisionswerber seit 1980 dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich angehöre. Sodann stellte die belangte Behörde (über mehrere Seiten hinweg) sowohl die dem Revisionswerber in den Jahren 2003-2009 vorgeschriebenen als auch die von ihm geleisteten Beiträge zum Wohlfahrtsfonds sowie die ihm gewährten Ermäßigungen fest. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Jahr 2008 eine Vorschreibung aus dem Jahr 2003 zunächst storniert worden sei, diese Stornierung aber (weil sie, wie die Behörde danach erkannt habe, zu Unrecht erfolgt sei) wieder rückgängig gemacht worden sei, ergebe sich per 31. Dezember 2009 nach Ansicht der belangten Behörde letztlich ein Beitragsrückstand in Höhe von EUR 1.594,95. Dieser Beitragsrückstand sei auf die dem Revisionswerber (laut Spruch) zustehende Krankenunterstützung anzurechnen gewesen.

In der gegen diesen, am 23. Dezember 2013 erlassenen, Bescheid erhobenen Revision wird die Abänderung, in eventu Aufhebung des angefochtenen Bescheides ausschließlich hinsichtlich des zitierten Spruchpunktes 1. beantragt.

In der Revision wird insbesondere die Richtigkeit der Verbuchung der stornierten Beiträge und des auf die Krankenunterstützung anzurechnenden Rückstandes bestritten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Voranzustellen ist, dass für die Behandlung der vorliegenden (Übergangs‑)Revision gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) die Bestimmungen des VwGG (mit Ausnahme der gegenständlich ohnedies nicht in Betracht kommenden Ablehnung) in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten.

2. Wie sich aus dem zitierten Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt, wurde mit diesem über die Beschwerde (Berufung) gegen den "Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 24.09.2013, AZ WFF/ERM/2013003920" abgesprochen.

Dieser an den Revisionswerber gerichtete (erst über gesonderte Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof vorgelegte) Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich hat vom 24. September 2013 lautet wie folgt:

"BESCHEID

Ihrem Antrag vom 26.06.2013 auf 100% Ermäßigung der Wohlfahrtsfondsbeiträge vom 01.04.2013 bis 31.12.2013 wird aufgrund (...) stattgegeben.

Die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds werden für den Zeitraum von 01.04.2013 bis 31.12.2013 auf monatlich EUR 0,00 ermäßigt. Durch diese Ermäßigung entfallen gemäß §§ 17 und 26 der Satzung des Wohlfahrtsfonds sämtliche Leistungsansprüche.

Sollte eine der für die spruchgemäße Entscheidung ausschlaggebenden Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, tritt der Bescheid mit dem Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzung automatisch außer Kraft."

3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" der Berufungsentscheidung jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat (vgl. die beispielsweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, unter E 108 zu § 66 AVG referierte Judikatur). Entscheidet die Behörde zweiter Instanz in einer Angelegenheit, die nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, in Form eines (im Ergebnis erstmaligen) Sachbescheides, so fällt eine solche Entscheidung nicht in die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsbehörde, und der Berufungsbescheid ist in diesbezüglichem Umfang mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet (vgl. Walter/Thienel, aaO, E 128 zu § 66 AVG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Unzuständigkeit der belangten Behörde zufolge § 41 Abs. 1 VwGG von Amts wegen wahrzunehmen.

3.2. Gegenstand des Spruches des im angefochtenen Bescheid zitierten erstinstanzlichen Bescheides vom 24. September 2013 war, wie dargestellt, die Ermäßigung von Wohlfahrtsfondsbeiträgen des Revisionswerbers.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde als Berufungsbehörde (ausdrücklich) über die Beschwerde vom 15. Oktober 2013 gegen den obzitierten Bescheid vom 24. September 2013 abgesprochen, dabei jedoch einerseits einen "Beschwerdeantrag auf Auszahlung der Krankenunterstützung" und andererseits einen Antrag auf "Aufhebung des Spruchpunktes 2 des angefochtenen Bescheides" (einen Spruchpunkt 2. gibt es im Bescheid vom 24. September 2013 nicht) "als unbegründet abgewiesen", somit inhaltlich entschieden, und damit die durch den erstinstanzlichen Bescheid festgelegte "Sache" überschritten.

3.3. Der angefochtene Bescheid war daher im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 2 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, iVm § 4 und 3 Abs. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 26. März 2015

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