VwGH Ro 2014/05/0098

VwGHRo 2014/05/009820.1.2015

Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, auf Grund des Vorlageantrages der Dr. N B in W, vertreten durch Hule/Bachmayr-Heyda/Nordberg Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 47, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. November 2014, Zl. VGW-211/033/31785/2014/R-1, betreffend Zurückweisung einer Revision hinsichtlich eines Bauauftrages nach der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art133 Abs1 Z1 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs9 idF 2012/I/051;
B-VG Art134;
B-VG Art135;
B-VG Art135a;
B-VG Art136 Abs2;
B-VG Art87 Abs1;
MRK Art13;
MRK Art5;
MRK Art6;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §2;
VwGVG 2014 §54 Abs1;
VwGVG 2014 §54 Abs4;
VwGVG 2014 §54;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 7. April 2014 wurde der Revisionswerberin als Eigentümerin eines näher genannten Bauwerkes ein Bauauftrag zur Abtragung des Bauwerkes sowie zur Wiederherstellung und Humusierung des Geländes erteilt.

Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. August 2014, erlassen durch eine Landesrechtspflegerin, gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis enthält keinen Ausspruch im Sinn des § 25a Abs. 1 VwGG, sondern die Rechtsmittelbelehrung, dass gemäß § 54 VwGVG die Möglichkeit der Erhebung einer Vorstellung bei der zuständigen Richterin des Verwaltungsgerichtes bestehe, wobei die Vorstellung schriftlich innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses einzubringen sei. Dieses Erkenntnis wurde an die Rechtsvertreter der Revisionswerberin am 26. August 2014 zugestellt.

Gegen dieses Erkenntnis wurde von der Revisionswerberin am 8. September 2014 Vorstellung erhoben.

Die von der Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis am 6. Oktober 2014 gleichfalls erhobene Revision wurde mit dem angefochtenen, von der zuständigen Richterin des Verwaltungsgerichtes erlassenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unter Spruchpunkt I. als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde gemäß § 30a Abs. 3 VwGG dem mit der Revision verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben.

In der Begründung des Beschlusses führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, dass die Revisionswerberin gegen das genannte Erkenntnis am 8. September 2014 Vorstellung an die zuständige Richterin des Verwaltungsgerichtes erhoben habe, eine Entscheidung darüber noch nicht vorliege und die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG am 17. November 2014 ende. Ungeachtet dieses noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens habe die Revisionswerberin am 6. Oktober 2014 auch Revision erhoben. Wiewohl eine ausdrückliche Norm betreffend die Zulässigkeit der Revision gegen die Erkenntnisse und Beschlüsse von Rechtspflegern fehle, sei davon auszugehen, dass § 54 Abs. 1 VwGVG im Verhältnis zu Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG als die speziellere (einfachgesetzliche Ausführungs‑)Norm anzusehen sei.

§ 54 Abs. 4 VwGVG normiere in diesem Sinne, dass Erkenntnisse und Beschlüsse von Rechtspflegern eine entsprechende Rechtsmittebelehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes zu enthalten hätten. Auf Grund des Wortlautes des § 54 VwGVG könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er die Möglichkeit der Erhebung einer Revision gegen Erkenntnisse und Beschlüsse von Rechtspflegern neben der Möglichkeit der Vorstellung habe zulassen wollen. Es sei daher davon auszugehen, dass Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG sowie § 25a VwGG und § 30 VwGVG (nur) auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes abstellten, die von einem Richter getroffen worden seien. Auch ein Vergleich mit den Regelungen des Rechtspflegergesetzes (es wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen im Kommentar von Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 2. zu § 25a VwGG, verwiesen) führe zu diesem Ergebnis. Die Revision sei daher zurückzuweisen. Im Hinblick darauf komme die beantragte Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht, zumal die von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde ohnehin aufschiebend wirke.

Der Zurückweisungsbeschluss wurde an die Rechtsvertreter der Revisionswerberin am 7. November 2014 zugestellt.

Die Revisionswerberin brachte dagegen den vorliegenden, am 19. November 2014 zur Post gegebenen Vorlageantrag ein.

II.

Auf Grund des rechtzeitigen Vorlageantrages ist der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Revision berufen (§ 30b Abs. 1 VwGG).

Die Art. 133 bis 136 B-VG idF BGBl. I Nr. 164/2013 lauten

(auszugsweise):

"Artikel 133.

(1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über

1. Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit;

2. Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht;

3. Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof.

...

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

...

(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz."

"Artikel 134.

(1) Die Verwaltungsgerichte und der Verwaltungsgerichtshof bestehen aus je einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern.

(2) Den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die sonstigen Mitglieder des Verwaltungsgerichtes eines Landes ernennt die Landesregierung; diese hat, soweit es sich nicht um die Stelle des Präsidenten oder des Vizepräsidenten handelt, Dreiervorschläge der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtes oder eines aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschusses, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und mindestens fünf sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes des Landes zu bestehen hat, einzuholen. Die Mitglieder der Verwaltungsgerichte der Länder müssen das Studium der Rechtswissenschaften oder die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien abgeschlossen haben und über eine fünfjährige juristische Berufserfahrung verfügen.

...

(7) Die Mitglieder der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofes sind Richter. Art. 87 Abs. 1 und 2 und Art. 88 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass die Altersgrenze, mit deren Erreichung die Mitglieder der Verwaltungsgerichte der Länder in den dauernden Ruhestand treten oder ihr Dienstverhältnis endet, durch Landesgesetz bestimmt wird.

..."

"Artikel 135.

(1) Die Verwaltungsgerichte erkennen durch Einzelrichter. Im Gesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte oder in Bundes- oder Landesgesetzen kann vorgesehen werden, dass die Verwaltungsgerichte durch Senate entscheiden. Die Größe der Senate wird durch das Gesetz über die Organisation des Verwaltungsgerichtes festgelegt. Die Senate sind von der Vollversammlung oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, aus den Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes und, soweit in Bundes- oder Landesgesetzen die Mitwirkung von fachkundigen Laienrichtern an der Rechtsprechung vorgesehen ist, aus einer in diesen zu bestimmenden Anzahl von fachkundigen Laienrichtern zu bilden. Insoweit ein Bundesgesetz vorsieht, dass ein Verwaltungsgericht des Landes in Senaten zu entscheiden hat oder dass fachkundige Laienrichter an der Rechtsprechung mitwirken, muss hiezu die Zustimmung der beteiligten Länder eingeholt werden. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt durch Senate, die von der Vollversammlung oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes zu bestehen hat, aus den Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes zu bilden sind.

(2) Die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte sind durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, auf die Einzelrichter und die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen. Die vom Verwaltungsgerichtshof zu besorgenden Geschäfte sind durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes zu bestehen hat, auf die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen.

(3) Eine nach der Geschäftsverteilung einem Mitglied zufallende Sache darf ihm nur durch das gemäß Abs. 2 zuständige Organ und nur im Fall seiner Verhinderung oder dann abgenommen werden, wenn es wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist.

(4) Art. 89 ist auf die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof sinngemäß anzuwenden."

"Artikel 135a.

(1) Im Gesetz über die Organisation des Verwaltungsgerichtes kann die Besorgung einzelner, genau zu bezeichnender Arten von Geschäften besonders ausgebildeten nichtrichterlichen Bediensteten übertragen werden.

(2) Das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied des Verwaltungsgerichtes kann jedoch jederzeit die Erledigung solcher Geschäfte sich vorbehalten oder an sich ziehen.

(3) Bei der Besorgung der im Abs. 1 bezeichneten Geschäfte sind die nichtrichterlichen Bediensteten nur an die Weisungen des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Mitgliedes des Verwaltungsgerichtes gebunden. Art. 20 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden."

"Artikel 136.

(1) Die Organisation der Verwaltungsgerichte der Länder wird durch Landesgesetz geregelt, die Organisation der Verwaltungsgerichte des Bundes durch Bundesgesetz.

(2) Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen wird durch ein besonderes Bundesgesetz einheitlich geregelt. Der Bund hat den Ländern Gelegenheit zu geben, an der Vorbereitung solcher Gesetzesvorhaben mitzuwirken. Durch Bundes- oder Landesgesetz können Regelungen über das Verfahren der Verwaltungsgerichte getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind oder soweit das im ersten Satz genannte besondere Bundesgesetz dazu ermächtigt.

...

(4) Die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes werden durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.

..."

Die §§ 30a, 30b und 34 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 lauten

auszugsweise:

"Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht § 30a. (1) Revisionen, die sich wegen

Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

..."

"Vorlageantrag

§ 30b. (1) Soweit das Verwaltungsgericht die Revision bzw. den Fristsetzungsantrag als unzulässig zurückweist, kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Verwaltungsgericht den Antrag stellen, dass die Revision bzw. der Fristsetzungsantrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

..."

 

"Zurückweisung

 

 

§ 34. (1) Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist, Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

..."

Die §§ 2 und 54 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 122/2013 haben folgenden Wortlaut:

"Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit § 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze

nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger)."

"Vorstellung gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Rechtspflegers

§ 54. (1) Gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Rechtspflegers (§ 2) kann Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes erhoben werden.

(2) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Rechtspflegers ist eine abgesonderte Vorstellung nicht zulässig. Sie können erst in der Vorstellung gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

(3) Die Frist zur Erhebung der Vorstellung beträgt zwei Wochen. § 7 Abs. 4 Z 1, 2 und 5 ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Jedes Erkenntnis und jeder Beschluss im Sinne des Abs. 1 hat eine Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes zu enthalten. Das Verwaltungsgericht hat auf die bei der Einbringung einer solchen Vorstellung einzuhaltenden Fristen hinzuweisen."

Mit der Schaffung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, wurde der Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof u.a. in der Weise neu geregelt, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht mehr über Beschwerden gegen letztinstanzliche Bescheide (vgl. Art. 131 Abs. 1 B-VG in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung), sondern nunmehr (u.a.) über Revisionen gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse eines Verwaltungsgerichtes erkennt (vgl. Art. 133 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 B-VG idF der genannten Novelle). Wie die Materialien zu dieser Novelle (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP , 3: "Allgemeiner Teil") ausführen, lag ein wesentlicher Grund für die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Notwendigkeit, die Anforderungen, die Art. 5, 6 und auch 13 EMRK sowie das Unionsrecht (vgl. Art. 47 GRC) an den Verwaltungsrechtsschutz stellen, zu erfüllen.

Die im B-VG (Siebentes Hauptstück) getroffenen Regelungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit bieten nun keine Anhaltspunkte dafür, dass von einem nichtrichterlichen Bediensteten des Verwaltungsgerichtes im Sinn des Art. 135a B-VG bzw. Rechtspfleger im Sinn des VwGVG getroffene Entscheidungen beim Verwaltungsgerichtshof mit Revision bekämpft werden können. Aus den Art. 134 und 135 B-VG ergibt sich in eindeutiger Weise, dass die Mitglieder eines Verwaltungsgerichtes (Präsident, Vizepräsident, sonstige Mitglieder) ausschließlich die als solche ernannten Richter sind. Auch ist gemäß Art. 87 Abs. 1 B-VG ein wesentliches Merkmal für die Stellung des Richters dessen Unabhängigkeit in Ausübung seines richterlichen Amtes.

Schon aus diesen Regelungen geht hervor, dass nach dem Willen des Bundesverfassungsgesetzgebers nur gegen ein von einem Richter des Verwaltungsgerichtes erlassenes Erkenntnis (Beschluss) der Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof eröffnet ist. Bei dem in Art. 135a B-VG angeführten nichtrichterlichen Bediensteten eines Verwaltungsgerichtes, der gemäß Art. 135a Abs. 3 B-VG gegenüber dem jeweils zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes weisungsgebunden ist, handelt es sich - schon im Hinblick auf die genannte Weisungsabhängigkeit - um keinen Richter bzw. um kein Mitglied des Verwaltungsgerichtes im Sinn des B-VG und insbesondere auch um kein "Tribunal" im Sinn des Art. 6 EMRK (vgl. zu Letzterem etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2013, G 46/2013, Rz 76 und 78).

Das - auf Grundlage des Art. 136 Abs. 2 B-VG - erlassene VwGVG sieht in § 54 Abs. 1 vor, dass gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Rechtspflegers, dabei handelt es sich um einen nichtrichterlichen Bediensteten im Sinn des Art. 135a B-VG, beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes Vorstellung erhoben werden kann, wobei gemäß § 54 Abs. 4 VwGVG jedes Erkenntnis und jeder Beschluss des Rechtspflegers eine Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Vorstellung zu enthalten hat. § 54 Abs. 4 VwGVG mit dem genannten Regelungsinhalt wurde erst im Zuge der parlamentarischen Beratungen über die Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (BGBl. I Nr. 33/2013) in den Gesetzesentwurf aufgenommen. Die Materialien zu dieser Bestimmung (AB 2112 BlgNR 24. GP , 3: "Zu lit. b Z 21 (4. Abschnitt des 3. Hauptstücks samt Überschrift)"; AA-300,

24. GP, 9: "Zu lit. a Z 5 (Entfall des § 54 Abs. 5)") lassen nicht erkennen, dass der Verfahrensgesetzgeber von einer Möglichkeit, gegen eine anfechtbare Entscheidung des Rechtspflegers (auch) Revision erheben zu können, ausgegangen wäre. Der Schaffung einer solchen Möglichkeit in diesem Verfahrensgesetz stünden im Übrigen die oben dargestellten verfassungsgesetzlichen Regelungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit entgegen. § 54 VwGVG kann somit bei verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmung nur so verstanden werden, dass gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Rechtspflegers des Verwaltungsgerichtes in keinem Fall eine Revision, sondern ausschließlich das (remonstrative) Rechtsmittel der Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes erhoben werden kann.

Demzufolge war die Revision - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss, der an die Stelle des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtes tritt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. Juni 2014, Ro 2014/10/0068, mwN), zurückzuweisen.

Wien, am 20. Jänner 2015

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