VwGH Ra 2014/03/0056

VwGHRa 2014/03/00569.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des A B in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/23, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. November 2014, Zl VGW-102/076/28765/2014-4, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde nach § 28 Abs 6 VwGVG betreffend die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss

Normen

AVG §71 Abs4;
AVG §71;
AVG §72;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §26;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46;
VwGG §61 Abs6;
VwGG §61;
VwGG §62 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
VwRallg;
AVG §71 Abs4;
AVG §71;
AVG §72;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §26;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46;
VwGG §61 Abs6;
VwGG §61;
VwGG §62 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
VwRallg;

 

Spruch:

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Sachverhalt

1. Mit dem der revisionswerbenden Partei am 19. November 2014 zugestellten Beschluss vom 13. November 2014 wies das Verwaltungsgericht Wien die Maßnahmenbeschwerde der revisionswerbenden Partei (schon damals durch den nunmehrigen Verfahrenshelfer vertreten) auf Grund des behaupteten grundlosen Aufsuchens seiner Wohnung gemäß § 28 Abs 6 iVm § 31 Abs 1 VwGVG zurück (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass gegen den Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (Spruchpunkt III.).

Auf Grund des am 19. Dezember 2014 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Antrags der revisionswerbenden Partei, ihr zur Erhebung einer Revision gegen diesen verwaltungsgerichtlichen Beschluss die Verfahrenshilfe zu bewilligen, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. März 2015 (nach Einholung einer Ergänzung des Antrages einschließlich der Bewilligung einer Fristerstreckung für diese Ergänzung) gemäß § 61 VwGG der revisionswerbenden Partei die Verfahrenshilfe, wobei unter anderem die Beigebung eines Rechtsanwalts gewährt wurde.

2. Mit Umbestellungsbescheid der Rechtsanwaltskammer in Wien vom 9. April 2015 wurde der nunmehrige Rechtsvertreter der revisionswerbenden Partei zum Verfahrenshelfer bestellt.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrenshelfer nach dem Revisionsschriftsatz vom 20. Mai 2015 am 10. April 2015 (einem Freitag) zugestellt, weshalb die sechswöchige Revisionsfrist (vgl § 36 Abs 1 Z 1 VwGG) am 22. Mai 2015 (ebenfalls an einem Freitag) endete.

3. Der schon genannte Revisionsschriftsatz vom 20. Mai 2015 war "An den Verwaltungsgerichtshof Judenplatz 11 1014 Wien" adressiert und langte dort im Wege des Web-ERV am 21. Mai 2015 ein. Er wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 28. Mai 2015 an das Verwaltungsgericht Wien zuständigkeitshalber übermittelt.

4. Ferner langte beim Verwaltungsgerichtshof ein "An das Verwaltungsgericht Wien ... 1190 Wien" adressierter Schriftsatz vom 20. Mai 2015 ein, in dem neben der Ausführung der außerordentlichen Revision auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der außerordentlichen Revision gegen den eingangs genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. November 2014 zur Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung gemäß § 46 VwGG beantragt wurde.

Dieser trotz seiner Adressierung beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Schriftsatz wurde vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls (mit Schreiben vom 1. Juni 2015) zuständigkeitshalber dem Verwaltungsgericht Wien übermittelt.

5. Mit Beschluss vom 2. Juli 2015 gab das Verwaltungsgericht Wien dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs 4 und 1 VwGG nicht statt (Spruchpunkt I.), und sprach aus, dass gegen diesen Beschluss gemäß § 25a Abs 2 Z 1 iVm § 30a und Abs 9 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

6. In der Folge stellte die durch ihren Verfahrenshelfer vertretene revisionswerbende Partei per Web-ERV beim Verwaltungsgerichtshof den zu Ra 2015/03/0065 protokollierten Antrag vom 30. Juli 2015 (hier eingelangt am 20. August 2015), ihr die Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen jenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien, mit dem die Wiedereinsetzung versagt worden war, zu gewähren.

7. Mit Schreiben vom 31. Juli 2015 (hier eingelangt am 5. August 2015) legte das Verwaltungsgericht Wien die nunmehr verfahrensgegenständliche Revision gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. November 2014 (siehe oben unter 1.) vor.

II. Würdigung

1. Gemäß § 24 Abs 1 zweiter Satz Z 2 VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichts unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs 3 leg cit über derartige Anträge entscheidet.

Auf dem Boden des § 24 zweiter Satz Abs 1 Z 1 VwGG sind ordentliche sowie außerordentliche Revisionen beim Verwaltungsgericht einzubringen, unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof sind Schriftsätze in Revisionsverfahren erst ab Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichtes an den Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Bis zur Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichtes an den Verwaltungsgerichtshof hat nach § 46 Abs 4 VwGG über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Verwaltungsgericht zu entscheiden.

Auf dem Boden des § 24 Abs 1 VwGG ist auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist zur Einbringung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen (§ 62 Abs 1 VwGG iVm § 71 Abs 4 AVG; vgl VwGH vom 23. September 2014, Ra 2014/01/0070; VwGH vom 23. Juni 2015, Ra 2014/05/0005), wofür im Übrigen auch schon spricht, dass (wie erwähnt) Schriftsätze im Revisionsverfahren erst ab Vorlage der Revision seitens des Verwaltungsgerichts an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen sind.

2. Angesichts ihres besagten Wiedereinsetzungsantrags geht die revisionswerbende Partei zutreffend davon aus, dass bei der Einbringung der in Rede stehenden außerordentlichen Revision die sechswöchige Revisionsfrist versäumt und die außerordentliche Revision daher verspätet eingebracht wurde.

Wird - wie vorliegend - ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl etwa VwGH vom 23. Oktober 2014, Ro 2014/11/0067, mwH).

Für den Lauf der Revisionsfrist ist allein die Zustellung des gegenständlichen Umbestellungsbescheides maßgeblich (vgl in diesem Sinn etwa VwGH vom 27. März 1998, 98/21/0066). Davon ausgehend wurde die am 21. Mai 2015 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte außerordentliche Revision zwar noch vor Ablauf des 22. Mai 2015 und derart am vorletzten Tag der Revisionsfrist eingebracht, obwohl sie beim Verwaltungsgericht einzubringen gewesen wäre (§ 24 Abs 1 VwGG). Die Revision wurde (erst) nach Ablauf der Revisionsfrist an das Verwaltungsgericht weitergeleitet, sie ist folglich als verspätet anzusehen (vgl VwGH vom 23. Oktober 2014, Ro 2014/11/0067).

3. Mit Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 23. Oktober 1986, VwSlg 12.275 A/1986, wurde klargestellt und in der Folge in ständiger Rechtsprechung zu den einschlägigen Vorschriften des AVG erkannt, dass die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf die durch das VwGVG neu geschaffene Rechtslage übertragen (vgl VwGH vom 21. Oktober 2014, Ra 2014/03/0037).

Diese Rechtslage ist (sinngemäß) auch bezüglich der vorliegenden Konstellation einschlägig: Würde, nachdem die Revision gegen die Versagung der Wiedereinsetzung seitens des Verwaltungsgerichtes Erfolg hatte, die Wiedereinsetzung bezüglich der versäumten Frist zur Revision gegen den gegenständlich bekämpften Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 13. November 2014 bewilligt, träte die diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof mit seiner vorliegenden Entscheidung getroffene Zurückweisung der Revision ex lege außer Kraft.

III. Ergebnis

Im vorliegenden Fall war (wie dargestellt) die sechswöchige Revisionsfrist mit Ablauf des 22. Mai 2015 und damit schon im Zeitpunkt der Weiterleitungsverfügung abgelaufen.

Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. November 2014 erhobene Revision war daher nach § 34 Abs 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist (ohne weitere Auseinandersetzung mit der Frage ihrer Zulässigkeit nach Art 133 Abs 4 B-VG) zurückzuweisen.

Wien, am 9. September 2015

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