VwGH Ro 2014/02/0105

VwGHRo 2014/02/010528.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision des H in G, vertreten durch die Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 17. Oktober 2013, Zl. E 002/18/2013.105/002, betreffend Übertretung der StVO (weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VStG §51e Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VStG §51e Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde über den Revisionswerber als verantwortlichem Beauftragten für die Koordination und Abwicklung der Errichtung von Werbeanlagen der W.-GmbH wegen Übertretung des § 84 Abs. 2 StVO (Verbot von Werbungen und Ankündigungen an Straßen außerhalb von Ortsgebieten innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand) gemäß § 99 Abs. 3 lit. j StVO eine Geldstrafe von EUR 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 150 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 5. Juni 2014, B 1447/2013-8, ablehnte und diese mit Beschluss vom 15. Juli 2014, B 1447/2013-12, über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Revision wird die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde gerügt.

Das Landesverwaltungsgericht Burgenland legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Revision als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da die vorliegende Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof (nach dem Datum des Abtretungsbeschlusses gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG) nach dem 31. Dezember 2013 dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, ist § 4 VwGbk-ÜG sinngemäß anzuwenden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 22. Juli 2014, Zl. Ro 2014/04/0055, mwN).

§ 51e des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52 (VStG), in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 65/2002, lautet auszugsweise:

"§ 51 e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

  1. 2. sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
  2. 3. im angefochtenen Bescheid eine EUR 500,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

    4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Den etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

..."

In der Berufung an die belangte Behörde beantragte der Revisionswerber ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Angesichts des klaren Wortlautes des § 51 e Abs. 3 VStG konnte nur mehr nach § 51e Abs. 4 VStG von einer solchen abgesehen werden. Diese Bestimmung setzt u.a. voraus, dass ein "verfahrensrechtlicher Bescheid" zu erlassen ist. Der angefochtene Bescheid ist aber kein verfahrensrechtlicher Bescheid.

Die belangte Behörde war daher im Beschwerdefall gemäß § 51e Abs. 1 VStG verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Es ist somit im vorliegenden Revisionsfall von einem "absoluten" Verfahrensmangel auszugehen, der gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 2014, Zl. Ro 2014/02/0065, mwN).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und §§ 3 und 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. April 2015

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte