VwGH 2013/06/0250

VwGH2013/06/02504.8.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde des Dr. G Z in W, vertreten durch Mag. Michael Bodmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rockhgasse 6/4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. November 2013, Zl. 20704-07/390/12-2013, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: A F), zu Recht erkannt:

Normen

BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6;
BauRallg;
VwRallg;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2004, Zl. 2002/06/0213, vom 18. Mai 2010, Zl. 2008/06/0205, sowie vom 24. Jänner 2013, Zl. 2011/06/0079, verwiesen werden. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nach wie vor - wie in den drei vorgenannten hg. Erkenntnissen - ein Ansuchen des Mitbeteiligten auf Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für einen Zubau an das bestehende Gebäude im Bereich der Südost-, Südwest- und Nordostfassade bzw. die Neugestaltung des gesamten Dachstuhles des Gebäudes auf den Grundstücken Nr. 1077/6 und 1077/9, KG A; diese sind im Flächenwidmungsplan als "erweitertes Wohngebiet" ausgewiesen.

Das Grundstück des Beschwerdeführers grenzt nordwestlich unmittelbar an das Baugrundstück. Nachdem der Antrag des Mitbeteiligten auf Umbau und Erweiterung seines Gastgewerbebetriebes mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft H vom 3. September 2002 genehmigt und die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung mit Bescheid der Landesregierung vom 12. November 2002 (erster Berufungsbescheid) als unbegründet abgewiesen worden war, hob der Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis Zl. 2002/06/0213 den Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil es bei der Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes aus dem Blickwinkel der Flächenwidmung für die Baubehörde nicht auf die konkrete Anlage, sondern auf die Betriebstype ankomme. Ein entsprechendes Gutachten für die baurechtliche Beurteilung der behaupteten Lärmemissionen sei nicht eingeholt worden.

Im fortgesetzten Verfahren wurde das Betriebstypengutachten vom 14. März 2005 eingeholt und die Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. September 2008 (zweiter Berufungsbescheid) abermals abgewiesen. Auf Grund einer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde auch der zweite Berufungsbescheid mit hg. Erkenntnis Zl. 2008/06/0205 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass unklar sei, welche Anzahl an Stellplätzen der Beurteilung der Lärmbelästigung zugrunde gelegt worden sei, weil das Gutachten vom 14. März 2005 von einer anderen Anzahl an Stellplätzen ausgegangen sei als Gegenstand der im August 2008 geänderten Einreichplanung und der darauf basierenden Bewilligung gewesen sei. Darüber hinaus sei die Anzahl der Stellplätze auf den Grundstücken der zum Vergleich herangezogenen Gastgewerbebetriebe nicht festgestellt worden. Das Gutachten erweise sich daher als mangelhaft und wäre zu ergänzen gewesen.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 legte der Beschwerdeführer ein Gutachten des Architekten DI G und eine Untersuchung zu der lärmtechnischen Messmethodik der R & Partner Ziviltechniker GmbH vor.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. März 2011 (dritter Berufungsbescheid) wurde die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich als unbegründet abgewiesen, wobei klarstellt wurde, dass elf Stellplätze zur Errichtung gelangten. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mit Inkrafttreten des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (ROG 2009), LGBl. Nr. 30/2009, sei auch dessen § 30 Abs. 9 geändert worden. Nunmehr sei bei der Beurteilung der Widmungskomformität eines Bauvorhabens auf den konkreten Betrieb und nicht auf den Betriebstypus abzustellen. Eine Ergänzung des dem Bescheid vom 15. September 2008 zugrunde gelegten Betriebstypengutachtens sei auf Grund der geänderten Rechtslage entbehrlich geworden. Der gegenständliche Beherbergungsbetrieb verursache keine erhebliche Geruchs- und Lärmbelästigung und keinen übermäßigen Straßenverkehr, daher sei er im erweiterten Wohngebiet zulässig. Ein Eingehen auf oder eine Bewertung der vom Beschwerdeführer am 26. Oktober 2010 vorgelegten Gutachten erscheine nicht mehr geboten.

Mit hg. Erkenntnis Zl. 2011/06/0079 wurde auch der dritte Berufungsbescheid aufgehoben, weil entgegen der Ansicht der belangten Behörde die Übergangsbestimmung des § 83 Abs. 2 ROG 2009 anzuwenden war, das gegenständliche Bewilligungsverfahren somit nach den vor Inkrafttreten des ROG 2009 geltenden Bestimmungen weiterzuführen war und die belangte Behörde demnach das zur Beurteilung der Lärmbelästigung durch die Zu- und Abfahrtsbewegungen herangezogene Gutachten zu ergänzen und auch das vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 vorgelegte Gutachten und die Untersuchung zu der lärmtechnischen Messmethodik zu berücksichtigen hatte.

Darauf ersuchte die belangte Behörde den gewerbetechnischen Amtssachverständigen, in Entsprechung der hg. Erkenntnisse Zl. 2008/06/0205 und Zl. 2011/06/0079 um Ergänzung des Betriebstypengutachtens vom 14. März 2005 bezüglich der Zu- und Abfahrten im Hinblick auf elf Stellplätze und um Äußerung dazu, ob ein geplanter Betrieb im Sinn der Widmung "erweitertes Wohngebiet" erhebliche Geruchs- oder Lärmbelästigung erwarten lasse. Ergänzend führte die belangte Behörde auf Rückfrage des Amtssachverständigen aus, es handle sich um den Betriebstyp "Frühstückspension - Gästehaus"; gegenüber dem ursprünglichen Ansuchen, dem zehn PKW-Stellplätze zugrunde gelegen seien, solle nunmehr ein zusätzlicher Stellplatz für PKW geschaffen werden.

Der gewerbetechnische Amtssachverständige führte dazu in seiner Stellungnahme vom 1. August 2013 aus, "(b)ezüglich einer Betrachtung der Zu- und Abfahrten zum Grundstück in Hinblick auf 11 Stellplätze wird festgestellt, dass sich das ursprüngliche Gutachten um einen Stellplatz und um eine Zu- und Abfahrt erhöht. Es lässt sich erfahrungsgemäß für eine Betriebsart Frühstückspension - Gästehaus lärmtechnisch abschätzen, dass durch einen Abstellplatz mehr und der geforderten Betrachtung der einen veränderten Zu- und Abfahrt sich keine erhebliche Lärmbelästigung für die Anrainer im erweiterten Wohngebiet erwarten lässt. Zusammenfassend kann für die Frühstückspension - Gästehaus ausgesagt werden, dass die Widmung 'erweitertes Wohngebiet' auf der Fläche der GP 1077/6 und 1077/9 eingehalten wird." Zu der vom Beschwerdeführer vorgelegten lärmtechnischen Untersuchung der R & Partner Ziviltechniker GmbH führte der gewerbetechnische Amtssachverständige aus, die derzeit gültige ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1, Ausgabe 2008/03/01 (Beurteilung von Schallimmissionen im Nachbarschaftsbereich) stelle eine Richtlinie dar, um Schallimmissionen im Nahbereich zu beurteilen; sie habe keine Rechtsqualität. Hinsichtlich der Frage der lärmtechnischen Messmethodik werde ebenfalls auf die genannte ÖAL-Richtlinie (Ablauf einer individuellen schalltechnischen und lärmmedizinischen Beurteilung) verwiesen. Eine Messmethodik nach der ÖNORM S 5004 (Messungen von Schallimmissionen) habe nur nach den rechtlichen Vorgaben oder nach Verlangen des lärmmedizinischen Sachverständigen zu erfolgen. Eine solche detaillierte Erfassung von Schallimmissionen sei von der Behörde nicht gefordert worden.

Der Beschwerdeführer äußerte sich in seiner Stellungnahme vom 20. September 2013 negativ zu den Aussagen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 22. November 2013; vierter Berufungsbescheid) wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers vom 12. September 2002 neuerlich als unbegründet ab und stellte klar, dass der Baubewilligung die im Berufungsverfahren vorgelegten Einreichpläne vom 10. August 2006 zugrunde lägen und daher elf Stellplätze zur Errichtung gelangten. In ihrer Begründung verwies sie zunächst auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis Zl. 2011/06/0079 und führte weiter aus, zur Klärung der Frage der Lärmbelästigung durch Zu- und Abfahrtsbewegungen sei ein ergänzendes Gutachten durch einen gewerbetechnischen Amtssachverständigen eingeholt worden. Diesem sei zu entnehmen, dass in Ergänzung des Gutachtens vom 14. März 2005 von keiner Lärmbelästigung durch Zu- und Abfahrtsbewegungen auszugehen sei und das gegenständliche Bauvorhaben der Widmung "erweitertes Wohngebiet" entspreche. Eine Entgegnung auf gleicher fachlicher Ebene sei durch den Beschwerdeführer nicht erfolgt. Aus Sicht der belangten Behörde sei das vorliegende Gutachten nachvollziehbar und schlüssig und werde daher der Entscheidung zugrunde gelegt. Auch zu der vom Beschwerdeführer vorgelegten lärmtechnischen Untersuchung werde auf die gutachterliche Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen verwiesen, wonach Richtlinien keine Rechtsqualität hätten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1980, Zl. 1115/79). Darüber hinaus sei im gegenständlichen Verfahren ein Betriebstypengutachten zu erstellen und nicht auf die konkrete Anlage abzustellen gewesen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zl. 2002/06/0213); eine individuelle Lärmprüfung sei daher nicht vorzunehmen gewesen.

Zu dem vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 vorgelegte Privatgutachten des Architekten Dipl. Ing. G führte die belangte Behörde aus, Nachbarn stehe kein subjektiv-öffentliches Recht zu, dass die Einreichunterlagen in allen Belangen den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1995, Zl. 95/06/0100). Im Verfahren betreffend die Bauplatzerklärung hätten Nachbarn grundsätzlich keine Parteistellung, sie könnten die Verletzung ihrer Nachbarrechte gemäß § 9 Abs. 1 lit. g Baupolizeigesetz jedoch im Baubewilligungsverfahren geltend machen. Es bestehe kein Anlass, an den Feststellungen des Geometers Dipl. Ing. I hinsichtlich der herangezogenen Grundgrenze zu zweifeln. Wenn der Privatgutachter davon ausgehe, dass bei der Höhenbemessung von dem im Gutachten als Zwerchgiebel bezeichneten Gebäudeteil hätte ausgegangen werden müssen, werde auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen in der Verhandlung vom 23. November 2006 verwiesen, worin dieser von einer Gaube ausgehe. Bei einem Ausmaß von 4,6 m im Verhältnis zum gesamten Gebäude sei von einem untergeordneten Bauteil auszugehen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2002, Zl. 2000/06/0181). Hinsichtlich der Einhaltung der Geschossflächenzahl stehe dem Nachbarn kein subjektivöffentliches Recht zu (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0040).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 3a VwGG dahin abzuändern, dass der Berufung des Beschwerdeführers vom 12. September 2002 Folge gegeben werde, in eventu werde eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Das mittlerweile zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Salzburg legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die Beschwerde bringt zunächst unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse Zl. 2002/06/0213 und Zl. 2008/06/0205 vor, die belangte Behörde übergehe diese Erkenntnisse, wonach die Feststellung der Immissionswirkungen bzw. des Ausmaßes und der Art der Immissionen erforderlich sei, weil fachgerecht zu erstellende lärmtechnische Gutachten (nicht die bloße Abschätzung) die unzumutbaren Lärmimmissionen auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers belegt hätten. Die Immissionen seien an der Grundgrenze des Beschwerdeführers zu beurteilen. Dafür seien die Parkplätze sowohl im nördlichen als auch im südlichen Bereich und die Fahrtbewegungen entlang der 30 m langen Grundgrenze sowie die Start- und Parkgeräusche von PKW, Motorrädern, Traktoren und Mopeds zu erfassen und einzubeziehen. Auch die lärmtechnische Stellungnahme des Zivilbüros Dr. R über den Stand der Technik der Lärmmessung sei im Hinblick auf die Vorgaben des hg. Erkenntnisses Zl. 2011/06/0079 unzureichend erörtert worden. Die darin genannte ÖAL-Richtline 3, Blatt 1, fasse den bekannten Stand der Technik hinsichtlich Messtechnik und Beurteilungsmethodik zusammen; daher sei sie als Kriterium für das Ermittlungsverfahren legitimiert, auch wenn sie nicht unmittelbar durch die Landesregierung verordnet sei.

Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

Wie bereits im hg. Erkenntnis Zl. 2011/06/0079 ausgeführt wurde, ist die belangte Behörde - ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof - an die in diesem Erkenntnis geäußerte Rechtsansicht, dass das zur Beurteilung der Lärmbelästigung durch die Zu- und Abfahrtsbewegungen herangezogene Gutachten zu ergänzen und das Gutachten sowie die Untersuchung zu der lärmtechnischen Messmethodik zu berücksichtigen sei, gebunden. Bindungswirkung besteht auch hinsichtlich der Ausführungen im hg. Erkenntnis Zl. 2002/06/0213, dass es bei der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes aus dem Blickwinkel der Flächenwidmung für die Baubehörde nicht auf die konkrete Anlage, sondern die Betriebstype ankommt. Ob eine bestimmte Betriebstype wegen ihrer Immissionswirkungen als zulässig anzusehen ist, kann nur anhand der Auswirkungen eines bestehenden Vergleichsbetriebes beurteilt werden. Das Ausmaß und die Art der Immissionen hat der technische Sachverständige zu beurteilen.

Diesen Aufträgen kam die belangte Behörde nicht in entsprechender Weise nach. Die Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 1. August 2013 ist - anders als die belangte Behörde meint - keine geeignete Grundlage für die angefochtene Entscheidung. Zu beurteilen war nämlich nicht, ob ein Abstellplatz mehr und eine veränderte Zu- und Abfahrtsbewegung eine erhebliche Lärmbelästigung für die Anrainer im erweiterten Wohngebiet erwarten lassen, sondern es wäre anhand der Auswirkungen eines Vergleichsbetriebes zu prüfen gewesen, ob der Betrieb - der bestehenden Flächenwidmung entsprechend - keine erhebliche Geruchs- oder Lärmbelästigung, sonstige Luftverunreinigung oder Erschütterung für die Nachbarschaft verursacht und keine Gefährdung der Umgebung durch Explosion oder Strahlung zu verursachen geeignet ist (vgl. das hg. Erkenntnis Zl. 2008/06/0205). Eine solche vergleichende Beurteilung ist nicht erfolgt. Es liegen nach wie vor keine Feststellungen vor, über wie viele Stellplätze die im Gutachten vom 14. März 2005 genannten Vergleichsbetriebe verfügen, was bereits im hg. Erkenntnis Zl. 2008/06/0205 gerügt wurde. Somit kann weiterhin nicht beurteilt werden, ob die genannten Betriebe mit dem gegenständlichen Bauvorhaben vergleichbar sind.

Der Beschwerdeführer kann nur eine mögliche Verletzung des Mindestabstandes hinsichtlich der seiner Grundgrenze zugewandten Front der baulichen Anlage rügen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2014, Zl. 2011/06/0135). Sofern der Beschwerdeführer eine unzulässige Höhe durch den südwestlichen Neubau vorbringt, kommt ihm diesbezüglich kein Nachbarrecht zu.

Das Baugenehmigungsverfahren ist - worauf die belangte Behörde zutreffend hinwies - ein Projektgenehmigungsverfahren. Demnach ist das Projekt maßgeblich und nicht ein allenfalls davon abweichender tatsächlicher Bestand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2001/06/0012).

Für die Berechnung des Mindestabstandes im verfahrensgegenständlichen nordwestlichen Bereich des zweiten Obergeschoßes zogen die Baubehörden auf Grund der in der Tiefe gestaffelten Fronten zutreffend die in diesem Bereich zurückversetzte Fassade zur Berechnung des erforderlichen Abstandes für das zweite Obergeschoß heran (vgl. dazu die Ausführungen bei Giese, Salzburger Baurecht, Anm. 8 zu § 25 BBG).

In der Literatur (vgl. Geuder, Bauordnung für Wien, 2013, 350; Frommhold, Bauwörterbuch, 2. Auflage, 69; Koepf, Bildwörterbuch der Architektur, 2. Auflage, 101-102) wird eine Gaube (auch: Gaupe) als ein "über die Dachhaut vorstehender Gebäudeteil (Dachaufbau) zur Erweiterung und Belichtung des Dachraumes", als ein "Dachaufbau für stehendes Dachfenster" oder als eine "Anhebung der Dachhaut" bezeichnet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 2013, 2012/05/0191, ergangen zur Wiener Bauordnung). Vor diesem Hintergrund ist das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte bei der Höhenbemessung von dem im Privatgutachten von DI G. als Zwerchgiebel bezeichneten Gebäudeteil ausgehen müssen, weil dieser keine Gaupe und somit keinen untergeordneten Bauteil darstelle, der in Hinblick auf den Mindestabstand unbeachtlich sei, berechtigt.

Aus den oben dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 4. August 2015

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