VwGH 2012/15/0129

VwGH2012/15/012930.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde des Dr. G H in N, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 15. Mai 2012, Zl. RV/0679-S/10, miterledigt RV/0680-S/10, RV/0359-S/11, betreffend

u. a. Umsatzsteuer 2006, 2007 und 2009, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §12 Abs4;
UStG 1994 §12 Abs5;
UStG 1994 §12 Abs6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:2012150129.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Umsatzsteuer 2006, 2007 und 2009 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Arzt mit der Befugnis zum Betrieb einer ärztlichen Hausapotheke, errichtete in den Jahren 2006 und 2007 zwei miteinander verbundene Gebäude. In den Gebäuden befinden sich die Privatwohnung des Beschwerdeführers, dessen Arztpraxis und die Hausapotheke. Unstrittig ist, dass die Gebäude zu 60,58 % privat und zu 39,42 % betrieblich verwendet werden.

In den Steuererklärungen 2006 und 2007 teilte der Beschwerdeführer die auf die betrieblich verwendeten Gebäudeteile entfallende Vorsteuer im Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze aus der Hausapotheke (etwa 67 %) zu den unecht befreiten Umsätzen als Arzt auf. Die Veranlagung zur Umsatz- und Einkommensteuer erfolgte zunächst erklärungsgemäß.

Anlässlich einer die Jahre 2006 bis 2008 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung hielt der Prüfer dem Beschwerdeführer - unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 2010, 2007/15/0289 - vor, dass der Umsatzschlüssel keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab darstelle und die Vorsteuer nach dem Flächenschlüssel aufzuteilen sei. In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer vor, dass die betrieblich verwendeten Gebäudeteile zu 32,55 % ausschließlich für die ärztliche Tätigkeit, zu 8,07 % ausschließlich für den Betrieb der Hausapotheke und zu 59,38 % gemischt genutzt würden. Er legte dar, dass sowohl die Patienten als auch die Kunden der Hausapotheke im Warteraum Platz nehmen und sich anschließend entweder zu einer Untersuchung durch den Arzt oder für die apothekenrechtliche Information und Beratung sowie die Abgabe der Medikamente in eines der beiden Sprechzimmer begeben würden. Für die solcherart gemischt genutzten Flächen stelle der Umsatzschlüssel den sachgerechten Aufteilungsmaßstab dar. Abweichend dazu stellte der Prüfer fest, dass die Sprechzimmer nur für die unecht steuerbefreite ärztliche Tätigkeit genutzt würden.

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ - nach Wiederaufnahme der Verfahren - u.a. der angeführten Feststellung entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007.

In der Umsatzsteuererklärung für 2009 teilte der Beschwerdeführer die Vorsteuer wiederum im Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze aus der Hausapotheke (etwa 71,65 %) zu den unecht befreiten Umsätzen als Arzt auf. Abweichend dazu wurden vom Finanzamt Vorsteuern im Ausmaß von 9,12 % als auf den Betrieb der Hausapotheke entfallend anerkannt.

Der Beschwerdeführer berief u.a. gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2006, 2007 und 2009 und brachte vor, der Prüfer habe nur den Lagerraum unter den Begriff "ärztliche Hausapotheke" subsumiert. Tatsächlich sei damit der gesamte Betrieb mit all seinen Räumen gemeint. Der Lagerraum einer Hausapotheke bestehe nur aus Regalen auf engstem Raum mit den einsortierten Arzneimitteln und dürfe - so wie in öffentlichen Apotheken - von Betriebsfremden nicht betreten werden. Was in der öffentlichen Apotheke die Offizin sei, sei bei der Hausapotheke das Sprechzimmer. Hier finde die Beratung und Information der Kunden sowie die Abgabe der Arzneimittel statt. Einer ärztlichen Hausapotheke seien räumlich jene Bereiche zuzuordnen, die für den Betrieb funktional erforderlich seien und auch tatsächlich dafür verwendet würden. Es sei daher nicht richtig, dass die ärztlichen Sprechzimmer ausschließlich für ärztliche Leistungen genutzt würden. Tatsache sei vielmehr, dass die Sprechzimmer für ärztliche Leistungen und für die umsatzsteuerpflichtige Abgabe von Medikamenten genutzt würden, weil nur der Arzt selbst die Abgabe von Arzneimitteln durchführen dürfe.

Das Finanzamt legte die Berufungen der belangten Behörde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vor.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer schriftlich vor, dass die ärztliche Hausapotheke nach der Apothekenbetriebsordnung der Versorgung jener Patienten diene, die vom niedergelassenen Arzt behandelt würden. Die Abgabe von Arzneimitteln an Nicht-Patienten sei nur in besonderen Fällen zulässig. Schon daraus erhelle, dass die Abgabe von Arzneimitteln an Nichtpatienten nur in Ausnahmefällen vorkomme. Auch widerspreche es der Lebenserfahrung, dass Patienten, die nur Leistungen der Hausapotheke in Anspruch nähmen, weil sie mit dem Rezept eines anderen Arztes kämen oder ein nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel kaufen wollten, im Wartezimmer Platz nehmen müssten und dann ins Sprechzimmer des Arztes gerufen würden. Viel wahrscheinlicher erscheine es, dass diese Kunden ihre Medikamente im Empfangsbereich erhielten und bezahlten. Da ein Arzt im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit zur Beratung und Information über die von ihm verordneten Medikamente verpflichtet sei, verbleibe für eine zusätzliche Beratung durch den Arzt "quasi als Apotheker" kein Raum. Daraus ergebe sich wiederum, dass den Medikamentenumsätzen nur noch die Abgabe der Heilmittel und deren Bezahlung zugeordnet werden könne. In der Praxis sei es wohl so, dass Patienten mit dem Rezept zum Empfangsbereich gingen, wo ihnen die Medikamente ausgehändigt würden und die Verrechnung stattfinde. Selbst wenn die Abgabe der Heilmittel durch den Arzt im Sprechzimmer erfolgen sollte, sei die reine Medikamentenabgabe gegenüber der ärztlichen Tätigkeit zeitlich derart untergeordnet, dass sie zu vernachlässigen sei. Bei der Verwendung der Räumlichkeiten sei aber auch die zeitliche Komponente der Tätigkeiten mit einzubeziehen. Es sei offensichtlich, dass ein Allgemeinmediziner den weitaus größten Teil der Zeit für die ärztliche Tätigkeit aufbringe. Auch das Wartezimmer diene in erster Linie den Patienten, die den Arzt wegen seiner ärztlichen Leistung aufsuchten und müsse daher der unecht befreiten Tätigkeit zugeordnet werden.

Der Beschwerdeführer nahm zum Vorhalt dahingehend Stellung, dass die Ausführungen zum Wartezimmer nicht der Praxis entsprächen. Es wäre - von Ausnahmen abgesehen - nur schwer begründbar, warum "Fremdpatienten" den eigenen Patienten vorgezogen werden sollten. Sollte die Beratung über Medikamente zur ärztlichen Tätigkeit gehören und für eine zusätzliche Beratung durch den Arzt "quasi als Apotheker" kein Raum verbleiben, bliebe auch für öffentliche Apotheker kein Raum für eine zusätzliche Beratung. Dies stimme aber weder mit der Lebenserfahrung noch mit der Apothekenbetriebsordnung überein, die als ein wesentliches Element der "apothekerlichen Berufsausübung" die Information und Beratung fordere. Das müsse sinngemäß auch für die Hausapotheken gelten. Die Apothekenbetriebsordnung bestimme, dass Medikamente nur durch den Arzt (und nicht durch das Personal) abgegeben werden dürften. Sollten die Medikamente tatsächlich im Empfangsbereich abgegeben werden, würde dies bedeuten, dass sich der Arzt im Wesentlichen dort aufhalten müsste, was in der Praxis ebenfalls nicht feststellbar sei. Wenn z.B. Dauermedikamente gleichbleibender Art - nach Konsultierung des Arztes - in Sonderfällen im Empfangsbereich abgegeben würden, könne davon nicht auf den Normalfall der Medikamentenabgabe geschlossen werden. Richtig sei, dass der überwiegende zeitliche Anteil für die ärztliche Tätigkeit aufgewendet werde, allerdings werde die Tatsache nicht gewürdigt, dass die Ordinationszeiten von Allgemeinmedizinern mit Hausapotheke weit über jenen von Allgemeinmedizinern ohne Hausapotheke lägen, woraus hervorginge, dass dies dem Zeitaufwand für die Medikamentenabgabe zuzurechnen sei.

Das Finanzamt führte in einer Replik auf die Stellungnahme aus, dass dem Arzt mit Hausapotheke die Abgabe von apotheken-, aber nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht gestattet sei. Hinsichtlich der ärztlichen Sprechzimmer und des Warteraumes schließe sich das Finanzamt der Rechtsauffassung der belangten Behörde an. Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertrete, dass die Geschäftstätigkeit einer Hausapotheke steuerlich nicht anders als die einer öffentlichen Apotheke zu behandeln sei, lasse er außer Acht, dass er auch im Rahmen der Hausapotheke als Arzt und nicht als Apotheker tätig werde. Nur die gesetzlich zulässige Lieferung von Medikamenten aus der Hausapotheke stelle keinen Umsatz aus der ärztlichen Tätigkeit dar.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2006 und 2007 zu Lasten und den Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2009 zu Gunsten des Beschwerdeführers ab.

Zwischen Beschwerdeführer und Finanzamt herrsche Einigkeit darüber, dass die Aufteilung der Vorsteuern nach einem Flächenschlüssel zu erfolgen habe. Streit bestehe darüber, welche Räumlichkeiten in die Berechnung des Flächenschlüssels als gemischt genutzte Räume einzubeziehen seien, konkret, ob die beiden Sprechzimmer des Beschwerdeführers dem Betrieb der Hausapotheke dienten. Im Verfahren vor der belangten Behörde seien zudem Zweifel darüber aufgetaucht, ob die vom Finanzamt vorgenommene Zuordnung des Wartezimmers zu den gemischt genutzten Räumen zu einem sachgerechten Ergebnis führe.

Die Argumentation des Beschwerdeführers gehe im Wesentlichen in die Richtung, dass in den Sprechzimmern Medikamentenumsätze getätigt würden, weil er dort die Medikamentenabgabe und die Beratung über die verschriebenen Medikamente vornehme. Im Wartezimmer nähmen auch "Fremdpatienten" als Kunden der Hausapotheke Platz. Dieses Vorbringen überzeuge nicht, weil es sich bei den Medikamentenumsätzen eines hausapothekenführenden Arztes - nach der Konzeption des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung - "zum weitaus überwiegenden Teil (eventuell sogar nahezu ausschließlich)" um Medikamente handle, die der Arzt selbst zuvor verschrieben habe. Zur Beratung und Information über die von ihm verordneten Heilmittel sei der Arzt aber im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit verpflichtet (§ 2 iVm § 51 Ärztegesetz 1998). Daher seien "die Information über verordnete Medikamente sowie das Stellen und Beantworten von Fragen zur ärztlichen Leistung" zu zählen. Zu den Medikamentenumsätzen könne also nur die Abgabe (körperliche Übergabe) der Medikamente zu rechnen sein, die - wenn sie wirklich, wie vom Beschwerdeführer behauptet, "im Normalfall" im Sprechzimmer erfolgen sollte - von zeitlich absolut untergeordneter Bedeutung sei. In der Literatur werde zur Aufteilung von Vorsteuern die Auffassung vertreten, dass dem Gesetzesauftrag, den Vorsteuerabzug insoweit zu gewähren, als der Gegenstand bzw. die bezogene Leistung für besteuerte Umsätze verwendet werde, im Wege einer sachgerechten Schätzung nachzukommen sei. Eine solche werde sich "bei räumlicher Mischnutzung an den räumlichen und bei zeitlicher Mischnutzung an den zeitlichen Nutzungsverhältnissen" orientieren. Die körperliche Übergabe der Medikamente sei aber gemessen an der ärztlichen Leistung von vernachlässigbarer zeitlicher Bedeutung. Der Beschwerdeführer führe aus, dass der überwiegende zeitliche Anteil zwar für die ärztliche Tätigkeit aufgewendet werde, dass aber die tatsächlichen Ordinationszeiten von Allgemeinmedizinern mit Hausapotheke weit über jenen von Allgemeinmedizinern ohne Hausapotheke lägen, woraus hervorgehe, dass dies dem Zeitaufwand für die Hausapotheke zuzurechnen sei. Einen Nachweis dafür bleibe er aber schuldig. Tatsächliche Ordinationszeiten seien für die Abgabenbehörde auch nicht "recherchierbar", weil sie nicht mit den Ordinationszeiten übereinstimmten, die ein Arzt auf seinem Ordinationsschild anführe. Zur Abgabe der Medikamente gestehe der Beschwerdeführer selbst zu, dass Dauermedikamente gleichbleibender Art im Empfangsbereich abgegeben würden. Daraus werde aber auch klar, dass das Wartezimmer und die Sprechzimmer ausschließlich von Personen benützt würden, die, sollten sie anschließend Medikamente erwerben, zuvor als Patienten mit einer ärztlichen Leistung samt Verordnung eines Heilmittels und Ausstellen eines Rezeptes versorgt worden seien. Personen, die im Wartezimmer Platz nähmen, warteten als Patienten und nicht unmittelbar als Apothekenkunden. Die Nutzung des Wartezimmers unterscheide sich damit in nichts von der Nutzung des Wartezimmers eines Arztes ohne Hausapotheke. Laut Rechtsprechung komme es nur auf Flächen an, die unmittelbar dem Bewirken von Medikamentenumsätzen dienten (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 2010, 2007/15/0289). Diese Voraussetzung treffe auf das Wartezimmer nicht zu.

Die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 seien daher dahingehend abzuändern, dass auch die Fläche des Wartezimmers nicht zu den gemischt genutzten Räumen zähle und ein Vorsteuerabzug hinsichtlich dieser Fläche zur Gänze zu versagen sei. Der Umsatzsteuerbescheid 2009 sei ebenfalls zu ändern, allerdings zu Gunsten des Beschwerdeführers. Das Finanzamt habe nur hinsichtlich der Fläche des Apothekenlagers einen Vorsteuerabzug gewährt und die gemischt genutzten Flächen zur Gänze außer Betracht gelassen. Da der Vorsteuerabzug hinsichtlich der laufenden Kosten im gleichen Ausmaß gewährt werden könne wie hinsichtlich der Errichtungskosten, sei die auf die gemischt genutzten Flächen entfallende Vorsteuer anteilig abziehbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Vorsteuerabzug verletzt und führt in den Beschwerdegründen aus, dass die Umsatzsteuerbescheide 2006, 2007 und 2009 an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. an inhaltlicher Rechtswidrigkeit leiden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 12 UStG 1994 in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

"§ 12 (1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1. Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung

(§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. ...

...

(3) Vom Vorsteuerabzug sind ausgeschlossen:

1. Die Steuer für die Lieferungen und die Einfuhr von

Gegenständen, soweit der Unternehmer diese Gegenstände zur

Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet;

2. die Steuer für sonstige Leistungen, soweit der

Unternehmer diese sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch nimmt;

...

(4) Bewirkt der Unternehmer neben Umsätzen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auch Umsätze, bei denen ein solcher Ausschluss nicht eintritt, so hat der Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach Maßgabe der Abs. 1 und 3 in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen.

(5) An Stelle einer Aufteilung nach Abs. 4 kann der Unternehmer

1. die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der zum

Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen

Umsätzen in nicht abziehbare und abziehbare Vorsteuerbeträge

aufteilen, oder

2. nur jene Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der

Umsätze aufteilen, die den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Abs. 3 führenden Umsätzen und den übrigen Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen sind.

...

(6) Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Abs. 5 ist ausgeschlossen, wenn in einem Veranlagungszeitraum die auf Grund der Aufteilung der Vorsteuern nach Umsätzen sich ergebende abziehbare Vorsteuer um mehr als 5 %, mindestens aber um 75 Euro, oder um mehr als 750 Euro höher ist als die Vorsteuer, welche sich auf Grund der Aufteilung nach Abs. 4 ergibt.

..."

Aus den angeführten Bestimmungen ergibt sich, dass hinsichtlich der "Zurechenbarkeit" der Vorsteuer darauf abzustellen ist, ob und inwieweit der Unternehmer, dem eine Lieferung oder eine sonstige Leistung mit Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt wird, diese Lieferung oder sonstige Leistung zur Ausführung steuerpflichtiger oder unecht steuerbefreiter Umsätze in Anspruch nimmt. Grundsätzlich verlangt das Gesetz eine Zuordnung nach Maßgabe des Zusammenhanges der Vorsteuern mit den Ausgangsumsätzen. Entscheidend ist der objektive wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den für das Unternehmen erworbenen Gegenständen bzw. sonstigen Leistungen und den eigenen unternehmerischen Leistungen (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 265 mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Bei Vorsteuerbeträgen, die sowohl mit unecht steuerfreien als auch mit anderen Umsätzen im Zusammenhang stehen, muss ein Aufteilungsmaßstab gewählt werden, der im Einzelfall zu einem möglichst sachgerechten Ergebnis führt. Eine bestimmte Vorgangsweise schreibt das Gesetz hierfür nicht vor. Zulässig ist jede Methode, die eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge gewährleistet (Ruppe/Achatz, aaO, § 12 Tz 267, mit weiteren Nachweisen). Fehlen die Grundlagen für eine sachgerechte exakte Zuordnung dieser gemischten Vorsteuerbeträge nach § 12 Abs. 4 UStG 1994, so ist zu schätzen.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die Aufteilung der Vorsteuern im Zusammenhang mit der Errichtung und dem laufenden Betrieb eines Ordinationsgebäudes samt Hausapotheke durch einen Arzt nach dem Flächenschlüssel zu erfolgen habe. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0289, VwSlg 8518/F, vertrat sie weiters die Auffassung, dass es dabei nur auf jene Flächen ankäme, die unmittelbar dem Bewirken von Medikamentenumsätzen dienten. Da hausapothekenführende Ärzte "zum weitaus überwiegenden Teil (eventuell sogar nahezu ausschließlich)" Medikamente abgeben würden, die sie zuvor selbst verschrieben hätten, zähle "die Information über verordnete Medikamente sowie das Stellen und Beantworten von Fragen zur ärztlichen Leistung". Zu den Medikamentenumsätzen könne also nur die Abgabe (körperliche Übergabe) der Medikamente zu rechnen sein, die - wenn sie wirklich, wie vom Beschwerdeführer behauptet, "im Normalfall" im Sprechzimmer erfolgen sollte - von zeitlich absolut untergeordneter Bedeutung sei. Da dem Gesetzesauftrag, den Vorsteuerabzug insoweit zu gewähren, als der Gegenstand bzw. die bezogene Leistung für besteuerte Umsätze verwendet werde, im Wege einer sachgerechten Schätzung nachzukommen sei, habe sich die Schätzung "bei räumlicher Mischnutzung an den räumlichen und bei zeitlicher Mischnutzung an den zeitlichen Nutzungsverhältnissen" zu orientieren. Wegen der zeitlich absolut untergeordneten Nutzung stehe dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Sprechzimmer daher keine Vorsteuer zu.

Mit diesen Ausführungen hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0289, VwSlg 8518/F, den Flächenschlüssel als sachgerechten Maßstab für die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines Ordinationsgebäudes samt Räumlichkeiten für die Hausapotheke angesehen. Hierbei kommt es - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt wird - nur auf die Flächen an, die unmittelbar dem Bewirken der Umsätze der Hausapotheke oder der Tätigkeit als praktischer Arzt dienen. Dass für Flächen, auf denen Medikamentenumsätze in einem zeitlich nur absolut untergeordneten Ausmaß unmittelbar bewirkt werden, kein Vorsteuerabzug zu gewähren ist, ist aus dem angeführten Erkenntnis nicht ableitbar.

Flächen, die unmittelbar dem Bewirken der Umsätze der Hausapotheke dienen, stellen in jedem Fall gemischt genutzte Flächen dar. Schließt man daher - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - nicht aus, dass die körperliche Übergabe der Medikamente in den Sprechzimmern erfolgte, ist dem Umstand der zeitlich untergeordneten Nutzung der Sprechzimmer bei der Aufteilung der auf die Sprechzimmer entfallenden Vorsteuern Rechnung zu tragen. Diese Aufteilung muss - entgegen der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung - gemäß § 12 Abs. 5 und 6 UStG 1994 nicht nach dem Umsatzschlüssel erfolgen, wenn dieser zu keinem möglichst sachgerechten Ergebnis führt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 30. September 2015

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