VwGH 2012/13/0029

VwGH2012/13/002927.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der Mgesellschaft mbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. Andreas Köb, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 2/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 24. Jänner 2012, Zl. RV/0263-W/09, betreffend Umsatzsteuer 1999 und 2000, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei vertrieb während des Streitzeitraumes u.a. Zeitungen und Zeitschriften und bot Abonnements nach folgendem Muster an:

"Ja, ich abonniere (...) für ein Jahr und danach bis auf Widerruf (schriftlich, mit sechswöchiger Kündigungsfrist zum Monatsletzten) zum derzeitig gültigen Abopreis von monatlich S (...). Zusätzlich möchte ich (...) um nur S (...)"

Die zusätzlich und nur bei Abschluss eines Zeitungsabonnements zu den angegebenen niedrigen, für die beschwerdeführende Partei nicht kostendeckenden Preisen bei ihr bestellbaren Gegenstände waren z.B. eine Kaffeemaschine ("um nur S 350,--"), ein Werkzeugkoffer, "Teletubbies" u.dgl.

Im Bericht vom 7. März 2008 über eine bei der beschwerdeführenden Partei durchgeführte Außenprüfung wurde dazu dargelegt, es handle sich jeweils um das Angebot eines Zeitungsabonnements mit einer bestimmten Mindestbindungsdauer und eines Zusatzartikels zu einem "Pauschalpreis". Von den in Rechnung gestellten Entgelten habe das geprüfte Unternehmen den jeweils aktuellen Listenpreis des Abonnements dem begünstigten 10%- igen USt-Satz unterzogen und (nur) den "Restbetrag des Entgelts" dem (in der Regel mit dem 20%-igen Steuersatz zu versteuernden) "Vorspannartikel" zugeordnet. Es bestehe ein "krasses Mißverhältnis zwischen dem objektiven Wert der Nebenware und dem zugeordneten Entgelt".

Die an den Kunden erfolgte "Mitteilung bezüglich der verbilligten Abgabe" dürfe "nicht überbewertet oder gar als Preisvereinbarung missverstanden werden" und der "Preis der einzelnen Lieferkomponenten" könne "aus dem veröffentlichten Angebot nicht abgelesen werden". Richtigerweise bildeten die Einstandspreise der von Dritten zugekauften Gegenstände "wohl" die "Preisuntergrenze dieser Komponenten". Davon ausgehend sei eine teilweise "Korrektur der Entgelte von 10% auf 20% USt" erforderlich.

In ihrer Berufung vom 13. August 2008 gegen die Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes, das sich der Auffassung der Prüferin anschloss, machte die beschwerdeführende Partei u.a. geltend, das Finanzamt orientiere sich offenbar an der Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 6. Dezember 2004, RV/0165-L/03, RV/0166-L/03, betreffend die Aufteilung pauschaler Menüpreise auf mit 10% zu versteuernde Speise- und mit 20% zu versteuernde Getränkekomponenten. Dabei werde übersehen, dass im vorliegenden Fall - anders als im Fall eines pauschalen Menüpreises - jeweils bestimmte Einzelpreise vereinbart worden seien. Die Behauptung, der Preis der einzelnen Komponenten könne aus dem veröffentlichten Angebot nicht abgelesen werden, stehe im Widerspruch zum Sachverhalt. Für die Umsatzbesteuerung sei der vereinbarte Preis heranzuziehen, sofern keine missbräuchliche Gestaltung vorliege, was im vorliegenden Fall aber auszuschließen sei, weil "die Unterpreishingabe der Nebenware ausschließlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen im Rahmen einer Marketingaktivität erfolgt" sei.

Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei dazu noch vor, es gebe keine Grundlage dafür, im Falle eines Preisnachlasses bei unterschiedlichen Steuersätzen eine nach Meinung der Finanzverwaltung "sachgerechte Aufteilung bzw. Verschiebung bei der Versteuerung des Entgelts" vorzunehmen. Die Prüferin gehe selbst von der "Eindeutigkeit und Ausdrücklichkeit des auf die Nebenware entfallenden Entgeltteiles" aus, wenn sie einräume, für den Kunden sei klar, dass die günstige Abgabe der Nebenware zum Erwerb eines Abonnements animieren solle. Die Leistung "Lieferung eines Zeitungsabonnements" und das dafür angesetzte Entgelt seien mit und ohne Annahme des Zusatzangebotes gleich, von einer "künstlichen Aufspaltung" könne keine Rede sei. Dass der Preis für das Zusatzangebot unter dem Einstandspreis der beschwerdeführenden Partei liege, ändere nach dem Urteil des EuGH vom 20. Jänner 2005, C-412/03 , Scandic, nichts an seiner Maßgeblichkeit für die Umsatzsteuer. In der Berufungsverhandlung am 30. November 2011 legte der Vertreter der beschwerdeführenden Partei u.a. noch ergänzend dar, von einem bloßen "Scheinpreis" könne nicht gesprochen werden, wenn etwa Gegenstände mit einem Einkaufspreis von EUR 40,-- um einen Preis von rund EUR 25,-- angeboten worden seien, und wer einmal Abonnent geworden sei, bleibe es durchschnittlich zehn Jahre lang.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, was sie in ihren Erwägungen im Wesentlichen wie folgt begründete (Schreibweisen von Eigennamen berichtigt):

"Im gegenständlichen Fall hat der 'Leistungsempfänger', der Abonnent, Entgelt für ein Gesamtpaket nämlich Abonnement und eine günstige Zugabe geleistet.

Die Außenprüfung sah in dem Gesamtpaket 'Abo und Zugabe' ein Gesamtpaket mit verschiedenen Steuersätzen, für welches ein Gesamtentgelt geleistet wurde.

Nach Ansicht der Bw. ist im gegenständlichen Fall jedoch zu prüfen, ob (...) eine Einzelpreisvereinbarung oder eine Gesamtgeldvereinbarung vorliege (...)

Der Senat geht im vorliegenden Fall von einem Gesamtpaket aus, für welches ein Gesamtentgelt geleistet worden ist. Der Abonnent kann den Nebenartikel zur angebotenen Sonderkondition nur dann erwerben, wenn er sich gleichzeitig mit dem Erwerb des Zeitungsabonnements gegenüber dem Anbieter verpflichtet, einen Vertrag über eine gewisse Mindestnutzungsdauer abzuschließen. Ohne das Abo kann der Leistungsempfänger die Zugabe nicht zu dem günstigen Preis erwerben.

Der Senat folgt der Ansicht der Außenprüfung, dass die Werbeankündigung als Angebot in Form eines Leistungsbündels, das aus zwei selbständigen Leistungen (Zeitungsabonnement und Nebenware) besteht. Wie dem Angebot zu entnehmen ist, wird dem Kunden für die Lieferung des Zeitungsabonnements der jeweilige gültige Listenpreis in Rechnung gestellt, während die Nebenware regelmäßig zu einem gegenüber dem handelsüblichen Verkaufspreis niedrigeren Preis verkauft wird, wobei sich der Kunde gegenüber dem Anbieter verpflichtet, ein Zeitungsabonnement für eine bestimmte Laufzeit zu bestellen. Umsatzsteuerlich ist daher eine einheitliche entgeltliche Leistung anzunehmen.

Nach Ansicht des Senates wird dem Abonnenten somit ein nicht unerheblicher Preisnachlass auf das gesamte Leistungspaket gewährt, der sowohl beim Preis für das Abonnement als auch beim Preis der Nebenware zu berücksichtigen ist.

Dass für den Preis der Zugabe, der der Aufteilung zu Grunde gelegt wird, von der Außenprüfung zumindest der Einstandspreis herangezogen worden ist, ist nach Ansicht des Senates damit begründet, da damit aus der Sicht zwei unterschiedlicher Steuersätze einer allfälligen missbräuchlichen Aufteilung entgegengewirkt wird.

Auch Sarnthein führt in der ÖStZ 2010/217, 104, aus, dass ein Pauschalpreis (...) aufzuteilen ist. Zu der Aufteilung eines Pauschalpreises spricht der EuGH (...) zwei sachgerechte Möglichkeiten an (...)

Den Ausführungen des Bw., dass im gegenständlichen Fall ein ausdrückliches, eindeutiges, unzweifelhaftes, nach außen hin zum Ausdruck kommendes Angebot der einzelnen Leistungskomponenten und der darauf entfallenden Entgeltsteile vorliege, hält der Senat entgegen, dass zwar der Preis für das Abo als auch der Preis für die Zugabe vereinbart wurde, da jedoch dieses Paket nur in dieser Kombination nämlich Abo und günstige Zugabe erworben werden konnte, das Entgelt Gesamtentgelt für dieses Gesamtpaket ist.

Dieser Pauschalpreis, welchen der Abonnent für dieses Gesamtpaket leistet, entspricht nach Ansicht des Senates dem Parteiwillen. Für einen Abonnenten, den kein Vorsteuerabzug zusteht, wovon idR auszugehen ist, ist nur der zivilrechtliche Preis von Relevanz; wie die Umsatzsteuersätze auf den einzelnen Leistungskomponenten aufgeteilt werden, ist für ihn völlig nebensächlich.

Unterberger/Notter führen in den SWK (SWK 2011, S 96; strittig) aus, dass das UStG und die MwStSyst-RL zwar keine speziellen Regelungen für die Entgeltsaufteilung enthalten und daher die allgemeinen Bestimmungen anzuwenden seien, dabei aber der Einfachheit wegen der Methode sowie insb der Verhinderung willkürlicher Aufteilung besondere Beachtung zukomme. Um willkürliche Aufteilung zu verhindern, komme Parteienvereinbarungen - soweit diese überhaupt möglich sind - keine Bedeutung zu.

Auch vor diesem Hintergrund ist der Ansicht des Finanzamtes zu folgen und als Untergrenze für den Preis der Zugabe jedenfalls der Einstandspreis anzusetzen.

Auch führt Pernegger zu den Pauschalpreisen in Melhardt/Tumpel UStG, § 4 Rz 382 u.a. aus, dass in der Folgeentscheidung (UFS 6.12.2010, RV/0036-L/10) zu VwGH 16.12.2009, 2008/15/0075, der UFS u.a. feststellte, dass

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