VwGH Ra 2014/09/0006

VwGHRa 2014/09/00069.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die außerordentliche Revision der C Z in S, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Mittergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. März 2014, W136 2000217-1/5E, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres; weitere Partei:

Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
StGB §167;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
StGB §167;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres wurde die Revisionswerberin, eine Polizeibeamtin im Dienstrang einer Revierinspektorin, schuldig erkannt, ihre Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), nämlich ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu und gewissenhaft zu erfüllen und in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihres Amtes erhalten bleibt, dadurch gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt zu haben, dass sie in der Nacht vom 18. auf den 19. Mai 2013 in ihrer Freizeit, aber im eigenen Überwachungsrayon - nach vorheriger Planung und im Zusammenwirken mit ihrer Freundin - EUR 300,-- aus einer unversperrten Lade im Schankbereich eines näher bezeichneten Gasthauses gestohlen habe, wofür über sie gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen wurde.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesveraltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet ab, bestätigte den angefochtenen Bescheid und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Nach den unstrittigen Feststellungen hatte die Revisionswerberin, der bekannt war, dass der Wirt ihres Stammlokals häufig alkoholisiert war und die Einnahmen in einer Lade im Schankbereich verwahrte, bereits Anfang Mai einer Freundin von ihrer Absicht erzählt, in diesem Lokal Geld zu stehlen, wobei eine schnelle Umsetzung des gefassten Entschlusses vorerst daran gescheitert war, dass das Lokal geschlossen war. Am 18. Mai 2013 verabredete sie sich sodann mit ihrer Freundin, den Diebstahl gemeinsam durchzuführen und die Beute zu teilen. Bei der Entnahme von EUR 300,-- aus einer Geldkassette in der Thekenlade des Lokals war sie jedoch von einem Gast beobachtet worden, der ihr, nachdem der Wirt den Diebstahl erst am nächsten Morgen bemerkt und gegen unbekannte Täter Anzeige erstattet hatte, ein SMS mit der Aufforderung sandte, die Sache zu bereinigen. Die Revisionswerberin gab deshalb den gestohlenen Betrag der Mutter des Bestohlenen mit dem Ersuchen zurück, die Strafanzeige zurückzuziehen oder der Polizei zu sagen, dass dieser das Geld wieder gefunden habe, was jedoch beides abgelehnt wurde. Das Strafverfahren gegen die Revisionswerberin wegen des Verdachts des Diebstahls nach § 127 StGB wurde in der Folge von der Staatsanwaltschaft Leoben am 26. Juni 2013 wegen tätiger Reue nach § 167 StGB gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt.

Nach der vom Bundesverwaltungsgericht wiedergegebenen Strafbemessung der belangten Behörde wurde die Tat als besonders schwere Dienstpflichtverletzung qualifiziert, weil - trotz außerdienstlichen Verhaltens - ein besonderer Funktionsbezug gegeben gewesen sei und die Revisionswerberin durch die Tat gerade jene Werte verletzt habe, deren Schutz im Kernbereich ihrer dienstlichen Aufgaben liege. Die Entlassung sei daher schon aus generalpräventiven Gründen geboten. Wegen des in der bereits Wochen vor der Tat erfolgten Planung gelegenen hohen Maßes an krimineller Energie könne auch nicht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden. Es sei angesichts der begangenen Dienstpflichtverletzung nicht denkbar, dass die Revisionswerberin in irgendeiner Funktion weiterhin im Polizeidienst verwendet werde. Das Verwaltungsgericht führte ferner aus, dass die gerichtliche Strafbarkeit der Tat keine Voraussetzung für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung sei und der Strafausschließungsgrund der tätigen Reue einer disziplinären Bestrafung nicht entgegenstehe. Nach der Dienstrecht-Novelle 2008 sei nun für die Zumessung der Disziplinarstrafe nach dem zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 nicht mehr nur maßgeblich, ob die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich sei, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, sondern auch, ob die beabsichtigte Strafe erforderlich sei, der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Bei schweren Dienstpflichtverletzungen sei die Höhe der Strafe daher an generalpräventiven Erfordernissen zu messen, und die Entlassung gerade auch bei Dienstpflichtverletzungen mit besonderem Funktionsbezug selbst bei Vorliegen von Milderungsgründen in Betracht zu ziehen. Bei der Beurteilung der Schwere der Tat nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 komme es auch nicht auf eine öffentliche Begehung oder darauf an, dass das Verhalten des Beamten in der Öffentlichkeit bekannt geworden sei, wobei die Revisionswerberin bei ihrer Tat sogar von einem Zeugen beobachtet worden sei.

Die Unzulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass von der bisherigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen worden sei, und eine solche auch nicht fehle.

Die dagegen erhobene, nach dem Ergebnis des vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Bescheinigungsverfahrens am 19. Mai 2014 zur Post gegebene und an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Revision ist rechtzeitig, weshalb auch von der Weiterleitung des weiteren, direkt an den Verwaltungsgerichtshof übermittelten Revisionsschriftsatzes abgesehen werden konnte. Die Revision ist jedoch nicht zulässig.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen.

Die Revisionswerberin zeigt mit ihren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision, soweit sie sich auf das Erkenntnis eines verstärkten Senats des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2007, 2005/09/0115, bezieht, schon deshalb keine Rechtsfrage in der dargestellten Qualität auf, weil dieses die Rechtslage vor der Dienstrecht-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008 betraf, welche hinsichtlich der hier vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung im Jahr 2013 nicht zur Anwendung kommt (siehe dazu, zur Strafbemessung im Allgemeinen und zur Schwere von Dienstpflichtverletzungen, durch die gerade jene Rechtsgüter verletzt wurden, deren Schutz einem Sicherheitswachebeamten grundsätzlich obliegt, das Erkenntnis vom 24. Jänner 2014, 2013/09/0133, mwN). Aus dem selben Grund ist für die Revisionswerberin aus dem von ihr gezogenen Vergleich mit dem im Erkenntnis vom 29. April 2011, 2009/09/0132, zu beurteilenden Fall, unter diesem Gesichtspunkt nichts zu gewinnen.

Dass der Einstellung des Strafverfahrens (wegen tätiger Reue) nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus disziplinärer Sicht keine maßgebende Bedeutung zukommt und daran im Disziplinarverfahren keine Bindungswirkung geknüpft ist, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt (vgl. die Erkenntnisse vom 17. Dezember 2013, 2013/09/0138, und vom 17. Oktober 1989, 89/09/0082).

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 9. September 2014

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