VwGH Ra 2014/08/0011

VwGHRa 2014/08/001131.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Revision der Salzburger Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Reinhold Gsöllpointner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 7a, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2014, Zl. L510 2006817-1/2E, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; mitbeteiligte Partei: R P in S), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs1 Z1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §35 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
ASVG §113 Abs1 Z1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §35 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §28 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der revisionswerbenden Gebietskrankenkasse (SGKK) vom 23. Jänner 2014 wurde dem Mitbeteiligten wegen eines Verstoßes gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG ein Beitragszuschlag von EUR 1.300,-- vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung, dass er seine Meldepflichten mit Vereinbarung vom 20. November 2013 gemäß § 35 Abs. 3 ASVG an H. P. übertragen habe.

Mit Schreiben vom 7. April 2014 legte die SGKK dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vor und verwies darauf, dass die Bekanntgabe der Bevollmächtigung eines Dritten erst im Zug der Einbringung der Beschwerde erfolgt sei; die Bevollmächtigung sei daher zum Zeitpunkt des Meldeverstoßes noch nicht wirksam gewesen.

Mit Spruchpunkt A des nunmehr angefochtenen Beschlusses hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der SGKK auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die SGKK zurück.

Mit Spruchpunkt B wurde die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass es die SGKK im angefochtenen Bescheid unterlassen habe, in eindeutiger, der nachprüfenden Kontrolle zugänglicher Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen sie hinsichtlich ihrer Erwägungen ausgegangen sei und welche beweiswürdigenden Überlegungen sie angestellt habe. Mangels Wahrung des Parteiengehörs sei die mitbeteiligte Partei bislang nicht in der Lage gewesen, sich zu jenem Sachverhalt zu äußern, welchen die SGKK ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe und welchen sie erstmals in der Stellungnahme zur Beschwerdevorlage dargelegt habe. Von der gesetzlichen Möglichkeit, diesen mangelhaften Bescheid bzw. das Verfahren unter Vollanwendung des AVG durch eine Beschwerdevorentscheidung zu sanieren, habe die SGKK keinen Gebrauch gemacht. Durch teilweisen Nachtrag einer Begründung im Zuge einer Stellungnahme mit der Beschwerdevorlage vermöge sie den Mangel in der Bescheidbegründung nicht zu beheben, insbesondere, da durch diese nachgetragene Begründung außerhalb des Bescheides der mitbeteiligten Partei bislang keine Möglichkeit gegeben worden sei, sich dazu zu äußern.

Im weiteren Verfahren sei es der mitbeteiligten Partei seitens der SGKK im Rahmen des zu wahrenden Parteiengehörs zu ermöglichen, vom Ergebnis ihrer Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und dazu Stellung zu beziehen. Ohne Gewährung von Parteiengehör könne nicht von einem Ermittlungsverfahren im Sinn des AVG gesprochen werden. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG könne somit nicht davon ausgegangen werden, dass der maßgebliche Sachverhalt für die Entscheidung dieses Falles feststehe oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Die Zurückverweisung im Rahmen des § 28 Abs. 3 VwGVG folge konzeptionell dem Zurückweisungstatbestand des § 66 Abs. 2 AVG, stelle im Unterschied dazu aber nicht auf die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung ab. Es finde zur Auslegung des § 28 Abs. 3 VwGVG im Wesentlichen die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG Anwendung. Dass die Zurückverweisung den gesamten Verfahrensverlauf verlängere, sei bei der Zeit- und Kostenersparnis nicht in Rechnung zu stellen, weil ansonsten eine kassatorische Entscheidung nie in Frage käme. Es sei in erster Linie die Aufgabe der SGKK als Tatsacheninstanz, zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln, ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen und diese zentrale Aufgabe nicht etwa an das Bundesverwaltungsgericht auszulagern.

Zur Unzulässigkeit der Revision führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, zumal § 28 Abs. 3 VwGVG im Wesentlichen § 66 Abs. 2 AVG entspreche.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts kostenpflichtig aufzuheben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt. Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz als Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG hat eine auf die Frage des Aufwandersatzes beschränkte Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist eine Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

§ 34 Abs. 1a VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 lautet:

"(1a) Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen."

Die außerordentliche Revision ist zulässig und berechtigt, weil das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

Dazu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 10. September 2014, Zl. Ra 2014/08/0005, verwiesen werden. Auch im hier gegenständlichen Fall lagen dem Bundesverwaltungsgericht brauchbare Ermittlungsergebnisse vor, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung im Sinn des § 24 VwGVG zu vervollständigen sind. Krasse oder besonders gravierende Ermittlungslücken, die eine Zurückverweisung an die SGKK gerechtfertigt hätten, sind aktenkundig nicht zu sehen und werden vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht aufgezeigt, zumal offenbar nur die Frage einer wirksamen Bevollmächtigung im Sinn des § 35 Abs. 3 ASVG strittig war.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene Beschluss als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Revisionswerberin gebührt kein Aufwandersatz, weil sie selbst Rechtsträgerin im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG ist.

Wien, am 31. Oktober 2014

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