Normen
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Oktober 2013 wurde die Berufung des Beschwerdeführers "gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012, SH10-65-2000", als unzulässig zurückgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012 ab Mai 2012 ein zusätzlicher Kostenbeitrag für seine Unterbringung in der Höhe von 80 % der (erhöhten) Familienbeihilfe vorgeschrieben worden sei. Dieser Bescheid sei der Sachwalterin am 13. August 2012 zugestellt worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Sachwalterin, das Rechtsmittel der Berufung erhoben. Diese Berufung sei an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach adressiert, jedoch per Telefax an die Bezirkshauptmannschaft Eferding übermittelt worden, wo sie am 27. August 2012 eingelangt sei. Ein schriftliches Exemplar der Berufung sei am 28. August 2012 bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach eingelangt.
Nach der Berufungserklärung und dem Berufungsantrag richte sich die Berufung "gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, am Teich 1, 4150 Rohrbach, SH10-65-2000, vom 09.08.2012, zugestellt am 13.08.2012".
Nachdem der Sachwalterin mit Schreiben vom 19. September 2013 angekündigt worden sei, dass die Zurückweisung der Berufung beabsichtigt sei, habe sie mit Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 erklärt, dass die Berufung fälschlicherweise an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach adressiert worden sei; es werde ersucht, die Berufung dahin zu korrigieren, dass sie sich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012, zugestellt am 13. August 2012, SH10-65-2000, richte.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 3 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 sei die Berufungsbehörde an das Begehren auf Überprüfung eines bestimmt bezeichneten Bescheides gebunden, auch wenn der Rechtsmittelwerber einen anderen Bescheid habe bekämpfen wollen. Die völlig unrichtige Bezeichnung des bekämpften Bescheides stelle einen nicht verbesserbaren inhaltlichen Mangel dar. Die Umdeutung eines präzise bezeichneten Verwaltungsaktes in einen anderen sei der Behörde verwehrt, selbst wenn es den eindeutig bezeichneten Bescheid gar nicht gebe. Es sei ausgeschlossen, einen anderen Bescheid, insbesondere den Bescheid einer anderen Behörde als angefochten anzusehen. Mit der zitierten AVG-Novelle sei zwar die Differenzierung zwischen formalen und inhaltlichen Mängeln aufgegeben worden, in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fänden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich nunmehr auch bei der falschen Bezeichnung des bekämpften Bescheides um einen verbesserungsfähigen Mangel handle.
Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind, wobei jedoch gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 9 B-VG das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich an die Stelle der belangten Behörde tritt.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Die Bezeichnung des Bescheides, und damit auch die Bezeichnung der Behörde, die ihn erlassen hat, gehört als Teil der Berufungserklärung zum wesentlichen Inhalt der Berufung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, Rz 77 zu § 63, und die dort zitierte hg. Judikatur). Jedenfalls seit der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ist die Behörde nicht berechtigt, eine wegen Fehlens der Bezeichnung des bekämpften Bescheides fehlerhafte Berufung zurückzuweisen, sondern hat dem Einschreiter gemäß § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen aufzutragen, innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides nachzuholen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0477, mwN). An das Begehren, einen in unmissverständlicher Weise bezeichneten Bescheid zu bekämpfen, ist die Berufungsbehörde gebunden, auch wenn der Rechtsmittelwerber eigentlich einen anderen Bescheid bekämpfen wollte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 2005, Zl. 2005/01/0603). Bei der Beurteilung, ob eine derart unmissverständliche Bezeichnung des bekämpften Bescheides vorliegt, ist auch auf die übrigen Berufungsausführungen Bedacht zu nehmen. Mit dem zitierten Erkenntnis zur Zl. 2005/01/0603 hat der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Berufung entschieden, in der ein gegen den Bruder des dortigen Beschwerdeführers gerichteter Bescheid nach Datum und Geschäftszahl (und nicht der am selben Tag gegen den Beschwerdeführer ergangene Bescheid) ausdrücklich als bekämpft bezeichnet worden war. Er hat die Zurückweisung dieser Berufung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und dazu ausgesprochen, dass in einem derartigen Fall kein eindeutig bezeichneter Bescheid im Sinn von § 63 Abs. 3 AVG vorliege. Die detaillierten Berufungsausführungen und der Berufungsantrag bezögen sich nämlich auf den Beschwerdeführer und nicht auf dessen Bruder. Die angegebene Aktenzahl der angefochtenen Entscheidung stehe somit im Widerspruch zum sonstigen Inhalt des Rechtsmittels. Dieser Widerspruch habe sich für die dort belangte Behörde ohne weitere Nachfrage beim Beschwerdeführer ohne Schwierigkeiten aufklären lassen. Bei der Angabe einer unrichtigen Aktenzahl handle es sich daher um ein offensichtliches Versehen.
Im vorliegenden Fall richtete sich die Berufung nach ihrem gesamten Inhalt gegen den den Beschwerdeführer betreffenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012. Sie enthält detaillierte Ausführungen gegen die in diesem Bescheid vertretene Ansicht, der Beschwerdeführer habe 80 % der (erhöhten) Familienbeihilfe als Kostenbeitrag zu leisten. Auch die in der Berufung bezeichnete Bescheidzahl und das Bescheiddatum stimmen mit diesem Bescheid überein; ebenso das Zustellungsdatum. Überdies wurde die Berufung per Telekopie an die Bezirkshauptmannschaft Eferding (und nicht an die - irrtümlich - bezeichnete Bezirkshauptmannschaft Rohrbach) übersendet.
Die belangte Behörde hatte offenbar keine Zweifel daran, dass sich die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012 richtet. Sie hat bereits im Schreiben vom 19. September 2013, mit dem dem Beschwerdeführer angekündigt wurde, dass die Zurückweisung der Berufung beabsichtigt sei, folgenden Betreff angeführt: "Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9.8.2012, SH10-65-2000". Weiters wird in diesem Schreiben der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012 wiedergegeben und im Anschluss daran ausgeführt: "Dagegen hat (der Beschwerdeführer) das Rechtsmittel der Berufung erhoben."
Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde sowohl im Betreff als auch in der Begründung aus, dass sich die gegenständliche Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. August 2012 richte.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände handelt es sich bei der Bezeichnung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach anstelle der Bezirkshauptmannschaft Eferding als bescheiderlassende Behörde in der Berufung um eine offensichtlich auf einem Versehen beruhende und mit dem übrigen Inhalt im Widerspruch stehende Unrichtigkeit, die sich für die belangte Behörde ohne Schwierigkeiten und ohne weitere Nachfrage beim Beschwerdeführer aufklären ließ. Nach der dargestellten Judikatur bietet eine solche Unrichtigkeit keinen Anlass für die Zurückweisung der Berufung.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 8. Oktober 2014
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