VwGH 2013/08/0230

VwGH2013/08/023023.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des L T in O, vertreten durch Dr. Michael Koth, Rechtsanwalt in 2230 Gänserndorf, Rathausplatz 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 18. Juni 2013, Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2013, betreffend Einstellung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §49 Abs1;
AlVG 1977 §49 Abs2;
AlVG 1977 §49 Abs1;
AlVG 1977 §49 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer ab dem 6. März 2013 gemäß § 49 AlVG keine Notstandshilfe erhalte, weil er eine ihm vorgeschriebene Kontrollmeldung nicht eingehalten habe.

Der Beschwerdeführer beziehe seit dem 20. Juni 2012 mit Unterbrechungen auf Grund von Krankengeldbezugszeiten Notstandshilfe. Am 27. Februar 2013 sei ihm von der regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich (AMS) gemäß § 49 AlVG unter Rechtsfolgenbelehrung ein Kontrollmeldetermin für den 6. März 2013 vorgeschrieben worden. Per E-Mail habe der Beschwerdeführer dem AMS am 6. März 2013 mitgeteilt, sich mit heutigem Tag im Krankenstand zu befinden. In Ansehung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 6. bis 11. März 2013 habe der Beschwerdeführer vom 9. bis zum 11. März 2013 Krankengeld bezogen. Am 6. März 2013 sei an ihn ein Schreiben mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit seiner unverzüglichen persönlichen Wiedermeldung nach dem Ende des Krankenstandes ergangen. Er habe sich am 13. März 2013 per E-Mail und nicht persönlich beim AMS gemeldet. An diesem Tag sei er vom AMS per E-Mail nochmals auf die Notwendigkeit seiner persönlichen Wiedermeldung hingewiesen worden. Nachfolgend sei ihm mehrmals, so auch von der belangten Behörde und vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz dringend angeraten worden, persönlich beim AMS vorzusprechen, um seine Ansprüche zu wahren. Er habe jedoch bisher (Stand 14. Juni 2013) nicht beim AMS vorgesprochen.

Es liege zwar für den Tag des Kontrollmeldetermins am 6. März 2013 ein triftiger Entschuldigungsgrund vor, weil sich der Beschwerdeführer vom 6. bis 11. März 2013 im Krankenstand befunden habe. Eine persönliche Wiedermeldung sei jedoch nicht innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hinderungsgrundes erfolgt, "sodass die Sanktion nach § 49 AlVG ab dem 06.03.2013 auszusprechen" gewesen sei. Dazu sei auszuführen, dass grundsätzlich eine wöchentliche Meldepflicht iSd § 49 Abs. 1 AlVG bestehe, auch wenn kein weiterer konkreter Kontrollmeldetermin vorgeschrieben worden sei. Wenn der Beschwerdeführer unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen dargelegt habe, (aus gesundheitlichen Gründen) nicht persönlich beim AMS erscheinen zu können, bringe er damit zum Ausdruck, dass er dem Grunde nach in dieser Zeit (d.h. vorübergehend) auch nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senate erwogen hat:

Die belangte Behörde hat festgestellt, dass er Beschwerdeführer den ihm gemäß § 49 AlVG für den 6. März 2013 vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin aus triftigem Grund versäumt hat, weshalb es - wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt - jedenfalls rechtswidrig ist, "die Sanktion nach § 49 AlVG ab dem 06.03.2013 auszusprechen".

Wie bereits in der Berufung bringt der Beschwerdeführer in der Beschwerde weiters vor, dass der triftige Grund zur Versäumung des Kontrolltermins in Ansehung der gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers permanent aufrecht sei. Die belangte Behörde hätte in Anbetracht der vom Beschwerdeführer dazu vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen vom 7. März und 3. Mai 2013 Erhebungen über die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsstörungen und seine Fähigkeit, den vorgeschriebenen Kontrolltermin wahrzunehmen, durchführen müssen.

Auch damit ist die Beschwerde im Recht.

Eine arbeitslose Person, die - wie der Beschwerdeführer - aus triftigen Gründen iSd § 49 Abs. 2 AlVG an der Wahrnehmung eines Kontrolltermins iSd § 49 Abs. 1 zweiter Satz AlVG gehindert ist, muss sich, solange sie vom AMS keinen neuen Kontrolltermin erhalten hat, auf Grund der allgemeinen Verpflichtung des § 49 Abs. 1 erster Satz AlVG spätestens nach Verstreichen der auf den versäumten Termin bzw. auf den Wegfall des triftigen Grundes folgenden Woche aus eigenem bei der regionale Geschäftsstelle melden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0272). Sollte die Gesundheitsbeeinträchtigung, die den Beschwerdeführer an der Wahrnehmung eines Kontrolltermins hinderte, weggefallen sein, so hätte sich der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner Wiedermeldung der Möglichkeit der Vermittlung einer Beschäftigung durch die regionale Geschäftsstelle entzogen und wäre daher insoweit nicht verfügbar gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, Zl. 2010/08/0223).

Die belangte Behörde hat dazu einerseits im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Feststellung getroffen, dass sich der Beschwerdeführer vom 6. bis zum 11. März 2013 im Krankenstand befunden habe und mit dem Ende des Krankenstandes auch der Hinderungsgrund weggefallen sei, andererseits aber auch festgestellt, der Beschwerdeführer habe unter Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen dargelegt, nicht persönlich beim Arbeitsmarktservice erscheinen zu können. In Anbetracht dieser widersprüchlichen Begründung bleibt fraglich, ob der genannte Hinderungsgrund tatsächlich weggefallen ist. Die belangte Behörde wird diesbezüglich das Ermittlungsverfahren allenfalls zu ergänzen und nachvollziehbare Feststellungen zu treffen haben.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Altfälle" weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. September 2014

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