VwGH 2013/07/0135

VwGH2013/07/013523.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des H L in D, vertreten durch Mag. Dr. Klaus Jürgen Karner, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Widmanngasse 44, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. Juni 2013, Zl. 08-ALL-273/2013(002/2012), betreffend Vorauszahlung für eine Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

VVG §10 Abs2;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §39;
VVG §10 Abs2;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §39;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (in weiterer Folge: Bundesminister) vom 2. September 2011 wurde (im Instanzenzug) über den Beschwerdeführer ein wasserpolizeilichen Auftrag verhängt, der folgenden Inhalt hatte:

"I. ...

'(Der Beschwerdeführer) wird gemäß §§ 138 Abs. 1 und 39 WRG 1959 i.d.g.F. verpflichtet, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides nachstehende Maßnahmen zu setzen:

Der Erdwall (Grundfläche ca. 31 m2) bzw. das hangaufwärts gelegene Gerinne auf Parzelle 1, KG (D.) (Grundeigentümer (der Beschwerdeführer)), ist derart zu beseitigen, dass quer zu diesem Bauwerk, d.h. ca. in Richtung der Pflöcke 130:133, ein Ausgleichsgefälle vom bergseitigen Grabenrand zum talseitigen Rand des Erdwalls hergestellt wird. Das Material des Erdwalls ist zur Verfüllung des Grabens auf Parzelle 1, KG (D.) (Grundeigentümer (der Beschwerdeführer)), zu verwenden, überschüssiges Material ist zu verführen. Grabenrand und Erdwallbegrenzung sind in der Natur mit ausreichender Genauigkeit zu sehen, sodass die Ausgangspunkte für die Herstellung des Ausgleichsgefälles nach Naturmaßen bestimmt werden können. Zusätzlich können auch die Abmessungen aus der Vermessungsurkunde (...) entnommen werden, da dieser Plan in großem Maßstab erstellt wurde und ausreichend genau die Grenzen der Bauwerke aus dem Plan herausgemessen werden können; die Länge, auf der ein Ausgleichsgefälle herzustellen ist, beträgt unmittelbar neben der Wegparzelle 5 7 m und geht bis zum Ende des Erdwalls (ca. 15 m vom Pflock 130 entfernt), auf 3 m zurück. Die auszugleichende Fläche ist somit festgelegt durch die Verbindung der Pflöcke 130-133 bzw. deren geradliniger hangaufwertigen Fortsetzung und reicht 15 m nach Südwesten.

Weiters ist die Anschüttung auf Parzelle 2471, d.h. im NO der durch die Pflöcke 131 und 132 vorgegebenen Strecke, auf einer Fläche von ca. 24 m2 zu entfernen. Dazu ist ein Ausgleichsgefälle von Pflock 132 nach Pflock 131 herzustellen. Die Anschüttungsgrenzen sind in der Natur mit ausreichender Genauigkeit zu sehen, sodass nach Naturmaßen vorgegangen werden kann. Zusätzlich können die Abmessungen auch aus der Vermessungsurkunde entnommen werden. Die Länge auf der ein Ausgleichsgefälle herzustellen ist beträgt an der Grundgrenze Parzelle 6/5 7 m und erstreckt sich senkrecht zum Hohlweg auf ca. 4 m."

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid die zu 2011/07/0236 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2011, AW 2011/07/0058, wurde dem Antrag, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht stattgegeben.

Der Beschwerdeführer nahm die ihm aufgetragenen Maßnahmen nicht fristgerecht vor.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan (BH) vom 20. August 2012 wurde dem Beschwerdeführer die Durchführung der Ersatzvornahme angedroht und ihm eine neue Frist zur Erfüllung des Auftrages gesetzt. Auch diese Frist ließ der Beschwerdeführer untätig verstreichen.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige nahm im Oktober 2012 eine Kostenschätzung der durchzuführenden Arbeiten vor (EUR 2.967,00). Dieser aufgeschlüsselten Kostenschätzung sind einzelne Posten wie der Stundensatz von Polier und Hilfsarbeiter, Kosten für den Einsatz eines LKW-3-Achsers und eines Baggers, für die Rekultivierung und für Zu- und Abfuhr zu entnehmen. Diese Kostenschätzung wurde dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. November 2012 dahingehend Stellung, dass die Aufschlüsselung der Kostenschätzung zu allgemein sei und die Kosten zudem zu hoch angenommen seien.

Die BH verpflichtete den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 gemäß § 4 Abs. 2 VVG als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von EUR 2.967,00 bei der BH zu hinterlegen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juni 2013 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde vertrat den Standpunkt, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme seien richtig errechnet worden und der Auftrag sei ausreichend bestimmt. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen in Bezug auf die Höhe der Kosten zudem nicht belegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2011/07/0236, wurde der Titelbescheid (des Bundesministers vom 2. September 2001) insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, als Spruchpunkt I. den Ausspruch mit folgendem Wortlaut enthält:

"Das Material des Erdwalls ist zur Verfüllung des Grabens auf Parzelle 1, KG D (Grundeigentümer H L), zu verwenden, überschüssiges Material ist zu verführen."

Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Selbst wenn damit der überwiegende Teil des Titelbescheides unverändert bleibt, führt die Aufhebung dieses Teils des wasserpolizeilichen Auftrags doch aus nachfolgenden Gründen zur Rechtswidrigkeit des hier angefochtenen Bescheides:

Die Aufhebung des genannten Teiles des wasserpolizeilichen Auftrages wirkt nämlich auf den Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides zurück (ex-tunc-Wirkung). Damit tritt dieser Teil der Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat (§ 42 Abs. 3VwGG).

Dies bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Teilaufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Spruchteil von Anfang an nicht Bestandteil des wasserpolizeilichen Auftrags gewesen wäre. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses bedeutet auch, dass allen Rechtsakten und faktischen (Vollzugs‑)Akten, die während der Geltung des aufgehobenen Bescheidteils auf dessen Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Oktober 1995, 94/05/0348, und vom 16. Dezember 2003, 2002/05/1505, ua).

Dies gilt auch für den einen Exekutionstitel bildenden Kostenvorauszahlungsbescheid, der insofern in einem rechtlichen Zusammenhang mit dem Titelbescheid steht, als letzterer die Grundlage für ersteren bildet (Akzessorietät gegenüber dem Titelbescheid), weshalb zB im Falle eines den Titelbescheid berührenden Vollstreckungshindernisses auch der Kostenvorauszahlungsbescheid nicht mehr vollstreckt werden darf (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 26. April 1993, 92/10/0442, und vom 28. März 2000, 99/05/0254).

Das Schonungsprinzip des § 2 Abs. 1 VVG bedeutet, dass kein höherer Kostenvorschuss verlangt werden darf, als zur Bestreitung der Ersatzvornahme erforderlich wäre. Für Kostenvorauszahlungsaufträge gilt das Prinzip des Schutzes des Verpflichteten vor der Vorschreibung von Kosten, welche die tatsächlich mit der Ersatzvornahme zu erwartenden Kosten erkennbar relevant überschritten. In diesem Fall wären die Kosten aber unverhältnismäßig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. März 2013, 2011/06/0151, und vom 19. Dezember 2013, 2011/03/0173).

Betrachtet man nun den aufgehobenen Spruchteil unter dem Blickwinkel der Relevanz für die voraussichtlichen Vollstreckungskosten, so kann ihm eine solche nicht abgesprochen werden, bezieht sich dieser Spruchteil doch auch darauf, "mit Material des Erdwalls den Graben zu verfüllen bzw. das überschüssige Material zu verführen." Es ist davon auszugehen, dass die Kostenschätzung auf diese Tätigkeiten beim Stundensatz für das Personal, beim Einsatz der Fahrzeuge und bei der "Zu- und Abfuhr" Rücksicht nahm.

Nun bezieht sich ein anderer, aufrechterhaltener Teil des wasserpolizeilichen Auftrags auf die Entfernung der Anschüttung auf einer anderen Parzelle. Mangels näherer Aufschlüsselung der genannten Posten innerhalb der Kostenschätzung war eine konkrete Zuordnung der Kosten, die für die Ersatzvornahme des nun aufgehobenen Spruchteils voraussichtlich anfielen, nicht möglich. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass diese genannten Kostenfaktoren auch auf den aufgehobenen Teil des wasserpolizeilichen Auftrages Bezug nehmen und ihnen insofern die rechtliche Deckung fehlt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-AufwErsV, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr. 455.

Wien, am 23. April 2014

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