Normen
FrPolG 2005 §61 Z3;
FrPolG 2005 §63 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §64 Abs1 Z1 idF 2011/I/038;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FrPolG 2005 §61 Z3;
FrPolG 2005 §63 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §64 Abs1 Z1 idF 2011/I/038;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (in der Folge kurz als "Behörde" bezeichnet) gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 63 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 iVm § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von acht Jahren.
Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei in Serbien geboren und im Jahr 1974 oder 1975 gemeinsam mit seinen Eltern nach Österreich zugezogen. Seit dem 30. April 1975 sei er ununterbrochen und rechtmäßig in Österreich niedergelassen und seit dem 11. April 1996 im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung. Aus einer - zwischenzeitlich geschiedenen - Ehe des Beschwerdeführers entstammten drei Kinder. Der Beschwerdeführer sei mehrere Jahre in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes B vom 30. Jänner 2004 sei er wegen Erwerbs, Besitzes und Überlassung von Suchtgift (Kokain) an andere in einem Zeitraum von Ende 2002 bis September 2003 zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen verurteilt worden. Am 2. Februar 2007 sei der Beschwerdeführer neuerlich vom Bezirksgericht B wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (§ 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Satz SMG) im Zeitraum von Februar 2004 bis Dezember 2006 zu einer Geldstrafe von nunmehr 200 Tagsätzen verurteilt worden. Mit Urteil des Strafgerichtes Straßburg vom 18. Februar 2009 sei der Beschwerdeführer wegen Suchtgiftdelikten mit einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe bestraft worden. Schließlich sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes F vom 19. Oktober 2010 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe wegen Suchtgifthandels, Körperverletzung und schwerer Nötigung verurteilt worden.
Zur Begründung des Aufenthaltsverbotes stellte die Behörde auf das den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers und die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete Beschwerde nach Aktenvorlage durch die Behörde erwogen:
Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Jänner 2012 sind die Bestimmungen des FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 112/2011 anzuwenden.
Die Beschwerde moniert die fehlende Berücksichtigung des § 64 Abs. 1 FPG und ist damit im Recht.
Nach § 64 Abs. 1 Z 1 FPG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, u.a. ein Aufenthaltsverbot gemäß § 63 FPG nicht erlassen werden, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können. Anders als nach der Vorgängerbestimmung des § 61 Z 3 FPG, in der Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38, steht die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer vierjährigen unbedingten Freiheitsstrafe der Anwendung des hier in Betracht kommenden Verfestigungstatbestandes nach § 64 Abs. 1 Z 1 FPG nicht entgegen.
Die Behörde stellte fest, dass sich der Beschwerdeführer seit dem 30. April 1975 ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Ab dem 11. April 1996 wurde ihm eine unbefristete Niederlassungsbewilligung erteilt. Erstmals Ende 2002 ist der Beschwerdeführer straffällig geworden.
Der Beschwerdeführer hatte daher vor Verwirklichung des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Sachverhaltes, dem strafbaren Verhalten Ende 2002, seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG idF BGBl. I Nr. 124/1998 liegen somit vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2013, Zl. 2012/21/0088). Sonstige Gründe, die der Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 StbG entgegenstehen hätten können, sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich und wurden im angefochtenen Bescheid auch nicht dargelegt.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren in Bezug auf den Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf den in der angeführten Verordnung vorgesehenen Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand abzuweisen.
Wien, am 30. September 2014
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