VwGH 2012/16/0023

VwGH2012/16/002311.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der K GmbH in K, vertreten durch die Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m. b.H. in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 31-33, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 13. Dezember 2011, Zl. RV/0118-I/11, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1392;
ABGB §1405;
GebG 1957 §33 TP21;
ABGB §1392;
ABGB §1405;
GebG 1957 §33 TP21;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H.

(Beschwerdeführerin) schloss mit der X AG eine Vereinbarung betreffend einer Vertragsübertragung mit auszugsweise lautendem Inhalt:

"Vorbemerkung:

(...) Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass anstelle der (X AG) künftig die (Beschwerdeführerin) die Persönlichkeitsrechte von (Y) weltweit (mit Ausnahme von Österreich) vermarkten wird. Dies vorausgeschickt vereinbaren die Parteien wie folgt:

1. (X AG) beendet den mit (Y) bestehenden Vertrag über die Vermarktung seiner Persönlichkeitsrechte (...) mit heutigem Tag. (Die Beschwerdeführerin) wird mit (Y) einen entsprechenden Vertrag über die weltweite Vermarktung der Persönlichkeitsrechte von (Y) (mit Ausnahme von Österreich) abschließen.

2. (X AG) hat für (Y) einen Vertrag mit der (A Ltd.) über die Zurverfügungstellung von Leistungen betreffend (Y) mit Datum (...) abgeschlossen (...), weiterhin hat die (X AG) mit der (B AG) einen Vertrag über die Zurverfügungstellung von Leistungen betreffend (Y) mit Datum (...) abgeschlossen (...). (X AG) überträgt hiermit sämtliche Rechte und Pflichten aus den beiden genannten Verträgen auf die (Beschwerdeführerin); die (Beschwerdeführerin) tritt anstelle der (X AG) in die beiden Verträge als Vertragspartei ein. (...) Den Parteien ist bekannt, dass zur Wirksamkeit der Vertragsübertragung jeweils die schriftliche Zustimmung der (A Ltd.) bzw. der (B AG) vorliegen müssen; die Parteien werden unverzüglich gemeinsam alle erforderlichen Schritte einleiten um die schriftliche Zustimmung zu erhalten.

3. Als Gegenleistung für die Übertragung der Rechte und Pflichten aus den beiden oben genannten Verträgen zahlt die (Beschwerdeführerin) an die (X AG) einen Betrag in Höhe von insgesamt (...)."

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde im Instanzenzug Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 21 (Zessionen) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) für die auszugsweise zitierte Vereinbarung fest und führte dazu aus, sie schließe sich der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an, welcher die zum Teil in der Literatur vertretene Auffassung zu § 33 TP 21 GebG, wonach die Vertragsübernahme gebührenrechtlich wie die Neubegründung des übertragenen Rechtsverhältnisses zu behandeln sei, zumindest in dieser allgemeinen Form ablehne.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würden die einzelnen Tarifposten des § 33 GebG zu Tarifpost 21 des § 33 GebG im Verhältnis lex specialis zur lex generalis stehen. Daraus folge, dass zwar dort, wo eine Tarifpost der zitierten Gesetzesstelle einen Fall besonders regeln würde, eine Vergebührung nach TP 21 nicht in Frage komme, dass hingegen dort, wo sich hinsichtlich eines rechtsgeschäftlichen Vorganges in einer anderen Tarifpost kein Sondertatbestand finden würde, sehr wohl eine Anwendung der lex generalis des § 33 TP 21 GebG Platz zu greifen hätte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und Literaturmeinung würden Vertragsübernahmen, die die Übertragung von Rechten gegen Übernahme von Pflichten beinhalten, jedenfalls der Gebühr des § 33 TP 21 Abs. 1 GebG unterliegen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin, ersichtlich in ihrem Recht verletzt, dass die in Rede stehende Vereinbarung nicht der Gebührenpflicht nach § 33 TP 21 GebG unterliege.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob die Vereinbarung über die Vertragsübertragung gegen Entgelt zwischen der Beschwerdeführerin und der X AG, ohne vorab erteilte Zustimmung durch die weiteren Vertragsparteien, gebührenrechtlich als Zession im Sinne des § 33 TP 21 Gebührengesetz 1957 (GebG) zu behandeln ist.

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird. Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird nach Abs. 2 leg. cit. bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, welcher die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 GebG unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten nach dem Wert des Entgelts einer Gebühr von 0,8 v.H.

Ist mit der Abtretung der Rechte auch eine Schuldübernahme verbunden, so liegt der Fall einer Vertragsübernahme vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Vertragsübernahme ein eigenes Rechtsinstitut und bewirkt, dass durch einen einheitlichen Akt nicht nur die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird, sondern dass der Vertragsübernehmer an die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung übernimmt, ohne dass dadurch der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses geändert werden. Sie enthält nicht nur eine Kombination von Forderungsabtretung und Schuldübernahme, sondern auch eine Übertragung der darüber hinaus greifenden rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere also auch der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte. Unter einer Vertragsübernahme wird also ein rechtsgeschäftlicher Vorgang verstanden, im Zuge dessen unter Zustimmung aller Beteiligten eine gesamte Vertragsstellung mit allen Rechten und Pflichten von einem der Vertragspartner auf einen neuen Vertragspartner übertragen wird, mit welchem das Schuldverhältnis in seiner Gesamtheit fortgesetzt wird, ohne dass sich an der Identität des Vertrages dabei etwas ändert. Die Entgeltlichkeit, daher die Vereinbarung einer Gegenleistung zwischen dem aus dem Vertragsverhältnis Ausscheidenden und dem in das Vertragsverhältnis Eintretenden ist kein Essentiale der Vertragsübernahme (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. März 2005, 2004/16/0254, mwN und vom 20. Dezember 2007, 2004/16/0165).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 12. Juni 1957, 644/55, VwSlg 1663/F, mit verstärktem Senat ausgesprochen hat, ist ein entgeltlicher Verzicht eines Vormieters auf das Hauptmietrecht an einer Wohnung zu Gunsten des Nachmieters keine Abtretung von Rechten im Sinne des § 33 TP 21 GebG, weil der Nachmieter damit noch kein Recht an der Wohnung erworben hat.

Eine Vertragsübernahme, die derart zustandekommt, dass der ausscheidende, der neueintretende und der verbleibende Vertragspartner uno acto die Vertragsübernahme vereinbaren und darüber eine Urkunde errichten, ist gebührenrechtlich wie die Neubegründung des übertragenen Rechtsverhältnisses zu behandeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1989, 88/15/0086).

Hingegen ist bei entgeltlicher Abtretung von Mietrechten durch den Vormieter an den Nachmieter unter vorweg erteilter Zustimmung des Vermieters der Tatbestand des § 33 TP 21 GebG erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1982, 3243/80, VwSlg 5729/F).

Im Beschwerdefall geht aus Punkt 2. der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Vereinbarung, wie auch von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführt, eindeutig hervor, dass diese Vereinbarung vorbehaltlich der Zustimmung genannter dritter Vertragspartner erfolgt. Die Vertragsposition konnte daher im Beschwerdefall nicht einmal uno actu übertragen werden, weil in jedem Fall die Zustimmung der genannten dritten Vertragspartner noch einzuholen gewesen wäre. Eine vorweg erteilte Zustimmung ist auch den in den Verwaltungsakten enthaltenen Verträgen, in welche die Beschwerdeführerin eintreten soll, nicht zu entnehmen.

Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung zwar bejaht, dass § 33 TP 21 GebG eine allgemeine Vorschrift gegenüber Sondertatbeständen, welche die Abtretung von Rechten im Besonderen regeln, darstellen könne (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1988, 87/15/0145). § 33 TP 21 GebG stellt jedoch keinen Auffangtatbestand dar, der bloß zur Anwendung gelangt, wenn eine Subsumtion unter eine andere Tarifpost nicht möglich ist. Im Beschwerdefall waren daher die Voraussetzungen für eine gebührenpflichtige Abtretung von Rechten im Sinne des § 33 TP 21 GebG nicht erfüllt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. September 2014

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