VwGH 2011/10/0192

VwGH2011/10/019226.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der E GmbH in W, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. September 2011, Zl. U-14.166/28, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1 litb;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1 litc;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1 litb;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1 litc;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. September 2011 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. November 2007 auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Wasserkraftanlage "Klamm an der Wildschönauer Ache" gemäß §§ 7 Abs. 1 lit. b und c, Abs. 2 lit. a sowie 29 Abs. 8 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005) abgewiesen und die beantragte Bewilligung versagt.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensganges sowie Feststellungen zur beantragten Wasserkraftanlage (geplant als Unterstufenkraftwerk ohne eigenes Entnahmebauwerk zu dem seit 1997 in Betrieb stehenden Kraftwerk Mühltal, bestehend aus einem Übergabebauwerk beim bestehenden Maschinenhaus des Kraftwerkes Mühltal, einer Druckrohrleitung mit einer Gesamtrohrlänge von 1.080 m, einem Maschinenhaus und einer Energiefortleitung; Ausbauwassermenge 1.400 l/s, Leistung Turbine:

573 kW, Leistung Generator: 550 kVA, Jahres-Regelarbeitsvermögen:

rund 4 GWh) - im Wesentlichen aus:

Für die beantragte Wasserkraftanlage sei die Eingriffserheblichkeit in Bezug auf geschützte und gefährdete Tier- und Pflanzenarten als mäßig einzustufen (Betroffenheit von Einzelindividuen). Aufgrund der Sensibilität der betroffenen Lebensräume (auch stark gefährdete Lebensräume seien vom Projekt betroffen) ergebe sich durch das Vorhaben eine sehr hohe Eingriffserheblichkeit in Bezug auf Lebensräume. Die Eingriffserheblichkeit des Vorhabens auf den Naturhaushalt sei grundsätzlich als hoch bzw. im Bereich des Krafthauses lokal als sehr hoch einzustufen. Die Eingriffserheblichkeit in Bezug auf die Landschaft sei "als sehr hoch an der Grenze zu hoch" zu bewerten. Durch das Vorhaben sei auch eine sehr hohe Beeinträchtigung für das Schutzgut Erholungswert zu erwarten.

Dies ergebe sich aus der - im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen - Stellungnahme der naturkundefachlichen Amtssachverständigen vom 14. Februar 2011, die nachvollziehbar und schlüssig sei und die von der Beschwerdeführerin nicht habe erschüttert werden können. Die mit dem gegenständlichen Vorhaben verbundenen negativen Auswirkungen würden insbesondere darin zum Ausdruck kommen, dass von den fünf bewerteten Schutzgütern drei der höchsten und ein Schutzgut der zweithöchsten Beeinträchtigungsstufe zuzuordnen seien. Eine geringe Beeinträchtigung habe für keines der Schutzgüter festgestellt werden können.

Weiters sei - so die belangte Behörde - aus hydrologischer Sicht ergänzend festzustellen, dass die in den Projektunterlagen enthaltenen hydrologischen Angaben zum Wasserdargebot nachvollziehbar und im Vergleich mit der regionalen Abflusscharakteristik als plausibel anzusehen seien. Weiters sei aus limnologischer Sicht ergänzend festzustellen, dass es durch die geplante Restwasserstrecke im betroffenen Gewässerabschnitt zu einer Veränderung der Strömungs- und Wassertiefenvariabilität sowie zu einer Abnahme der benetzten Wasserbreite im Gewässerbett komme. Bei projektgemäßer Abgabe des Dotierwassers sei der gute ökologische Zustand in der bestehenden Ausleitungsstrecke jedoch gewährleistet.

Diese Feststellungen würden sich aus den - im angefochtenen Bescheid ebenfalls wörtlich wiedergegebenen - Stellungnahmen der Amtssachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren vom 19. November 2010 ergeben.

Die genannte Stellungnahme der naturkundefachlichen Amtssachverständigen vom 14. Februar 2011 führt (u.a.) Folgendes aus:

Das Projektgebiet liege im Bezirk Kufstein in der Wildschönau, westlich des Ortsteiles Mühltal an der Wildschönauer Ache. Die Wildschönauer Ache verlaufe hauptsächlich durch die Grauwackenzone, im Unterlauf ("Kundler Klamm") durchfließe sie Kalkgesteine. Im Inntal herrschten quartäre Schotterablagerungen vor. Das Einzugsgebiet der Wildschönauer Ache sei zu etwa 40 bis 50 % bewaldet. Im Oberlauf des Gewässers würden Almen, Weiden, Zirben, Zirben-Lärchenwälder und montane Fichtenwälder auftreten. Der Mittellauf werde von Mähwiesen und Buchen-Tannen-Wald dominiert. Im Bereich der "Kundler Klamm" würden auch Kiefernwälder auftreten. Die geplante Restwasserstrecke (1.080 m) erstrecke sich ca. 50 m bachaufwärts der "Kundler Klamm" beginnend bis zum Maschinenhaus des bestehenden Kraftwerkes Mühltal-Klamm. Sie stelle den südlichen Zugangsbereich zur "Kundler-Klamm" dar. Der Raum "Kundler Klamm" sei als Biotopkomplex (Biotopkomplex Schlucht, bachbegleitende naturnahe Gehölze, gehölzfreie Au) in der Biotopkartierung des Amtes der Tiroler Landesregierung ausgewiesen. Orographisch rechtsufrig ziehe sich laut Biotopkartierung der Biotopkomplex in einem schmalen Streifen (die Breite variiere zwischen ca. 7 m und 50 m) entlang der Projektstrecke.

Das Übergabebauwerk solle im Bereich des geschotterten Vorplatzes unmittelbar vor dem Maschinenhaus des bestehenden Kraftwerkes Mühltal-Klamm errichtet werden. Dieses Bauwerk aus Stahlbeton werde zur Gänze unterirdisch ausgeführt und direkt an den bestehenden Unterwasserkanal des Kraftwerkes Mühltal-Klamm angebaut. Der Standort sei durch eine bestehende Gemeindestraße erschlossen. Vom Übergabebauwerk werde die Druckrohrleitung weiter geführt und müsse zuerst die Wildschönauer Ache unterirdisch, bachabwärts einer bestehenden Brücke, queren. Die Böschungen unmittelbar bachabwärts der bestehenden Brücke, wo sich derzeit die Rückgabe des bestehenden Kraftwerkes Mühltal-Klamm befinde, seien bereits gesichert. Im Bereich der Bachquerung werde die Druckrohrleitung mit 40 cm Beton ummantelt und die Bachsohle im Querungsbereich mit Wasserbausteinen gesichert. Die Ufer würden in diesem Bereich ebenfalls mit einem Deckwerk befestigt. Bis zur Einbindung der Druckrohrleitung in den geschotterten Forstweg würde die hier bestehende Uferböschung durch die Baumaßnahmen beansprucht und umgestaltet werden. Die Böschung auf der orographisch rechten Seite falle derzeit vom Weg zuerst steil ab und laufe dann sehr flach und breit Richtung Abflussbereich der Wildschönauer Ache aus. Diese flache und breite Uferböschung habe sich im Innenbogen, den die Wildschönauer Ache in diesem Bereich einnehme, gebildet und werde von bachbegleitenden, naturnahen Gehölzen wie z.B. Fichte, Buche, Ulme, Weidenarten, Bergahorn und vereinzelt Grauerle bewachsen. Dieser Abschnitt der rechten Uferböschung würde durch das Einbringen der Druckrohrleitung umgestaltet, d.h. die Böschung werde ausgehend vom Abflussbereich der Ache aufgesteilt und über eine Länge von ca. 30 m kontinuierlich an das bestehende, höhere Niveau des orographisch rechten Schotterweges wieder herangeführt. Die restliche Strecke bis zum geplanten Maschinenhaus verlaufe die Druckrohrleitung mit einer Mindestüberdeckung von 80 cm rechtsufrig im geschotterten Gemeindeweg Richtung "Kundler Klamm".

Das Maschinenhaus sei auf der orographisch rechten Seite der Wildschönauer Ache, ca. 50 m oberhalb der Brücke am Eingang in die "Kundler Klamm", geplant. Das Stahlbetongebäude werde unterirdisch in der Uferböschung neben dem vorbeiführenden Weg errichtet. Im "Konfliktplan" des Einreichprojekts seien für den Bereich des Maschinenhauses als "Konflikte auf Dauer" eine punktuelle Versiegelung der Oberfläche und die Beeinträchtigung des bestehenden Landschaftsbildes angeführt. Die auf Dauer vom Projekt beanspruchte Fläche betrage 17 m x 15 m (Fläche des Krafthauses inkl. 2 m um die Gebäudekanten). Von der Errichtung des Krafthauses samt Unterwasserkanal und Bachverbauungen sei die rechtsufrige Bachböschung auf ihrer gesamten Höhe und Tiefe (vom geschotterten Weg bis zum Abflussbereich) betroffen. Um das Gebäude in das Gelände einzubringen, werde 8 m in die Tiefe gegraben. Das Bachbett und die Uferböschung würden durch die Baumaßnahmen beansprucht, d.h. verbaut und umgestaltet werden. Bergseits des Weges, auf Höhe des geplanten Maschinenhauses, sei eine 2,5 m hohe Steinschlichtung auf einer Länge von ca. 33 m vorgesehen.

Die Wildschönauer Ache entspringe im Westen der Kitzbühler Alpen, entwässere nach Norden und münde bei Kundl orographisch rechts in den Inn. Sie erstrecke sich in ostsüdöstliche Richtung, ihre Gesamtlänge betrage 23,15 km. Das Gesamteinzugsgebiet der Wildschönauer Ache betrage 87,2 km2. Im Rahmen der Fließgewässerkartierung sei die Wildschönauer Ache in 27 ökomorphologisch unterschiedliche Abschnitte unterteilt worden. Nicht bis wenig beeinflusste Abschnitte der Wildschönauer Ache, welche auch als Referenzstrecken einzustufen seien, würden sich v. a. im Bereich der "Kundler Klamm" (Gewässerabschnitte 4-6) befinden. Das wegseitige Ufer sei zwar punktuell verbaut, eine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit sei dadurch nicht gegeben. Die Abschnitte 7-9 seien ebenso durch gering verbaute Ufer, natürliche Strukturen wie Uferanrisse, Totholzablagerungen, Grauerlenbestände mit Auwaldcharakter, hohe Strukturvielfalt, hohe Strömungsvielfalt und Breitenvariabilität gekennzeichnet. Die Abschnitte 23-27 oberhalb des Schönbodens seien morphologisch ebenfalls gering beeinträchtigt.

Vom beantragten Kraftwerk wären laut Gewässerkartierung die Abschnitte 6 und 7 der Wildschönauer Ache betroffen. Die betroffenen Teilstrecken dieser Gewässerabschnitte (319 m in Abschnitt 6, 760 m in Abschnitt 7) zählten bislang zu den nicht bis wenig beeinflussten Abschnitten der Wildschönauer Ache. Diese zeige innerhalb der projektierten Restwasserstrecke eine naturnahe Ausprägung und weise eine hohe Substratvielfalt, verbunden mit einem stark variierenden Strömungsbild und einer hohen Breiten- und Tiefenvariabilität, auf. Im Uferbereich hätten sich Seicht- und Stillwasserzonen ausgebildet. Totholzablagerungen, Schotterbänke und stellenweise natürliche Uferanrisse stärkten die naturnahe Ausprägung des betroffenen Gewässerabschnittes. Die Uferböschungen seien im Längs- und Querverlauf variabel ausgestaltet und von einer bachbegleitenden Ufervegetation bewachsen. Örtlich würden vor allem auch linksufrig kleine Wiesenflächen an den Bachverlauf anschließen und die Ufervegetation unterbrechen. Die bachbegleitende Gehölzvegetation werde von Grauerle, Berg-Ahorn, Berg-Ulme und Fichte gebildet. In der Strauchschicht dominierten Schwarzer Holunder, Hasel und Weidenarten. Der Unterwuchs werde von Hochstaudenfluren aus Giersch, Pestwurz und Brombeere geprägt. Entlang der Projektstrecke sei ein regelmäßiges Auftreten des invasiven Neophyten Staudenknöterich festgestellt worden.

Innerhalb des betroffenen Abschnittes 7 habe sich teilweise ein sehr breites Bachbett (bis zu ca. 35 m) ausgebildet. Neben dem benetzten Abflussbereich hätten sich hier Schotterbänke abgelagert, die teilweise auch mit Pioniervegetation bewachsen seien. Bei Hochwasserführung werde das Schottermaterial bewegt und umgelagert. Dies bedeute, dass sich der Abflussbereich teilweise auffächere bzw. durch Verwerfungen neue Wege suche. Dadurch ergebe sich ein zeitweise verzweigter Abfluss mit bogigem Verlauf. In der ökomorphologischen Kartierung (Fließgewässeratlas Tirol) sei für den Abschnitt 7 ein verzweigter flussmorphologischer Typ angeführt. Die Variabilität der Bachbettgestaltung und die naturnahe Charakteristik des Bachabschnittes würden dadurch erhöht.

Der Abschnitt 6 weise aufgrund der engeren topographischen Verhältnisse eine geringere Bachbreite (durchschnittlich 8 m) und ein höheres Gefälle auf und gehe in einen schluchtartigen Charakter mit bogigem Verlauf über. Der Abfluss erfolge dementsprechend wuchtiger und noch imposanter. Neben Bach und Schotterweg würden steile Hänge emporsteigen und das Sichtfeld begrenzen. Im Bachbett und in der Uferböschung seien auch Felsblöcke mit mehreren Metern Durchmesser abgelagert. Linksufrig seien hohe Uferanbrüche und teilweise anstehender Fels festzustellen. Auf Höhe des geplanten Maschinenhauses gestalte sich der Abflussbereich sehr wild und mächtig, große Felsablagerungen würden umspült, teilweise würden hinter Abstürzen tiefe Kolke gebildet. Beidseitig würden steile Waldhänge emporsteigen. Entlang der geplanten Restwasserstrecke verlaufe orographisch rechts ein ca. 2-3 m breiter Schotterweg, der in weiterer Folge in die "Kundler Klamm" hineinführe. Großteils verlaufe der Weg entlang der Böschungsoberkante, teilweise werde der Abstand zwischen Abflussbereich und Weg auch bis zu ca. 15 m breit. Zur Sicherung des Weges seien punktuell die Uferböschungen gesichert worden. Wesentliche Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionsfähigkeit seien laut Ausführungen im gewässerökologischen Bericht des Einreichprojektes durch diese Ufersicherungen jedoch nicht gegeben. Bergseits des Weges würden nur sporadisch schmale, extensiv bewirtschaftete Wiesen anschließen, prägend seien die großflächigen, teilweise steil ansteigenden Waldgebiete (montaner Fichtenwald), welche sich entlang des Projektgebietes erstreckten. Orographisch links der Wildschönauer Ache wechselten sich Ufervegetation, kleinflächige Wiesen und steil aufsteigende Waldhänge oder Felsböschungen entlang des Bachbettes ab.

Bei Mittelwasserführung würden im Jahresverlauf zwischen 29 % und 41 % der natürlichen Wasserfracht in der Restwasserstrecke des beantragten Kraftwerkes verbleiben. Der Wasserentzug liege damit zwischen 59 % und 72 % der natürlichen Mittelwasserführung. Es seien am 1. August 2007 Messungen der Fließgeschwindigkeiten, der Tiefenverteilung und der benetzten Bachbreiten bei den Abflüssen von 150 l/s, 258 l/s und 339 l/s durchgeführt worden. Die benetzte Breite nehme bei einer Wasserführung von 258 l/s gegenüber einer Wasserführung von 339 l/s (dies entspreche einer Reduktion der Wasserführung um 24 %) um 16 % bzw. in der gegenständlichen Fließstrecke um tatsächliche 1,15 m ab. Der arithmetische Mittelwert aus den gemessenen Fließgeschwindigkeiten an der Gewässeroberfläche bei mittlerer Wassertiefe und nahe der Sohle reduziere sich bei einer Wasserführung von 258 l/s gegenüber einer Wasserführung von 339 l/s um 21 %. Die mittleren Tiefen würden sich zwischen einem Abfluss von 258 l/s und 339 l/s in der Versuchsstrecke um knapp 50 % (um 9,2 cm von ca. 19,7 auf 10,5 cm) verändern.

Untersuchungen hinsichtlich des Algenaufwuchses (Phytobenthos) und der aquatischen Bodenfauna (Makrozoobenthos) seien am Ende der bestehenden Restwasserstrecke des Kraftwerkes Mühltal-Klamm und an zwei derzeit hydrologisch noch unbeeinflussten Referenzstellen innerhalb der geplanten Restwasserstrecke des beantragten Kraftwerkes vorgenommen worden. Gegenüber den Probestellen in den Referenzstrecken sei die Individuendichte in der bestehenden Restwasserstrecke des Kraftwerkes Mühltal-Klamm um 60 % bzw. 63 % reduziert. Die Biomasse sei um 56 % bis 69 % geringer, die Gesamttaxazahl hingegen vergleichbar.

Im "Naturschutzplan der Fließgewässerräume Tirols, 2006" sei der vom beantragten Kraftwerksprojekt beanspruchte Abschnitt 7 der Wildschönauer Ache (760 m vom Projekt betroffen) als "seltener Gewässer(natur)raumtyp" eingestuft. Konkret komme dieser Gewässernaturraumtyp tirolweit noch auf 8028 m Fließlänge vor. Damit liege dieser Gewässernaturraumtyp knapp an der Grenze zur Einstufung "sehr selten" (weniger als 8 km Gesamtstreckenlänge in Tirol). Von diesen 8028 m Fließlänge des betroffenen Gewässernaturraumtyps würden noch 806 m einen natürlichen und 3550 m einen naturnahen Ist-Zustand aufweisen. Bei Umsetzung des gegenständlichen Kraftwerksprojektes würde durch die Änderung der Hydrologie die betroffene Teilstrecke des Abschnittes 7 in einen stark beeinträchtigten Zustand übergeführt werden.

Im Projektgebiet seien gefährdete und stark gefährdete Biotoptypen ausgeprägt (Gestreckter Gebirgsbach, Verzweigter Gebirgsbach, Vegetationslose Schotter- und Sandbank der Fließgewässer, Schotter- und Sandbank der Fließgewässer mit Pioniervegetation, Biotopkomplex Schlucht). Als Schutzgrund für das Biotop "Kundler Klamm und Schluchten vom Kragenjoch zum Talboden" gebe die Biotopkartierung an, dieses sei sehr reich an verschiedensten Strukturen und Lebensgemeinschaften, der Zustand des Großteils der Fläche sei naturnahe bis natürlich bzw. ursprünglich. Es bestehe Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten, es kämen besonders viele geschützte und gefährdete Pflanzenarten vor; weiters sei der Erholungswert der teilweise durch Wanderwege erschlossenen Gebiete hervorzuheben.

Der projektgegenständliche Gewässerabschnitt sei dem wertvollen Biotopkomplex und Erholungsgebiet "Kundler Klamm" unmittelbar bachaufwärts vorgelagert bzw. ziehe sich orographisch rechts der Biotopkomplex mit einer Breite von bis zu ca. 50 m auch entlang der Projektstrecke. Der vorgelagerte, projektgegenständliche Abschnitt der Wildschönauer Ache könne aufgrund seiner naturnahen Ausprägung mit teilweise schluchtartigem Charakter als geeignete "Einstimmung" für die imposante Kulisse der "Kundler Klamm" angesehen werden. Bestehende menschliche Einflüsse entlang des gegenständlichen Gewässerabschnittes seien als gering anzusehen; nur am Beginn der geplanten Restwasserstrecke würden sich das bestehende Maschinenhaus des Kraftwerkes Mühltal-Klamm und eine Brücke befinden. Entlang der Restwasserstrecke selbst beschränke sich der menschliche Einfluss auf den rechtsufrigen Schotterweg samt dem Umkehrplatz des entlang des Weges geführten Bummelzuges und punktuelle Ufersicherungen. Der enge Talabschnitt werde primär vom strukturreichen Abfluss und Bachbett der Wildschönauer Ache, von der starken Geräuschkulisse des Bachabflusses, von der Ufervegetation, von eingestreuten, kleinräumigen Extensivwiesen und den aufsteigenden Berghängen mit großteils Waldflächen oder felsigen Steinwänden geprägt. Das Landschaftsbild sei dementsprechend als gering beeinträchtigt und von durchwegs hoher Attraktivität einzustufen. Der Abfluss der Wildschönauer Ache rücke innerhalb des schmalen Talabschnittes als wesentliches Landschaftselement in den Vordergrund. Dies deshalb, da die Wildschönauer Ache sowohl aufgrund ihrer akustischen (starkes Rauschen, Getöse) als auch aufgrund ihrer visuellen Dominanz (bewegte Komponente im Landschaftsbild) den schmalen, längsverlaufenden Landschaftsteil präge. Der strukturreiche, bogige Abfluss, die Totholzablagerungen, die Schotterbänke, die Uferanbrüche und der allgemeine Wildbachcharakter mit naturnaher Ausprägung prägten in Kombination mit der bachbegleitenden, naturnahen Vegetation, den angrenzenden Wäldern, kleinräumigen Wiesen und der Kulisse im Eingangsbereich der Schlucht mit steilen, bewaldeten oder felseigen Hängen den Landschaftsteil.

Der gegenständliche Bachabschnitt liege abseits des Siedlungsgebietes, sei aber aufgrund des bachbegleitenden 2-3 m breiten Schotterweges leicht zugänglich. Aufgrund der hohen Attraktivität des Landschaftsteiles und als südlicher Zugangsweg zur imposanten "Kundler Klamm" werde der Weg entlang der geplanten Restwasserstrecke von Erholungssuchenden stark genutzt. Um Naturliebhabern das gegenständliche Gebiet und in weiterer Folge die "Kundler Klamm" näher zu bringen, werde auch ein Bummelzug in diesen Landschaftsteil geführt. Im unteren Abschnitt werde dieser Bummelzug auf dem bachbegleitenden Schotterweg entlang der projektierten Restwasserstrecke geführt. Hier befinde sich auch dessen Umkehrplatz (ca. 350 m bachaufwärts des geplanten Krafthausstandortes), welcher als Rastplatz mit Sitzbänken ausgestaltet sei. Der projektgegenständliche Landschaftsteil sei insgesamt als Teil eines wertvollen Erholungsgebietes anzusehen.

Hinsichtlich der durch das Vorhaben verursachten Auswirkungen auf Arten sei festzuhalten, dass in der in den Einreichunterlagen enthaltenen Vegetationskartierung, welche eine Bestandsaufnahme im Bereich des Übergabebauwerkes und der rechtsufrigen Böschungsvegetation darstelle, keine geschützten oder gefährdeten Arten festgestellt worden seien. Die aquatische Biozönose (Algenaufwuchs, Makrozoobenthos) weise entsprechend der Probenauswertung keine geschützten oder gefährdeten Arten auf. Darüber hinausgehende Erhebungen auf Art-Niveau (z.B. zoologische Kartierungen von Vögeln, Amphibien, Wirbellosen) oder ausgedehntere botanische Erhebungen (z.B. Schotterpionierfluren im Gewässerbett) lägen nicht vor. Der Zustand des Großteiles der Flächen im Nahbereich des Projektgebietes bzw. rechtsufrig entlang dem Projektgebiet sei in der Biotopkartierung als naturnah bis natürlich bzw. ursprünglich eingestuft worden. Weiters sei festgestellt worden, dass Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten bestehe und besonders viele geschützte und gefährdete Pflanzenarten hier vorkommen würden. Da das Projektgebiet unmittelbar an die erhobenen Biotopflächen anschließe und sich auch hier der Lebensraum natürlich bzw. naturnah fortsetze, sei jedenfalls davon auszugehen, dass auch in diesem Gebiet geschützte und gefährdete Tier- und Pflanzenarten vorkämen. Es werde daher erwartet, dass durch die Baumaßnahmen und/oder den Betrieb der Anlage Einzelindividuen geschützter oder gefährdeter Arten betroffen seien. Die Eingriffserheblichkeit auf Arten sei daher insgesamt als mäßig einzustufen (Betroffenheit von Einzelindividuen geschützter oder gefährdeter Arten).

Hinsichtlich der Auswirkungen auf Lebensräume sei festzuhalten, dass vom gegenständlichen Projekt geschützte und gefährdete oder stark gefährdete Lebensräume betroffen seien. Die Befunderhebung habe ergeben, dass die Lebensräume noch naturnah ausgeprägt seien. Ein seltener Gewässernaturraumtyp (Abschnitt 7) sowie eine ökomorphologische Referenzstrecke (Abschnitt 6) seien von der Restwasserführung betroffen. Durch den ganzjährigen Wasserentzug im Ausmaß von 59 % bis 72 % der natürlichen Wasserführung (bei Mittelwasserführung) werde stark in die natürliche Hydrologie des Gewässerabschnittes eingegriffen. Gewässerspezifische Parameter der Fließgewässerbiotoptypen würden verändert. Durch die Reduktion der Wassermenge um bis zu 72 % sei daher eine hohe Eingriffsintensität des Vorhabens (hohe Betroffenheit) auf Lebensräume gegeben. In Verknüpfung mit der Sensibilität der Lebensräume (auch stark gefährdete Lebensräume seien vom Projekt betroffen) ergebe sich eine sehr hohe Eingriffserheblichkeit bzw. Belastung von Lebensräumen durch das Vorhaben.

Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Naturhaushalt habe die Befunderhebung ergeben, dass der betroffene Gewässerabschnitt noch einen natürlichen bis naturnahen Naturhaushalt aufweise. Die Hydrologie als wesentlicher Parameter eines Fließgewässers sei noch unbeeinträchtigt, die Morphologie sei als gering beeinträchtigt einzustufen. Durch den ganzjährigen Wasserentzug im Ausmaß von 59 % bis 72 % der natürlichen Wasserführung (bei Mittelwasserführung) werde stark in die natürliche Hydrologie des Gewässerabschnittes eingegriffen. Die Dynamik im Jahresverlauf werde deutlich gedämpft, die Dauer der Niederwasserverhältnisse deutlich verlängert, sodass in Bezug auf die Hydrologie eine starke Abweichung von den natürlichen Verhältnissen gegeben sei. Es seien auf Basis der gewässerökologischen Untersuchungen Änderungen der natürlichen Individuendichten (Reduktion um 60 % bzw. 63 %), der Biomassen der aquatischen Bodenfauna (Reduktion um 56 % bzw. 69 %) und Verschiebungen in den Dominanzverhältnissen der Populationen zu erwarten, nicht jedoch ein Verschwinden von Populationen. Örtlich werde durch Verbauungen der Uferböschung und durch die Sicherung der Bachsohle im Bereich des Krafthauses neben der Änderung der hydrologischen Verhältnisse auch stark in die natürliche Morphologie des Gewässers eingegriffen. Die Eingriffserheblichkeit bzw. die Belastung des Vorhabens auf den Naturhaushalt sei daher als hoch bzw. lokal (im Bereich des Krafthauses) als sehr hoch einzustufen.

Hinsichtlich der Auswirkungen auf das Landschaftsbild sei festzuhalten, dass für deren Beurteilung die in der einschlägigen Literatur und im TNSchG 2005 zur Landschaftsbildbeschreibung verwendeten Begriffe "Eigenart", "Vielfalt" und "Schönheit" durch die leichter verständlichen und objektivierbaren Indikatoren "Ursprung der Elemente" (Ausprägung der Landschaftselemente), "Einzigartigkeit" und "Repräsentativität" (charakteristisches, standorttypisches Erscheinungsbild) veranschaulicht werden könnten. Aus der Befunderhebung würde sich hinsichtlich der Sensibilität folgende Einstufung ergeben: Neben großflächigen natürlichen Landschaftselementen wie dem strukturreichen Gewässerlauf, variablen Uferböschungen mit charakteristischer Begleitvegetation, aufsteigenden Berghängen unterschiedlichster Neigung, ausgedehnten Waldflächen, Felspartien und unterschiedlichen Vegetationseinheiten bestehe eine Abminderung der Landschaft durch den rechtsufrig verlaufenden Schotterweg samt Umkehrplatz des Bummelzuges und lokalen Ufersicherungen. Hinsichtlich des Indikators "Ursprung der Elemente" werde daher ein naturnaher bzw. teilweise traditioneller Zustand festgestellt (Sensibilität mittel), die "Einzigartigkeit" des Gebietes werde aufgrund des betroffenen seltenen Gewässernaturraumtyps als hoch bewertet und hinsichtlich der "Repräsentativität" ergebe sich aufgrund der dominierenden überwiegend typischen Landschaftselemente (variabler Gewässerlauf, Waldflächen, Ufervegetation, Berghänge) eine hohe Sensibilität. Durch die Reduktion der natürlichen Wasserführung um 59 % bis 72 % bei Mittelwasserführung sei ein hoher Eingriff in die Parameter "Ursprung der Elemente" und "Einzigartigkeit" gegeben. Die Restwasserführung wirke sich flächig über eine Gewässerlänge von ca. 1.080 m auf die Landschaft aus. Das Erscheinungsbild des Gewässers werde durch die Reduktion der Wassermenge um bis zu 72 % verändert, was sich z.B. in der Reduktion der benetzten Breite wiederspiegle. Nachhaltige bauliche Eingriffe seien lokal im Bereich des Krafthauses gegeben, das in der Uferböschung errichtet werden solle. Die Bachböschung werde auf der gesamten Höhe umgestaltet bzw. durch das Bauwerk ersetzt. Der natürliche Gewässerabschnitt werde durch Ufer- und Sohlsicherungen nachhaltig morphologisch verändert. Da typische Landschaftselemente trotz der Umsetzung des Vorhabens überwiegend erhalten blieben, werde der Eingriff in den Parameter "Repräsentativität" als mittel eingestuft. Da der betroffene Landschaftsteil einen engen Talabschnitt darstelle, der einer Schlucht vorgelagert sei, sei hinsichtlich der Einsehbarkeit überwiegend eine Nahwirkung der Eingriffe auf die Landschaft gegeben. Insgesamt sei die Eingriffserheblichkeit bzw. die Beeinträchtigung/Belastung der

Landschaft durch das Vorhaben damit "als sehr hoch ... an der

Grenze zu hoch" zu bewerten.

Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Erholungswert sei festzuhalten, dass das Landschaftsbild für den Erholungswert des Raumes wesentlich sei. Werde das Landschaftsbild negativ beeinflusst, wirke sich dies auch nachteilig auf den Erholungswert des Gebietes aus. Die Befunderhebung habe ergeben, dass der vom Vorhaben betroffene Landschaftsteil hinsichtlich des Schutzgutes Erholungswert eine bedeutende Rolle einnehme. Aufgrund der hohen landschaftlichen Attraktivität des Gebietes, seiner durchgängigen Zugänglichkeit und als südlicher Zugangsbereich zu einer der schönsten Schluchten Österreichs sei die Erholungsfunktion des Landschaftsteiles als hoch (mit regionaler bis überregionaler Bedeutung) einzustufen. Die Eingriffsintensität sei als hoch einzustufen, da insbesondere durch die Restwasserführung ein flächiger und ausgedehnter Eingriff auf prägende, für die Wertigkeit der Landschaft wesentliche Landschaftselemente gegeben sei. Durch das gegenständliche Vorhaben sei daher ein hoher Eingriff in einem Gebiet mit einem hohen Erholungswert von regionaler bis überregionaler Bedeutung festzustellen. Daraus ergebe sich für das Projektgebiet eine sehr hohe Beeinträchtigung/Belastung für das Schutzgut Erholungswert.

Die genannte limnologische Stellungnahme des Amtssachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren vom 19. November 2010 führt (u.a.) aus, dass aufgrund der Untersuchung an drei Untersuchungsstellen sich sowohl für das Phytobenthos als auch für das Makrozoobenthos eine Gesamtbewertung "guter ökologischer Zustand" gezeigt habe. Die aquatischen Lebensgemeinschaften in der Restwasserstrecke des bestehenden Kraftwerkes würden in ihrer Zusammensetzung nur in sehr geringem Maß von den beiden Untersuchungsstellen in der Klamm abweichen. Durch die geplante Verlängerung der bestehenden Restwasserstrecke komme es im betroffenen Gewässerabschnitt zu einer Veränderung der Strömungs- und Wassertiefenvariabilität sowie zu einer Abnahme der benetzten Wasserbreite im Gewässerbett. Bei bescheidgemäßer Abgabe des Dotierwassers am Kraftwerk Mühltal-Klamm sei jedoch der gute ökologische Zustand in der bestehenden Ausleitungsstrecke gewährleistet. Vor dem Hintergrund der Erhöhung der natürlichen Abflussspende von 38 l/s durch das Zwischeneinzugsgebiet in der Niederwasserzeit und dem weitgehend vergleichbaren morphologischen Erscheinungsbild der geplanten Ausleitungsstrecke mit der bestehenden Restwasserstrecke des Kraftwerkes Mühltal-Klamm sei davon auszugehen, dass bei Abgabe des vorgesehenen Dotierwassers die zusätzlichen Belastungen nicht so groß seien, um in der neuen Restwasserstrecke eine Verschlechterung des guten ökologischen Zustandes im betroffenen Gewässerabschnitt zu bewirken.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften und Hinweisen auf die hg. Judikatur - im Wesentlichen aus, die Amtssachverständige für Naturkunde habe in ihrem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass durch das beantragte Vorhaben die Schutzgüter des TNSchG 2005 beeinträchtigt würden (Arten mäßig, Lebensräume sehr hoch, Naturhaushalt hoch (im Bereich des Maschinenhauses sehr hoch), Landschaftsbild "sehr hoch an der Grenze zu hoch", Erholungswert sehr hoch).

Da somit einerseits gravierende Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes feststünden und andererseits grundsätzlich langfristige öffentliche Interessen an der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien und daher auch am Ausbau der Wasserkraft in Tirol bestünden, habe die Behörde nach § 29 Abs. 2 lit. a Z. 2 TNSchG 2005 zu prüfen, ob die langfristigen öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens die Interessen des Naturschutzes überwögen.

Zu dieser Interessenabwägung habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Juli 2011, Zl. 2010/10/0011, ausgeführt, dass der Umstand, dass es sich lediglich um ein Kleinkraftwerk mit entsprechend wenig Energieerzeugung handle, für sich allein nicht zur Verneinung eines langfristigen öffentlichen Interesses führe. Vielmehr könne je nachdem, inwieweit eine Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalles geeignet sei, zur Erreichung der genannten Ziele beizutragen, dem Interesse an ihrer Verwirklichung Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommen. Entscheidend sei dabei, welche Bedeutung die Verwirklichung der konkret beantragten Maßnahme für den Klimaschutz habe (wobei insbesondere die projektgemäß produzierte Strommenge maßgeblich sei) und wie gravierend die damit verbundenen Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Rechtsgüter seien. Welchem der gegenteiligen öffentlichen Interessen daher der Vorzug gebühre, sei nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2010, Zl. 2009/10/0020).

Dazu habe die naturkundefachliche Amtssachverständige überzeugend dargelegt, dass insgesamt mit hohen bis sehr hohen Beeinträchtigungen der Schutzgüter des TNSchG 2005 zu rechnen sei. Auf der anderen Seite sei der erwartete Beitrag der beantragten Anlage zur Gesamtenergieversorgung (Österreich habe 2010 einen Stromverbrauchszuwachs von 2.800 GWh verzeichnet) mit lediglich ca. 4 GWh verschwindend gering. In Anbetracht dessen könne die erzeugte elektrische Energie für ca. 937 Haushalte nicht ausreichen, einen derart massiven Eingriff in einen stark gefährdeten Biotoptyp zu rechtfertigen. Für die Naturschutzbehörde sei daher im gegenständlichen Fall der unbestreitbare Beitrag des geplanten Wasserkraftwerkes zum Ausbau der erneuerbaren Energie und zur Versorgungssicherheit jedenfalls zu gering, um die gravierenden Beeinträchtigungen des betroffenen sensiblen Gewässerbereiches zu überwiegen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass für den Ausbau der Wasserkraft in Tirol aufgrund seiner topographischen Gegebenheiten noch reichlich Potenzial vorhanden sei und sich der Kraftwerksbau daher auf die naturkundlich weniger wertvollen Standorte zu beschränken habe. Insgesamt sei die Bewilligung daher zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

1.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26/2005 idF LGBl. 30/2011, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 1

Allgemeine Grundsätze

(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass

  1. a) ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
  2. b) ihr Erholungswert,
  3. c) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und

    d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt

    bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet (Naturlandschaft) oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft). Der ökologisch orientierten und der die Kulturlandschaft erhaltenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.

    ...

    § 3

    Begriffsbestimmungen

    ...

(7) Gewässer ist ein von ständig vorhandenem oder periodisch auftretendem Wasser geprägter Lebensraum, der die Gesamtheit von Wasserwelle, Wasserkörper, Wasserbett, Sediment und Ufer einschließlich der dort vorkommenden Tiere und Pflanzen umfaßt.

...

§ 7

Schutz der Gewässer

(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

  1. a) das Ausbaggern;
  2. b) die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;
  3. c) die Ableitung oder Entnahme von Wasser zum Betrieb von Stromerzeugungsanlagen;

    d) die Änderung von Anlagen nach lit. b und c, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden.

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich

a) der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens ...

...

1. die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, und

2. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

...

§ 29

Naturschutzrechtliche Bewilligungen, aufsichtsbehördliche

Genehmigungen

(1) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,

a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.

(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung

a) ... für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 27 Abs. 3 und 28 Abs. 3,

... darf nur erteilt werden,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.

...

(8) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt.

..."

2. Die Beschwerde macht (unter anderem) geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, Zl. 2008/10/0003, klargestellt, dass die Ablehnung eines Kleinkraftwerkes nicht auf die Einstufung eines Gewässers (im "Naturschutzplan der Fließgewässer Tirols") als naturnahe bzw. darauf gestützt werden könne, dass ein Gewässer einen "sehr seltenen Gewässernaturraumtyp" enthalte. Im angefochtenen Bescheid werde lediglich ausgeführt, es werde "erwartet", dass durch die Baumaßnahmen und/oder durch den Betrieb der Anlage Einzelindividuen geschützter oder gefährdeter Arten betroffen sein würden. Diesbezügliche Ausführungen beruhten nur auf Spekulationen, da im Projektgebiet keinerlei geschützte oder gefährdete Arten festgestellt worden seien. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach das beantragte Projekt stark in die natürliche Hydrologie des Gewässerabschnittes eingreife, stünden im Widerspruch zu den Ausführungen des limnologischen Sachverständigen, wonach bei Abgabe des vorgesehenen Dotierwassers die zusätzlichen Belastungen nicht so groß seien, um in der neuen Restwasserstrecke eine Verschlechterung des guten ökologischen Zustandes im betroffenen Gewässerabschnitt zu bewirken. Diese Ausführungen würden entgegen der Ansicht der belangten Behörde den gleichen Gegenstand betreffen wie jene der naturkundefachlichen Amtssachverständigen zum Lebensraum der aquatischen Tier- und Pflanzenwelt, weshalb es Aufgabe der belangten Behörde gewesen wäre, alle Widersprüche zwischen den Gutachten aufzuklären. Die vom beantragten Projekt ausgehende, angeblich hohe bis sehr hohe Beeinträchtigung des Naturhaushaltes werde von der naturkundefachlichen Amtssachverständigen nur damit begründet, dass dem Gewässer Wasser entzogen und somit die absolute Zahl der im Gewässer lebenden Lebewesen und die Gesamtsumme der Biomasse verändert werde. Auch diesbezüglich stehe die Einschätzung der naturkundefachlichen Sachverständigen in Widerspruch zu jener des limnologischen Amtssachverständigen.

Auch die angenommene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes beruhe nicht auf einer nachvollziehbaren Grundlage. So werde die Beurteilung unter anderem darauf gestützt, dass bei einer Wasserführung von 258 l/s statt 339 l/s die benetzte Breite um 16 % bzw. 1,15 m abnehme. Allerdings ergebe sich aus dem im Bescheid wiedergegebenen Gutachten des limnologischen Amtssachverständigen, dass auch ohne Ausführung des beantragten Kraftwerkes immer wieder Wasserführungen unter 339 l/s auftreten würden, und zwar in der Zeit von November bis März. Im Übrigen lasse der angefochtene Bescheid bzw. das zugrunde liegende Gutachten eine Begründung dafür vermissen, warum es als negativ gewertet werde, wenn Teile eines Bachbettes unbenetzt blieben. Dies gelte sinngemäß für die im angefochtenen Bescheid angenommene hohe Beeinträchtigung des Schutzgutes Erholungswert, die ebenfalls nur mit dem lapidaren Hinweis auf die Restwasserführung begründet worden sei.

3. Mit diesem Vorbringen wird - im Ergebnis - eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Im Verfahren über eine Bewilligung gemäß § 29 Abs. 2 TNSchG 2005 ist in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 - Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt - durch das Vorhaben zukommt. Dem sind die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüber zu stellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein auf Grund dieser Interessenabwägung ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinn des § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist, und über jene Tatsachen, die das langfristige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2010/10/0182, und die dort genannte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde führt u.a. aus, für die beantragte Wasserkraftanlage sei die Eingriffserheblichkeit in Bezug auf geschützte und gefährdete Tier- und Pflanzenarten als mäßig einzustufen (Betroffenheit von Einzelindividuen). Aufgrund der Sensibilität der betroffenen Lebensräume (auch stark gefährdete Lebensräume seien vom Projekt betroffen) ergebe sich durch das Vorhaben eine sehr hohe Eingriffserheblichkeit in Bezug auf Lebensräume.

Dem von der belangten Behörde insoweit zugrunde gelegten naturkundefachlichen Gutachten ist zu entnehmen, dass weder in der in den Einreichunterlagen enthaltenen Vegetationskartierung, welche eine Bestandsaufnahme im Bereich des Übergabebauwerkes und der rechtsufrigen Böschungsvegetation darstelle, geschützte oder gefährdete Arten festgestellt worden seien noch die aquatische Biozönose geschützte oder gefährdete Arten aufweise; darüber hinausgehende Erhebungen lägen nicht vor. Aufgrund des Umstandes, dass der Zustand des Großteiles der Flächen im Nahbereich des Projektgebietes bzw. rechtsufrig entlang dem Projektgebiet als naturnah bis natürlich bzw. ursprünglich eingestuft und weiters festgestellt worden sei, dass dort Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten bestehe und besonders viele geschützte und gefährdete Pflanzenarten vorkommen würden, sei zu erwarten, dass im Projektgebiet, das unmittelbar an die erhobenen Biotopflächen anschließe und wo sich auch der angeführte Lebensraum natürlich bzw. naturnah fortsetze, durch die Baumaßnahmen und/oder den Betrieb der Anlage Einzelindividuen geschützter oder gefährdeter Arten betroffen seien.

Hinsichtlich der Auswirkungen auf Lebensräume geht das erwähnte Gutachten weiters davon aus, dass vom gegenständlichen Projekt geschützte und gefährdete oder stark gefährdete Lebensräume, die noch naturnah ausgeprägt seien, betroffen seien; es sei ein seltener Gewässernaturraumtyp sowie eine ökomorphologische Referenzstrecke betroffen. Durch den ganzjährigen Wasserentzug im Ausmaß von 59 % bis 72 % der natürlichen Wasserführung (bei Mittelwasserführung) werde stark in die natürliche Hydrologie des Gewässerabschnittes eingegriffen. Gewässerspezifische Parameter der Fließgewässerbiotoptypen würden verändert. Durch die Reduktion der Wassermenge um bis zu 72 % sei daher eine hohe Eingriffsintensität des Vorhabens auf Lebensräume gegeben.

Damit bezieht sich die belangte Behörde auf den Gesetzesbegriff "Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume" (§ 1 Abs. 1 lit. c TNSchG 2005).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die gesetzmäßige Beurteilung eines solchen Tatbestandsmerkmales nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen bezugnehmende, naturwissenschaftliche, auf die quantitativen und qualitativen Aspekte des konkreten Falles, auf die Art der beantragten Maßnahme und die von dieser ausgehenden Auswirkungen auf die geschützten Rechtsgüter Bedacht nehmende Feststellungen voraus. Insbesondere benötigen Feststellungen über die Folgen einer Verringerung der vom Wasser eines Fließgewässers benetzten Fläche auf qualitative und quantitative Aspekte des Einzelfalles bezogene Darlegungen, denen sowohl Art als auch Ausmaß der angenommenen Beeinträchtigungen nachvollziehbar entnommen werden können und die die Annahme einer Beeinträchtigung des Naturhaushaltes bzw. des Artenreichtums und der Lebensräume der heimischen Tier- und Pflanzenwelt tragen können (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2010/10/0182, und die dort genannte Vorjudikatur).

Im angefochtenen Bescheid finden sich jedoch weder Feststellungen zu konkreten, durch das Projekt beeinträchtigten Tier- und Pflanzenarten, noch wird dargelegt, inwiefern sich die Reduktion der Wassermenge in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkret auf die hier in Rede stehenden Lebensräume auswirkt. Der bloße Hinweis auf eine "Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten" und "besonders vielen geschützten und gefährdeten Pflanzenarten", die in den unmittelbar an das Projektgebiet anschließenden Biotopflächen erhoben worden seien, vermag derartige Feststellungen ebenso wenig zu ersetzen wie der Verweis auf den starken Eingriff in die natürliche Hydrologie, die Veränderung gewässerspezifischer Parameter (benetzte Breite, Fließgeschwindigkeit und Tiefenverteilung) und die damit einhergehende hohe Eingriffsintensität auf Lebensräume.

In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die in der Bescheidbegründung mehrfach enthaltenen Hinweise auf die in einer Studie enthaltene Bezeichnung von Teilen des in Rede stehenden Gewässers als "natürlich" bzw. "naturnah" und die Hervorhebung, dass das Gewässer einen "seltenen Gewässernaturraumtyp" enthalte, keinen Beitrag zu einer den oben dargelegten Anforderungen entsprechenden Begründung zu leisten vermögen (vgl. abermals das genannte hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2010/10/0182, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, Zl. 2008/10/0003).

Entsprechendes gilt, soweit die belangte Behörde ihre Annahme, es käme zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswertes, (wiederum) mit dem "Wasserentzug" begründet.

Dazu wird im wiedergegebenen Amtssachverständigengutachten ausgeführt, die Reduktion der natürlichen Wasserführung um 59 % bis 72 % bei Mittelwasserführung wirke sich flächig über eine Gewässerlänge von ca. 1.080 m auf die Landschaft aus. Das Erscheinungsbild des Gewässers werde durch die Reduktion der Wassermenge verändert, was sich z.B. in der Reduktion der benetzten Breite wiederspiegle. Nachhaltige bauliche Eingriffe seien lokal im Bereich des Krafthauses gegeben, das in der Uferböschung errichtet werden soll. Die Bachböschung werde auf der gesamten Höhe umgestaltet bzw. durch das Bauwerk ersetzt. Der natürliche Gewässerabschnitt werde durch Ufer- und Sohlsicherungen nachhaltig morphologisch verändert. Da typische Landschaftselemente trotz der Umsetzung des Vorhabens überwiegend erhalten blieben, werde der Eingriff in den Parameter "Repräsentativität" als mittel eingestuft. Da der betroffene Landschaftsteil einen engen Talabschnitt darstelle, der einer Schlucht vorgelagert sei, sei hinsichtlich der Einsehbarkeit überwiegend eine Nahwirkung der Eingriffe auf die Landschaft gegeben.

Um Darlegungen, denen nachvollziehbar entnommen werden könnte, inwiefern die das Bild der Landschaft prägenden Elemente durch die Errichtung der Wasserkraftanlage optisch verändert würden, handelt es sich dabei nicht (vgl. nochmals das genannte hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2010/10/0182, und die dort genannte Vorjudikatur).

Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Erholungswert wird im wiedergegebenen Amtssachverständigengutachten ausgeführt, dass das Landschaftsbild für den Erholungswert des Raumes wesentlich sei. Werde das Landschaftsbild negativ beeinflusst, wirke sich dies auch nachteilig auf den Erholungswert des Gebietes aus. Der vom Vorhaben betroffene Landschaftsteil nehme hinsichtlich des Schutzgutes Erholungswert eine bedeutende Rolle ein. Die Eingriffsintensität des Vorhabens sei als hoch einzustufen, da insbesondere durch die Restwasserführung ein flächiger und ausgedehnter Eingriff auf prägende, für die Wertigkeit der Landschaft wesentliche Landschaftselemente gegeben sei.

Ungeachtet dessen, dass nach dem Gesagten bereits tragfähige Feststellungen hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes fehlen, entsprechen auch diese Darlegungen nicht den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung der Annahme einer Beeinträchtigung des Erholungswertes (vgl. abermals das genannte hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2010/10/0182, und die dort genannte Vorjudikatur). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es beim Erholungswert der betroffenen Landschaft um die auf konkreten Umständen beruhende Eignung der Landschaft geht, dem Erholungsbedürfnis von Menschen zu dienen. Eine Beeinträchtigung des Erholungswertes in diesem Sinne ist daher dann anzunehmen, wenn das zu beurteilende Vorhaben in einem Gebiet, das auf Grund seiner Landschaftsausstattung geeignet ist, Erholung zu bieten, Erholungssuchende in ihrer Erholung beeinträchtigen würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2012, Zl. 2010/10/0164, mwH); der Erholungswert der Landschaft kann daher weder mit dem Landschaftsbild gleichgesetzt noch darauf reduziert werden.

4. Die Annahme der belangten Behörde, durch das Vorhaben der Beschwerdeführerin würden Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 beeinträchtigt, beruht somit nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind auch relevant, weil nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei deren Vermeidung zum Ergebnis gelangt wäre, eine Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes sei durch das Vorhaben - gegebenenfalls bei Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen - nicht zu erwarten.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Juni 2014

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